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22.06.2022 · IWW-Abrufnummer 229870

Landesarbeitsgericht Hamburg: Urteil vom 13.10.2021 – 7 Sa 23/21

1. Der Arbeitgeber kann unbeschadet der Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung und der hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung nach § 106 Satz 1 GewO kraft seines Direktionsrechts grundsätzlich das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung anordnen, sobald der Arbeitnehmer seinen Arbeitsbereich (Filiale eines Geldinstituts) betritt.

2. Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht mehr ausüben (kein Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung aus medizinischem Grund), aber eine andere im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot dieser anderen Tätigkeit ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch Neuausübung seines Direktionsrechts diese Tätigkeit zu der i.S.d. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Ein Annahmeverzug des Arbeitgebers tritt nicht ein.

3. Sieht ein Tarifvertrag vor, dass sich die betriebliche Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne Anspruch auf Gehalt um 1/12 vermindert, so liegt diese Regelung in der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Eine Abmahnung erfolgt zu Unrecht, wenn sie nicht hinreichend bestimmt ist. Unwahre oder pauschale missbilligende Äußerungen in Abmahnungen sind weder bestimmt noch zutreffend. Es wird in solchen Fällen weder deutlich, welche konkreten Äußerungen wem gegenüber beanstandet werden, noch dass und wann diese ggfs. eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bilden könnten. In entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB kann die Entfernung einer nicht hinreichend bestimmten Abmahnung aus der Personalakte verlangt werden.


In dem Rechtsstreit
Verkündet am:
13. Oktober 2021
erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Siebte Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. XXX als Vorsitzenden,
den ehrenamtlichen Richter XXX
den ehrenamtlichen Richter XXX
für Recht:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. März 2021 - 15 Ca 566/20 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein 13. Monatsgehalt in Höhe von 4.374,33 € brutto abzüglich gezahlter 3.098,85 € netto nebst Zinsen in Höhe von 4,12% ab dem 24. November 2020 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger erteilte Abmahnung vom 30. Oktober 2020 aus der Personalakte zu entfernen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.693,29 € zu zahlen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger zu 76/100 und die Beklagte zu 24/100 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 81/100 und die Beklagte zu 19/100 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohn und Entfernung einer Abmahnung.



Der Kläger ist ausgebildeter Bankkaufmann und bei der Beklagten, einem Geldinstitut, seit dem 01. August 1990 beschäftigt, zuletzt auf Grundlage eines Schreibens vom 09. Juni 1992 (Bl. 9 d.A.), das auf u.a. auf die Geltung der Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Bezug nimmt, als Finanzberater in der Filiale XXX in Hamburg gegen eine jeweils zum 23. eines Monats fällige Bruttomonatsvergütung in Höhe von 4.772,00 €.



Das Beratungskonzept der Beklagten sieht vorrangig eine persönliche Kundenberatung vor. Daneben bietet sie auch eine so genannte "Direktberatung" durch in ihrer Verwaltungszentrale angesiedelte Mitarbeiter über Telefon, E-Mail und Video an.



Im Zuge beklagtenseitig für Mitarbeiter und Kunden angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen kam es zu Differenzen zwischen den Parteien. Bis zum 19. Oktober 2020 trug der Kläger, soweit nach den bestehenden Vorgaben außerhalb seines eigentlichen, mit Plexiglas-Schutzwänden ausgestatteten Beraterarbeitsplatzes erforderlich, bei der Arbeit und während seines Aufenthaltes in der Filiale einen so genannten Face-Schild. Am 19. Oktober 2020 wurde der Kläger von seinem Vorgesetzten dazu aufgefordert, anstelle des Face-Schildes entsprechend den inzwischen erfolgten Vorgaben der Beklagten eine Mund-Nasen-Bedeckung anzulegen. Dies verweigerte der Kläger unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe. Er wurde daraufhin angewiesen, die Filiale zu verlassen und der Beklagten ein diesbezügliches Attest vorzulegen. Mit E-Mail vom 20. Oktober 2020 (Anlage B 4, Bl. 79 d.A.) wurde die Anweisung zur Attestvorlage wiederholt, der Kläger alternativ aufgefordert, unter Einhaltung der allgemeinen angeordneten Schutzmaßnahmen zur Arbeit zu erscheinen.



Daraufhin ließ sich der Kläger von einem Hamburger Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie-Hypnose-Kinesiologie - am 19. Oktober 2020 ein "Ärztliches Attest zur Maskenbefreiung" (Bl. 82 d.A.) ausstellen, in dem es heißt:



"Nach Anamnese und Untersuchung in meiner Praxis stelle ich hiermit fest:



Der o. g. Patient ist wegen einer Grunderkrankung vom Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Bedeckung im Rahmen der Corona-Verordnungen befreit, weil diese für ihn kontraindiziert ist. Es besteht ein Psychotrauma aus der Kindheit im 7. Lebensjahr. Die Maske führt im Rahmen einer PTBS zu Retraumatisierungen."



