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· Fachbeitrag · Simulationsrechnungen

Veränderungen bei Umsätzen, Kosten & Co. auf Gewinn und Liquidität ‒ Handlungsbedarf ermitteln

von Jörgen Erichsen, Leverkusen

| Entwicklungen in Unternehmen, z. B. bei Umsätzen oder Kosten, verlaufen selten linear. Während eines Jahres gibt es mehr oder weniger große Schwankungen. Oft sind sie unkritisch und gleichen sich im Jahresverlauf aus. Es gibt aber Schwankungen, die nicht zum normalen Umfeld eines Betriebs gehören, z. B. aufgrund der Corona-Krise. Hier ist es wichtig, auf einfache Weise simulieren zu können, welche Auswirkungen drohen. Ziel muss sein, die möglichen Konsequenzen für den Mandanten greifbar zu machen, damit dieser frühzeitig Steuerungsmaßnahmen ergreifen kann. |

1. Warum sind Simulationsrechnungen so wichtig?

Auch bei noch so guten Planungen ist es fast immer so, dass es Dinge gibt, die sich im Laufe eines Jahres anders entwickeln (können) als gedacht. Da sind Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld zu bedenken, wie etwa die Corona-Krise, der Brexit oder mögliche weitere Handelsbeschränkungen. Und es gibt Risiken aufgrund schwer vorhersehbarer Entwicklungen an den Märkten oder der technischen Entwicklung. Simulationen möglicher Auswirkungen sind u. a. auch deshalb wichtig, weil die Vorhersehbarkeit von Entwicklungen im Allgemeinen eher überschätzt wird. Und da hilft es nur, verschiedene Möglichkeiten „durchzuspielen“ und zu sehen, was mit zentralen betriebswirtschaftlichen Faktoren wie eben Gewinn und Liquidität passiert.

 

Je nachdem, welche Auswirkungen sich ergeben, müssen Unternehmer aktiv werden und sich z. B. darum kümmern, Umsatzrückgänge zu begrenzen. Umgekehrt kann es sein, dass sie versuchen sollten, positive Entwicklungen am Markt zu forcieren, um einen höheren als den ursprünglich gedachten Gewinn zu erreichen. Egal, ob ein Szenario positiv oder negativ ist: In beiden Fällen gibt es Auswirkungen, die sich entgegengesetzt bemerkbar machen. Ein Rückgang der Verkaufszahlen führt meist dazu, dass die (variablen) Kosten sinken, etwa für Material, Lohn oder Transport. Ein Anstieg der Umsätze hat den gleichen Effekt bei den Kosten. Und ist es z. B. notwendig, mehr Geld in die Produktentwicklung zu stecken, hat das unmittelbare Konsequenzen für die Liquidität und es muss z. B. die Aufnahme neuer Kredite vorbereitet werden.

 

Erst im Zusammenspiel aller Veränderungen lässt sich absehen, welche Auswirkungen es tatsächlich geben kann und was getan werden sollte, um v. a. dafür zu sorgen, dass ein Unternehmen robuster wird und auch schwierige Marktphasen besser überstehen kann. Simulationen können also auch dabei helfen, ein Unternehmen besser für die Zukunft aufzustellen und es zumindest teilweise unabhängiger von externen Entwicklungen zu machen.

2. Simulationsrechnungen mit der Excel-Anwendung

Simulationen lassen sich in der Praxis gut mit Excel umsetzen. Da es sich meist um die Betrachtung und Änderung von Jahreswerten handelt, ist der Arbeits- und Eingabeaufwand überschaubar. In der Excel-Datei findet sich ein Tabellenblatt, in dem beschrieben ist, wie sich die Datei am einfachsten nutzen lässt.

 

2.1 Simulationsrechnung an BWA-Struktur ausrichten

Bei der Konzeption der Simulationsrechnung im Beitrag wurde sich an der BWA orientiert, die um zentrale zahlungsrelevante Positionen erweitert wurde. Der Vorteil ist, dass jeder Unternehmer und Mandant die BWA regelmäßig erhält. Es ist grundsätzlich nicht notwendig, sich mit weiteren Instrumenten und Verfahren zu befassen. Unternehmer müssen sich so nicht neu orientieren oder einarbeiten. Die Herausforderung für Steuerberater liegt oft eher darin, Mandanten davon zu überzeugen, dass die BWA ein wichtiges Instrument zur Steuerung des Betriebs ist und sie ihnen ggf. zeigen und erklären müssen, wie eine BWA aufgebaut ist und welches die Schlüsselzahlen zur Leistungsbewertung sind.

