HINWEIS:

Aktuell sind wir wegen einer technischen Störung telefonisch nicht erreichbar.

Bei Fragen zu den IWW-Webinaren schicken Sie uns bitte eine E-Mail an seminare@iww.de.

Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Provisionsrückforderungen

Versicherer zieht bei Provisionsrückforderungen vor dem LG Bonn den Kürzeren

von Rechtsanwalt Kai-Uwe Recker, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München

| Bei Provisionsrückforderungen lohnt es sich, sich mit den einzelnen Positionen auseinanderzusetzen. Die wenigsten Versicherer erfüllen die hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an Rückforderungen stellt. Das zeigt auch ein Fall vor dem LG Bonn, in dem es um die zivilprozessualen Spielregeln bei Provisionsrückforderungen ging. |

Streit um Provisionsrückbelastungen nach Vertragsende

Der Versicherungsvertreter war in der Zeit vom 01.03.2015 bis zum 31.05.2016 als selbstständiger Versicherungsvertreter für den Versicherer tätig. Als Vergütung für seine Tätigkeit bezog er vom Versicherer Provisionen gemäß den Allgemeinen Vermittlungsbedingungen. Daneben erhielt er allgemeine Zuschüsse nach der Anlage zu seinem Versicherungsvertretungsvertrag.

 

Sämtliche Provisionen und sonstige Vergütungen des Vertreters sowie die Gegenforderungen des Versicherers aus dem Vertrag wurden auf einem eigens für den Vertreter eingerichteten allgemeinen Verrechnungskonto verrechnet und miteinander saldiert. Dieses Konto wurde mindestens einmal im Monat abgerechnet.

 

Der Versicherer machte nach Vertragsende unter Vorlage eines Ausdrucks des Verrechnungskontos einen Zahlungsanspruch gegen den Vertreter aufgrund von Rückbelastungen geltend.

 

Der Vertreter wehrte sich. Er vertrat die Ansicht, es fehle an jeglichem substantiierten Sachvortrag des Versicherers, dass die Rückbelastungen richtig seien. Der Versicherer habe nicht dargelegt, wie sich die Forderungen zusammensetzten. Die Bezugnahme auf Anlagen sei unzulässig. Gleiches gelte für die Begründung der Sollbuchungen für Belastungen aufgrund nicht erreichter Absatzeinheiten im Bereich S/HU und des zu ihrer Begründung eingereichten Anlagenkonvoluts, dessen Richtigkeit er bestreite, sowie für die Begründung der Sollbuchungen.

LG Bonn: Kein Anspruch auf Provisionsrückforderungen

Das LG Bonn hat die Klage des Versicherers komplett abgewiesen. Nach seiner Auffassung hat der Versicherer die tatsächlichen Voraussetzungen für einen derartigen Provisionsrückforderungsanspruch weder schlüssig dargetan noch bewiesen (LG Bonn, Urteil vom 12.10.2018, Az. 1 O 325/17, Abruf-Nr. 211083).

 

Beweislast bei Versicherer

Bekanntlich trifft die Versicherung die Beweislast dafür, dass sie berechtigt ist, Provisionen zurückzufordern.

 

  • Sie muss deshalb für jeden einzelnen Rückforderungsanspruch dessen konkrete Gründe darlegen und ggf. beweisen.
  • Sie muss vorgelegte Provisionsabrechnungen textlich erläutern, wenn diese aus sich selbst heraus nicht verständlich sind. D. h. es muss klar sein,
    • welche Beiträge von den jeweiligen Versicherungsnehmern gezahlt worden sind,
    • welche Beiträge demgegenüber verprovisioniert worden sind,
    • in welcher Höhe diese verprovisioniert worden sind und
    • mittels welcher Berechnungsfaktoren der Versicherer zu den in den eingereichten Abrechnungen ausgewiesenen Teilbeträgen gelangt.

 

Außerdem gilt: Der Versicherer darf die Rückforderungen nicht zu vertreten haben, wenn er erfolgreich Provisionen zurückverlangen möchte (§ 87a Abs.3 S. 2 HGB). Hier geht es um die Nacharbeit und den Versuch, stornogefährdete Verträge zu retten: Die Nichtausführung (Stornierung) eines Vertrags ist vom Versicherer nicht zu vertreten, wenn er notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang nachbearbeitet hat (BGH, Urteil vom 28.06.2012, Az. VII ZR 130/11, Abruf-Nr. 122324).

 

Der Versicherer muss für jeden Einzelfall darlegen, warum Beiträge ausgeblieben sind und was er getan hat, um die Beiträge einzutreiben. Gerade in einem Zivilprozess, in dem er die Rückzahlung nicht verdienter Provisionen verlangt, muss er für jeden Versicherungsvertrag darlegen und beweisen, dass er die erforderlichen Nachbearbeitungsmaßnahmen durchgeführt hat oder dass diese Nachbearbeitung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist.

 

LG Bonn: Bemühungen nicht ausreichend

Das LG hat die Bemühungen des Versicherers im Urteilsfall als nicht ausreichend angesehen. Konkret ließ das LG beim Versicherer nicht gelten

  • den pauschalen Hinweis auf Zahlungsschwierigkeiten der Kunden,
  • das Argument, dem Wunsch des Versicherungsnehmers auf Beitragsfreistellung entsprochen zu haben,
  • den Hinweis, Mahnungen versendet zu haben,
  • den Verweis auf Anlagen ohne Erläuterung.

Bedeutung für die Praxis

Bei Provisionsrückforderungsansprüchen des Unternehmens, sei es Versicherer oder Bausparkasse, lohnt es sich in besonderem Maße, genau hinzusehen, ob das Unternehmen den hohen Anforderungen an die schlüssige Darlegung solcher Ansprüche genügt. Die Praxis zeigt, dass es für Vertreter viele Verteidigungsmöglichkeiten gibt und der Darlegungsaufwand für Unternehmen hoch ist. Davon zeugen die vielen vertreterfreundlichen Urteile.

 

Weiterführender Hinweis

  • Sonderausgabe „Provision des Versicherungsvertreters: Das sind die wichtigsten Spielregeln“ auf wvv.iww.de → Abruf-Nr. 44817379
Quelle: Seite 5 | ID 46164491