Dieses Attest übersandte der Kläger an die Betriebsärztin der Beklagten, die der Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 2020 (Bl. 95 d.A.) mitteilte, dass der Kläger zum jetzigen Zeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Diese Einschränkung betreffe auch alle gemeinschaftlichen Wege innerhalb der betrieblichen Räumlichkeiten.



Der Kläger regte gegenüber der Beklagten in einem Telefonat am 26. Oktober 2020 seine vorübergehende Beschäftigung in der Filiale XXX an, in deren unmittelbarer Nähe er wohnt. Dort könne er ein Einzelbüro ohne Kontakt zu Kollegen und Kunden über einen Nebeneingang erreichen und im Bedarfsfall anstelle der betrieblichen Sanitär- und Sozialräume mit wenig Zeitaufwand seine eigenen Räumlichkeiten zu Hause nutzen.



Dieser Anregung folgte die Beklagte nicht. Sie teilte dem Kläger mit ihm am 14. November 2020 zugegangenem Schreiben vom 12. November 2020 (Bl. 93 d.A.) mit, dass ihr derzeit keine Arbeitsplätze zur Verfügung ständen, auf denen sie ihm eine Tätigkeit ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ermöglichen könne. Sie werde ihn weiterhin als arbeitsunfähig führen und wegen nicht vorliegender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab dem 01. November 2020 keine Vergütung mehr an ihn zahlen.



Dementsprechend stellte die Beklagte die laufenden Gehaltszahlungen an den Kläger ab November 2020 ein. Hinsichtlich des im November 2020 fälligen 13. Monatsgehalt zahlte die Beklagte am 23. November 2020 einen Betrag von 3.098,85 € netto an den Kläger aus.



Mit Schreiben vom 30. Oktober 2020 (Bl. 83 f. d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger außerdem eine Abmahnung "wegen Verstoßes gegen die zum Schutz der Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden erlassenen Anweisungen". Sie wirft ihm darin u. a. vor, sich mehrfach gegenüber Kunden und Mitarbeitern negativ über die zum Gesundheitsschutz erlassenen Maßnahmen, insbesondere der Anweisung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, geäußert zu haben. Wegen des Wortlauts der Abmahnung im Einzelnen wird auf Bl. 83 f. d.A. verwiesen.



Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe ihm die vertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen. Dies folge für die Zeit vom 1. bis zum 14. November 2020 aus § 611 a BGB, da ihn die Beklagte am 19. Oktober 2020 freigestellt und aufgefordert habe, ein ärztliches Attest zu besorgen. Ab dem 15. November 2020 folgten seine Zahlungsansprüche aus § 615 bzw. § 280 BGB, weil die Beklagte seitdem seine Arbeitsleistung abgelehnt und es schuldhaft unterlassen habe, ihm einen für ihn geeigneten Arbeitsplatz zuzuweisen. Insofern wäre neben seinem Einsatz in einem Einzelbüro in der Filiale XXX auch ein Einsatz in der Direktberatung aus dem Home-Office in Betracht gekommen. Auch Vor- und Nachbereitungsarbeiten könne er im Home-Office erledigen.



Die mit Abmahnung vom 30. Oktober 2020 pauschal und unsubstantiiert erhobenen Vorwürfe ihm gegenüber seien falsch und zurückzuweisen. Sie seien daher zurückzunehmen, die Abmahnung sei aus seiner Personalakte zu entfernen.



Der Kläger hat mit der am 01. Dezember 2020 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage neben zwei weiteren Klaganträgen, hinsichtlich derer eine Verfahrensabtrennung erfolgt ist, erstinstanzlich zuletzt beantragt (Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 23. März 2021 - Bl. 142 d.A.),



1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat November 2020 4.772,00 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Diskontsatz ab dem 24. November 2020 zu zahlen;



2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein 13. Monatsgehalt in Höhe von 4.772,00 € brutto abzüglich gezahlter 3.098,00 € netto nebst 5% Zinsen ab dem 24. November 2020 zu zahlen;



3. die Beklagte zu verurteilen, die gegenüber dem Kläger in der Abmahnung vom 30. Oktober 2020 erhobenen Vorwürfe zurückzunehmen und die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.



4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Dezember 2020 4.772,00 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Diskontsatz ab dem 24. Dezember 2020 zu zahlen;



5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Januar 2021 4.772,00 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Diskontsatz ab dem 24. Januar 2021 zu zahlen;



6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Februar 2021 4.772,00 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Diskontsatz ab dem 24. Februar 2021 zu zahlen;



7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat März 2021 4.772,00 € brutto nebst 5% Zinsen über dem Diskontsatz ab dem 24. März 2021 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen



sowie widerklagend,



den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.693,29 € zu zahlen.



