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· Fachbeitrag · Betreuungs- und Service-Qualität

Qualitätswahrnehmung aus Patientensicht: So empfinden Ihre Patienten Ihre Praxis als einzigartig

von Sybille David, Praxisknigge-Trainerin, Frankfurt/Main, www.sybille-david.de

| Qualität ist das, was der Patient wahrnimmt. Das gilt sowohl für die zahnärztliche Behandlungsqualität als auch für die Qualität von Betreuung und Service. Werden die Erwartungen an Betreuung und Service lediglich erfüllt, ist die Praxis gutes Mittelmaß, aber austauschbar. Werden Erwartungen jedoch übertroffen, wird sie als einzigartig und besonders wahrgenommen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, für sämtliche patientenrelevanten Prozesse der Praxis das passende Service-Niveau zu finden. |

Was wünschen sich Patienten?

Sowohl die Hirnforschung als auch die Ergebnisse repräsentativer Patientenbefragungen - zum Beispiel Prof. Gerald Hüther, Dr. Hans-Georg Häusel, Prof. Riegl oder IFABS (Institut für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung) - sind sich einig: Patienten wollen Beziehungen eingehen, Vertrauen schenken, wertgeschätzt und respektiert, aufgeklärt und ernst genommen werden. Eine erfolgreiche „Heilung“ setzen sie hingegen als Basisanforderung voraus. Patienten spüren sehr schnell, ob sie nur die „Präp“, die „Ost“ oder die „01“ sind, oder ob sie herzlich willkommen sind und man ihnen mit besten Umgangsformen, Verständnis und auch Respekt für eine andere Meinung begegnet. Gute Beziehungen entstehen nur, wenn man sich in andere hineinversetzen kann, auch wenn man selbst die Dinge anders bewertet.

Standardsituationen im Praxisalltag souverän meistern

Die Wartezeiten sind ein häufiger Beschwerdegrund in Zahnarztpraxen und oft Ursache für Patientenverlust. Fragt man Patienten, was ihnen beim Zahnarzt wichtig ist, steht Pünktlichkeit mit an erster Stelle. Eine Wartezeit von mehr als 15 Minuten gilt für die meisten Patienten bereits als unzumutbar. Schließlich hat jeder weitere Verpflichtungen, zum Beispiel muss er zurück an den Arbeitsplatz, das Kind aus dem Kindergarten oder der Schule abholen etc. Ein verspäteter Behandlungsbeginn bedeutet also unter Umständen eine ganze Kette von Unannehmlichkeiten für den betroffenen Patienten. Aber nicht nur dieser ist von der Unpünktlichkeit der Praxis tangiert, auch alle weiteren Patienten werden Opfer der Verspätung.

 

  • Beispiel

Ein Patient, der schon mehrmals trotz Terminvereinbarung auf den Behandlungsbeginn warten musste, kommt das nächste Mal einfach später, weil er die Warterei satt hat. Gerade heute ist die Praxis aber pünktlich und muss nun ihrerseits auf den Patienten warten. Der Behandler lädt seinen Ärger bei der Rezeptionsmitarbeiterin ab. Diese wiederum maßregelt den Patienten unangemessen harsch, als dieser 15 Minuten später als vereinbart zum Termin erscheint. Im Behandlungszimmer wird der Patient noch einmal ermahnt. Die Stimmung ist angespannt.

 

Gute Organisation ist das A und O

Zunächst einmal sind gut vorbereitete Behandlungen, die auf einer exakten Termineintragung basieren und wo auch die Termindauer eingehalten wird, ein Schlüsselfaktor für Pünktlichkeit. Je exakter der Eintrag ist, desto besser kann vorbereitet werden. Ist die Vorbereitung perfekt, beschleunigt das die Behandlung und erhöht die Behandlungsqualität. Wenn hingegen während der Behandlung wichtige Dinge fehlen, die Behandlung unterbrochen werden muss, um diese zu holen, kommt es zu Verzögerungen. Rechnet man dies auf alle Behandlungen eines Tags hoch, kommen schnell einige Stunden zusammen.

 

Besonderheiten der Patienten berücksichtigen

Auch die Behandlung betreffende Besonderheiten des Patienten müssen berücksichtigt werden. Handelt es sich zum Beispiel um einen ängstlichen oder unruhigen Patienten, der mehrere Pausen braucht, wird dieser nicht in der Regelbehandlungszeit behandelt werden können. Deshalb ist es sinnvoll, solche Faktoren zu dokumentieren, um bei der jeweiligen Behandlung die richtige Behandlungszeit ansetzen zu können.

 

Hinweis | Der Behandler selbst muss ebenfalls seinen Beitrag zur Terminpünktlichkeit leisten, in dem nur die Behandlung durchgeführt wird, die auch geplant ist. Doch trotz aller planbaren Vorbereitungen kann es zu unvorhergesehenen Verzögerungen kommen. Hier greift dann ein gutes Service- und Prozessmanagement, das auf solche Situationen vorbereitet ist.

