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· Fachbeitrag · Steuerticker

Neues aus Gesetzgebung und Finanzverwaltung auf den Punkt gebracht

von StB Michael Seifert, Troisdorf

| In unserem „Steuerticker“ weisen wir Sie regelmäßig auf Neuerungen aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung hin, die Sie in Ihrem Berufsalltag kurzfristig umsetzen sollten. |

1. Gesundheitsförderung und zertifizierte Leistungen

Nach § 3 Nr. 34 EStG sind steuerfrei: „... zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 500 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen.“

 

Durch Gesetzesänderungen in 2015 wurde ein für alle Krankenkassen einheitliches Zertifizierungsverfahren durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen für die begünstigten Maßnahmen eingeführt. Die Finanzverwaltung hat nunmehr eine Gesetzesänderung angeregt, wonach die vorgenannte Steuerfreiheit ausschließlich bei Zertifizierung der Maßnahme bzw. des Anbieters zur Anwendung kommt.

 

PRAXISHINWEIS | Bis zu einer gesetzlichen Änderung kann für die Anwendung der Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 34 EStG auch für nicht zertifizierte Maßnahmen aus Vereinfachungsgründen (steuerrechtlich) weiterhin eine Überprüfung der Voraussetzungen anhand des Leitfadens Prävention erfolgen.

 

2. Rentenversicherungssatz verringert sich 2018 ‒ Folgewirkungen auch bei Minijobbern

Das Bundeskabinett hat am 22.11.17 die Verordnung zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2018 beschlossen. Danach wird der Beitragssatz in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung auf 18,6 % und in der knappschaftlichen Rentenversicherung auf 24,7 % festgesetzt (Beitragssatzverordnung 2018, BR-Drucks. 718/17 vom 22.11.17).

 

PRAXISHINWEIS | Der Bundesrat hat dieser Verordnung am 15.12.17 zugestimmt. Die Änderung ist in dem ab 2018 zur Anwendung kommenden ‒ nunmehr geänderten ‒ Programmablaufplan bereits enthalten (BMF 23.11.17, IV C 5 - S 2361/08/10001-16, DOK 2017/0981704).

 

Diese Änderung des Beitragssatzes wirkt sich auch auf die Abrechnung von Minijobbern aus, sofern diese nicht auf die Rentenversicherungspflicht verzichten. Wo der Arbeitnehmeranteil bislang 3,7 % betrug, reduziert sich dieser ab 2018 auf (18,6 % abzüglich 15 % Arbeitgeberanteil =) 3,6 %.

 

  • Beispiel

Der Arbeitnehmer A ist bei dem Unternehmen B als Minijobber (nicht im Privathaushalt) tätig. Sein monatliches Entgelt beträgt 450 EUR. Er hat nicht auf die Rentenversicherungspflicht verzichtet.

Steuerpflichtiger Arbeitslohn

450,00 EUR

Arbeitgeberanteil Rentenversicherung:

15 % von 450 EUR =

67,50 EUR

Arbeitnehmeranteil Rentenversicherung:

3,6 %* von 450 EUR =

16,20 EUR

 

*Im Jahr 2017 betrug der Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung (18,7 % ‒ 15 % =) 3,7 % bzw. 16,65 EUR.

 

  • Rechengrößen in der Sozialversicherung 2018
West
Ost

Beitragsbemessungsgrenzen

Kranken- und Pflegeversicherung

  • jährlich
  • monatlich

53.100,00 EUR

4.425,00 EUR

Arbeitslosenversicherung, Allgemeine Rentenversicherung

  • jährlich
  • monatlich

78.000,00 EUR

6.500,00 EUR

69.600,00 EUR

5.800,00 EUR

Beitragssätze

Pflegeversicherung

Zuschlag für Kinderlose

2,55 %

0,25 %

Arbeitslosenversicherung

3,0 %

Rentenversicherung

18,6 %

Krankenversicherung

  • allgemeiner Beitragssatz
  • ermäßigter Beitragssatz
  • durchschnittlicher Zusatzbeitrag

 

14,6 %

14,0 %

1,0 %

Insolvenzgeldumlage

0,06 %

Künstlersozialabgabe

4,2 %

allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze(§ 6 Abs. 6 SGB V)

besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze(§ 6 Abs. 7 SGB V)

59.400,00 EUR

53.100,00 EUR

Bezugsgrößen

  • jährlich
  • monatlich

36.540,00 EUR

3.045,00 EUR

32.340,00 EUR

2.695,00 EUR

Sachbezugswerte

Verpflegung monatlich

  • Frühstück
  • Mittagessen
  • Abendessen

246,00 EUR

52,00 EUR

97,00 EUR

97,00 EUR

Unterkunft monatlich

226,00 EUR

monatlicher Höchstzuschuss zur privaten

  • Krankenversicherung
  • Pflegeversicherung

323,03 EUR

56,42 EUR

Geringfügigkeitsgrenze monatlich

450,00 EUR

für Gleitzonenberechnung: Faktor F

vereinfachte Gleitzeitformel

0,7547

1,2759625 × Arbeitsentgelt ‒ 234,568125 EUR

 

3. Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen: Keine Beitragskürzung bei pauschalen Bonuszahlungen?

