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· Fachbeitrag · Begünstigtes Vermögen

Junge Finanzmittel bei der Generationennachfolge vermeiden, aber wie?

von Steuerberater Hans Günter Christoffel, Bornheim

| Junge Finanzmittel sollen aus der Sicht des Gesetzgebers nicht dazu genutzt werden, begünstigtes Vermögen zu schaffen, für das ein Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % gewährt werden kann. Daher werden junge Finanzmittel aus der Verrechnung mit Schulden und mit dem Sockelbetrag von 15 % des Unternehmenswerts ausgeschlossen, aber auch von der Umgliederung in begünstigtes Vermögen nach § 13b Abs. 7 ErbStG. Im Gegensatz zum jungen Verwaltungsvermögen behalten junge Finanzmittel den Makel „jung“, auch wenn sie zum Erwerb von begünstigtem Vermögen eingesetzt werden. Daher stellt sich oft die Frage, wie junge Finanzmittel bei der Generationennachfolge vermieden werden können. Dieser Praxisfall zeigt einen Lösungsweg auf. |

1. Junge Finanzmittel aus der Sicht der Finanzverwaltung

1.1 Grundsätze zu jungen Finanzmitteln

Die Finanzverwaltung äußert sich im R E 13b.23 Abs. 3 ErbStR 2019 zu den jungen Finanzmitteln. Danach liegen junge Finanzmittel vor, wenn innerhalb von zwei Jahren vor dem Zeitpunkt der entstehenden Steuer die eingelegten Finanzmittel über die entnommenen hinausgehen. Die jungen Finanzmittel behalten ihren Makel auch dann, wenn sie im Besteuerungszeitpunkt nicht mehr vorhanden sind. Allerdings sieht die Finanzverwaltung einen Höchstwert vor: Junge Finanzmittel sind auf den Wert der Finanzmittel im Besteuerungszeitpunkt vor Abzug der abzugsfähigen Schulden und des Sockelbetrags begrenzt.

 

Beachten Sie | Junge Finanzmittel dürfen nicht mit Schulden verrechnet werden (§ 13b Abs. 8 S. 1 ErbStG). Sie stellen kein unschädliches Verwaltungsvermögen dar (§ 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG). Bei der Ermittlung der Höhe des Vorwegabschlags (§ 13a Abs. 9 ErbStG) erfolgt bei Übertragung von Beteiligungen an Personengesellschaften eine Begrenzung der jungen Finanzmittel auf den Wert der Finanzmittel des Gesamthandsvermögens.

 

  • Beispiel aus H E 13b.23 ErbStH 2019

Der gemeine Wert des Gewerbebetriebs wurde mit 10.000.000 EUR, die Finanzmittel mit 3.000.000 EUR, die jungen Finanzmittel mit 100.000 EUR und die Schulden mit 1.000.000 EUR festgestellt.

festgestellter Wert der Finanzmittel

3.000.000 EUR

festgestellter Wert der jungen Finanzmittel

./. 100.000 EUR

Saldo

2.900.000 EUR

festgestellter Wert der Schulden

./. 1.000.000 EUR

Saldo

1.900.000 EUR

Sockelbetrag

15 % von 10.000.000 EUR =

./. 1.500.000 EUR

verbleibender Wert der Finanzmittel

400.000 EUR

 

Zusätzlich sind die jungen Finanzmittel mit 100.000 EUR als nicht begünstigtes Vermögen anzusetzen.

 

1.2 Junge Finanzmittel bei Beteiligungen an Personengesellschaften

Für die Zurechnung von Finanzmitteln bei Personengesellschaften gilt folgender Grundsatz: Sie sind nach dem Wert des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen zum gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen. Dies gilt nach R E 13b.23 Abs. 9 S. 6 ErbStR 2019 auch für die jungen Finanzmittel. Diese ergeben sich für das Gesamthandsvermögen aus den Einlagen und Entnahmen aller Gesellschafter innerhalb der Zweijahresfrist vor dem Besteuerungszeitpunkt.

 

Beachten Sie | Bei der Zurechnung von jungen Finanzmitteln kommt es also nicht auf die Entnahmen und Einlagen des betreffenden Gesellschafters an, sondern auf die Summe von Einlagen und Entnahmen aller Gesellschafter, wobei der Saldo im Verhältnis „Anteil des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen zum gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens“ auf die Gesellschafter aufgeteilt wird. Wegen der Kritik an dieser Aufteilung vgl. Punkt 2.

