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· Fachbeitrag · Öffentlichkeitsarbeit

Chefsache Fundraising: Wichtiges Engagement zwischen OP, Spendengala und Alltagsstress

von Martin Fischer, van Acken Fundraising GmbH, Krefeld, van-acken.de

| „Ein Herz für Kinder. Uniklinik-Arzt und Patientin bei Spendengala“ lautete die Pressemeldung einer Klinik. Öffentliche Aufmerksamkeit ist eine gute Basis für die Spendenwerbung. Fundraising ist aber weit mehr als Öffentlichkeitsarbeit oder Netzwerken von Klinikleitungen und Chefärzten in Serviceclubs. |

Welche Rolle können Chefärzte im Fundraising einnehmen?

Chefärztinnen und Chefärzte sollten bei der Professionalisierung von Klinik-Fundraising die entscheidende Führungsrolle ausüben. Schon jetzt sind viele Chefärzte in Fördervereinen aktiv. „Bitten Sie zuerst die Vorstände und Ärzte zu spenden!“, lautet der Tipp internationaler Klinik-Fundraiser, da besonders Großspender nach den Spenden der Führungskräfte eines Klinikums fragen. Chefärzte spielen ebenfalls eine große Rolle, wenn sie dankbare Patienten auf Spenden/Stiftungs-Möglichkeiten hinweisen oder die Frage nach Unterstützungsmöglichkeiten an die Abteilungen für Fundraising, Marketing oder die Geschäftsführung weiterleiten. Chefärzte sind zudem gefragt, wenn Spendenprojekte identifiziert werden.

 

Um Spendenprojekte verständlich zu kommunizieren, sind Fotos, Zitate und Erklärungen von Chefärzten gefragt. Wofür braucht es eine Palliativstation? Was leistet ein Laparoskopiegerät? Wie könnte eine neue Kinderklinik nach dem neuesten Stand der Wissenschaft, Technik und zugunsten aller Menschen dort aussehen?

 

Fundraising ist Teamwork, erfordert aber auch Anreize und Anerkennung für fundraisende Chefärztinnen und -ärzte. Jede Klinikleitung muss daher die Frage beantworten, die ein Chefarzt im Vorfeld einer Kampagne für die Ausstattung einer neuen Kinderklinik stellte: „Was springt dabei für meinen Arbeitsbereich heraus, wenn ich mich in den Dienst einer großen Kampagne stelle?“ Fundraising muss als Servicestelle wahrgenommen werden ‒ für die Förderer und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Interview mit Dr. Rainer Süßenguth, Leiter Fundraising

Dr. med. Rainer Süßenguth ist seit 2013 Leiter der Stabsstelle Fördererbetreuung und Fundraising des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und seit 2002 in der Fördererbetreuung der Altonaer Kinderkrankenhaus gGmbH tätig; zuvor war er dort Oberarzt. Er hat im Rahmen einer Fundraisingkampagne für den Neubau der universitären Kinderklinik („Kinder-UKE“) in drei Jahren Spenden in Höhe von 23,5 Mio. Euro eingeworben.

 

Frage: Dr. Süßenguth, wie sind Sie zum Fundraising gekommen?

 

Süßengut: Schon als junger Assistenzarzt habe ich für modernste medizinische Geräte oder eine besondere, mir wichtig erscheinende, psychosoziale Unterstützung, die nicht anders zu finanzieren waren, entsprechende Spenden eingeworben. So habe ich früh gelernt, was für eine segensreiche Wirkung Spenden erzielen können, einerseits für die Patienten und andererseits auch für ein motiviertes Team.

 

Frage: Was können Chefärzte von Ihrem großen Fundraising-Erfolg lernen?

 

Süßengut: Es gibt viele engagierte Privatpersonen, Firmen, Vereine oder Stiftungen, die den medizinischen Fortschritt unterstützen wollen. Sie brauchen allerdings interessante, sinnvolle Projekte, die sie verstehen und für deren Finanzierung sie sich begeistern können. Jeder Arzt, dem finanzielle Mittel für besonders wichtige Projekte fehlen, sollte diesen Weg der Realisierung erwägen.

 

Frage: Konnten Sie als Arzt andere (Chef-)Ärzte besonders gut für eine Beteiligung am Fundraising gewinnen/überzeugen?

 

Süßengut: Vielleicht. Wichtiger ist, glaube ich, dass ich medizinische Sachverhalte verstehen und entsprechend allgemeinverständlich erklären kann.

 

Frage: Was wären Ihre Tipps für einen Einstieg ins Fundraising?

 

Süßengut: Fundraising ist kein Zauberwerk. Man muss Ressourcen zur Verfügung stellen, sinnvolle, erklärbare Projekte generieren und Menschen begeistern können. Gleichzeitig muss die Bereitschaft vorhanden sein, sich auch als Chef Zeit für dieses Thema zu nehmen.

 

Frage: Was für ein Budget benötigt ein Krankenhaus, um ein Fundraising-Projekt starten zu können?

 

Süßengut: Das ist schwer so allgemein zu beantworten. Der einfachste Weg ist die Zusammenarbeit mit einem existierenden Verein, die Zusammenarbeit mit Rotariern oder Lions oder die Kontaktaufnahme zu entsprechenden Stiftungen. Dies kostet in der Regel „nur“ Zeit und Engagement. Externe Fundraiser zu beauftragen oder eine eigene Stabstelle/Abteilung mit einem oder mehreren Mitarbeitern aufzubauen, ist natürlich teurer. Da der Spender in der Regel seine Spende steuerlich absetzen möchte, ist unbedingt die Frage der Gemeinnützigkeit zu klären.

 

Frage: Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Klinik-Fundraising in den nächsten zehn Jahren in Deutschland verändern?

 

Süßengut: Da die dem Gesundheitswesen zur Verfügung stehenden Mittel auch zukünftig begrenzt sein werden, während der medizinische Fortschritt und damit die Kosten weiter steigen, wird der Bedarf bezüglich zusätzlicher Finanzierung steigen. So werden besonders konfessionelle und gemeinnützige Krankenhäuser ihr Fundraising sicher sowohl professionalisieren als auch ausweiten.

Quelle: Seite 16 | ID 46378646