Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Nachricht · Krankenkasse

Wann muss die Krankenkasse einen Aktivrollstuhl bezahlen?

| Schränkt eine Erkrankung den Versicherten fortlaufend stärker ein, muss die Krankenkasse dies berücksichtigen und ggf. die Kosten eines Aktivrollstuhls bezahlen, damit der Betroffene in seinem Wohnumfeld unabhängig und mobil ist. Das hat das LSG Berlin-Brandenburg entschieden (18.9.19, L 1 KR 288/19 B ER, Abruf-Nr. 213601 ). |

 

Der Antragsteller leidet an einer COPD-Erkrankung (Stadium IV, Risikogruppe D). Diese geht mit fortlaufend zunehmender Kraft- und Bewegungsminderung sowie ausgeprägter Atemnot bei Belastungen einher. Die Krankenkasse bewilligte nur einen kompakten Elektrorollstuhl. Damit kann der Antragsteller nicht allein die Wohnung verlassen. Dafür müsste mithilfe einer weiteren Person eine Rampe herabgelassen werden. Er begehrte einen Aktivrollstuhl mit Wheel-Drive, der keine Rampe benötigt. Der MDK der Krankenkasse argumentierte mit Unfallgefahren: Die kleinen Lenkräder könnten sich aufgrund Unebenheiten am Boden des Wohnumfelds verkanten.

 

Das LSG entschied im Rahmen einer einstweiligen Verfügung und sah gute Erfolgsaussichten. Es spräche viel für einen Anspruch aus § 33 SGB V. Hilfsmittel, die lediglich auf einen mittelbaren Ausgleich von Behinderungen zielen, sind nur zu gewähren, soweit sie dazu dienen, sogenannte Grundbedürfnisse zu befriedigen (BSG 18.5.11, B 3 KR 10/10 R). Das ist bei einem Rollstuhl der Fall, soweit er nötig ist, um im Nahbereich der Wohnung unterwegs zu sein. Das Sturzrisiko sei eine zu abstrakte Gefahr, der Antragsteller hatte den Umgang auch erprobt. Angesichts der mutmaßlich fortschreitenden Erkrankung stelle der Aktivrollstuhl die Alltagstauglichkeit sicher. Ferner hätte die Antragsgegnerin auch die Kostenübernahme bzw. Sachleistung gem. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI prüfen müssen (Pflegehilfsmittel für selbstständige Lebensführung). Der Antragsteller begehrte den Aktivrollstuhl samt Wheel-Drive (statt den Elektrorollstuhl) jedenfalls auch, um die Stufe speziell seiner Wohnung zu überwinden.

 

Weiterführende Hinweise

  • Höhenverstellbare Schreibtische: Rentenversicherer vorrangig in der Pflicht, SR 19, 63
  • Blindenführhunde als notwendiges Hilfsmittel: so kann begründet werden, SR 17, 24
Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 21 | ID 46289435