 

  • Beispiel

Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der A+B OHG beträgt 1.000.000 EUR. Davon entfallen auf den Gesellschafter A nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG 580.000 EUR. Die Finanzmittel betragen 600.000 EUR und die abzugsfähigen Schulden 200.000 EUR. Zum Sonder-BV des Gesellschafters A gehören Finanzmittel im Wert von 100.000 EUR und eine abzugsfähige Schuld von 150.000 EUR.

 

A ist in Höhe von 50 % an der Gesellschaft beteiligt. Die Gewinn- und Verlustverteilung beträgt je 1/2. Der gemeine Wert der Beteiligung des A beträgt 530.000 EUR. A überträgt seine gesamte Beteiligung auf Sohn M.

Finanzmittel im Gesamthandsvermögen

600.000 EUR

Anteil des A

348.000 EUR

(580.000 EUR : 1.000.000 EUR)

Finanzmittel im Sonder-BV des A

100.000 EUR

festgestellter Wert der Finanzmittel

448.000 EUR

Schulden im Gesamthandsvermögen

200.000 EUR

Anteil des A

116.000 EUR

(580.000 EUR : 1.000.000 EUR)

Schulden im Sonder-BV des A

150.000 EUR

festgestellter Wert der Schulden

266.000 EUR

festgestellter Wert der Finanzmittel

448.000 EUR

festgestellter Wert der Schulden

./. 266.000 EUR

Saldo

182.000 EUR

Sockelbetrag 15 % des gemeinen Wertes der Beteiligung des A

15 % von

530.000 EUR =

./. 79.500 EUR

verbleibender Wert der Finanzmittel

102.500 EUR

 
  • Fortsetzung des Beispiels

Die Gesellschafter haben in das bzw. aus dem Gesamthandsvermögen getätigt:

Einlagen Finanzmittel

200.000 EUR

Entnahmen Finanzmittel

./. 80.000 EUR

120.000 EUR

Anteil des A (580.000 EUR : 1.000.000 EUR)

69.600 EUR

A hat in sein bzw. aus seinem Sonder-BV getätigt

Einlagen Finanzmittel

50.000 EUR

Entnahmen Finanzmittel

./. 40.000 EUR

10.000 EUR

+ 10.000 EUR

Junge Finanzmittel des A nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG

79.600 EUR

Prüfung der Begrenzung der jungen Finanzmittel auf den Wert der Finanzmittel

Finanzmittel im Gesamthandsvermögen

348.000 EUR

Finanzmittel im Sonder-BV des A

+ 100.000 EUR

Summe

448.000 EUR

Es erfolgt damit keine Begrenzung. Festgestellt werden junge Finanzmittel in Höhe von 79.600 EUR.

 
  • Finanzmitteltest

festgestellter Wert der Finanzmittel

448.000 EUR

festgestellte junge Finanzmittel

./. 79.600 EUR

Saldo

368.400 EUR

festgestellter Wert der Schulden

./. 266.000 EUR

Saldo

102.400 EUR

Sockelbetrag

15 % von 530.000 EUR =

./. 79.500 EUR

verbleibender Wert der Finanzmittel

22.900 EUR

Zusätzlich sind die jungen Finanzmittel mit 79.600 EUR als nicht begünstigtes Vermögen anzusetzen.

 

Beim Sonder-BV geht die Finanzverwaltung einen anderen Weg. Dort rechnet sie dem Gesellschafter nur die Finanzmittel zu, die sich in seinem Sonder-BV in den letzten zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt gebildet haben. Und noch eine Einschränkung gilt: Von diesen jungen Finanzmitteln werden nur die berücksichtigt, die im Rahmen der Generationennachfolge mitübertragen werden. Werden sie nur zum Teil übertragen, ist das Verhältnis der übertragenen Finanzmittel des Sonder-BV zum Wert der insgesamt im Sonder-BV vorhandenen Finanzmittel für den Ansatz der jungen Finanzmittel maßgebend (R E 13b.23 Abs. 10 S. 2 ErbStR 2019).

