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11.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211620

Arbeitsgericht Solingen: Beschluss vom 04.10.2019 – 1 BV 27/18

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Arbeitsgericht Solingen


Tenor:

Der Betriebsrat der C. Solingen GmbH wird aufgelöst.

1

Gründe

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I.

3

Der Antragsteller zu 1) ist die C. Solingen GmbH (nachfolgend „Arbeitgeber“), der in Solingen ca. 689 Mitarbeiter beschäftigt. Antragsteller zu 2) sind  246 beim Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer (nachfolgend „Belegschaft“).  Antragsgegner und Beteiligter zu 3) ist der bei dem Arbeitgeber gebildete Betriebsrat. Dieser wurde unter dem 26.04.2018 gewählt und hatte seine konstituierende Sitzung am 03.05.2018. Er besteht aus insgesamt 13 Mitgliedern, von denen zwei Mitglieder freigestellt sind. 10 der 13 Mitglieder des Betriebsrates waren bereits in der Wahlperiode 2014 Mitglieder des Betriebsrats. Vorsitzender des Betriebsrats ist Herr T. B., zugleich Beteiligter zu 4). Bei den Beteiligten zu 5) bis 16) handelt es sich um die weiteren Betriebsratsmitglieder.

4

Der Betriebsrat ist zusammengesetzt aus Mitgliedern mehrerer Listen. Beschlüsse des Betriebsrates zur Führung der gerichtlichen Verfahren werden turnusmäßig seitens des Betriebsrats immer wieder neu gefasst, da die Minderheit im Gremium durch unentschuldigtes Fernbleiben der Sitzungen u. ä. versucht, die Wirksamkeit der Beschlussfassung zu torpedieren.

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Der Betriebsrat drängte – zuletzt auch unterstützt durch die IG-Metall – auf die Durchführung eines Mediationsverfahren, nachdem die zunächst angestrebte Mediation (Az. 12 GRa 8/19) nach Rückzug des Arbeitgebers erfolglos geblieben war.

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Unter dem 20.09.2018 beschloss der Betriebsrat, nicht mehr mit dem Personalleiter des Arbeitgebers, Herrn B., zusammenzuarbeiten. Im Nachgang des Beschlusses des Betriebsrats teilte der Betriebsrat in einem Schreiben vom 20.09.2018 (vgl. Bl. 104 d. A.) an die Werks- und Personalleitung, sowie in einem Schreiben gleichen Datums (vgl. Bl. 105 ff. der Akte) an die Herren N., B. und B. mit, dass die Zusammenarbeit beendet werde und forderten den Arbeitgeber auf, einen neuen Ansprechpartner zu benennen. In weiterer Umsetzung des Beschlusses strich der Betriebsrat den Personalleiter B. aus dem Verteiler und leitete Mitteilungen und Beschlüsse an andere Mitarbeiter, u. a. auch auf Sachbearbeiter-Ebene weiter. Trotz Aufforderung seitens des Arbeitgebers unter dem 12.10.2018 (vgl. Bl. 109 ff. d. A.) sowie Interventionen des geschäftsführenden Gesellschafters mit Schreiben vom 05.11.2018 (vgl. Bl. 117 d. A.) und einem daran anknüpfenden Schreiben des Personalleiters vom 09.11.2018 (vgl. Bl. 123 bis 125 d. A.), wieder mit dem Personalleiter B. zusammenzuarbeiten, verblieb der Betriebsrat bei seiner Verweigerungshaltung und teilte mit Schreiben an die Werksleitung vom 15.11.2018 (vgl. Bl. 128 d. A.) mit, dass er erneut beschlossen habe, die Zusammenarbeit zu beenden. Bereits zuvor teilte der Betriebsrat mit Mail vom 26.10.2019 (vgl. Bl. 116 d. A.) mit, dass er an Sitzungen nicht teilnehmen werden, an denen auch der Personalleiter B. teilnehme, was der Betriebrats bspw. durch Nichtteilnahme an einem Gespräch zur Umsetzung der Personalplanung aus einem bestehenden Interessenausgleich am 30.10.2018 um 13.00 Uhr umsetzte. Zu diesem Gespräch erschien lediglich das Betriebsratsmitglied C.. Unter dem 19.11.2018 (vgl. Bl. 133 ff d.A.) richtete der Arbeitgeber ein „betriebsverfassungsrechtliche Ermahnung“ an den Betriebsrat mit der Aufforderung die Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter aufzugeben und kündigte an, andernfalls gehalten zu sein ein Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG einzuleiten.  Mit Beschluss vom 10.01.2019 (vgl. Bl. 346 d. A.) delegierte der Betriebsrat die Monatsgespräche auf den Betriebsratsausschuss. Diese Regeltermine wurden in Outlook vorgeplant und wurden von der Mehrheitsliste regelmäßig – wenn überhaupt – maximal durch ein oder zwei Mitglieder wahrgenommen. Der Arbeitgeber informierte den Betriebsrat am 09.11.2018, dass er jeweils alle Betriebsratsmitglieder einlade, um alle in Kenntnis zu setzen. Diese Absicht wiederholte er mit Schreiben vom 2..01.2019 (vgl. Bl. 347 d. A.).