Die Beklagte hat entgegnet, der Kläger habe für die Zeit ab dem 19. Oktober 2020 keine Vergütung zu beanspruchen, weil er nicht gearbeitet und ihr auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe. Zu keiner Zeit habe sie den Kläger freigestellt, erst recht nicht unter Fortzahlung der Vergütung. Sie habe ihn lediglich angehalten, die allgemeinen Regeln zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden zu beachten. Wenn der Kläger keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen dürfe, dürfe sie ihn nicht beschäftigen.



Eine Beschäftigung des Klägers ohne das Erfordernis einer zu tragenden Mund-Nasen-Bedeckung sei ihr nicht möglich. So sei es insbesondere nicht möglich, auch nicht in der Filiale XXX, Bankmitarbeiter ausschließlich in einem Einzelbüro zu beschäftigen. Für jeden Mitarbeiter sei es unumgänglich, zur Nutzung von Drucker, Kopierer und Akten sich auf Fluren zu bewegen. Eine ausschließliche Tätigkeit abgetrennt von jeglichem Equipment und anderen Mitarbeitern sei insofern nicht möglich. Eine Tätigkeit im Home-Office sei für Kundenberater wegen des erforderlichen Kundenkontaktes und der erforderlichen Nutzung von Akten und Equipment nicht möglich. Auch ein Einsatz im sogenannten digitalen Vertrieb könne nicht im Home-Office erfolgen, weil sich sämtliches für die digitale Direktberatung erforderliche Equipment (Telefonanlage, Videotechnik, sonstiges Equipment, Drucker, Akten) in der Verwaltungszentrale befänden. Auch dort müsse der Kläger also präsent sein.



Zweifelhaft sei allerdings bereits, dass es überhaupt Anlass gäbe, anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. So habe sich der Kläger über ihre Hygienemaßnahmen gegenüber Kunden mehrfach kritisch geäußert, auch über deren Maskentragen, und sie zum Abnehmen der Masken aufgefordert. In mindestens einem Fall habe er Kunden einen per Hand beschrifteten Zettel vorgelegt mit den Worten "Maske kann runter. Psst!" (Anlage B 1, Bl. 43 d.A.). Ihr sei auch bekannt, dass der Kläger ohne Maske an Corona-Demonstrationen teilnehme. Ebenso betreibe er einen YouTube-Kanal, auf dem er etwa Videos einer "Querdenker"-Demonstration hochgeladen habe. Insofern korreliere die vom Kläger behauptete Unmöglichkeit, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, mit seiner politischen Gesinnung.



Auch beständen erhebliche Zweifel am Beweiswert der vom Kläger vorgelegten Atteste. Abgesehen davon, dass das "Attest" vom 04. August 2020 keinerlei konkrete klägerbezogene Aussagen treffe, stamme es von einem sich selbst auf seiner Homepage als aktiven Impfkritiker bezeichnenden, ausweislich eines Zeitungsartikels (Anlage B 3, Bl. 45 ff. d.A.) als Corona-Leugner und "Querdenker" geltenden Arztes, ansässig mehrere 100 Kilometer entfernt vom Wohnort des Klägers. Auch der das Attest vom 19. Oktober 2020 ausstellende Hamburger Arzt sei ausweislich Auszuges aus seiner Website (Anlage B 9, Bl. 111 ff. d.A.) ein in der "Querdenker"-Bewegung aktiver Corona-Leugner. Die Beurteilung eines etwaigen Psychotraumas aus der Kindheit falle nicht in sein Fachgebiet. Die Bestätigung der Betriebsärztin vom 28. Oktober 2020 werde ohne eigene Untersuchung des Klägers zustande gekommen und nach Aktenlage ausgestellt worden sein. Die zuverlässige Beurteilung einer psychischen Erkrankung sei in dieser Weise jedoch nicht möglich. Hinzu komme, dass der Kläger ihr gegenüber erklärt habe, sein Hausarzt weigere sich, ihm ein Attest zur Maskenpflichtbefreiung auszustellen. Auch sei festzustellen, dass der Kläger seine vermeintliche Verhinderung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, mit den Attesten vom 04. August 2020 und 19. Oktober 2020 auf völlig unterschiedliche Begründungen stütze. Daher gehe sie, die Beklagte, davon aus, dass die behaupteten Beeinträchtigungen tatsächlich nicht bestünden.



Der Kläger hat beantragt,



die Widerklage abzuweisen.



Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 23. März 2021 - 15 Ca 566/20 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2020 4.772,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. November 2020 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger ein 13. Monatsgehalt in Höhe von 4.772,00 € brutto abzüglich gezahlter 3.098,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. November 2020 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2020 4.772,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. Dezember 2020 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2021 4.772,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. Januar 2021 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2021 4.772,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. Februar 2021 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2021 4.772,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. März 2021 zu zahlen, die Beklagte verurteilt, die dem Kläger erteilte Abmahnung vom 30. Oktober 2020 aus der klägerischen Personalakte zu entfernen und im Übrigen die Klage abgewiesen.



Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des auf "Rücknahme der in der Abmahnung vom 30. Oktober2020 erhobenen Vorwürfe" gerichteten Antrag fehle es an der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit. Denn es ist völlig unklar, in welcher Weise eine solche "Rücknahme" erfolgen sollte bzw. begehrt wird. Insoweit sei die Klage daher unzulässig und abzuweisen.



Im Übrigen sei die Klage begründet. Der klägerische Anspruch auf Zahlung seiner laufenden Vergütung für den streitgegenständlichen Zeitraum folge aus § 615 BGB.



Bei dem Angebot des Klägers vom 26. Oktober 2020, die ihm zugewiesene Tätigkeit als Finanzberater in einem Einzelbüro in der Filiale XXX zu verrichten, handele es sich um ein Angebot der beklagtenseitig nach § 106 GewO näher bestimmten Arbeitsleistung. Dies gelte auch für seine späteren Angebote, im Home-Office Direktberatung oder Vor- bzw. Nacharbeiten zu erbringen. Denn die Beklagte habe den Kläger mit E-Mail vom 20. Oktober 2020 aufgefordert, ein Attest vorzulegen, damit eine Lösung gefunden werde, wie und wo er eingesetzt werden könne, oder unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen zur Arbeit zu erscheinen. Indem der Kläger konkret angeboten hatte, in einem ohne Kontakt zu Kunden und Mitarbeitern zu erreichenden Einzelbüro unter der bei der Beklagten üblichen Abschirmung zu Kunden in XXX unter Nutzung eigener Räumlichkeiten für Pausen und Toilettengänge als Finanzberater oder aber im Home-Office tätig zu werden, habe dies den Vorgaben der Beklagten zur vertragsgerechten Arbeit unter Einhaltung ihrer Schutzmaßnahmen und im Übrigen auch der Leistungsfähigkeit des Klägers entsprochen. Da die Beklagte dem Kläger zuvor deutlich gemacht habe, die bisher von ihm tatsächlich angebotene Arbeitsleistung in der Filiale XXX ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht (mehr) annehmen zu wollen, und sie ihm trotz insoweit zugesagter Prüfung anderer Lösungen keinen anderen Arbeitsplatz zugewiesen habe, sei das nur wörtliche Angebot des Klägers auch ausreichend (§ 295 BGB), weil der Kläger ohne eine entsprechende Mitwirkung der Beklagten in Gestalt der Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen, von ihm auszufüllenden Arbeitsplatzes nicht in der Lage gewesen sei, die von ihm geschuldete und angebotene Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erbringen.



Dass der Beklagten die Annahme der vom Kläger angebotenen Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, habe die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend dargetan. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die nähere Bestimmung der Arbeitsleistung gemäß § 106 GewO nach billigem Ermessen, also in Abwägung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen und -belangen, sowie insbesondere auch unter Rücksichtnahme auf Behinderungen des Arbeitnehmers zu erfolgen habe. Auch für die in diesem Sinne ordnungsgemäße Direktionsrechtsausübung trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Dies zugrunde gelegt sei nicht hinreichend unter Beweisantritt dargelegt, dass die Nichtberücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen billigem Ermessen entspräche. Denn der Kläger habe - wie von ihm im Übrigen von der Beklagten ausdrücklich verlangt - ein entsprechendes Attest vom 19.10.2020 vorgelegt, das von der Betriebsärztin der Beklagten am 28.10.2020 bestätigt wurde. Die diesbezüglich von der Beklagten "am Beweiswert" der vorgelegten Atteste geäußerten Zweifel würden nicht ausreichen. Abgesehen davon, dass diese sich hinsichtlich der betriebsärztlichen Bestätigung auf bloße Vermutungen zu den dieser zugrunde liegenden Untersuchungen/Erwägungen stützen würden, wäre - so das Arbeitsgericht -vorliegend von der Beklagten nicht ein vom Kläger zu erbringender Beweis zu erschüttern, sondern selbst darzulegen und zu beweisen gewesen, dass beim Kläger keine bei der Direktionsrechtsausübung zu berücksichtigenden gesundheitlichen Einschränkungen bezüglich des Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung vorliege. Daran fehle es.