 

1.3 Junge Finanzmittel im Verbund

Wie junge Finanzmittel im Verbund zu behandeln sind, regelt R E 13b.29 Abs. 3 ErbStR 2019. Im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung sind junge Finanzmittel der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft als solche anzusetzen. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für Finanzmittel, die die Muttergesellschaft selbst in die Tochtergesellschaft eingelegt hat. Die Begrenzung der jungen Finanzmittel auf den Wert der vorhandenen jungen Finanzmittel erfolgt erst auf der obersten Feststellungsebene (R E 13b.29 Abs. 3 S. 5 i. V. mit Abs. 6 S. 2 ErbStR 2019).

2. Meinungen im Schrifttum

Jülicher (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13b Rz. 330) weist darauf hin, dass das Vorgehen der Finanzverwaltung, sämtliche Einlagen und Entnahmen aller Gesellschafter in das Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen und dann entsprechend dem Anteil am Wert des Gesamthandsvermögens auf die Gesellschafter aufzuteilen, zu Recht kritisiert werde. Die Kritik bestehe darin, dass bei Vorhandensein von Sonder-BV gesellschafterbezogen vorgegangen werde, beim Gesamthandsvermögen dagegen gesellschaftsbezogen. Dadurch seien Verzerrungen durch überschießende Einlagen anderer Gesellschafter zu befürchten (so auch Stalleiken in: Von Oertzen/Loose, ErbStG, § 13b Rz. 200). Dass diese Kritik berechtigt ist, zeigt der folgende Praxisfall.

3. Zum Sachverhalt des Praxisfalls

Vater V und Sohn S sind an A-GmbH & Co. KG zu je 50 % beteiligt. Die Anteile an der Komplementärgesellschaft befinden sich zu 100 % im Eigentum des Sohnes und sind bei ihm als Sonder-BV der KG erfasst. V möchte seinen KG-Anteil unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen. Übertragungszeitpunkt soll der 1.7.20 sein. Aus der Sicht dieses Übertragungszeitpunkts haben V und S über Jahre weder Entnahmen noch Einlagen in die GmbH & Co. KG getätigt. Im 1. Halbjahr 2020 ist ein Gewinn nach Steuern von 400.000 EUR angefallen. Eine Zwischenbilanz zum 1.7.20 hätte unter Fortentwicklung der Bilanzansätze zum 31.12.19 folgendes Bild. Dabei sind für das Aktivvermögen auch die Wertansätze nach BewG angegeben.

 

  • Zwischenbilanz 1.7.20
BW
GW

Eigenbetrieblich genutztes Grundstück

 

490.000 EUR

 

1.020.000 EUR

Kapitalkonto I

‒ V

100.000 EUR

Bewegliches Anlagevermögen

3.200.000 EUR

3.500.000 EUR

‒ S

100.000 EUR

Kapitalkonto II

Vorräte

2.300.000 EUR

2.300.000 EUR

‒ V

2.400.000 EUR

Forderungen

3.210.000 EUR

3.210.000 EUR

‒ S

3.000.000 EUR

Kasse, Bank

2.200.000 EUR

2.200.000 EUR

Rückstellungen

600.000 EUR

Verbindlichkeiten

5.200.000 EUR

11.400.000 EUR

11.400.000 EUR

 

Zu der Zwischenbilanz ist Folgendes anzumerken:

 

Das eigenbetrieblich genutzte Grundstück hat im Besteuerungszeitpunkt einen Grundbesitzwert von 1.020.000 EUR. Das bewegliche Anlagevermögen ist mit den fortgeführten Anschaffungskosten bzw. mit dem Mindestwert von 30 % der Anschaffungskosten bewertet worden. Ansonsten entsprechen die gemeinen Werte der Aktiva und Passiva den Buchwerten.

 

Zum Kapitalkonto II ist anzumerken, dass es sich hierbei um Eigenkapital handelt. In Verlustsituationen werden allerdings die Verluste auf einem Verlustsonderkonto verbucht, das ein Unterkonto zum Kapitalkonto II darstellt.

 

Zum 1.7.20 ergibt sich nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren für das Gesamthandsvermögen ein gemeiner Wert von 10 Mio. EUR. Dies dürfte in etwa auch dem Verkehrswert nach IdW S1-Grundsätzen entsprechen. Der Substanzwert zum 1.7.20 beläuft sich, wie die Zwischenbilanz zeigt, auf 6.430.000 EUR (Aktiva 12.230.000 EUR ./. Schulden: 5.800.000 EUR). Damit ist der vereinfachte Ertragswert für die Ermittlung des Werts des Mitunternehmeranteils V maßgebend.

