· Fachbeitrag · Schmiergeld
Folgen der Begünstigung von Betriebsräten
von Steueramtsrat Heiko Schrader, Braunschweig
| Seit der VW-Affäre um die Volkert-/Hartz-Prozesse ist das Thema Vergütung von Betriebsräten ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Der Beitrag zeigt die gesetzlichen Regelungen zur Vergütung von Betriebsräten sowie mögliche Konsequenzen in strafrechtlicher und steuerlicher Hinsicht auf, wenn diese Regelungen zugunsten der Betriebsräte missachtet werden. |
1. Betriebsverfassungsrechtliche Grundlagen
In Anbetracht der immer komplexer werdenden Arbeitswelt bringt die Betriebsratsarbeit insbesondere auch bei international tätigen Unternehmen höhere Anforderungen mit sich. Dem Mitglied des Betriebsrats wird abverlangt, sich in betriebswirtschaftliche Vorgänge einzuarbeiten und Kenntnisse aus einer Vielzahl von Rechtsgebieten, z. B. aus dem Tarif-, Arbeits- oder Umweltrecht, zu erwerben. Oft sind auch Gespräche und Verhandlungen bis in die Vorstandsebene notwendig. Betriebsräte müssen sich daher durchaus Managerqualitäten aneignen, um von der Arbeitgeberseite ernst genommen zu werden. Insofern erschiene es auch nicht abwegig, wenn sie eine entsprechende Vergütung auf Managementniveau erhielten. Der Gesetzgeber hat mit dem BetrVG derartigen Überlegungen jedoch eine klare Absage erteilt.
1.1. Ehrenamtsprinzip
Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Sie erhalten weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung (BAG 28.5.14, 7 AZR 404/12). Grund: Die Betriebsratsmitglieder sollen ihr Amt unparteiisch und innerlich und äußerlich unabhängig führen können. Es stärkt maßgeblich das Vertrauen der Arbeitnehmer darin, dass der Betriebsrat die Mitbestimmungsrechte wahrnimmt, ohne durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile beeinflusst zu werden (BAG 5.5.10, 7 AZR 728/08, Tz. 28). § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG sorgen ergänzend dafür, dass den Betriebsratsmitgliedern keine Vermögensnachteile entstehen. Dementsprechend sind sie nach § 37 Abs. 2 BetrVG im erforderlichen Umfang ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. Nach § 37 Abs. 3 S. 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung, wenn es Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchführen muss.
1.2. Entgeltausfallprinzip und Begünstigungsverbot
Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern richtet sich nach § 37 Abs. 4 BetrVG: Danach darf deren Arbeitsentgelt nicht geringer bemessen werden, als dasjenige vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies ist die gesetzliche Definition des allgemein als „Entgeltausfallprinzip“ bezeichneten Maßstabs. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Mitglieder des Betriebsrats weder wirtschaftlich noch beruflich gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden (BAG 17.8.05, 7 AZR 528/04). Das BetrVG enthält mit § 78 S. 1 BetrVG zudem eine strafbewehrte Schutzbestimmung, die ein Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot normiert. Demnach dürfen Mitglieder des Betriebsrats in Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Außerdem dürfen sie wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden, was auch für ihre berufliche Entwicklung gilt, § 78 S. 2 BetrVG.
Aus dem Entgeltausfallprinzip folgt, dass solche Vergütungssysteme unzulässig sind, die Betriebsratsmitgliedern und insbesondere herausgehobenen Funktionsträgern, wie z. B. Vorsitzenden des Betriebsrats oder deren Stellvertretern, eine Vergütung nach Maßgabe ihres Gesprächspartners auf Arbeitgeberseite zuordnen (Rieble, NZA 08, 276). Sollten also Betriebsräte Verhandlungen mit dem Management oder den Vorständen führen und sie deswegen als „Co-Manager“ gesehen werden, dürfen sie dennoch nicht pauschal auf diesem Niveau vergütet werden. Sie verbleiben in ihrem unentgeltlichen Ehrenamt. § 37 BetrVG stellt insoweit zwingendes Recht dar. § 119 BetrVG sichert im Ergebnis dieses gesetzgeberische Ziel präventiv ab und soll verhindern, dass durch den Entzug oder die Gewährung materieller Vorteile Betriebsräte benachteiligt oder begünstigt werden.
