· Fachbeitrag · Nachfolgeplanung
Personengesellschaftsanteile und Gemeinschaftsvermögen ‒ ein höchst praxisrelevanter Dualismus
von Dr. Thomas Stein, Rechtsanwalt/Steuerberater, Ulm
| Zivilrechtlich haben Personengesellschaftsanteile einen besonderen Charakter, da sie nicht in ein Gesamthandsvermögen fallen können. Dieses generelle Problem hat auch Folgen für die steuerliche Behandlung. Die erbrechtlichen Konsequenzen der Sonderrechtsnachfolge in Personengesellschaftsanteile wurden bereits im Januarheft beleuchtet ( ErbBstg 21, 19 ). Demnach sind z. B. Erbengemeinschaften am Personengesellschaftsanteil nicht möglich. Auch güterrechtlich kann Gemeinschaftsvermögen entstehen, sodass ein zivilrechtlicher Blick hierauf und eine Betrachtung der erbrechtlichen und erbschaftsteuerlichen Folgen für die Nachfolgeplanung lohnen. |
1. Deutsche Personengesellschaftsanteile und Gesamthandsvermögen
Nach deutschem Gesellschaftsrecht kann ein Anteil an einer deutschen Personengesellschaft keinem güterstandsbedingten Gesamthandsgut der Güter- oder Errungenschaftsgemeinschaft zugeführt werden. Im Hinblick auf ausländische Güterstände von unbeschränkt steuerpflichtigen Inländern ist die Beachtung des Gesamthandsguts der Errungenschaftsgemeinschaft neben dem Gesamthandsvermögen der Gütergemeinschaft wichtig. Denn insofern kann auch ohne ehevertragliche Vereinbarung durch einen gesetzlichen ausländischen Güterstand Gemeinschaftsvermögen auftreten. Es sind daher zwei Güterstandstypen auszumachen, die vor diesem Hintergrund zu beleuchten sind:
- Gütergemeinschaften,
- Errungenschaftsgemeinschaften mit Gesamthandsvermögen.
Eine Konsequenz ist, dass eine eheliche Gemeinschaft mit güterrechtlich begründetem Gesamthandsvermögen nicht als solche Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft sein kann. Die Rechtsprechung nimmt infolgedessen für die deutschen Güterstände mit gemeinschaftlichem Vermögen ‒ anders als beim GmbH-Anteil ‒ eine Sondergutseigenschaft an (BGH 20.10.71, VIII ZR 212/69, NJW 72, 48; OLG Nürnberg 24.5.17, 12 W 643/17, FamRZ 17, 2011).
Die Zuordnung des Kommanditanteils zum Sondergut eines Ehegatten hat zur Folge, dass ein Gesellschaftsanteil an einer deutschen Personengesellschaft grundsätzlich nicht durch rein güterrechtliche Vereinbarung übertragbar ist (§§ 1417 Abs. 2, 717, 719 Abs. 1 BGB, §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Ein Personengesellschaftsanteil bleibt damit als Sondergut stets Eigentum des jeweiligen Gesellschafters und wird kein Gemeinschaftsgut der ehelichen Gesamthandsgemeinschaft.
2. Deutsche Personengesellschaftsbeteiligung und Gesamthandsvermögen einer Errungenschaftsgemeinschaft
Die o. g. Grundsätze zur Sonderrechtsnachfolge und Sonderguteigenschaft finden auch Anwendung, wenn während der Dauer einer Errungenschaftsgemeinschaft Anteile an einer OHG oder KG von einem Ehegatten erworben werden. Nach §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB bzw. § 719 BGB werden diese grundsätzlich als nicht auf eine Gemeinschaft übertragbare Güter qualifiziert werden müssen.
Ob diese Folgen für die jeweilige Errungenschaftsgemeinschaft tatsächlich eintreten, bleibt eine Frage der jeweiligen ausländischen Güterrechtsordnung. Die Überprüfung wird sich insbesondere darauf erstrecken, ob
- es sich um ein während des Bestehens der Errungenschaftsgemeinschaft erworbenes Gut handelt,
- die jeweilige ausländische Rechtsordnung auch dieses Gut der Errungenschaftsgemeinschaft und nicht dem Vermögen eines Ehegatten zuweist,
- nach dem Recht des jeweiligen ausländischen Staates die Errungenschaftsgemeinschaft tatsächlich Gesamthandsvermögen und nicht Miteigentum begründet (für Kroatien Mikulic/Schön in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 3. Aufl., S. 773).