Auch, dass es der Beklagten tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, die Arbeitsleistung des Klägers wie von ihm angeboten anzunehmen, habe sie nicht hinreichend konkret dargetan. Hinsichtlich einer Tätigkeit in der Filiale XXX habe sie sich darauf beschränkt vorzutragen, dass es (im Allgemeinen) für jeden Bankangestellten unumgänglich sei, zur Nutzung von Drucker, Kopierer und Akten sich auf Fluren zu bewegen. Dass es jedoch auch im hier streitgegenständlichen Einzelfall für die Dauer der Geltung der Corona-Schutzmaßnahmen nicht möglich gewesen wäre, den Kläger ausschließlich in einem Einzelbüro in XXX zu beschäftigen, sei nicht ersichtlich. So sei zu denken an die vorübergehende Zurverfügungstellung des erforderlichen Equipments zur Einzelnutzung sowie an Absprachen zur Verbringung benötigter Unterlagen in/an das Büro ohne Kontakterfordernis zu Anderen. Dass dies einen erhöhten organisatorischen und gegebenenfalls auch finanziellen Aufwand erforderte, sei offenkundig, führe aber nicht zur tatsächlichen Unmöglichkeit. Hinsichtlich einer klägerischen Direktberatung im Home-Office gelte bezüglich des erforderlichen Equipments dasselbe. Dass und in welchem Umfang für Vor- oder Nacharbeiten im Home-Office solches überhaupt erforderlich wäre, sei nicht ersichtlich. Ebenso wenig sei dargetan, dass es der Beklagten mit Blick auf den erhöhten organisatorischen und gegebenenfalls auch finanziellen Aufwand unzumutbar wäre, die vom Kläger angebotene Arbeitsleistung anzunehmen.



Der klägerische Anspruch auf Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts für 2020 folge aus § 611 a Abs. 2 BGB i. V. m. den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträgen für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken. Tatsachen, die die Beklagte insoweit zu einer Kürzung des klägerischen Anspruchs berechtigen könnten, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Insbesondere die Voraussetzungen für eine Kürzung gemäß § 10 Nr. 3 des Manteltarifvertrages für das Bankgewerbe (Kürzung einer Jahressonderzahlung um 1/12 für jeden vollen Monat ohne Vergütungsansprüche) seien nicht erfüllt.



Der Kläger habe auch Anspruch auf Entfernung der ihm unter dem 30. Oktober 2020 erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte. Jedenfalls der in der Abmahnung vom 30. Oktober 2020 enthaltene Vorwurf mehrfacher negativer Äußerungen über die Corona-Schutzmaßnahmen der Beklagten gegenüber Kunden und Mitarbeitern sei nicht hinreichend bestimmt. Es werde weder deutlich, welche konkreten Äußerungen wem gegenüber beanstandet würden, noch dass und warum diese ggf. eine klägerische Pflichtverletzung bilden würden. Die Beklagte habe daher die Abmahnung insgesamt aus der klägerischen Personalakte zu entfernen.



Es sei versehentlich versäumt worden, über die Widerklage der Beklagten zu entscheiden.



Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.



Gegen dieses am 17. Mai 2021 (Bl. 167 d.A.) ihr zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 06. Juni 2021 (Bl. 169 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 15. Juli 2021 (Bl. 193 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.



Die Beklagte hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend und trägt vor, der Kläger habe einen vertrauten Kundenstamm in seiner Filiale, den er nicht in einer anderen Filiale betreuen könne. Auch hinsichtlich eines etwaigen Arbeitsplatzes in der Filiale XXX müsse der Kläger durch verschiedene Räume gehen, in die Filiale hineingelassen werden, zudem sei die Belegschaft weiterhin sensibilisiert und würde auf Mitarbeiter, die keine Maske tragen, mit Unverständnis und Irritation reagieren. Ein Einsatz im "Mobile Office" sei nicht möglich, weil die Tätigkeit des Klägers technischer Voraussetzungen bedürfte, etwa um Wertpapierordern technisch abwickeln zu können.



Die Abmahnung vom 30. Oktober 2021 sei hinreichend bestimmt, auch hinsichtlich der Wendung "negativer Äußerungen".



Es liege auch kein Annahmeverzug vor, da der Kläger hierfür nicht irgendeine zumutbare Arbeit hätte anbieten müssen, sondern die geschuldete Arbeitsleistung in der Filiale am XXX. Die Frage alternativer Einsatzmöglichkeiten stelle sich daher nicht. Auch sei keine Versetzung des Klägers geboten gewesen.



Nichts anderes ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte zunächst ein Attest verlangte. Die Beklagte habe dem Kläger nicht zugesagt, ihm einen anderen Platz zuzuweisen, wenn ein Attest vorliege.



Die Weisung, nicht ohne Maske zu arbeiten, sei auch rechtmäßig.



Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht nicht beschiedenen Widerklage sei auf die Ausführungen erster Instanz zu verweisen, wonach eine teilweise Überzahlung für den Monat Oktober 2021 vorliege.



Die Beklagte beantragt (Sitzungsprotokoll des Landesarbeitsgerichts vom 13. Oktober 2021 - Bl. 224 d.A.),



das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. März 2021 - 15 Ca 566/20 - abzuändern und



1. die Klage abzuweisen



2. auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.693,29 € zu zahlen.



Der Kläger beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erwidert auf die Berufungsbegründung, die Beklagte habe nicht vorgetragen, warum es nicht möglich sei, den Kundenstamm des Klägers von einer anderen Filiale aus zu betreuen. Gleiches gelte für die Möglichkeit der Beschäftigung des Klägers im Home Office. Zudem habe die Beklagte im Jahr 2020 entschieden, dass es im Bereich Finanzberatung keine festen Ansprechpartner mehr gebe. Nur in der Individualkundenberatung habe der Kunde weiterhin feste Ansprechpartner. Daher sei nicht mehr notwendig, dass ein Bankberater seine Tätigkeit in einer Filiale vor Ort erledigen müsse. Serviceleistungen der Beklagten könnten über einen digitalen Zugang zu den Kundenakten erledigt werden. Drucken und Kopieren von Dokumenten sei nicht mehr notwendig. Wertpapierorder würden seit Anfang 2020 von Kunden der Beklagten online oder per elektronischem Auftrag abgewickelt. Alle Arbeiten im Tätigkeitsbereich des Klägers könnten im Home Office bzw. in einem separaten Raum erledigt werden.



Zudem folge aus der Bindungswirkung von Art. 151 AEUV eine Verpflichtung der Beklagten, eine Beschäftigungsmöglichkeit aktiv zu ermöglichen. Die Beklagte schulde eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum sie sich nicht imstande sehe, den Kläger entsprechend dessen Vorschlägen zu beschäftigen.



Von der Beklagten vorgebrachte Bedenken gegen den Beweiswert der Ärztin des Klägers würden bereits deshalb nicht greifen, da die Atteste von der Betriebsärztin der Beklagten bestätigt worden seien.



Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 15. Juli 2021 (Bl. 195 ff. d.A.), auf die Berufungsbeantwortung vom 16. August 2021 (Bl. 214 ff. d.A.) und auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11, Oktober 2021 verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).



Entscheidungsgründe



A.



Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet.



I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).



II. Die Berufung ist teilweise begründet, weil die Klage nur teilweise begründet ist. Die zweitinstanzlich im Rahmen der Berufung erneut rechtshängig gemachte Widerklage ist zulässig und begründet.



1. Die Klage war hinsichtlich der auf Vergütung gerichteten Klaganträge zu 1. und 4. - 7. abzuweisen. Der Kläger hat für die Zeit vom 01. November 2020 bis zum 31. März 2021 keinen Anspruch auf Vergütung aus § 615 Satz 1 iVm. § 611a Abs. 2 BGB. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs iSd. §§ 615, 293 ff. BGB lagen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im streitigen Klagezeitraum nicht vor.



a) Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611a Abs. 2 BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Er kommt gemäß § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Das Angebot des Arbeitnehmers muss gemäß § 294 BGB die zu bewirkende Arbeitsleistung betreffen. Diese Arbeitsleistung ist identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen. Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung (BAG, Urteil vom 14. Oktober 2020 - 5 AZR 649/19 -, Rn. 10, juris).



b) Der Kläger hat seine Arbeitsleistung an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz als Finanzberater in der Filiale XXX nicht angeboten. Auch konnte ein auf eine Tätigkeit als Finanzberater in der Filiale XXX oder im Home Office gerichtetes Arbeitsangebot des Klägers die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es sich hierbei nicht um die im Streitzeitraum iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung handelte.