Zahlt eine Krankenkasse Beiträge zurück, ist der Sonderausgabenabzug für die laufenden Versicherungsbeiträge entsprechend zu kürzen. Auch Bonuszahlungen von Krankenversicherungen werden wie Beitragsrückerstattungen behandelt. Sie mindern im Jahr der Auszahlung die als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Krankenversicherungsbeiträge.

 

MERKE | Die Finanzverwaltung hatte zunächst sämtliche Bonuszahlungen als Beitragsrückerstattung angesehen. Dem trat der BFH entgegen. Danach mindern Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkasse den Sonderausgabenabzug aus den Basiskrankenversicherungsaufwendungen dann nicht, wenn damit Leistungen nach § 65a SGB V für gesundheitsbewusstes Verhalten ersetzt werden (BFH 1.6.16, X R 17/15, BStBl II 16, 989). Die Finanzverwaltung ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt (BMF 6.12.16, BStBl I 16, 1426).

 

 

Beachten Sie | Allerdings soll nur dann eine für den Sonderausgabenabzug unerhebliche Beitragsrückerstattung vorliegen, wenn nach den konkreten Bonusmodellbestimmungen durch den Versicherten vorab Kosten für zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet werden müssen, die anschließend aufgrund eines Kostennachweises erstattet werden.

 

Nicht hiervon umfasst sollen dagegen Programme sein, die lediglich die Durchführung bestimmter Gesundheitsmaßnahmen oder ein bestimmtes Handeln der Versicherten als Voraussetzung für eine Bonusleistung vorsehen (z. B. Bonuszahlungen für eine Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter oder für ein Sportabzeichen aufgrund eines Stempels im Bonusheft anstatt der Vorlage einer Rechnung), selbst wenn diese Maßnahmen mit Aufwand beim Versicherten verbunden sind. Solche Erstattungen bzw. pauschale Bonuszahlungen ‒ wie z. B. die TK-Dividende ‒ sind von der positiven höchstrichterlichen Entscheidung nicht betroffen.

 

Diese Rechtsauslegung der Finanzverwaltung ist gegenwärtig strittig: Beim FG Sachsen ist derzeit unter dem Az. 6 K 619/17 ein Klageverfahren anhängig, in dem über die steuerliche Berücksichtigung „pauschaler“ Bonuszahlungen zu entscheiden ist. Auch vor dem FG Münster ist ein vergleichbares Verfahren anhängig. Die Kläger fordern, dass auch solche Bonuszahlungen sonderausgabenneutral behandelt werden.

 

PRAXISHINWEIS | Bislang kürzt das Finanzamt die Sonderausgaben um solche Bonuszahlungen. Im Hinblick auf die anhängigen Musterverfahren ist anzuraten, Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen zu beantragen (§ 363 Abs. 2 S. 1 AO). Die Bundesländer scheinen bislang unterschiedlich über das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen zu entscheiden. Es bleibt aber zu hoffen, dass sämtliche Finanzämter im Sinne der Zweckmäßigkeit eine Verfahrensruhe zulassen.

 

4. Zumutbare Belastung: Staffelungsregelung und vorläufige Steuerfestsetzungen

Als außergewöhnliche Belastungen werden nur die Aufwendungen berücksichtigt, die die zumutbare Belastung übersteigen (§ 33 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 EStG). Der BFH hat im letzten Jahr bekanntlich entschieden, dass die Berechnung der zumutbaren Belastung gestaffelt zu erfolgen hat. Danach ist nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz zu berücksichtigen (BFH 19.1.17, VI R 75/14, BStBl II 17, 684; siehe auch Geserich, DB 17, 815).

 

PRAXISHINWEIS | Die Finanzverwaltung wendet diese Stufenberechnung zumindest in allen noch offenen Fällen an. Die Stufenberechnung führt zu einer geringeren zumutbaren Belastung und damit zu einem höheren steuerlichen Abzug mit der Folge einer geringeren Steuerbelastung.

 

Die Finanzverwaltung hat ESt-Bescheide hinsichtlich der Frage des Abzugs einer zumutbaren Belastung bei Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit und Pflege zumindest seit August 2013 vorläufig erlassen (siehe auch BMF 20.1.17, BStBl I 17, 66). Fraglich war bislang, ob sich ein solcher Vorläufigkeitsvermerk auch auf die Berechnungsweise der zumutbaren Belastung bezieht. Die Finanzverwaltung hat sich in dieser Auslegungsfrage mittlerweile positiv geäußert. Demnach soll sich zumindest der ab August 2013 aufgenommene Vorläufigkeitsvermerk „Zumutbare Eigenbelastung“ vollumfänglich auch auf die Berechnungsweise der zumutbaren Belastung beziehen.

 

Beachten Sie | ESt-Bescheide mit entsprechendem Vorläufigkeitsvermerk sollen verfahrensrechtlich nach § 165 AO änderbar sein. Ob eine programmgesteuerte Änderung in 2018 erfolgen wird, bleibt abzuwarten. Selbstverständlich können vorab Änderungsanträge bei der Finanzverwaltung gestellt werden.

 

PRAXISHINWEIS | Gerade bei den Veranlagungszeiträumen vor 2013 wurde in den ESt-Bescheiden i. d. R. ein Vorläufigkeitsvermerk aufgenommen, der die zumutbare Eigenbelastung nicht vollumfänglich umfasst. Vielmehr sind die früheren Veranlagungen in Bezug auf die zumutbare Belastung nur „soweit die Änderung reicht“ vorläufig ergangen.

 
Quelle: Seite 2 | ID 45057450