Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo

· Bundestags-Beschluss

Solidaritätszuschlag entfällt ab 2021 teilweise ‒ Opposition sieht Verfassungsbruch und klagt

Bild: © Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com

| Der Solidarpakt II endet mit Ablauf des Jahres 2019. Eine Teilabschaffung des Soli wird nun kommen ‒ allerdings erst ab 01.01.2021. Im kommenden Jahr spült die Sonderabgabe noch immer Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro in die Steuerkasse. 2021 zahlen nur die „reichen 10 Prozent“‒ jährlich 9,8 Milliarden Euro (die Hälfte des bisherigen Aufkommens). Bund der Steuerzahler, Verfassungsrechtler, Bundesrechnungshof und die Oppositionsparteien AfD und FDP sehen gravierende verfassungsrechtliche Zweifel an der verkappten Reichensteuer. |

 

  • Teilabschaffungs-Modell

CE-Beitrag | Mit der Teilabschaffung des „Soli“ bringt die SPD eine Reichensteuer durch die Hintertür

Auch dieses Video aus der ARD-Mediathek skizziert noch einmal den Beschluss und erklärt das Modell:

 

Bund der Steuerzahler und Verfassungsrechtler warnen

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler Reiner Holznagel und der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans Jürgen Papier warnen ausdrücklich vor der teilweisen Beibehaltung des Soli, denn die Begründung für die Erhebung des Solidaritätszuschlags mit dem in diesem Jahr auslaufenden Solidarpakt II sei entfallen.

 

Darüber hinaus haben die Anrechnungsvorschriften für Gewerbe- und ausländische Steuern begünstigende Fernwirkungen beim Soli für Bezieher gewerblicher und ausländischer Einkünfte. Dadurch werden etwa Arbeitnehmer, Freiberufler sowie sämtliche Bezieher inländischer Einkünfte seit Jahren diskriminiert, in dem sie bei gleich hohem Einkommen mehr Solidaritätszuschlag zahlen als Gewerbebetreibende und Bezieher ausländischer Einkommen.

 

Das bedeutet, dass der Solidaritätszuschlag bei ausländischen Einkünften, etwa bei Einkommensmillionären mit Wohnsitz in Deutschland und Einkünften aus dem Ausland, wegen der Anrechnungsvorschrift des § 34c EStG wesentlich geringer ist, als bei Steuerbürgern mit Wohnsitz in Deutschland und inländischen Einkünften.

Bundesrechnungshof: Rechtferigung für Soli ist entfallen

Der Bundesrechnungshof wies sogar in der öffentlichen Anhörung am 04.11.2019 darauf hin, dass der Bund Gefahr laufe, wie im Fall der Kernbrennstoffbesteuerung, zu einer milliardenschweren Steuerrückzahlung verurteilt zu werden. Zur Begründung führte er an, dass die Erhebung der Ergänzungsabgabe als Voraussetzung eine finanziell relevante Aufgabe des Bundes, die vorübergehender Natur sein, sowie eine schwierige Haushaltslage, die eine finanzielle Deckung dieser Aufgabe aus den laufenden Einnahmen nicht ermögliche, erfordere.

Bundesrechnungshof: „Fremdkörper des Steuersystems“

„Die Zulässigkeit einer Ergänzungsabgabe beschränkt sich somit auf einen temporären besonderen Finanzbedarf, für einen speziellen Zweck. Der Bund darf sich kein zeitlich unbegrenztes Zuschlagsrecht im Bereich der Steuern vom Einkommen schaffen. Dies ist im Grundgesetz nicht vorgesehen“, stellt der Bundesrechnungshof fest und nennt die Aufrechterhaltung nach über 25 Jahren „einen Fremdkörper innerhalb des Steuersystems“.

AfD fordert „Sofortige und unbeschränkte Abschaffung“

Der stellvertretende finanzpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Stefan Keuter teilt mit: „Statt den Solidaritätszuschlag aus verfassungsrechtlichen Gründen unverzüglich abzuschaffen, hat sich die Bundesregierung dafür entschieden, den Solidaritätszuschlag für alle Steuerzahlen bis zum 31.12.2020, für Besserverdienende über den 31.12.2020 hinaus, per Gesetz festzuschreiben.“

 

Damit würden diejenigen, die seit 1991 die Hauptlast der ungleichen Dauersonderbelastung zu tragen haben, nicht wie über 90 Prozent der Steuerzahler endlich entlastet, sondern müssen weiter zahlen. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“

FDP fordert: „Vollständige Abschaffung zum 01.01.2020“

Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg schrieb in einem Gastbeitrag für die „Rhein-Neckar-Zeitung“ (15.11.2019): „Die vollständige Abschaffung des Soli ist zwingend: Zum 1. Januar 2020 und für alle, die ihn bisher zahlen. Denn den Solidaritätszuschlag beizubehalten ‒ auch nur in Teilen ‒ wäre ein Wort- und Verfassungsbruch.“ Eine Ergänzungsabgabe wie der Soli darf nach dem Grundgesetz nicht auf Dauer gelten. Deshalb wurde der Solidaritätszuschlag 1995 zwar unbefristet, aber ausdrücklich als „Sonderopfer“ für die Kosten der Wiedervereinigung eingeführt. Mit dem Ende des Solidarpaktes II endet im kommenden Jahr auch die rechtliche und politische Legitimation des Soli.

 

Die FDP kündigte sogleich an, gegen das beschlossene Gesetz zu klagen. Umverteilungsabsichten befreiten nicht von der Bindung an unsere Verfassung, so Teuteberg.

 

(JT mit PM der AfD (14.11.2019) und FDP (15.11.2019))

Quelle: ID 46199350