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· Fachbeitrag · Arbeitsschutz

Moderne Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung

von Dr. med. dent. Ulrike Oßwald-Dame, München, arsdensscribo.de

| Zahnarztpraxen müssen die Arbeitszeiten ihres Personals erfassen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Pflicht des Arbeitgebers zur Einführung einer betrieblichen Arbeitszeiterfassung mit Beschluss vom 13.09.2022 bejaht (Az. 1 ABR 22/21). Manuelles Aufzeichnen oder Excel-Tools zur Selbsterfassung der Arbeitszeit sind nicht komfortabel. Digitale Systeme eröffnen hier bequemere Möglichkeiten mit zusätzlichen Features rund um das Arbeitszeitmanagement. |

Ausgangslage

Arbeitgeber sind nach Arbeitsschutzgesetz § 3 Abs. 2 Nr. 1 (ArbSchG) verpflichtet, die geleistete Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer generell zu erfassen. Dazu zählen u. a. die Erfassung der gesamten täglichen Anwesenheitsdauer, der Beginn und das Ende der Arbeitsdauer, die Überstunden, Pausen, Dienstgänge, Notdienst an Sonn- und Feiertagen etc. Natürlich dürfen diese Zeiten manuell erfasst werden, etwa mit einem Stundenzettel, oder auch in einer Excel-Tabelle eingetragen werden. Komfortabel ist das im digitalen Zeitalter nicht. Dafür sorgen andere elektronische Erfassungsmöglichkeiten. Dazu muss man zwei wichtige Voraussetzungen kennen:

 

  • 1. Arbeitnehmer dürfen die Zeiten selbstständig erfassen.
  • 2. Die erfassten Zeiten müssen so dokumentiert und aufbewahrt werden, dass Arbeitnehmer diese überprüfen können.

 

MERKE | Eine elektronische Zeiterfassung („Stempeluhr“) für Beginn und Ende der Arbeitszeit ist mit dem Beschluss des BAG nicht (!) verbunden. Eine exakte (minutengenaue) Erfassung der Arbeitszeit ist nur erforderlich, wenn vom hinterlegten Arbeitszeitmodell, das im Rahmen der gesetzlichen Grenzen der Arbeitszeit definiert ist, abgewichen wird. Bewegt sich der Arbeitnehmer dagegen innerhalb des üblichen Arbeitszeitmodells (grundsätzlich: Arbeitszeitdauer Montag bis Donnerstag jeweils max. zehn Stunden; Freitag max. acht Stunden; Samstag und Sonntag sowie Feiertage arbeitsfrei), so muss er dies lediglich bestätigen. Damit wird den Grundsätzen des zitierten Urteils Rechnung getragen, ohne eine tägliche minutengenaue Zeiterfassung und Zeitkontenführung praktizieren zu müssen. Lesen Sie hierzu auch die am Ende genannten Beiträge in ZP.

 

Zeiterfassungssoftware

Es gibt spezielle Software zur Arbeitszeiterfassung, als Stand-alone-Software oder integriert in ein Personalverwaltungsprogramm oder auch als Feature der Praxis-(Verwaltungs-)Software. Zeiterfassungssoftware ist nutzbar über Computer, mobile Endgeräte, Terminals und KV-Kartenleser. Und: Es muss nicht unbedingt eine Software aus dem zahnärztlichen Anbieterbereich sein.

 

Prinzipiell gilt: Sie können bei bestimmten Lösungen die Zeiterfassung über mehrere verschiedene Tools (mobil oder stationär) bedienen bzw. Ihren Mitarbeitern anbieten und Sie können die Zeiterfassung mit dem Arbeitszeitmanagement/Personalmanagement kombinieren. Dadurch lässt sich das passende Set-up für Ihre Praxis und Ihr Team zusammenstellen. Zeiterfassungssoftware kann bedient werden über:

 

  • Die Online-Zeiterfassung: Es wird direkt im Webbrowser gestempelt. Auf der Internetseite des Anbieters wird sich dazu eingeloggt. Die Online-Stempeluhr ist ideal für PC und Mac.

 

  • Eine App-basierte Lösung: Über eine App auf ihrem Handy können sich Mitarbeiter ein- und ausstempeln. Die Daten werden automatisch an die Softwarelösung übertragen und stehen Arbeitgeber/Personalverantwortlichen zur Verfügung.

 

  • Über ein Terminal am Eingangsbereich der Praxis: Hier können sich die Mitarbeiter z. B. beim Kommen und Gehen mit einer Karte ein- und ausstempeln. Das Terminal wird vom Anbieter zur Verfügung gestellt. Es können auch handelsübliche Tablets als Terminal benutzt und von der Praxis eingerichtet werden. Die Mitarbeiter geben ihren Namen und ihre persönliche PIN ein. Neben Karte oder PIN sind auch biometrische Systeme (Fingerprint oder Gesichtserkennung), RFID-Chip oder RFID-Transponder (RFID = Radio-Frequency Identification, d. h. kontaktloser Datenaustausch zwischen einem RFID-Transponder und einem RFID- Schreib-/Lesegerät) möglich.

