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· Fachbeitrag · Tipps bei akuter Erkrankung

Lippenherpes: Wichtige Maßnahmen zum Schutz des Patienten und des Praxisteams im Überblick

von Dr. med. dent. Sigrid Olbertz, Sprockhövel-Haßlinghausen

| Trotz sorgfältigster Planung lässt es sich nicht vermeiden, dass Patienten mit Lippenherpes die Zahnarztpraxis aufsuchen. Bei der Terminvereinbarung war alles noch in Ordnung. Doch kaum „droht“ die Zahnarztbehandlung, erblüht der Herpes zur vollen Pracht. Dabei ist gerade bei der Behandlung dieser Patienten einiges zu beachten. |

Entstehung und Übertragungswege des Herpes labialis

Beim Lippenherpes - dem Herpes labialis - handelt es sich um eine Viruserkrankung. Die erste Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 erfolgt meist im Kindesalter und verläuft üblicherweise symptomlos. Nach dieser Erstinfektion verbleibt das Virus im Ruhezustand lebenslang im Organismus. Bei etwa 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung kommt es zur Reaktivierung. Die Patienten bemerken zunächst einen Juckreiz und ein Spannungsgefühl an der betroffenen Hautstelle, über Schmerzen klagen sie hingegen selten. Dann bilden sich - bevorzugt an den Lippen sowie rund um den Mund und die Mundwinkel - kleine nässende Bläschen. Es besteht die Gefahr, dass auch die übrige Gesichtshaut - wie die Wangen, der Naseneingang und die Ohrläppchen - befallen wird. Selbst die Augen können betroffen sein. Üblicherweise verschwinden die Bläschen nach acht bis zehn Tagen. Es bilden sich Krusten, die abheilen, ohne Narben zu hinterlassen.

 

Auslöser für die Reaktivierung des Lippenherpes können eine fieberhafte Infektionskrankheit, UV-Strahlung, eine Menstruation, hormonelle und psychische Faktoren wie Schwangerschaft und Stress, aber auch Verletzungen, eine Immunschwäche oder ein starkes Ekelgefühl sein. Bei einigen Patienten fällt ein Zusammenhang mit einem Zahnarztbesuch auf. Dabei dürfte die mit einem Zahnarztbesuch verbundene psychische Belastung der Auslöser sein.

 

Übertragen wird das Virus als Tröpfcheninfektion - zum Beispiel beim Husten, Niesen, Sprechen oder durch den Spraynebel bei der zahnärztlichen Behandlung. Ein weiterer Infektionsweg ist der direkte Kontakt. So wird das Virus beim Küssen direkt übertragen. Möglich ist die Übertragung ebenfalls durch eine Schmierinfektion - wenn zum Beispiel ein Trinkglas gemeinsam genutzt wird.

Maßnahmen bei einer Behandlung mit akuter Erkrankung

Die Schmierinfektion ist auch bei der zahnärztlichen Behandlung von Bedeutung, wenn der Mundspiegel über die Herpesbläschen streicht und anschließend mit anderen Hautpartien in Kontakt kommt. Entsprechend umfassend sind die Maßnahmen, die bei der Behandlung eines Patienten mit Lippenherpes zu beachten sind.

 

  • Ist die Erkrankung stark ausgeprägt oder liegt sie an einer ungünstigen Stelle - zum Beispiel einem Mundwinkel -, muss mit dem Zahnarzt abgeklärt werden, ob die Behandlung überhaupt durchgeführt werden kann.

 

  • Der mit einem Zahnarztbesuch verbundene Stress ist für Patienten mit diesem Krankheitsbild möglichst gering zu halten. Es sollte besonders auf eine ruhige, möglichst entspannte Atmosphäre ohne Störungen während der Behandlung, ein konzentriertes Arbeiten an und mit dem Patienten sowie eine Vermeidung von Wartezeiten geachtet werden.

 

  • Die Ansteckungsgefahr, die von Patienten mit Lippenherpes ausgeht, ist hoch. Die penible Einhaltung der Hygienekette und eine entsprechende Arbeitsplatzvorbereitung ist daher zwingend notwendig. Es ist alles aus dem Infektionsbereich zu entfernen, was für die Behandlung nicht erforderlich ist. Außerdem ist mit einem höheren Verbrauch an Einmalhandschuhen und Lippenpflegeprodukten zu rechnen.

 

  • Auf keinen Fall darf der Selbstschutz vernachlässigt werden. Einmalhandschuhe und Mundschutz, besonders aber der Schutz der Augenpartie, sind zwingend notwendig. Ohne Schutzbrille bzw. Schutzvisier bei Brillenträgern sollte keine Behandlung an einem Patienten mit Lippenherpes durchgeführt werden.