Die Beklagte hat durchgängig an der Zuweisung des Arbeitsortes in der Filiale XXX festgehalten und zuletzt ihr Direktionsrecht gemäß § 106 GewO im Oktober 2020 dahingehend ausgeübt, dass die Mitarbeiter der Filiale, mithin auch der Kläger, beim Betreten der Filiale eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen haben. Die Anordnung zum Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung im Oktober 2020, d.h. einer Hochzeit der SARS-CoV-2 - Pandemie, war auch - unbeschadet der im streitgegenständlichen Zeitraum hinzugekommenen Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung und der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - nach § 106 Abs. 1 GewO grundsätzlich vom Direktionsrecht umfasst und im Einzelfall auch angemessen. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bei Betreten einer Filiale eines Geldinstituts dient dem Infektionsschutz in beide Richtungen. Sowohl andere Mitarbeiter und Kunden sollen vor Aerosolen geschützt werden, die der Kläger ausstoßen könnte und die potentiell tödlich sein könnten, wenn er sich ohne Mund-Nasen-Bedeckung in der Filiale bewegen dürfte. Die Maske verringert die Anzahl der abgegebenen Aerosole und verändert deren Ausbreitungsverhalten. Die Beklagte muss aber auch den Gesundheitsschutz des Klägers im Auge behalten. Auch hier hilft das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung, Infektionen durch das Einatmen von krankmachenden oder potenziell tödlichen Aerosolen zu vermeiden, die selbst bei aller Sorgfalt und Hygiene vorhanden sein könnten (vgl. LAG Köln, Urteil vom 12. April 2021 - 2 SaGa 1/21 -, Rn. 28, juris). Die Anordnung war auch verhältnismäßig selbst wenn man - wie vom Kläger vorgetragen - annimmt, dass der Kläger an einem in der Kindheit erlittenen Psychotrauma leidet, das es ihm unmöglich macht, der Maskenpflicht nachzukommen. Denn das Interesse der Beklagten, den Ausstoß von Aerosolen in ihren Filialen auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, geht in der Abwägung dem Interesse des Klägers, beim Betreten der Filiale keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, vor.



c) Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer anderen Tätigkeit ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist Sache des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 14. Oktober 2020 - 5 AZR 649/19 -, Rn. 28, juris).



§ 296 BGB steht dem nicht entgegen. Die danach vorzunehmende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt eine Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen. Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm zunächst wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Unterlässt es der Arbeitgeber schuldhaft, dem Arbeitnehmer eine leidensgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen, kann dies lediglich einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen (BAG, Urteil vom 14. Oktober 2020 - 5 AZR 649/19 -, Rn. 29, juris).



Die Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach können Ansprüche auf Annahmeverzug in Betracht kommen, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person nur noch einen Teil, nicht aber alle vertraglich geschuldeten Arbeiten verrichten kann. Der Arbeitgeber sei in diesem Fall nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (BAG, Urteil vom 04. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Auch hiernach ist der Arbeitgeber zur Vermeidung von Annahmeverzugsansprüchen des Arbeitnehmers nicht nach § 296 Satz 1 BGB verpflichtet, den bestehenden Vertrag dahin zu ändern, eine behinderungsgerechte Beschäftigung des in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkten schwerbehinderten Arbeitnehmers zu gewährleisten. Die Haftung des Arbeitgebers für die Verletzung seiner Pflicht zur Rücksichtnahme auf behinderungsbedingte Einschränkungen des Arbeitnehmers aus § 241 Abs. 2 BGB und § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX ist demgegenüber verschuldensabhängig ausgestaltet. Kommt der Arbeitgeber seiner aus den genannten Bestimmungen resultierenden Pflicht, dem Arbeitnehmer eine Vertragsänderung anzubieten, schuldhaft (§ 276 Abs. 1 BGB) nicht nach, kann er dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Vergütungsansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB oder wegen Verletzung eines Schutzrechts nach § 823 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein (BAG, Urteil vom 14. Oktober 2020 - 5 AZR 649/19 -, Rn. 30, juris).



Nach alledem ist es für einen Anspruch auf Annahmeverzug nicht entscheidend, ob der Kläger seine Arbeitsleistung in einer anderen Filiale oder im Home Office angeboten hat.



Ob dem Kläger wegen einer Verletzung einer Pflicht der Beklagten, ihm einen anderen "leidensgerechten" Arbeitsplatz unter Berücksichtigung etwaiger körperlicher Einschränkungen zuzuweisen, insbesondere wegen einer Verletzung von Pflichten der Beklagten aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4 und/oder Nr. 5 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4 und/oder Nr. 5 SGB IX Vergütung als Schadensersatz zusteht, hat die Kammer nicht zu entscheiden. Ein solcher Anspruch ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sondern der Kläger hat seine Klage ausdrücklich auf Annahmeverzugslohnansprüche gestützt.



d) Entgegen der Auffassung des Klägers ergab sich auch nicht bis jedenfalls 12. November 2020 ein Zahlungsanspruch gemäß § 611 BGB, weil die Beklagte den Kläger freigestellt hätte. Selbst wenn der Kläger das Verhalten der Beklagten vom 19. Oktober 2020, nachdem der Filialleiter dem Kläger untersagte, die Filiale ohne Mund-Nasen-Bedeckung zu betreten, als Freistellung verstanden haben sollte, hätte eine solche etwaige Freistellung bereits mit E-Mail vom 20. Oktober 2020 geendet, in der die Beklagte den Kläger aufforderte, unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen zur Arbeit zu erscheinen.