3. Die Zurechnungsfrage im Weiteren
Das FG München (23.10.90, 16 K 11143/88, EFG 91, 401) hat hierzu allerdings angenommen, dass diese Nichtübertragbarkeit ausdrücklich oder stillschweigend ausgeschlossen werden kann. Faktisch geht das FG daher von Gemeinschaftseigentum „durch die Hintertür“ aus. Dies als richtig unterstellt, könnte ein Gemeinschaftsgut beider Ehegatten an einer Personengesellschaftsbeteiligung bejaht werden. Insofern weicht die steuerrechtliche Betrachtung von der zivilrechtlichen Betrachtung möglicherweise ab.
Richtigerweise wird das FG-Urteil allerdings nicht als Widerspruch zur zivilrechtlichen Rechtsprechung aufzufassen sein. M. E. ist die Entscheidung als Ausprägung des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 AO zu sehen. Ohnehin dürfte naheliegen, ungeachtet der zivilrechtlichen Sonderguteigenschaft des Personengesellschaftsanteils folgende Zuordnungsmöglichkeiten zu bejahen:
- Der Personengesellschaftsanteil wird je hälftig dem Sondergut eines jeden Ehegatten zugewiesen;
- der Personengesellschaftsanteil wird nur einem Ehegatten in dessen Sondergut zugewiesen, allerdings gegen Ausgleichsverpflichtung im Innenverhältnis, die auf das Gemeinschaftsvermögen oder eine stillschweigend begründete Innengesellschaft unter den Ehegatten zurückzuführen sein kann.
Zu Variante 2 ist anzumerken: Selbst wenn eine Gesamtguteigenschaft des Anteils an einer inländischen Personengesellschaft zivilrechtlich auch im Auslegungswege nicht möglich ist, ist richtigerweise weiter zu prüfen, ob der Gesellschaftsanteil nicht von einem Ehegatten anteilig für Rechnung des anderen gehalten wird (Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, Rn. 252).
Dies könnte etwa durch Vermögenszuordnungen quad sortem möglich sein (BGH 28.11.14, BLw 2/14, NZG 15, 352; vgl. auch: Munzig/Stein, Münchener Vertragshandbuch, BGB I, S. 1065; ein Halten auf Rechnung der Gemeinschaft auch bejahend: Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, Rn. 252). Häufig wird bei Vorliegen von güterrechtlichem Gesamtgut ohne explizit vereinbarte Vorbehaltsguteigenschaft des Gesellschaftsanteils ein solcher interner Ausgleichsmechanismus bejaht werden können.
Beachten Sie | Der Praktiker wird für Detailfragen nicht umhinkommen, die Würdigungen des ausländischen Errungenschaftsrechts zur Beurteilung dieser vermögensrechtlichen Frage mit einzubeziehen, sofern ausländische Güterstände mit Gesamthandsvermögen zur Beurteilung anstehen. Bei der deutschen Gütergemeinschaft muss der gesamte Inhalt der ehevertraglichen Vereinbarungen beleuchtet werden.
4. Bedeutung für die Nachfolgeplanung
Im Rahmen der Nachfolgeplanung ist zwischen den erbrechtlichen und den erbschaftsteuerlichen bzw. ertragsteuerlichen Konsequenzen aus dieser Einordnung zu unterscheiden.
In erbrechtlicher Hinsicht ist von Bedeutung, dass bei der Abfassung von Testamenten dem Gemeinschaftsgut Rechnung getragen wird. Sind Vermögenswerte nicht dem ausschließlichen Vermögen eines Ehegatten zuzuweisen, sondern dem Gesamthandsvermögen, stellen sich nach dem Tod eines Ehegatten andere Folgen ein:
|
Die Ehegatten A und B sind in Gütergemeinschaft verheiratet. Ehefrau A ist Gesellschafterin einer deutschen Personengesellschaft und einer deutschen Kapitalgesellschaft. Vorbehaltsgut wurde zwischen den Ehegatten nicht vereinbart. A verstirbt. Erben sind Ehemann B und Tochter C zu je 50 %.