Um die Vergütung zu bemessen, ist nicht auf die hypothetische Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds abzustellen, sondern auf diejenige vergleichbarer Arbeitnehmer (BAG 19.1.05, 7 AZR 208/04; 17.8.05, 7 AZR 528/04). Leistungen eines Betriebsratsmitglieds in Ausübung seiner Amtstätigkeit dürfen bei der Festlegung der Vergütungshöhe nicht herangezogen werden (BAG 19.1.05, 7 AZR 208/04; 17.8.05, 7 AZR 528/04). Der Ausschluss eines solchen Maßstabs erscheint schon deswegen sinnvoll, da sich die Leistung eines Betriebsrats kaum anhand objektiver Kriterien beurteilen lässt: Interessen der Belegschaft unterscheiden sich zuweilen von denen der Unternehmensseite. Betriebsräte sollen aber die Interessen der Arbeitnehmer vertreten, das Gehalt wird jedoch vom Arbeitgeber gezahlt. Um die sich daraus ergebende Konfliktsituation zu lösen, ist es richtig, die Vergütungshöhe nach den objektiven Maßstäben des Entgeltausfallprinzips zu bestimmen. Dies sichert eine unabhängige Amtsführung der Betriebsräte und wirkt dem Eindruck entgegen, dass Entscheidungen von Betriebsräten durch das Unternehmen„erkauft“ werden können.
1.3. Vergleichbare Arbeitnehmer
Die Vergütung von Betriebsräten wird „nach unten“ hin abgesichert, da diese nicht hinter der Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zurückbleiben darf, § 37 Abs. 4 BetrVG. Arbeitnehmer sind vergleichbar, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie das Betriebsratsmitglied und dafür in gleicher Weise fachlich und persönlich qualifiziert waren (BAG 21.2.18, 7 AZR 496/16; 18.1.17, 7 AZR 205/15). Ist ein Betriebsratsmitglied besonders qualifiziert und in seiner beruflichen Tätigkeit überdurchschnittlich gewesen, kommt als vergleichbarer Arbeitnehmer nur ein solcher mit ähnlicher Qualifikation und ebenso überdurchschnittlichen Leistungen in Betracht. Entsprechendes gilt aber auch im umgekehrten Fall (BAG 13.11.87, 7 AZR 550/86).
Gegen eine gleich qualifizierte Tätigkeit kann sprechen, wenn der Zugang zu bestimmten Tätigkeiten im Betrieb einen unterschiedlichen Ausbildungsstand erfordert oder Tätigkeiten bereits zu Beginn unterschiedlich bezahlt werden. Hinzu kommen muss auch noch die Vergleichbarkeit bei fachlicher und persönlicher Qualifikation: Dies lässt sich anhand objektiver Kriterien, wie z. B. dem Schulabschluss oder Berufsausbildung pp. bestimmen, aber auch persönliche Fähigkeiten, wie z. B. Berufserfahrung können bedeutsam sein.
Entscheidend für den Zeitpunkt, um die vergleichbaren Arbeitnehmer zu bestimmen, ist der Beginn der Amtszeit (Hinweis auf § 21 BetrVG; BAG 18.1.17, 7 AZR 205/15). Sofern ein Betriebsratsmitglied während seiner Amtszeit noch einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, sind zu Beginn jeder neuen Amtszeit die vergleichbaren Arbeitnehmer neu zu bestimmen. Eine bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte berufliche Entwicklung kann so für das Betriebsratsmitglied berücksichtigt werden. Wird aber ein Amtsträger vollständig von seiner beruflichen Tätigkeit befreit, endet seine berufliche Entwicklung. Es können auch nur alle bis dahin erreichten Schritte des Betriebsratsmitglieds beachtet werden. Daher ist zu diesem Zeitpunkt letztmalig eine Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer zu bestimmen (Jacobs/Frieling, ZfA, 15, 248 f.).
Aus § 78 S. 2 BetrVG kann ein Anspruch auf eine höhere Vergütung auch hergeleitet werden, wenn das jeweilige Betriebsratsmitglied nachweisen kann, dass es ohne seine Tätigkeit als Mitglied der Betriebsvertretung inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde.
