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· Meinung

Heute im Angebot: 24 Monate Kurzarbeit oder 4-Tage-Woche mit „gewissem Lohnausgleich“

Bild: © zest_marina - stock.adobe.com

ein Kommentar von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW-Institut

| Koste es, was es wolle! Jetzt Arbeitsplätze und Einkommen sichern ‒ mit Wumms und Bazooka ‒ alle anderen Ideengeber bitte hinten anstellen! Die Ausgabenorgie ist Regierungsagenda und weckt immer mehr Begehrlichkeiten: Kaum hatte der frisch gekürte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als Finanzminister die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes in Aussicht gestellt, kommt die IG Metall mit der Idee einer Vier-Tage-Woche daher. Applaus! |

 

Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist in Regierungskreisen kaum mehr strittig. Zunächst auf 12 Monate angesetzt soll sie jetzt auf 24 Monate erweitert werden, ließ Finanzminister Scholz wissen. Kostenpunkt: 10 Mrd. Euro ‒ egal! Zwar ist der Plan noch leicht umstritten beim Koalitionspartner, doch Bundeskanzlerin Angela Merkel sendete schnell Signale, nach denen sie einer Verlängerung „positiv“ gegenüberstehe. Einzig CDU/CSU-Fraktionsvize Carsten Linnemann kritisierte in der FAZ eine Geldumverteilung „als gäbe es kein Morgen“ ‒ so macht er sich aber nicht beliebt ...

Wie wäre das: Quarantäne für Querulanten

Schade, dass die CDU ihren Querulanten keine Quarantäne verordnen kann ‒ wenigstens 14 Tage. Denn schon am 25.08.2020 muss die CDU wieder auf Linie sein: Der Koalitionsausschuss tagt dann. Doch auch mit Querulanten kann die Prognose gesichert vertreten werden: Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wird kommen. Die Krise nach der Krise wird weiter aufgeschoben.

IG Metall an der Seite der SPD

Mit der Verheißung des Kanzlerkandidaten muss die SPD nun schnell Profil gewinnen. Da sind auch Gewerkschafter eingeladen, vermehrt Vorschläge zu machen ... es geht schließlich um eine neue Agenda für die SPD.

 

Folgerichtig hat die IG Metall am 19.08.2020 ohne Zögern nachgelegt: Nicht nur der Staat müsse Steuergelder opfern. Jetzt seien die Unternehmen an der Reihe ihren Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Einkommen durch Kurzarbeit und (Achtung!) „Aufzahlungen“ zu leisten. So denkt die Gewerkschaft über die Reduzierung von Arbeitszeiten nach und (Achtung!) „einem teilweisen Lohnausgleich“. Unternehmen könnten dann zwischen Kurzarbeit und 4-Tage-Woche wählen. So einfach ist das.

 

Das alles federe auch nicht nur die Folgen der Corona-Krise ab. Das 4-Tage-Modell soll erst recht bei den Themen Digitalisierung, Energiewende und klimabedingtem Strukturwandel Punkte sammeln. Übersetzt heißt das: Das Modell ist kein Kriseninstrument. Das soll so bleiben ‒ für immer!

 

Damit der „gewisse Lohnausgleich“ Arbeitgebern auch vermittelbar ist, könnten sich die Arbeitnehmer jeweils am Tag 5 der Woche mit „betrieblicher Fortbildung“ befassen, so die Idee der Gewerkschafter.

 

In Dankbarkeit für diese Steilvorlage kommt nun Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ins Spiel. Vorsichtig tastet er sich gegenüber der Funke-Mediengruppe heran. Zitat: „Reduzierte Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich kann eine geeignete Maßnahme sein, wenn sich die Sozialpartner darauf verständigen.“

 

Es wird ein heißer Herbst: Denn neben der nächsten Corona-Welle wird dann auch eine Welle um Tarifverträge die politischen Gewissen fluten. Gut, wer hier Immunität nachweisen kann ‒ so oder so.

 

 
Quelle: ID 46812719