· Fachbeitrag · Kooperationen/Fusionen
Kooperationen und Fusionen im Autohandel (Teil 2): Diese Kooperationsformen sind möglich
von Rechtsanwalt und Steuerberater Joachim Breithaupt, Kanzlei Osborne Clarke, Köln
| Seit vielen Jahren wird über den Konzentrationsprozess im Autohandel diskutiert. Der technologische Wandel, neue Geschäftsmodelle der Hersteller, veränderte Kundenbedürfnisse und die Corona-Pandemie haben den Prozess beschleunigt. Die Beitragsreihe gibt Hinweise und Empfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen und Fusionen, um einen tragfähigen Weg in die Zukunft zu finden. In Teil zwei stellt ASR Ihnen die ersten zwei von mehreren Kooperationsformen vor. |
Zusammenarbeit auf vertraglicher Grundlage
Bei der Zusammenarbeit auf vertraglicher Grundlage werden Unternehmensbeteiligungen nicht zusammengeschlossen oder übertragen. Sie ist deshalb einfach und schnell umzusetzen. Denkbar ist die Übernahme von Verwaltungs- und Overhead-Funktionen durch einen Partner, der dafür entsprechende Ressourcen vorhält und diese sowohl für sein eigenes Unternehmen nutzt als auch gegen Entgelt anderen Autohäusern anbietet.
Möglich ist das z. B. für IT-Support, Buchhaltung, Personalwesen, Marketing, Datenschutz- oder Geldwäschebeauftragte, Lagerverwaltung und Reifenhotel.

Wichtig | Der Dienstleistungs- oder Werkvertrag, auf dessen Grundlage die Leistungen erbracht werden, sollte neben der Höhe der Vergütung insbesondere Laufzeit, Gewährleistung und Haftung regeln. Lagert ein Partner bestimmte Unternehmensfunktionen auf einen anderen Händler aus, muss er sich darauf verlassen können, dass die Leistungen auch ordnungsgemäß erbracht werden.
Gründung einer gemeinsamen Service-Gesellschaft
Möglich ist es auch, eine gemeinsame Tochtergesellschaft zu gründen, die als Servicegesellschaft für alle beteiligten Unternehmen Dienstleistungen erbringt und sonstige Aufgaben übernimmt. Die Servicegesellschaft kann die oben aufgeführten Funktionen darstellen und gegen Entgelt an die beteiligten Gesellschafter oder auch an Dritte erbringen. Daneben kann die Servicegesellschaft weitere Funktionen übernehmen, wie etwa:
- Gemeinsame Energiegewinnung durch eigenes Blockheizkraftwerk, Wärmepumpe oder Solaranlagen
- Einkaufsgemeinschaft für Reifen, Zubehör, Ersatzteile, Gebäudeausstattung etc.
PRAXISTIPPS | Entscheiden Sie sich für eine Servicegesellschaft, sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
|
Wichtig | Das Kartellrecht schränkt den Umfang der Tätigkeiten im Rahmen einer vertraglichen Kooperation und auch für eine Servicegesellschaft ein. Da die beteiligten Händlerbetriebe Wettbewerber sind, darf es durch die Kooperation nicht zu einem abgestimmten Verhalten der Händler im Wettbewerb kommen. Sie dürfen daher auch keine wettbewerbsrelevanten Informationen austauschen.
Zulässig ist es zwar, über eine Servicegesellschaft gemeinsam Reifen einzukaufen. Den Verkaufspreis muss dann aber jeder Händler selbstständig, frei und ohne Abstimmung mit den anderen Händlerkollegen festsetzen. Jegliche Preisabsprache ist insoweit verboten. Gleiches gilt für neue Geschäftsideen oder Innovationen, die die beteiligten Händler nicht austauschen dürfen. Das Kartellrecht sanktioniert hier nicht nur Großkonzerne. Auch auf einem lokalen Markt tätige Unternehmen können bei einem Verstoß mit empfindlichen Bußgeldern bestraft werden.
Die gemeinsame Vertriebsgesellschaft
Um in einzelnen Geschäftsbereichen profitabel arbeiten zu können, bedarf es oft eines gewissen Umsatzvolumens, um die Strukturkosten abdecken zu können. Durch einen gemeinsamen Wareneinkauf können Sie die Preise optimieren. Vor allem für den Fahrzeugvertrieb bietet sich daher die gemeinsame Vertriebsgesellschaft mehrerer Händler an, um Synergien zu heben und insgesamt ein besseres Ergebnis beim Absatz von Fahrzeugen zu erzielen, auch durch Ausschluss des Intrabrand-Wettbewerbs.