MERKE | Dazu bedarf es aber konkreter Nachweise (BAG 17.8.05, 7 AZR 528/04). Hierdurch wird ein Blick in die potenzielle künftige berufliche Entwicklung des Betriebsratsmitglieds erforderlich. Da dies in der Praxis schwierig sein kann, muss hierfür auf Hilfstatsachen zurückgegriffen werden. So kann z. B. das Nachholen des Abiturs oder eine zusätzliche Qualifikation durch eine akademische Ausbildung ein Indiz sein. Vorstellbar wäre auch, dass ein Mitarbeiter vor Freistellung als Betriebsrat durch den erfolgreichen Abschluss verschiedener Fortbildungen zusätzliche Qualifikationen erlangt, die nur deswegen nicht zu einer höheren Vergütung geführt haben, weil er inzwischen vollständig freigestellt worden ist als Betriebsratsmitglied. Hierin könnte eine Benachteiligung liegen, wenn neu erworbene Qualifikationen nicht bei seiner Vergütung berücksichtigt werden. |
Die persönliche Qualifikation oder Leistungsfähigkeit eines Betriebsrats kann nur zu einer höheren Vergütung führen, wenn diese bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer ebenfalls dazu geführt hätte. Dabei muss die Qualifikation gerade für den vom Betriebsratsmitglied ohne Freistellung innegehabten Arbeitsplatz vorteilhaft sein. Neu erworbene Qualifikationen, die der Ausübung des Betriebsratsamts dienen, bleiben unberücksichtigt, da diese vom Ehrenamtsprinzip des § 37 Abs. 1 BetrVG erfasst werden. Eine unzulässige Begünstigung stellt es z. B. dar, wenn neu erworbene rhetorische Fähigkeiten eines Betriebsratsmitglieds berücksichtigt werden, obwohl bisher eine Vertragstätigkeit als Fließbandarbeiter ausgeübt wurde (Byers, NZA 14, 65 f.). Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Beachtung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Deswegen kann sich ein Betriebsratsmitglied auch nicht auf die Beförderung eines Arbeitnehmers mit Sonderkarriere berufen (Byers, NZA 14, 65 f.).
MERKE | Vergütungserhöhungen, auf die das Betriebsratsmitglied vor seiner Amtsübernahme keinen Anspruch hatte, müssen bei der Bemessung seines Arbeitsentgelts nach der Wahl in den Betriebsrat außer Betracht bleiben (BAG 18.1.17, 7 AZR 205/15). |
1.4. Auswechseln von Vergleichspersonen
Im Zeitpunkt der Wahl in den Betriebsrat ist für jedes Mitglied eine Vergleichsgruppe zu bilden, in der vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung i. S. d. § 37 Abs. 4 BetrVG aufgenommen werden. Insbesondere in den Fällen, in denen ein Mitglied längere Zeit, ggf. sogar über Jahrzehnte hinweg, vollständig von seiner vertraglichen Arbeitstätigkeit befreit ist, ist fraglich, ob sie noch immer mit den ursprünglich herangezogenen Arbeitnehmern vergleichbar ist. Diese Frage ist immer zu bejahen, wenn das Betriebsratsmitglied auf dem Qualifikationsniveau seiner ursprünglichen Vergleichsgruppe verbleibt. Hat sich die Vergleichsgruppe allerdings mehrheitlich und in betriebsüblicher Weise weiter qualifiziert und dadurch eine höhere Vergütung erreicht, ist auch dem Betriebsratsmitglied eine solche Vergütung zu gewähren, um eine Benachteiligung zu vermeiden, wenn es nur aufgrund seiner Amtstätigkeit solche Qualifikationen nicht erwerben konnte. Ein „typischer Normalverlauf“ ist auch einem Betriebsratsmitglied bei seiner fiktiven Karriere zuzubilligen. An der ursprünglichen Zuordnung der Vergleichspersonen kann sich erst etwas ändern, wenn das Betriebsratsmitglied neue Qualifikationen erwirbt, die nicht mit dem Betriebsratsamt in Zusammenhang stehen. In diesem Fall kann sich eine Vergleichbarkeit mit anderen Arbeitnehmern ergeben, die eben solche Qualifikationen aufweisen.