 

  • Auch die Augen der Patienten sind während der Behandlung zu schützen. Trägt der Patient eine Schutzbrille, wird vermieden, dass der Herpes über eine Tröpfcheninfektion von den Lippen auf den Augenbereich übertragen wird.

 

  • Bei der Behandlung ist darauf zu achten, dass die Lippen möglichst geschmeidig gehalten werden, um ein Aufreißen der Kruste zu vermeiden. Eine regelmäßige, mehrmalige und großzügige Abdeckung des erkrankten Lippenbereichs mit Pflegeprodukten oder Vaseline sollte in einer serviceorientierten Praxis Standard sein. Als Pflegeprodukt eignet sich zum Beispiel die Augen- und Nasencreme Dexpanthenol. Zum Auftragen der Pflegeprodukte bzw. der Vaseline ist immer ein Wattestäbchen oder eine Watterolle zu benutzen. Um die Ansteckungsgefahr zu verringern, sollten die Bläschen - auch wenn Handschuhe getragen werden - nie mit den Fingern berührt werden.

 

  • Trotz Schutzhandschuhen ist auf eine sorgfältige Händehygiene zu achten, das heißt eine korrekte und ausreichend häufige Desinfektion der Hände. Ebenso sollte der Kontakt mit den infektiösen Herden möglichst vermieden werden. Bei der Behandlung sollte der infektiöse Bereich nicht mit den Instrumenten kontaktiert werden.

 

  • Erhöhte Aufmerksamkeit gilt auch bei der Entsorgung benutzter Kanülen, denn es besteht immer die Gefahr einer Verletzung und damit einer Infektion. Deshalb sollten Sie die Schutzhülle niemals mit der Hand auf die benutzte Spritze stecken, sondern die gebrauchten Spritzen und Kanülen in durchstichfesten Gefäße entsorgen.

Hilfreiche Tipps für Ihre Patienten

Da ein Patient mit Herpes labialis dankbar für jeden Hinweis ist, der den Krankheitsverlauf abschwächt und die Infektionsgefahr verringert, hier noch ein paar Tipps für die Patienten:

 

  • Der Patient kann durch eine gesunde Lebensweise die Abwehrkräfte seines Körpers stärken. Dazu gehört eine abwechslungs- und vitaminreiche Ernährung, regelmäßiger Sport und ausreichend Schlaf. Ein gestärktes Immunsystem schützt den Körper vor dem Ausbruch von Herpes labialis.

 

  • Der Patient sollte Stress möglichst vermeiden, oder lernen, damit umzugehen. Stress und psychische Belastungen gehören zu den Hauptursachen für den Ausbruch des Herpes labialis.

 

  • Bei starker Sonneneinstrahlung sollte der Patient die Lippen und den Mundbereich schützen, indem er Cremes mit einem hohen Lichtschutzfaktor aufträgt. Empfehlenswert ist ein Lichtschutzfaktor von mindestens 20 oder die Anwendung von sogenannten Sun-Blocker-Pasten.

 

  • Wegen der Ansteckungsgefahr sollte der Patient die Bläschen nicht mit den Fingern berühren. Er sollte die Herpescreme immer mit einem Wattestäbchen auftragen und sich anschließend die Hände waschen.

 

  • Zum Schutz der Augen sollten Träger von Kontaktlinsen während der Bläschenphase eine Brille tragen. Dadurch wird eine Übertragung der Herpesviren auf das Auge vermieden. Außerdem sollte ein Patient mit Lippenherpes sein Gesicht zuerst im Bereich der Augen und dann den Rest reinigen. Das Gesicht wird am besten mit Einmalhandtüchern getrocknet. Ist das nicht möglich, ist zuerst die Augenpartie und dann der Rest des Gesichts abzutrocknen. Das benutzte Handtuch sollte anschließend in die Wäsche gegeben werden.

 

  • Eine gute Lippenpflege - zum Beispiel mit Dexpanthenol, einer Augen- und Nasencreme - ist unerlässlich während des Herpes labialis. Dadurch werden die Lippen möglichst geschmeidig gehalten und ein erneutes Aufreißen der Kruste wird vermieden. Die Zahnbürste und die während der Infektion benutzten Lippenpflegestifte sollten danach nicht mehr verwendet werden, um eine Reinfektion (erneute Ansteckung) zu vermeiden.

 

  • Da die Gefahr besteht, Familienmitglieder zu infizieren, sollten Besteck, Handtücher etc. nicht gemeinsam benutzt werden.

 

  • Während der Infektionsphase ist Küssen verboten. Insbesondere sollten keine Küsschen an Kleinkinder und Säuglinge verteilt werden.

 

Weiterführender Hinweis

  • „Hygienevorschriften: So behalten Sie alle wesentlichen Anforderungen im Blick“ in PPZ Nr. 05/2010, S. 6
Quelle: Ausgabe 10 / 2011 | Seite 7 | ID 28672730