 

Hinzu kommt, dass nicht nur die Auswirkungen auf das Ergebnis, sondern auch auf die Liquidität dargestellt werden sollten. Dazu ist es erforderlich, die „klassische“ BWA um Positionen zu erweitern, die nicht das Ergebnis, sondern die Zahlungsfähigkeit betreffen. Typische Größen auf der Auszahlungsseite sind Investitionen, Tilgungen, Entnahmen und Steuernachzahlungen. Auf der Einzahlungsseite müssen u. a. Zuführungen durch Kreditaufnahme, Einzahlungen oder Desinvestitionen berücksichtigt werden. Andere Positionen, z. B. Spenden, Pacht- oder Lizenzzahlungen, können pauschal als Summe angesetzt werden.

 

Ist dieser Teil der Arbeit erledigt, lässt sich die Simulationsrechnung schnell, einfach und grundsätzlich auch beliebig oft durchführen oder wiederholen.

 

PRAXISTIPP | Mit dem Ausfüllen des Tabellenblatts „Eingaben“ lassen sich der aktuelle oder geplante Gewinn und die Liquidität für das Unternehmen mit nur wenigen Eingaben berechnen und darstellen (Abb. 1). Um den Eingabeaufwand zu verringern und die Übersichtlichkeit zu verbessern, wurden einige Positionen der BWA zusammengefasst, z. B. werden bei den Kostenarten nur die Personalkosten und die Abschreibungen gezeigt; die restlichen Kosten werden zu einer Summe zusammengefasst. Auch Zinsen und ggf. neutrale Positionen werden zu je einer Summe addiert. Hier gilt: Negative Zahlen (Zinszahlungen bzw. neutrale Aufwendungen) müssen mit negativen Vorzeichen eingegeben werden.

 

2.2 Nur statische Liquidität berücksichtigt

Bei der Erweiterung um Liquiditätsaspekte handelt es sich um eine statische Betrachtung. Das heißt, dass nicht alle Positionen berücksichtigt werden, z. B. fehlen Veränderungen bei Forderungen und Vorräten, und auch Fälligkeiten bleiben außen vor. In den meisten Fällen genügt die statische Betrachtung aber, da man mit Jahreswerten arbeitet und sich z. B. unterjährige Schwankungen ausgleichen.

 

  • Abb. 1: Eingabemaske für Basisdaten (Auszug aus Tabellenblatt Eingaben)

 

 

2.3 Verschiedene Simulationen erstellen

Aufbauend auf Plan- oder tatsächlichen Zahlen können jetzt Veränderungen vorgenommen und die Auswirkungen auf die Ergebnisse simuliert werden.

 

Vier Möglichkeiten für Szenarien sind in der Datei bereits vorgegeben: Ausgangslage, Positiv, Negativ und Gemischt, wobei Bezeichnungen und Szenario-Ausprägungen jederzeit geändert werden können. Entsprechend der Bezeichnungen sollten z. B. bei Positiv oder Negativ möglichst nur gute oder schlechte Entwicklungen simuliert werden. Bei Gemischt können einige Werte positiv, andere negativ verändert werden. Um den Überblick behalten zu können, sollten nicht zu viele Parameter zeitgleich verändert werden. Faustregel: Je Szenario 3 ‒ 4 Werte.

 

  • Vorgehensweise in Excel
  • 1. Zahlen eingeben (liegen ja schon vor)
  • 2. Reiter „Daten“ anklicken und hier → „Was wäre wenn Analyse“ wählen
  • 3. Szenario Manager wählen
  • 4. Szenario auswählen, z. B. Negativ. Hier können Szenarionamen oder Zellen, in denen Veränderungen vorgenommen werden sollen, angepasst werden. Dies ist für die vorliegende Lösung meist nicht nötig, weil die Eingabefelder fest vorgegeben sind.
  • 5. Dann entweder sofort auf Zusammenfassung gehen oder vorher, wenn man etwas ändern möchte, bearbeiten und direkt „OK“ anklicken und ggf. die Szenariowerte ändern.
  • 6. Danach wieder „OK“ und dann Zusammenfassung und nochmal „OK“. Der Bericht wird mit den Zahlen für alle Szenarien erstellt, wobei die Zahlen für das ausgewählte Szenario in Spalte D stehen (die Berichterstellung dauert ein paar Sekunden, da muss im Hintergrund wohl viel gerechnet werden). Um neue Szenarienberichte zu erstellen, sollte das Tabellenblatt gelöscht werden.
 

Für alle Szenarien sind Werte vorgegeben. Sie dienen dazu, zu zeigen, wie die Anwendung funktioniert und können jederzeit überschrieben werden. Jedes Szenario kann durch einen Klick auf „Anzeigen“ in die Eingabemaske übernommen werden, wie es Abb. 2 mit Szenario „Negativ“ zeigt. Genauso kann mit den Szenarien „Positiv“ und „Gemischt“ verfahren werden.