1.5. Einzubeziehende Gehaltsbestandteile und Entgelterhöhungen
Zum Arbeitsentgelt i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG gehören neben der Grundvergütung alle Zuschläge und Zulagen, die das Betriebsratsmitglied ohne Arbeitsbefreiung verdient hätte, insbesondere Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Erschwernis- und Sozialzulagen (BAG 5.4.00, 7 AZR 213/99). Um eine Benachteiligung zu vermeiden, müssen auch allgemeine Zuwendungen wie Weihnachtsgratifikation, Urlaubsentgelt oder vermögenswirksame Leistungen fortgezahlt werden. Erfolgsabhängige Prämien wie Tantiemen oder Boni sind ebenfalls einzubeziehen (BAG 21.4.83, 6 AZR 407/80; Rieble, NZA 08, 276). Letztlich gilt für Sachbezüge, wie z. B. die Überlassung eines dienstlich zur Verfügung gestellten Pkw für private Zwecke oder für die Zusage einer betrieblichen Altersvorsorge nichts anderes.
Werden tarifvertraglich Lohn- und Gehaltserhöhungen vereinbart, sind diese auch auf die Betriebsratsmitglieder zu übertragen. Fallen Gehaltserhöhungen innerhalb der Vergleichsgruppe unterschiedlich aus, kommt es darauf an, in welchem Umfang die Gehälter der Mehrzahl der der Vergleichsgruppe angehörenden Arbeitnehmer angehoben werden (BAG vom 19.1.05, 7 AZR 208/04). Ist nur eine sehr kleine Gehaltsgruppe vorhanden und lässt sich deshalb nicht feststellen, dass die Gehälter der Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in gleichem Umfang erhöht wurden, kann für den Gehaltsanpassungsanspruch des Betriebsratsmitglieds der Durchschnitt der den Angehörigen der Vergleichsgruppe gewährten Gehaltserhöhungen maßgebend sein.
2. Strafrechtliche Folgen der rechtswidrigen Begünstigung
§ 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG konkretisiert das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG. Das Betriebsratsmitglied darf nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern begünstigt werden (BAG 18.1.17, 7 AZR 205/15). Hierdurch wird die Vergütung „nach oben“ begrenzt. Es gelten somit für die Prüfung, ob eine Benachteiligung oder Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds vorliegt, identische Grundsätze, die sich an § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG orientieren müssen. Eine strafbewehrte Betriebsratsbegünstigung kann z. B. auch vorliegen, wenn einem Betriebsratsmitglied aufgrund seiner im Rahmen der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse eine höherwertige Stelle außerhalb des Betriebsrats übertragen wird, die vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung nicht angeboten wird. Anhaltspunkt dafür kann sein, dass dem Betriebsratsmitglied höherwertige Positionen im Bereich der Personalleitung übertragen werden, obwohl die bisherige Arbeitstätigkeit keinen Bezug dazu hatte. Fähigkeiten und Kenntnisse aus dem Betriebsratsamt würden nachträglich zu einer höheren Vergütung führen. Dies steht im Widerspruch zum Ehrenamtsprinzip des § 37 Abs. 1 BetrVG.
2.1. Straftaten nach § 119 BetrVG
Nach § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Mitglied oder ein Ersatzmitglied des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats (...) um seiner Tätigkeit willen oder eine Auskunftsperson nach § 80 Abs. 2 S. 4 um ihrer Tätigkeit willen benachteiligt oder begünstigt. Diese Straftat kann nach § 119 Abs. 2 BetrVG als Antragsdelikt ausschließlich verfolgt werden, wenn der Betriebsrat, der Gesamtbetriebsrat, der Konzernbetriebsrat, die Bordvertretung, der Seebetriebsrat, einer der in § 3 Abs. 1 BetrVG bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Wahlvorstand, der Unternehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft dies beantragen. Soweit eine mögliche Begünstigung im Raum steht, dürfte jedoch der genannte Personenkreis regelmäßig wenig Interesse an der Verfolgung einer solchen Tat haben, sodass derartige Fälle kaum verfolgt worden sein dürften.