7

Das Betriebsratsmitglied C. wurde durch Beschluss des Betriebsrats vom 08.11.2019 als stellvertretender Vorsitzender und zweites freigestelltes Mitglied abgewählt. Unter dem 13.02.2019 wurde der Arbeitnehmer F. C. vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, Herrn E., im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung beleidigt, was der Arbeitgeber näher ausführt. Teilweise leitete der Betriebsrat bzw. der Betriebsratsvorsitzende Beschlüsse oder Schriftstücke des Betriebsrates an Sachbearbeiter und weitere Personen beispielsweise Frau I., Herrn N. und Herrn H. oder Personen weiter, die nicht zum Unternehmen gehörten, beispielsweise Herrn ×., Frau C. und Herrn Q.. Die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wurde seitens des Betriebsrats teilweise um den Verteilerkreis der gesamten Belegschaft erweitert, was der Arbeitgeber näher ausführt.

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Unter dem 20.11.2018 rief der Betriebsrat per Aushang (vgl. Bl. 137 ff. d. A.) zu Abteilungsversammlungen auf und legte ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber Termine zwischen dem 26.11.2018 und 15.12.2018 während der Arbeitszeit fest. Auf Reaktionen des Arbeitgebers mit Schreiben vom 21.11.2018 (vgl. Bl. 139 ff. d. A.) u.a. mit der Aufforderung, die Termine während der Arbeitszeit zu stornieren, führte der Betriebsrat die Abteilungsversammlung nicht durch. Er veröffentlichte in diesem Zusammenhang einen Aushang vom 26.11.2018 (vgl. Bl. 141 d. A.), in dem es u. a. wörtlich wie folgt heißt:

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„Leider mussten wir mehrfach die Erfahrung machen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Werksleitung nicht stattgefunden hat.

10

So war es auch bei den geplanten Abteilungsversammlungen. Gemeinsam wollten wir mit Euch Informationen austauschen über Urlaubspläne, Krankenstandverbesserungsvorschläge sowie die Kündigung der Betriebsvereinbarung (wie Viereinhalb-Sichtsystem, Einschalten der Einigungsstelle von Werksleitung) diskutieren, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden. Zu unserem Bedauern stellen wir erneut fest, dass die Werksleitung kein Interesse an gemeinsamen konstruktiven Lösungen zeigt. Wir werden nicht angehört, unsere Arbeit wird blockiert und gar Drohungen werden ausgesprochen [….]

11

Wir möchten Euch darauf aufmerksam machen, dass wir bis jetzt keine Einladung für eine Zusammenarbeit hinsichtlich der Lösung der Kündigung in der Betriebsvereinbarung (wie Viereinhalb-Sichtsystem) von der Werksleitung erhalten haben.

12

[…]

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Eurer Betriebsrat“

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Mit Blick auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung Viereinhalb-Schichtsystem war der Betriebsrat zuvor zu Gesprächen eingeladen worden am 05.11.2018 und am 16.11.2018. Darauf wies der Werksleiter, Herr N., den Betriebsrat mit Mail vom 26.11.2018 (vgl. Bl. 142 bis 144 d. A.) im Nachgang über dessen Veröffentlichung vom 26.11.2018 hin. In diesem Zusammenhang bat er auch um Erläuterung, was mit Drohungen im Aushang vom 26.11.2018 gemeint sei. Eine Antwort seitens des Betriebsrats erhielt er nicht.

15

Mit Beschluss vom 22.11.2018 (vgl. Bl. 145 ff. der Akte) entschied der Betriebsrat, sich bezüglich Urlaubsgeld, Betriebsratsbehinderungen, Störung des Betriebsfriedens und Nichtzahlung der Löhne an die Presse zu wenden. Man wolle an die Öffentlichkeit gehen und die Presse einschalten.