 

  • Abb. 2: Eingabemaske mit negativen Veränderungen (Auszug)

 

 

2.4 Szenariobericht erstellen

Dieses Vorgehen ist etwas umständlich und man hat keine Möglichkeit, Szenarien und Veränderungen gegenüberzustellen, um direkt sehen zu können, wodurch sich die Ergebnisse verändern. Abhilfe schafft der Szenariobericht. Um ihn zu erstellen, wird unter „Daten“ s→ „Was wäre wenn“ der Szenario-Manager geöffnet. Durch einen Klick auf „Zusammenfassung“ wird das Szenario mit den vier vorgegebenen Varianten und den eingetragenen Zahlen erstellt.

 

Die Form des Berichts ist von Excel vorgegeben und kann nur bedingt verändert werden. Beispielsweise lassen sich die Ergebniszellen, die im unteren Teil des Berichts zu sehen sind, definieren (Abb. 3). In der Excel-Anwendung werden z. B. Positionen wie Gesamtleistung, Betriebsergebnis und Ergebnis nach Steuern für jedes Szenario separat dargestellt.

 

Beachten Sie | In der Excel-Datei gibt es nur das Eingabeblatt, keinen Szenariobericht. Nach der Wahl des Szenario-Managers muss man anschließend wie beschrieben nach Eingabe der eigenen Zahlen selbst Szenarien erstellen. Bereits erstellte Szenarioberichte, die nicht mehr benötigt werden, sollten gelöscht werden, außer sie werden später noch einmal benötigt. Nicht gelöschte Berichte bleiben erhalten; neue bekommen andere Namen.

 

Im Szenariobericht bzw. dem Tabellenblatt können Teile ein- und ausgeblendet werden, was Transparenz und Übersichtlichkeit verbessern kann (voreingestellt, es sind keine Aktivitäten notwendig). Wenn man beispielsweise nur Ergebnisse sehen möchte, lässt sich das mit einem Klick erledigen (Abb. 3). Umgekehrt können auch die Ergebnisse ausgeblendet und nur die Detailzahlen gezeigt werden.

 

  • Abb. 3: Beispiel Szenariobericht

 

 

2.5 Änderungen und Annahmen dokumentieren

Wenn an den Ausgangswerten Änderungen vorgenommen werden, sollte immer dokumentiert werden, was getan wurde und vor allem auch, warum man Werte in welcher Größenordnung angepasst hat.

 

Ohne eine genaue Dokumentation ist spätestens nach ein paar Wochen nicht mehr nachvollziehbar, warum man sich für eine bestimmte Vorgehensweise entschieden hat. Außerdem hilft eine gute Dokumentation, Arbeiten und Annahmen zu strukturieren. Für den Fall, dass man Dokumente, Studien und andere Unterlagen genutzt hat, sollte das ebenfalls festgehalten werden.

 

Nicht zuletzt kann man mit einer Dokumentation für die Zukunft lernen und die Qualität der Simulationen von Mal zu Mal verbessern (Was ist gut gelaufen und warum? Was war weniger gut und warum? Waren alle genutzten Dokumente und Unterlagen gut geeignet? Welche eher nicht? Was kann oder soll künftig anders gemacht werden?). Und oft ergeben sich sogar Erkenntnisse, die sich für künftige, thematisch anders gelagerte Projekte nutzen lassen.

 

2.6 Vorlage in der Excel-Datei für Dokumentation nutzen

In der Excel-Datei findet sich eine Kopiervorlage, mit der man zumindest eine grobe Dokumentation für die getätigten Annahmen und das Zustandekommen der unterschiedlichen Szenarien erstellen kann (ohne Abbildung).

 

  • Hinweis zum Szenariobericht

Unter „Aktuelle Werte“ im Szenariobericht erscheint immer das Szenario, was in der Eingabemaske des Tabellenblatts „Eingaben“ zu sehen ist. Im Beispiel handelt es sich um das Positiv-Szenario. Wer das nicht möchte und z. B. die Ausgangslage an erster Stelle sehen will, muss vor der Erstellung der Tabelle die Eingangsmaske entsprechend anpassen (Szenario-Manager → Szenarien → Ursprung).

 
  • Abb. 4: Beispiel verkürzter Szenariobericht nur mit Ergebnisübersicht

 

 

2.7 Gezielt Maßnahmen umsetzen

Je nach Ergebnis der Simulationen sollten Maßnahmen geprüft und umgesetzt werden. Entweder sofort oder quasi als „Schubladenplan“ für den Fall, dass eine simulierte Entwicklung tatsächlich eintritt. Das gilt auch, wenn man positive Szenarien durchspielt. Man kann z. B. überlegen, wie sich die Absatzzahlen erhöhen oder die Preise anheben lassen.