2. Der Klagantrag zu 2. war teilweise begründet.



a) Dem Kläger steht gemäß § 10 Ziff. 1 Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe (nachfolgend "MTV") zwar grundsätzlich eine betriebliche Sonderzahlung in Höhe von 100% des monatlichen Tarifgehalts zuzüglich Zulagen zu.



b) Allerdings ermäßigt sich gemäß § 10 Ziff. 3 Satz 3 MTV dieser Anspruch für jeden Kalendermonat ohne Ansprüche auf Gehalt um 1/12.



Da vorliegend im Bezugszeitraum bis einschließlich November 2020 für den Monat November 2020 kein Anspruch auf Vergütung des Klägers bestand, konnte der Kläger für 2020 als 13. Gehalt nur eine betriebliche Sonderzahlung i.H.v. 11/12 seines Bruttomonatsentgelts verlangen, mithin in Höhe von 4.374,33 € brutto.



c) Diesen Anspruch hat die Beklagte teilweise, nämlich durch Zahlung von 3.098,85 € i.S.d. § 362 BGB erfüllt. Eine weitergehende Erfüllung, auch hinsichtlich abzuführender Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, hat die Beklagte nicht dargelegt.



d) Der Zinsanspruch ergab sich aus §§ 286, 288 BGB. Da der Kläger mit seinem Klagantrag nur Zinsen in Höhe von "5%" beantragt hat, konnte keine Verurteilung zu Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erfolgen. Vor dem Hintergrund, dass der Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 2 BGB seit dem 01. Juli 2016 auf - 0,88% festgelegt ist, kann der Kläger nicht mehr als fünf Prozentpunkte über diesem Wert, mithin höchstens 4,12% Zinsen beanspruchen.



3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, soweit der Kläger mit dem Klagantrag zu 3. die Entfernung der Abmahnung vom 30. Oktober 2020 aus seiner Personalakte begehrte.



a) Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (BAG, Urteil vom 02. November 2016 - 10 AZR 596/15 -, BAGE 157, 153-163, Rn. 10).



b) Die Abmahnung der Beklagten ist zu Unrecht erfolgt, da sie inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist. Der in der Abmahnung enthaltene Vorwurf, der Kläger habe sich mehrfach gegenüber Kunden und Mitarbeiter negativ über die zum Gesundheitsschutz erlassenen Maßnahmen der Beklagten geäußert, ist nicht hinreichend bestimmt. Es wird weder deutlich, welche konkreten Äußerungen wem gegenüber beanstandet werden, noch dass und warum diese ggf. eine klägerische Pflichtverletzung bilden.



Ob die übrigen in der Abmahnung erwähnten Verhaltensweisen des Klägers zutreffen bzw. hinreichend bestimmt sind, kann dahinstehen. Werden in einer Abmahnung mehrere Pflichtverstöße gerügt, müssen wegen der Unzulässigkeit unwahrer bzw. pauschaler missbilligender Äußerungen in Abmahnungen sämtliche Rügen bestimmt und zutreffend sein. Die Beklagte hat daher die Abmahnung insgesamt aus der klägerischen Personalakte zu entfernen.



4. Die Widerklage der Beklagten war zulässig und begründet.



a) Zwar war, nachdem das Arbeitsgericht nicht über die Widerklage entschieden hat und die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO eine Urteilsergänzung beantragt hat, die Rechtshängigkeit des übergangenen Anspruchs erloschen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 209/14 -, juris; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl., § 321 ZPO, Rn. 12). Die (erneute) Erhebung der Widerklage im Rahmen der Berufungsbegründung war aber jedenfalls gemäß § 533 ZPO zulässig.



b) Die Widerklage war auch begründet. Die Beklagte kann vom Kläger die Rückzahlung überzahlter Vergütung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen. Die Beklagte hat dem Kläger Vergütung für die Zeit vom 01. bis 31. Oktober 2020 gewährt, obwohl mangels Arbeitsleistung oder Vorliegens von Annahmeverzug (s.o.) jedenfalls ab dem 20. Oktober 2020 kein Vergütungsanspruch mehr bestand. Unter Zugrundelegung der monatlichen Vergütung von 4.772,00 € brutto ergab sich bei einer Nichterbringung der Arbeitsleistung für acht von 22 möglichen Arbeitstagen eine Überzahlung jedenfalls in Höhe der Widerklagforderung.



B.



I. Die Kosten des Rechtsstreits haben beide Parteien in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens verhältnismäßig zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1, § 525 Satz 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG). Dabei waren hinsichtlich der erstinstanzlich erhobenen Widerklage die diesbezüglichen Kosten zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, da deren Rechtshängigkeit endete, weil die Beklagte trotz des Übergehens dieses Antrages keinen Antrag auf Urteilsergänzung (§ 321 ZPO) gestellt hat.



II. Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zuzulassen, weil ein erforderlicher Zulassungsgrund nicht ersichtlich ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ArbGG).

Vorschriften