Die Grafik zeigt die Struktur einer Vertriebsgesellschaft im Neufahrzeugbereich. Die Vertriebsgesellschaft übernimmt dabei die Neufahrzeugvertriebsverträge, die bis dato bei den Händlern vorhanden sind. Dies kann durch einvernehmliche Beendigung der Verträge mit den beteiligten Händlern und Abschluss eines neuen Vertriebsvertrags zwischen dem Hersteller und der Vertriebsgesellschaft erfolgen.
Wichtig | Zu prüfen ist dabei, ob von der Vertriebsgesellschaft für die Übernahme des Vertriebsvertrags eine Entschädigung an die beteiligten Händler zu zahlen ist, die ihre Vertriebsverträge abgeben. Aus steuerlichen Gründen kann dies erforderlich sein. Für die Höhe einer solchen Entschädigung können Sie sich am Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB orientieren.
Betriebsübergang in verschiedenen Bereichen
Neben dem Vertriebsvertrag und dem damit verbundenen Kundenstamm übernimmt die Vertriebsgesellschaft von den beteiligten Händlern die Vorführ- und Lagerfahrzeuge sowie die Verkaufsmitarbeiter und die Disposition. Auch hier findet dann ein sog. Betriebsübergang nach § 613a BGB statt.
Die Vertriebsgesellschaft mietet sich in den Ausstellungsräumen der beteiligten Händler ein. Sie verkauft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Neufahrzeuge und ‒ je nach Ausgestaltung ‒ auch Gebrauchtfahrzeuge. Das Werkstattgeschäft bleibt in den Betrieben der beteiligten Händler und wird dort von ihnen weitergeführt.
Die Vertriebsgesellschaft bündelt also die Vertriebsaktivitäten und kann dadurch Synergien schaffen und das Absatzvolumen steigern, wodurch sich Bonuszahlungen und Einkaufskonditionen optimieren lassen. Verstöße gegen das Kartellrecht müssen Sie bei der Vertriebsgesellschaft nicht befürchten, da die beteiligten Händler gemeinsam am Markt auftreten und im Tätigkeitsbereich der Vertriebsgesellschaft nicht mehr konkurrieren.
Wichtig | Aktuell lassen nicht alle Hersteller die Trennung von Vertrieb und Service zu. Prüfen Sie daher zunächst Ihren Händlervertrag und stimmen Sie sich mit dem Hersteller ab. Der Hersteller muss der Überführung des Vertriebsvertrags auf die Vertriebsgesellschaft nämlich zustimmen.
PRAXISTIPP | Sie können die Vertriebsgesellschaft auch ausschließlich für den Gebrauchtfahrzeugbereich einsetzen. Der Hersteller braucht dann nicht zuzustimmen. Wichtig sind dann vor allem klare Absprachen über Inzahlungnahmen. |
Die Vertriebsgesellschaft als GmbH & Co. KG
Wollen Sie eine leistungsbezogene Ergebniszuweisung zwischen den beteiligten Händlern erreichen, sollten Sie die Vertriebsgesellschaft als Personengesellschaft gründen (etwa als GmbH & Co. KG).
Mit dieser Rechtsform können Sie den Gesellschaftern die Ergebnisse nach Umsatz oder Ertragsbeitrag unabhängig von der Beteiligungsquote der Händler zuordnen. Mitunter schwierige Diskussionen können Sie etwa dadurch vermeiden, dass die Ergebnisse nach den Erträgen an den jeweiligen Standorten verteilt werden. Eine solche flexible Ergebniszuweisung ist bei der Rechtsform der GmbH nicht möglich. Sollte es zur Beendigung der Vertriebsgesellschaft kommen, können Sie bei einer GmbH & Co. KG das Betriebsvermögen ohne Steuerbelastung im Rahmen einer sog. Realteilung auf die beteiligten Händler rückübertragen. Für die Rückführung des Händlervertrags muss der Hersteller dann aber auch zustimmen.
Die Vertriebsgesellschaft als GmbH & Co. KG stellt damit eine äußerst flexible Form der Kooperation dar, die sich auf die Besonderheiten des Einzelfalls anpassen lässt. Sie kann auch ohne großen Aufwand wieder aufgelöst werden, sollte die Zusammenarbeit nicht den gewünschten Erfolg zeigen.
| ||
GmbH & Co. KG | GmbH | |
Lassen sich Wirtschaftsgüter steuerfrei übertragen? | Ja | Nein |
Lassen sich Gewinne und Verluste flexibel nach Umsatz oder Ertragsbeitrag zuordnen? | Ja | Nein |
Ist eine getrennte Besteuerung zwischen Unternehmen und Gesellschaftern zwingend? | Nein (ab 2021) | Ja |
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Kooperationen und Fusionen im Autohandel (Teil 1): Darum sollten Sie sich mit dem Thema befassen“, ASR 4/2021, Seite 16 → Abruf-Nr. 47277202
- Im nächsten Beitrag stellt ASR Ihnen weitere Kooperationsformen im Autohandel vor.