 

Prozess-Checklisten

Checkliste / Verzögerung im Behandlungszimmer

Die Behandlungsassistenz informiert die Rezeption über die voraussichtliche Zeitverschiebung.

Die Rezeption informiert zeitnah die wartenden Patienten.

Eventuell werden Erfrischungsgetränke oder Ähnliches gereicht.

Jeder Patient hat die Option, einen neuen Termin zu vereinbaren, wenn er nicht warten kann oder möchte.

Patienten, die einen neuen Termin erhalten, werden bei diesem absolut pünktlich und ohne jegliche Wartezeit behandelt (Eintrag in Patientenkartei)!

Beim nächsten Besuch des Patienten wird dieser mit einem kleinen Smalltalk positiv gestimmt.

 

 

Checkliste / Behandlungsverzögerung durch Patienten

Die Rezeption informiert den Behandler über die Verspätung des Patienten.

Entscheidung, ob Patient noch behandelt werden kann:

  • Wenn nein, einen neuen Termin vereinbaren
  • Wenn ja, alle weiteren Patienten informieren, dass es zu einer Verzögerung kommt
  • Noch nicht anwesende Patienten anrufen und informieren

Erscheint ein Patient mehrmals verspätet, bekommt er am besten keine weiteren Termine mehr. Diese Regelung muss jedoch von der Praxisleitung abgesegnet sein (Exit-Management).

 

Solche Prozess-Checklisten helfen dem Team, besondere Situationen im Sinne der Praxis zu managen.

Sämtliche Patientenkontaktpunkte optimieren

Die meisten Patientenkontakte erfolgen zuerst mit dem Team, zum Beispiel Telefon, Patientenempfang, Behandlungsvorbereitung, Aufruf aus dem Wartezimmer, Terminvergabe etc. Überlassen Sie die Prozesse an diesen ungemein wichtigen Patientenkontaktpunkten nicht dem Zufall, sondern gestalten Sie die Prozessqualität passend zu Ihrer Praxis!

 

Eigentlich sind diese Prozesse ja ganz einfach - jede Mitarbeiterin weiß, wie man telefoniert, Patienten begrüßt, sich in schwierigen Situationen verhält etc. Dennoch scheint es ungemein schwierig, das Gelernte in täglich gleichbleibender Qualität anzuwenden. Betritt ein Patient die Praxis, erwartet er ein freundliches Lächeln, Augenkontakt und eine persönliche Anrede. Doch die Mitarbeiterin ist am Telefon beschäftigt oder in einem anderen Gespräch. Der Patient wird nicht sofort wahrgenommen, weiß nicht, wie er sich verhalten soll, ist irritiert. Oder der Patient wird aus dem Wartebereich aufgerufen und die Mitarbeiterin eilt in Richtung Behandlungszimmer, noch ehe der Patient sich aus dem Wartezimmersessel erheben konnte. Nach einer Behandlung kümmert sich keiner mehr um den Patienten. Die Mitarbeiterin ist bereits eifrig mit der Zimmerreinigung beschäftigt, während der Zahnarzt die Behandlungsdokumentation am Computer erledigt. So sieht eine herzliche, professionelle Patientenbetreuung nicht aus!

 

Service-orientierte Praxen leben nach der Devise: „Der Patient steht im Mittelpunkt“. Und das gilt für den gesamten Aufenthalt des Patienten in der Praxis. Jede einzelne Mitarbeiterin muss sich ihrer wichtigen Rolle in Betreuung und Service bewusst sein. Durch regelmäßige Schulungen in Prozess- und Betreuungsqualität wird die Service-Qualität der Praxis aufrechterhalten - auch und gerade dann, wenn es wieder mal turbulent zugeht.

 

FAZIT | Definierte Standard-Prozesse geben Sicherheit, bieten Orientierung für die Praxis sowie die Patienten und sparen Zeit. So muss nicht jede häufig wiederkehrende Situation immer wieder neu bewertet und gemanagt werden, sondern man greift auf praxiseigene Standards zurück, die solche Fälle regeln. Es bleiben noch genügend nicht vorhersehbare Momente, die dann individuell gelöst werden müssen und entsprechend Zeit sowie Energie kosten. Durch Standards wird wertvolle Energie eingespart, die Sie dann zur Betreuung und Kommunikation mit Patienten einsetzen können. Denn: Qualität ist das, was beim Patienten ankommt.“

 

Weiterführender Hinweis

  • „Die Servicequalität der Praxis dauerhaft steigern (Teil 3): Beispiele aus der Praxis“ in PPZ 05/2009, Seite 5
Quelle: Ausgabe 08 / 2015 | Seite 9 | ID 43501760