16

Mit E-Mail vom 02.10.2018 (vgl. Bl. 146 bis 169 der Akte) wandte sich der Betriebsrat an die gesamte Belegschaft und übermittelte den Tarifabschluss vom 14.02.2018. In dem Anschreiben per Mail heißt es unter anderem wie folgt:

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„Die Anträge von IGM können formlos gestellt werden…! Die Musteranträge der IG Metall reichen vollkommen aus. Die Entgegennahme kann nicht verweigert werden, da der Tarifvertrag keine besondere Form vorsieht. Sofern es auch keine Betriebsvereinbarung hierzu gibt, welche ein besonderes Formular vorgibt, gilt der Tarifvertrag. Und der schreibt keine besondere Form vor! Die  Musteranträge der IG Metall können also genutzt werden, die hierin enthaltenen Angaben reichen für den Antrag aus. Bei Nichtentgegennahme von der Geschäfts/Personalleitung, bitten wir die Kollegen, ausgefüllte Anträge bei dem Betriebsrat abzugeben. Wir werden bei uns abgegebene Anträge mit der IG Metall an Geschäfts/Personalleitung abgeben.“

18

Mit E-Mail vom 06.12.2018 (vgl. Bl. 170 – 175 der Akte) forderte der Betriebsrat die gesamte Belegschaft auf, an einer Umfrage der IG Metall anonym teilzunehmen. Dort heißt es unter anderem:

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„Der Betriebsrat informiert

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

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eure Meinung ist uns wichtig.

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Bitte nimmt euch Zeit und nimmt an der Umfrage teil.

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Unter der unten angegebenen Website, könnt ihr anonym eure Meinung über die

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Firma äußern, dadurch kann man viel erreichen.“

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Im Rahmen der letzten Betriebsversammlung vom 10.07.2019 trugen Mitglieder des Betriebsrates IG Metall T-Shirts. Bei dem Arbeitgeber sind in der Fertigung ca. 80 % der Mitarbeiter in der IG Metall organisiert.

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Am 30.11.2018 (vgl. Bl. 178 ff. d.A.) erfolgte eine Mitteilung des Betriebsrats an die Schichtleiter der Abteilung Glanzdrehen, Rotation über ein Treffen vom 20.11.2018 mit den Abteilungsleitern, in dem man zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der erste Ablöser überall arbeiten könne. Mit E-Mail vom 26.03.2019 (vgl. Bl. 355 d.A.) sowie mit E-Mail vom 27.03.2019 (vgl. Bl. 356 d.A.) forderte der Betriebsrat Arbeitnehmer auf, Mitarbeiter in das Betriebsratsbüro zu schicken.

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Mit Mail vom 23.05.2018 (vgl. Bl. 105 ff d.A.) an alle Personaldienstleister, die mit dem Arbeitgeber in Verbindung standen, forderte der Betriebsrat diese auf, alle Profile der Mitarbeiter mitzuteilen, die beim Arbeitgeber beschäftigt würden. In diesem Zusammenhang wies der Betriebsrat die Personaldienstleister darauf hin, dass zukünftige Einstellungen nur noch mit der Zustimmung des Betriebsrates erfolgen könnten.

28

Zwischen dem Betriebsparteien sind beim Arbeitsgericht Solingen seit November 2018 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anfang Oktober 2019 rund 60 Beschlussverfahren anhängig gemacht worden.

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Im Rahmen der Anhörung vom 04.10.2019 wurden die Akten zu den Verfahren 2 BV 21/19, 2 BV 39/19, 2 BV 36/19 sowie 3 BV 22/19 beigezogen. Bezüglich des letzten Verfahrens wurde auch die zweitinstanzliche Entscheidung zum Aktenzeichen 3 TaBV 36/19 vom 16.07.2019 zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Die jeweiligen Entscheidungen sind als Anlage 1 bis 4 diesem Beschluss beigefügt. Die wesentlichen tatbestandlichen Feststellungen stellen sich wie folgt dar:

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Im Verfahren 2 BV 21/19 wurde in laut vorgelegtem Protokoll in einer Sitzung des Betriebsrats vom 14.03.2019 folgendes beschlossen:

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„4.10. Der BR beschließt, den Arbeitgeber nun zu Verhandlungen über einen Teilinteressenausgleich und über einen Sozialplan aufzufordern und den Arbeitgeber ferner aufzufordern, den Betriebsrat nun unverzüglich entsprechend den gesetzlichen Vorschriften über die anstehenden personellen und organisatorischen Veränderungen im Rahmen der Hallenerweiterung/Umbaumaßnahmen und die daraus folgenden wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer/innen des Betriebs zu unterrichten.

33

Der BR beschließt ferner, im Rahmen der zu führenden Verhandlungen gemäß §§ 111 S. 2, 80, 40 BetrVG als Unterstützer folgende Sachverständige hinzuzuziehen:

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1. Als wirtschaftlichen Sachverständigen Herrn Dr. G. I., M.