Der Versuch einer Betriebsratsbegünstigung i. S. d. § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nicht strafbar. Folge: Das bloße Anbieten rechtswidriger Zuwendungen, die den Tatbestand der Betriebsratsbegünstigung erfüllen, ist nicht strafbewehrt. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich auch ablesen, dass allein die Gewährung entsprechender rechtswidriger Vorteile ‒ i. d. R. durch den Arbeitgeber ‒ von § 119 BetrVG sanktioniert wird. Die Annahme einer Begünstigung durch das Betriebsratsmitglied wird hiervon nicht erfasst.
2.2. Untreue nach § 266 StGB
Untreue begeht, wer vorsätzlich die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteile zufügt.
Die Gewährung rechtswidriger Zuwendungen an Betriebsräte stellt eine Untreue dar, soweit die Zuwendungen die Voraussetzungen des § 78 S. 2 BetrVG im Hinblick auf eine unzulässige Begünstigung erfüllen (BGH 17.9.09, 5 StR 521/08 ‒ Volkert/Hartz). Demnach hat der damalige Personalvorstand seine sich aus §§ 76, 93 AktG ergebende Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Volkswagen AG verletzt, indem er Sonderboni an ein Betriebsratsmitglied festgesetzt und hat auszahlen lassen. Dadurch hat die Volkswagen AG einen Vermögensschaden erlitten. Die jeweiligen Vermögensabflüsse sind nicht durch -zuflüsse ausgeglichen worden. Es ist auch kein kompensationsbegründender Vorteil darin zu sehen, sich mit den Sonderbonuszahlungen das „Wohlwollen“ des Betriebsrats zu erhalten. Dieser ist bereits aufgrund des § 2 Abs. 1 BetrVG unmittelbar verpflichtet, „zum Wohl“ der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen zu arbeiten, soweit betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrgenommen werden. Eine solche sittenwidrige „Übersteigerung des betriebsverfassungsrechtlichen Wohlwollens“ ist zudem nicht geeignet, den Vermögensnachteil durch unmittelbare Vermögenszuflüsse zu beseitigen.
Im Urteil vom 13.9.10 zur Frage, ob eine Untreue bereits vorliegt, wenn Zahlungen geleistet werden, um eine Betriebsratswahl zu beeinflussen, und somit gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verstoßen wird, hat der BGH Zweifel geäußert (sog. Siemens-/AUB-Entscheidung, BGH 13.9.10, 1 StR 220/09). Denn diese Vorschrift weist keinen vermögensschützenden Charakter auf. Vielmehr dient sie vorrangig der ordnungsgemäßen und unbeeinflussten Durchführung einer Betriebsratswahl. Ob dadurch die Entscheidung aus 2009 überholt ist, lässt sich noch nicht zwingend schließen, die Beeinflussung einer Betriebsratswahl ist etwas anderes als die Begünstigung einzelner Betriebsratsmitglieder.
Die Strafbarkeit der Untreue kann vorrangig Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer betreffen, die eine überhöhte Vergütung von Betriebsräten veranlassen und dadurch ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzen. Einer strafrechtlichen Verurteilung von Betriebsratsmitgliedern wegen Untreue steht entgegen, dass sie keine Vermögensbetreuungspflicht trifft. Sie können aber wegen Beihilfe oder Anstiftung verurteilt werden, wenn sie mehr tun, als nur die Leistungen anzunehmen, z. B. wenn sie aktiv zu ihrer Begünstigung beitragen, indem sie den Arbeitgeber drängen, ihnen rechtswidrige Zahlungen zu leisten (Jacobs/Frieling, ZfA, 15, 260 ff.).
2.3. Steuerliche Konsequenzen einer Betriebsratsbegünstigung
Vergütungen für Betriebsräte mindern als Betriebsausgaben den Gewinn des Arbeitgebers. Entweder werden sie direkt bei Zahlung gewinnmindernd berücksichtigt oder bei Zusage einer betrieblichen Altersvorsorge über einen Passivposten Pensionsrückstellung abgebildet. Insoweit tritt eine Gewinnminderung aus der Differenz zwischen dem bilanzierten Wert am Bilanzstichtag und dem Wert am vorangegangenen Stichtag ein. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG dürfen Betriebsausgaben für die Zuwendung von Vorteilen den Gewinn nicht mindern, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines anderen Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist ein solcher Straftatbestand. § 119 Abs. 1 BetrVG führt auf Grundlage von § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG zu einem steuerlichen Abzugsverbot entsprechender Aufwendungen (vgl.Hinweise zur Einkommensteuer H 4.14 „Zuwendungen“), weil die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt.