 

Der Vater will die Generationennachfolge dazu nutzen, dem Sohn privates Barvermögen in der Größenordnung von 2 Mio. EUR zu übertragen. Die Vorgabe an den Steuerberater ist, möglichst wenig Schenkungsteuer „auszulösen“.

4. Lösung nach Auffassung der Finanzverwaltung

Die Bewertung des Anteils des V an der A-GmbH & Co. KG hat grundsätzlich im vereinfachten Ertragswertverfahren mit der Mindestbewertung „Substanzwert“ zum 1.7.20 zu erfolgen. Dabei wird auf die Betriebsergebnisse der letzten drei abgelaufenen Wirtschaftsjahre abgestellt, und zwar auf die Jahre 2017, 2018 und 2019. Nur dann, wenn der vereinfachte Ertragswert zu unangemessenen Ergebnissen führen würde, müsste eine sachgerechte Bewertung, und zwar grundsätzlich nach den Grundsätzen von IdW S1, erfolgen. Bei der Ermittlung des Substanzwerts als Mindestwert kann vereinfachend von der Bilanz zum 31.12.19 ausgegangen werden, wobei die dort genannten Buchwerte durch gemeine Werte zu ersetzen sind; dies gilt im vorliegenden Fall für den Grundbesitz und für das bewegliche Anlagevermögen. Der so auf den 31.12.19 ermittelte Substanzwert ist um den anteiligen Gewinn für das 1. Halbjahr 2020 sowie die Entnahmen und Einlagen bis zu diesem Stichtag zu korrigieren.

 

Dagegen müssen die Finanzmittel stets auf den Besteuerungszeitpunkt ermittelt werden; dies gilt auch für die Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Daher wird man in größeren Fällen nicht umhinkommen, diese Wirtschaftsgüter stichtagsbezogen zu ermitteln.

 

Für die weitere Lösung des Falles ist darauf abzustellen, dass die A-GmbH & Co. KG zum 1.7.20 über Finanzmittel von 5.410.000 EUR verfügt. Die Schulden belaufen sich auf 5.800.000 EUR. Das Kapital laut Gesamthandsbilanz beträgt für V 2.500.000 EUR und für den S 3.100.000 EUR. Damit stehen die Parameter für die Ermittlung des Werts des Mitunternehmeranteils V fest:

 

  • Berechnung

Unternehmenswert „Gesamthandsvermögen“

10.000.000 EUR

Summe der Kapitalkonten

./. 5.600.000 EUR

restliches Betriebsvermögen

4.400.000 EUR

davon 50 %

2.200.000 EUR

Kapitalkonto „V“

+ 2.500.000 EUR

Wert der Beteiligung „V“

4.700.000 EUR

Anteil „Finanzmittel“

4.700.000 EUR

x 5.410.000 EUR =

10.000.000 EUR

 

2.542.700 EUR

Anteil „Schulden“

4.700.000 EUR

x 5.800.000 EUR =

10.000.000 EUR

 

2.726.000 EUR

Anteil junge Finanzmittel

0 EUR

90 %-Test

Finanzmittel: 2.542.700 EUR

=

Anteilswert: 4.700.000 EUR

 

54,1 % < 90 %

→ bestanden

Verwaltungsvermögensquote für Verschonungsabschlag 100 %

Finanzmittel

2.542.700 EUR

Schulden

./. 2.726.000 EUR

Sockelbetrag (15 % von 4.700.000 EUR)

./. 705.000 EUR

0 EUR

Quote

0 %

Verwaltungsvermögen

0 EUR

Begünstigtes Vermögen

4.700.000 EUR

Schenkungsteuer

0 EUR

 

Was passiert nun, wenn V vor dem Besteuerungszeitpunkt aus seinem Privatvermögen 2 Mio. EUR auf das Bankkonto der A-GmbH & Co. KG überweist? Dann handelt es sich hierbei um junge Finanzmittel, die auch im betrieblichen Bereich wie Privatvermögen behandelt werden, also keine Schuldenverrechnung, keine Minderung um den Sockelbetrag und keine Umgliederung von Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen.