 

  • Einen vorhandenen KV-Kartenleser als digitales Modul: Die Kommen- und Gehen-Zeiten können über den KV-Kartenleser mittels Chipkarte, manuell per Passworteingabe oder aber auch durch Identifikation per Fingerabdruck erfasst werden; es wird also keine zusätzliche Hardware benötigt.

 

Bei allen Möglichkeiten werden die erfassten Daten jeweils automatisch an die Softwarelösung übertragen und stehen Arbeitgeber/Personalverantwortlichen zur Verfügung bzw. können von den Mitarbeitern eingesehen werden. Ein System, das verschiedene Bedienmöglichkeiten gleichzeitig anbietet, erhöht die Flexibilität der Bediener.

App mit Zusatzfunktion

Werden die Arbeitszeiten mit iPhone oder Android Smartphone über eine Zeiterfassungs-App erfasst, kann bei einigen Anbietern zusätzlich zur Zeiterfassung eine sogenannte Geofencing-Funktion oder ein GPS-Tracking (mit Erlaubnis des Nutzers) aktiviert werden. Was ursprünglich für Außendienst oder Baustellen gedacht war, ist z. B. bei Besuchen im Alten- und Pflegeheim einsetzbar. So ist ersichtlich, an welchem Ort die Buchung mit der Zeiterfassungs-App stattgefunden hat. Aber Vorsicht: Die elektronische Ortung von Arbeitnehmern durch den Arbeitergeber mittels GPS, Diensthandy oder RFID-Chips ist nur erlaubt, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Beispiele:

 

  • Wachpersonal, Feuerwehrleute oder Arbeitnehmer sollen in einem Kraftwerk durch GPS gesichert werden.
  • Der Arbeitgeber will den Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern im Außendienst (Fahrer, Monteure, Vertreter usw.) koordinieren.
  • Schutz von kostbarem Eigentum des Arbeitgebers (Lkw mit Ladung) oder von diesem anvertrauten Gegenständen (Geld in einem Werttransporter).

 

Ob das Einloggen zum Arbeiten bei Hausbesuchen für die Durchführung der eigentlichen Arbeit wirklich notwendig ist, sollten Sie im Bedarfsfall anwaltlich prüfen lassen.

Auswertungsmöglichkeiten

Eine digitale Zeiterfassung kann als Komplettlösung, sprich im Rahmen eines Personalverwaltungsprogramms, auch weiteren Nutzen bringen und eine Vielzahl an Funktionen bieten, die über die reine Zeiterfassung hinausgehen: Es können aufgrund der erfassten Arbeitszeiten z. B.

 

  • Abwesenheiten und Krankentage verwaltet,
  • Schichtdienstpläne (dazu können z. B. auch verschiedene Arbeitszeitmodelle von Mitarbeitern hinterlegt werden) erstellt und
  • betriebswirtschaftliche Kennzahlen (Krankheitsquote, Überstunden, Stundenkonto etc.) ausgewertet werden.
  • Möglich sind auch Urlaubsplanungen und die Bearbeitung von Urlaubsanfragen, indem der Mitarbeiter z. B. einen Urlaubsantrag über das Zeiterfassungssystem absendet und der Personalverantwortliche für die Zeiterfassung eine Nachricht über eine zugestellte Mail erhält und die Anfrage bearbeiten kann.

 

Je nach Software erhält man verschiedene Wochen- und Monatsberichte und damit verbunden eine detaillierte Arbeitszeitkarte, die man als PDF-, Excel- oder CSV-Datei exportieren kann. Auch können die Praxismitarbeiter ihre persönlichen Arbeitszeiten / ihr Stundenkonto aufrufen.

 

FAZIT | Ein modernes elektronisches Zeiterfassungssystem arbeitet mit verschiedenen Zeiterfassungs-Tools. Mit dem entsprechenden System / der passenden Software lassen sich unkompliziert alle Endgeräte miteinander kombinieren. Die erfassten Zeiten werden automatisch synchronisiert und stehen damit dem Personalverantwortlichen sowie dem Mitarbeiter zur Verfügung. Darüber hinaus können die erfassten Daten ausgewertet werden und in entsprechenden Berichten münden bzw. in Planungen zu Dienstplänen, Urlaubs- und Überstundenausgleich etc. einfließen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Gesetzesentwurf zur Änderung des ArbZG: Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung! (ZP 05/2023, Seite 2)
Quelle: Seite 13 | ID 50063896