Dies hat der BGH klargestellt (BGH 13.9.10, 1 StR 220/09). Zur Auslösung der steuerlichen Konsequenzen reicht es aus, dass objektiv eine Betriebsratsbegünstigung i. S. d. § 78 S. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vorliegt. Das Steuerrecht knüpft insoweit ausschließlich an das Vorliegen des objektiven Tatbestands an. Somit kommt es auf ein Verschulden des Zuwendenden, auf die Stellung eines Strafantrags oder die tatsächliche Ahndung nicht an.
Soweit in einer Einkommen- oder Körperschaftsteuererklärung Betriebsausgaben für rechtswidrige Zuwendungen an Betriebsräte geltend gemacht werden, ohne eine Hinzurechnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG vorzunehmen, werden gegenüber dem FA über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht. Hierdurch kann bewirkt werden, dass die Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu niedrig festgesetzt wird. Die objektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demnach regelmäßig erfüllt. Die Tatsachen sind auch steuerlich erheblich, weil § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (i. V. m. § 119 BetrVG) als materiell-rechtliche Vorschrift des Ertragsteuerrechts zwingend eine entsprechende Hinzurechnung vorsieht.
Daneben ist es für eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung auch erforderlich, dass die Steuererklärungen vorsätzlich falsch abgegeben werden. Dies setzt positives (Mit-)Täterwissen voraus, wonach der Sachverhalt der Begünstigung von Betriebsräten bekannt ist und trotz dieser Erkenntnis eine steuerliche Hinzurechnung mit dem Ziel einer Steuerverkürzung nicht vorgenommen wird. Eine weitere steuerstrafrechtlich relevante Problematik kann sich auch in Hinblick auf die Berichtigungspflicht nach § 153 AO ergeben: Dies könnte z. B. für Fälle gelten, in denen dem Arbeitgeber nicht bewusst war, dass Betriebsräte unzulässig begünstigt worden sind und die Steuererklärung daher ohne eine entsprechende Hinzurechnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG abgegeben worden ist. Wird nachträglich bekannt, dass Betriebsräte rechtswidrige Zuwendungen erhalten haben, muss das Unternehmen nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO die Steuererklärung unverzüglich gegenüber dem FA berichtigen. Unterbleibt dies, kann sich daraus eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch pflichtwidriges Unterlassen ergeben (AO-Anwendungserlass vom 23.5.16 zu § 153 AO, Tz. 5.3).
Betriebsräte dürften eher nicht als Mittäter oder Gehilfen in steuerstrafrechtlicher Hinsicht anzusehen sein, wenn sie unzulässige Zuwendungen ihres Arbeitgebers annehmen. Andererseits ist eine mögliche Tatbeteiligung von Betriebsräten an einer eventuellen Steuerhinterziehung nicht prinzipiell ausgeschlossen. Eine Tatbeteiligung könnte gegeben sein, wenn Betriebsräte für Zuwendungen an sie bewusst gefälschte Belege unterzeichnen. Da regelmäßig auf Grundlage solcher Belege auch der Betriebsausgabenabzug erfolgt, kann sich ein Betriebsratsmitglied auch nicht pauschal darauf berufen, nichts über die Verwendung eines solchen Beleges gewusst zu haben.
3. Fazit
Die Grundsätze des Ehrenamts- und Lohnausfallprinzips versetzen die Arbeitgeber in die Lage, die Tätigkeit der Betriebsräte gesetzeskonform zu vergüten. Es liegt in ihrem Interesse, den Betriebsfrieden nicht zu gefährden und jeglichen Anschein von Korruption zu vermeiden. Welche Auswirkungen es hat, wenn die Regelungen nicht angewendet und Betriebsräten unangemessene Vergütungen gewährt werden, hat der Volkert-/Hartz-Prozess bewiesen.