 

Die Übersicht zeigt eine Auswahl, welche Möglichkeiten einem Unternehmen grundsätzlich zur Verfügung stehen, um bei zentralen BWA-Positionen Verbesserungen zu erreichen.

 

Übersicht / 

BWA-Position
Maßnahmenbeispiele
Eigene Anmerkungen
  • Umsatz

Preisanhebungen bei Produkten mit hohem Deckungs-/Gewinnbeitrag, Veränderung von Werbekonzepten, Fokussierung auf Kunden mit hohen Deckungsbeiträgen (Umsatz ‒ variable Kosten)

  • Bestände

Überprüfung auf Notwendigkeit hoher Bestände, Prüfung möglicher Bestandssenkungsprogramme, Absenken Sicherheitsbestände

  • Material

Preisverhandlungen mit Lieferanten, Lieferanten- oder Materialsubstitution, Entwicklung standardisierter Einkaufsregeln, um z. B. Bestellungen zu bündeln

  • Personal

Verbesserung Mitarbeiterqualifikation, Motivation durch z. B. Aus-/Weiterbildung, ggf. Erhöhung Entgelte, u. U. vor allem im Bereich Boni und erfolgsabhängige Sonderzahlungen. In Zeiten von Fachkräftemangel lassen sich Kosteneinsparungen eher selten umsetzen. 450-EUR-Kräfte oder Leiharbeiter sind oft weniger qualifiziert oder motiviert. Ggf. besteht die Möglichkeit, auf gute Subunternehmer zurückzugreifen, um die Anzahl der Mitarbeiter nicht ausweiten zu müssen.

  • AfA

Steuerung über Investitionen

  • Andere Kostenarten

Z. B. andere Werbung, Umstrukturierung Versicherungen, Auswahl anderer Energieanbieter, Überprüfung der Notwendigkeit von Wartungsverträgen

  • Zinsen

Umschuldung, Sondertilgungen

  • Investitionen

Verzicht oder Verschieben, Wahl anderer Finanzierungsformen, z. B. Leasing (erhöht die Kosten)

  • Entnahmen

Temporäre oder dauerhafte Begrenzung der Entnahmen der Eigentümer

  • Steuernach-/-vorauszahlungen

Anpassung der Vorauszahlungen bei schlechterer Geschäftsentwicklung

  • Tilgungen

Oft nur Begrenzung der Tilgung auf Mindestrate möglich, dadurch steigt aber Restschuld überproportional

  • Kreditaufnahme

Ggf. alternative Finanzierungen prüfen, z. B. Fördergelder, Subventionen, Leasing, Factoring, Gutscheinprogramme (die Praxis zeigt, dass oft 10 ‒ 20 % der Gutscheine nicht eingelöst werden, was u. a. die Liquidität verbessert)

  • Einzahlungen

Bereitschaft der Eigentümer zu weiteren Einzahlungen oder Kapitalerhöhungen erfragen

  • Andere

Z. B. Vermögensverkäufe, um Einzahlungen zu verbessern, Verstärkung Produktentwicklung oder Expansion in neue Märkte, Forcierung Digitalisierung, Verbesserung Abläufe und Prozesse

 

 

 

FAZIT | Entwicklungen in Wirtschaft und Unternehmen verlaufen selten linear. Fast immer gibt es mehr oder weniger starke Schwankungen, in Unternehmen etwa bei Käufen, Umsätzen oder Kosten. Viele Schwankungen sind typisch für eine Branche, etwa, wenn es saisonale Besonderheiten gibt. Andere Schwankungen können durch schwer vorhersehbare Ereignisse entstehen, etwa durch eine Konjunkturschwäche, technische Neuerungen, die das aktuelle Produktportfolio bedrohen oder die Konsequenzen aus politischen Entwicklungen, wie z. B. dem Brexit oder möglichen Handelsschranken. Oder man selbst ist in der Lage, unterjährig neue Produkte erfolgreich zu platzieren, mit denen man nicht gerechnet hat.

 

Um mögliche Auswirkungen derartiger Veränderungen auf Gewinn und Liquidität darstellen und prüfen zu können, sollten langfristig denkende Unternehmer und Mandanten mithilfe von Simulationsrechnungen Auswirkungen möglicher Veränderungen auf Gewinn und Liquidität „durchspielen“ und ggf. kurz- oder langfristig Maßnahmen zur Risikoreduzierung oder Ergebnisverbesserung umsetzen. Mit der zum Beitrag gehörenden Excel-Datei ist die Durchführung derartiger Simulationsrechnungen vergleichsweise einfach umzusetzen.

 

Weiterführender Hinweis

Quelle: Seite 114 | ID 46379977