Lösung: Es gilt § 1482 BGB. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst und sind die Ehegatten in Gütergemeinschaft verheiratet, so gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut zum Nachlass. Der verstorbene Ehegatte wird nach den allgemeinen Vorschriften beerbt. Während der GmbH-Anteil dem Gesamtgut der Gütergemeinschaft zufällt, gilt dies nicht für den Personengesellschaftsanteil der A in deren Sondergut. In den Personengesellschaftsanteil als Sondergut folgen daher B und C zu je 50 % nach; schließlich ist dieser dem alleinigen Vermögen der A zuzuweisen. Der Kapitalgesellschaftsanteil stellt Gesamthandsvermögen der Gütergemeinschaft dar und fällt daher nur hälftig in den Nachlass der A. Von diesem hälftigen Anteil erben B und C je die Hälfte, sodass am Kapitalgesellschaftsanteil im Ergebnis B 75 % zustehen und C 25 %. |
Da die Sonderguteigenschaft generell gilt, werden auch Anteile an einer Grundstücks-GbR Sondergut eines Ehegatten darstellen müssen, während das Grundstückseigentum grds. Gemeinschaftsgut darstellt.
In steuerrechtlicher Hinsicht wird diese Betrachtungsweise aus zweierlei Gründen Bedeutung erlangen:
- a. Erbschaftsteuer: Unbeschadet des Bestehens von Ehegatteninnengesellschaften wären die Vermögenswerte zu unterschiedlicher Quote den Erben zuzuweisen, abhängig davon, ob ein Gut entsprechend dem vorstehenden Beispiel dem Sondergut oder dem Gesamthandsvermögen zuzuordnen ist. Dies wiederum kann unerwarteten Einfluss auf die Höhe des erbschaftsteuerlichen Erwerbs haben, sodass ungeplante erbschaftsteuerliche Folgen auftreten können.
- b. Ertragsteuer: In ertragsteuerlicher Hinsicht wird insbesondere zur Beurteilung anstehen, ob im Hinblick auf unterschiedliche Quoten und Zuweisungen Auswirkungen auf Betriebsaufspaltungen eintreten können.
|
A und B sind in Gütergemeinschaft verheiratet. A ist zu 80 % an einer grundbesitzenden Kommanditgesellschaft als Komplementärin beteiligt, deren Mitgesellschafterin zu 20 % die Tochter C ist. In der KG gilt das Einstimmigkeitsprinzip, und eine freie Nachfolgefähigkeit der Anteile ist vereinbart. A verstirbt, Tochter C wurde zur Alleinerbin eingesetzt. Bei der Testamentserrichtung wurde (fälschlicherweise) davon ausgegangen, dass der Anteil an der KG im Gesamthandsvermögen der Gütergemeinschaft liegt.
Lösung: Wäre der Personengesellschaftsanteil tatsächlich dem Gesamthandsvermögen der Gütergemeinschaft zuzuweisen gewesen, wäre B zu anteilig 40 % an der KG beteiligt gewesen. Im Hinblick auf die Einstimmigkeitsabrede in der KG wäre eine Betriebsaufspaltung nicht aufgetreten.
Da der Kommanditanteil allerdings im Sondergut von A zu führen ist, wurde kein gemeinschaftliches Eigentum im Rahmen der Gütergemeinschaft begründet. B ist daher am Kommanditanteil nicht im Rahmen der Gütergemeinschaft mitberechtigt. Das Sondergut wird im Rahmen der allgemeinen Regelung auf den Erben übertragen. Da C zum Alleinerben eingesetzt ist, fällt ihr der Komplementäranteil der Verstorbenen A an der KG zu. Infolge der Erbschaft des 80%igen Anteils beherrscht C anschließend sowohl das Besitzunternehmen (das Vermögen der KG wächst der Alleingesellschafterin C zivilrechtlich an) und die Betriebs-GmbH. Eine Betriebsaufspaltung entsteht. Allenfalls über eine Innengesellschaftsüberlegung mit entsprechendem Stimmrechtseinfluss könnte dieses Ergebnis noch beeinflusst werden (allg. dazu: Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, Rn. 252). |
5. Fazit
Die Zuordnung von Personengesellschaftsanteilen und die Rechtsnachfolge in Personengesellschaftsanteile verdient auch abseits des Familien- und Gesellschaftsrechts Beachtung. Da Gesellschaftsanteile an einer inländischen Personengesellschaft nicht dem Gesamthandsvermögen zufallen können, können in erbrechtlicher und steuerlicher Hinsicht bei fehlender eingehender Problemanalyse ungewünschte steuerliche Folgen auftreten.