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· Fachbeitrag · Haftpflichtversicherung

Wenn der Versicherte demenzkrank wird

von Rechtsanwaltsfachangestellten Christian Noe, Leipzig

| Muss ein Versicherter seine Haftpflichtversicherung informieren, wenn er später irgendwann an Demenz erkrankt? Auf jeden Fall gilt: Police prüfen, fachkundig beraten lassen und rechtzeitig mit dem Versicherer sprechen. |

1. Die Versicherung haftet, aber..

Bei vielen Haftpflichtversicherungen gilt: Erkrankt ein Versicherter an Demenz, besteht keine Pflicht, dies der Versicherung mitzuteilen. Der Versicherungsschutz bleibt erhalten, aber es gibt folgendes Problem: Schreitet die Erkrankung weiter fort, kann es geschehen, dass der Erkrankte deliktsunfähig wird (§ 827 BGB). Er kann dann für seine Handlungen nicht verantwortlich bzw. haftbar gemacht werden. Die Versicherung würde in diesem Fall Schadenersatzansprüche abwehren und den Schaden nicht ersetzen.

 

Der Versicherer prüft dies individuell. Allein die Diagnose Demenz bedeutet nicht automatisch, dass der Versicherte deliktsunfähig ist. Genau hier liegt auch die Schwierigkeit: Die Krankheit kann in unterschiedlichsten Formen auftreten und schreitet schleichend voran. Ein Krankheitsbild zu beurteilen, ob der Erkrankte als deliktsunfähig anzusehen ist bzw. ob der verursachte Schaden tatsächlich auf die Erkrankung zurückzuführen ist, ist daher nicht einfach. Laien können dies kaum beurteilen.

 

 

2. Das müssen Sie tun

Zuerst gilt: Prüfen Sie die Versicherungsbedingungen. Manche Unternehmen bieten Policen bzw. Zusatzbausteine an, dass sie sich im Schadenfall nicht auf Deliktsunfähigkeit/fehlende Verantwortlichkeit berufen und bis zu bestimmten Summen haften. Der Mandant sollte die Police nicht vorschnell kündigen. Ziehen Sie behandelnde Fachärzte zu Rate und informieren Sie sich (z. B. www.wegweiser-demenz.de, Alzheimer-Telefon: 030/259 379 514, Bund der Versicherten: www.bundderversicherten.de). Das unterstützt Sie dabei zu entscheiden, ob Deliktsunfähigkeit drohen könnte. Auch die Versicherung sollte dann kontaktiert und mögliche vertragliche Änderungen besprochen werden.

 

Kümmert sich eine Aufsichtsperson um den Demenzkranken, sollte auch sie über eine eigene private Haftpflichtversicherung verfügen. Auch diese Versicherung sollte informiert sein, dass ein Angehöriger erkrankt ist (vor allem bei bestehender Familienhaftpflicht). Denn Schadenersatzansprüche können sich auch gegen Aufsichtspersonen richten, wenn sie nicht genügend auf die kranke Person achten oder sie in Gefahrensituationen nicht begleiten (Verletzung der Aufsichtspflicht).

3. Auswirkungen in der Praxis

Auch wenn grundsätzlich keine Pflicht besteht, der Haftpflichtversicherung eine Demenzerkrankung mitzuteilen, kann dies zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll sein. Dies hängt davon ab, wie die Erkrankung verläuft und wie gut der Betroffene betreut ist. Entscheidend ist auch, wo er wohnt und welche Risiken bestehen, dass er einen Schaden verursacht, von dem auch Nachbarn betroffen sein können (z. B. offene Wasserhähne, nicht abgestellte Herdplatten).

 

Häufig wird vergessen: Die Haftpflicht wehrt unberechtigte Schadenersatzansprüche auf eigenen Kosten ab. Der Versicherte profitieren dann von der Rechtsschutzfunktion seiner Haftpflichtversicherung.

 

PRAXISHINWEIS | Je nachdem, wie die Krankheit verläuft, können Demenzkranke in den eigenen vier Wänden leben. Ärzte, Krankenkassen und Pflegedienste unterstützen dabei zu entscheiden, wie lange dies verantwortbar sein kann.

 

  • Wohnungen können demenzgerecht umgestaltet werden. Die Pflegekasse zahlt dafür Zuschüsse.

 

  • Außerdem sind alternative Wohnformen wie Demenz-WGs oder betreutes Wohnen möglich. Betroffene können sich im Internetforum „Wohnen, Betreuung und Pflege“ informieren und austauschen (http://www.iww.de/sl1822).
 

 

Weiterführende Hinweise

  • Notfallausweis für Alzheimer-Patienten, SR 15, 183
  • Demenzkranke können partiell geschäftsfähig sein, SR 15, 28
Quelle: Ausgabe 03 / 2016 | Seite 39 | ID 43889230