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Politik fordert Recht auf Homeoffice: Sind Unternehmen jetzt Schuld an hohen Infektionszahlen?

Homeoffice und Kinderbetreuung nebenbei: In Zeiten der Coronakrise wird das für viele Arbeitnehmer zum Regelfall.
Bild: © Marina Andrejchenko - stock.adobe.com

von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut

| Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist immer vorn dabei, wenn es darum geht, den Druck auf Arbeitgeber zu erhöhen. Nach dem „Recht auf Brückenteilzeit“ kam der Vorstoß zum „Recht auf Homeoffice“, dann der gewerkschaftsgelenkte Vorstoß zur „Vier-Tage-Woche“ ‒ und zuletzt die Beschränkungen für „Leiharbeitsfirmen in der Fleischbranche“. Jetzt geht es wieder um das Homeoffice. Da kommt der pandemiebedingte Lockdown gerade recht, um eine „Pflicht für Arbeitgeber“ diesbezüglich anzuregen. Der öffentliche Diskurs an der Seite der Gewerkschaften setzt sich fort. |

 

Heute ist es noch ein Appell: „Wir brauchen, wo immer es geht, die Möglichkeit für Beschäftigte von zu Hause aus zu arbeiten, wo das sinnvoll und möglich ist, und zwar sofort“, fordert Bundesarbeitsminister Heil von den Arbeitgebern nach einem dpa-Bericht in Zeit online.

 

Doch der Druck scheint nicht die erhoffte Wirkung zu entfalten. Zwar wird Homeoffice landauf, landab praktiziert; aber noch mehr Heimarbeit erscheint für Unternehmen aktuell nicht praktikabel zu sein. Während sich Arbeitgeber und Industrieverbände gegen strengere Vorgaben aussprechen, hält sich auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) deutlich zurück.

 

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Der Diskurs läuft erst richtig an

Es sind vor allem Gewerkschafter, die den Druck maximieren. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) verweist darauf, dass im April noch 27 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice gewesen wären, im November nur noch 14 Prozent.

 

Die grüne Opposition formt ein Wahlkampfthema

Katrin Göring-Eckart (Fraktionsvorsitzende der Grünen) fordert nun Homeoffice „wann immer es Arbeitnehmer von zu Hause aus wollen (und können)“. Arbeitgeber müssten „verpflichtet werden, das auch zu erlauben“. Schon im Sommer 2019 forderten die Grünen ein „Recht auf Homeoffice“ und ein „Recht auf Hitzefrei“. Damals verhallte die Idee schnell.

 

 

 

Auch die SPD braucht Wahlkampfmunition

Doch auch die SPD sucht nach Wahlkampfmunition für die Bazooka des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Und die Regierungserfolge zeigen den Trend:

 

 

Mit der Gewerkschaft Seite an Seite

Eine Pflicht für Arbeitgeber, Homeoffice zu ermöglichen, fordert der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), Frank Werneke: „Wenn es darum geht, die Arbeitgeber dazu zu verpflichten, bin ich dabei“, sagte er im Stern-Interview (Vorabnachricht).

 

In der Umkehrung dürfe es aber nicht zur Pflicht für Arbeitnehmer gemacht werden, in Homeoffice gehen zu müssen! „Viele Menschen, die mobil arbeiten, müssen stark improvisieren, haben vielleicht nicht einmal genug Platz für einen Schreibtisch. Das funktioniert mitunter mehr schlecht als recht.“

Hintergrund

Die Diskussion über eine Homeoffice-Pflicht entstand wegen der hohen Zahlen an täglichen Neuansteckungen mit dem Coronavirus in Deutschland und der weitgehend ungeklärten Infektionsumfelder. In der Kalenderwoche 53 seien laut Robert-Koch-Institut (RKI) 569 Ausbrüche auf Arbeitsplätze zurückzuführen gewesen. Aber: „Nur etwa ein Sechstel der insgesamt gemeldeten Covid-19 Fälle kann einem Ausbruch zugeordnet werden“, machte das RKI deutlich. Damit ist vollkommen unklar, ob die Arbeitswelt beim Infektionsgeschehen in Deutschland mehr oder weniger Risiko zu verantworten hat.

 

Quelle:

- ots | Stern: Verdi-Chef fordert Möglichkeit zum Homeoffice für alle ...

Quelle: ID 47067234