 

Junge Finanzmittel können jedoch dadurch vermieden werden, dass S vor dem Besteuerungszeitpunkt 2 Mio. EUR von seinem Kapitalkonto über das betriebliche Bankkonto entnimmt. Dann verfügt V über 4.500.000 EUR Kapitalkonto und S über 1.100.000 EUR Kapitalkonto. Beide Beträge zusammengerechnet ergeben wiederum 5.600.000 EUR an Kapitalkonten in der Gesamthandsbilanz.

 

Der Bankbestand ändert sich ebenfalls nicht. Zugunsten des S werden 2 Mio. EUR vom Bankkonto abgebucht und zulasten des V 2 Mio. EUR dem Bankkonto gutgeschrieben. Per Saldo bleiben es also 2.200.000 EUR.

 

Junge Finanzmittel liegen ebenfalls nicht vor, denn die Entnahmen und Einlagen aller Gesellschafter betragen per Saldo 0 EUR, nämlich 2 Mio. EUR Einlagen des V verrechnet mit 2 Mio. EUR Entnahmen des S. Wie wirkt sich nun die Zubuchung des Kapitalkontos bei V und die Abbuchung des Kapitalkontos bei S auf den Wert der Beteiligung „V“ aus? Die Antwort: Im Ergebnis bleiben die in das Betriebsvermögen der KG eingelegten Barmittel von 2 Mio. EUR des V bei der Schenkungsteuer unbesteuert ‒ wie die folgende Berechnung zeigt:

 

  • Berechnung

Unternehmenswert „Gesamthandsvermögen“ ‒ wie bisher ‒

10.000.000 EUR

Summe der Kapitalkonten

./. 5.600.000 EUR

restliches Betriebsvermögen

4.400.000 EUR

davon 50 %

2.200.000 EUR

Kapitalkonto „V“

4.500.000 EUR

Wert der Beteiligung „V“

6.700.000 EUR

Anteil „Finanzmittel“

6.700.000 EUR

x 5.410.000 EUR =

10.000.000 EUR

 

3.624.700 EUR

Anteil „Schulden“

6.700.000 EUR

x 5.800.000 EUR =

10.000.000 EUR

 

3.886.000 EUR

Anteil junge Finanzmittel

0 EUR

90 %-Test

Finanzmittel: 3.624.700 EUR

=

Anteilswert: 6.700.000 EUR

 

54,1 % < 90 %

→ bestanden

Verwaltungsvermögensquote für Verschonungsabschlag 100 %

Finanzmittel

3.624.700 EUR

Schulden

./. 3.886.000 EUR

Sockelbetrag (15 % von 6.700.000 EUR)

./. 1.005.000 EUR

0 EUR

Quote

0 %

Verwaltungsvermögen

0 EUR

begünstigtes Vermögen

6.700.000 EUR

Schenkungsteuer

0 EUR

 

Wieso kommt dieses Ergebnis zustande? Dies liegt an der Handhabung der Finanzverwaltung, bei den jungen Finanzmitteln auf die Entnahmen und Einlagen aller Gesellschafter abzustellen, soweit sie das Gesamthandsvermögen betreffen (R E 13b.23 Abs. 9 S. 6 ErbStR 2019). Diese Einlagen und Entnahmen sind dann dem jeweiligen Gesellschafter entsprechend seinem Anteil am Gesamthandsvermögen zuzurechnen, also dem V mit 67 % der Einlagen von 2 Mio. EUR = 1.340.000 EUR und der Entnahmen ebenfalls mit 67 % = 1.340.000 EUR. Anteilige Einlagen und Entnahmen saldieren sich dann auf 0 EUR und führen damit nicht zum Ansatz jungen Finanzkapitals.

 

Hier wirkt sich das, was in der Literatur kritisiert wird (vgl. Tz. 2), zugunsten des Steuerpflichtigen aus. Will die Finanzverwaltung dieses Ergebnis vermeiden, müsste sie eine 180-Grad-Wendung machen und zur gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise bei Entnahmen und Einlagen übergehen. Dann wären im vorstehenden Fall 2 Mio. EUR Einlagen des V bei ihm als junge Finanzmittel anzusetzen.

Quelle: Seite 182 | ID 46612532