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2. Als juristischen Sachverständigen Herrn RA T. D., Kanzlei W. & D., I. Straße 2., N.

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[…]

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Sollte der Arbeitgeber die Verhandlungen nicht binnen zwei Wochen ab Zugang der schriftlichen Aufforderung des Betriebsrats aufnehmen und den Betriebsrat nach den gesetzlichen Vorgaben unterrichten, so werden für diesen Fall die Verhandlungen bereits jetzt für gescheitert erklärt und es soll sodann durch die Kanzlei W. & D. eine Einigungsstelle zum Interessenausgleich und Sozialplan (ggf. gerichtlich) für den Betriebsrat eingerichtet werden. Die Einigungsstelle soll unter Vorsitz folgender potentieller  Einigungsstellenvorsitzender mit 4 Beisitzern je Seite verhandeln: 1. Q/., LAG Hamm, 2. W. S., C.

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Der BR wird diesbezüglich nun folgendes Schreiben an den AG richten:

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„Sehr geehrte Damen und Herren,

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[…]

43

Da dies von Ihrer Seite leider nicht geschehen ist, nimmt der BR nun seinerseits diese Verhandlungen zu einem konkretisierenden neuen Teilinteressenausgleich und zu einem Sozialplan mit Ihnen auf und fordert Sie folglich auf, den BR zunächst über die konkret anstehenden personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Nachteile für die Belegschaft entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zu unterrichten, bevor Sie konkrete Maßnahmen durchführen. Sollten Sie dem nicht nachkommen, werden wir den betroffenen Arbeitnehmern anraten, Nachteilsausgleichsansprüche geltend zu machen.

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Der BR hat insoweit zudem bereits beschlossen, sich in den anstehenden Verhandlungen von dem wirtschaftlichen Berater Dr. G. I. M. und Herrn RA T. D., N., gemäß §§ 111 S. 2, 80, 40 BetrVG vertreten zu lassen.

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Wir erlauben uns, uns eine nichtverlängerbare Frist bis zum 18.03.2019 zu notieren, innerhalb derer wir Sie auffordern müssen, Ihre Verhandlungsbereitschaft zu erklären und den gesetzlichen Regelungen zur Information des Betriebsrates zu genügen. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist werden wir die Einigungsstelle einrichten und erforderlichenfalls auch Beschlussverfahren anstrengen.“

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im Verfahren 2 BV 36/19 legte der Betriebsrat einen Beschluss vom 13.05.2019 vor, nach dem mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über eine „BV Unterweisung von Arbeitnehmern und Leiharbeitnehmern gemäß § 12 ArbSchG“ aufzunehmen seien. Da der Regelungsgegenstand mit der „BV Gefährdungsbeurteilung“ im engen Zusammenhang stehe und der BR über keine eigene Expertise verfüge, werde die Kanzlei W. & D., I. Straße 2., N. beauftragt, eine Vergütungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abzuschließen. Hierzu solle die Kanzlei den Arbeitgeber unter Fristsetzung bis zum 15.05.2019 auffordern, die Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren und die Vergütungsvereinbarung gegenzuzeichnen. Sollte der Arbeitgeber dem nicht nachkommen, werde bereits jetzt beschlossen, die Verhandlungen dann für gescheitert zu erklären und die Einigungsstelle anzurufen.  Bereits am 10.05.2019 erhielt der Arbeitgeber ein Schreiben, in dem die Vergütungsvereinbarung zu den Regelungsgegenständen „FASI“ und „Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG“ beigeschlossen war, mit der Aufforderung diese bis zum 15.05.2019 unterschrieben zurückzusenden und binnen dieser Frist die Verhandlungsbereitschaft in Bezug auf beide Regelungsgegenstände zu erklären.

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Im Verfahren 2 BV 39/19 legte der Betriebsrat einen Beschluss vom 13.05.2019 vor, nachdem die Verhandlungen über die Bestellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit gescheitert seien, da der Arbeitgeber diese einfach eigenmächtig bestimmt habe. Es solle daher nun durch die Kanzlei W. & D. die Einigungsstelle (ggf. gerichtlich) eingerichtet werden zum Regelungsgegenstand „Bestellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit“. Diese solle mit 2 Beisitzern je Seite und unter Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht S., Herrn T., verhandeln. Sollte der Arbeitgeber nicht bis zum 15.05.2019, 10.00 Uhr der einvernehmlichen Einrichtung der Einigungsstelle zustimmen, so solle die Einigungsstelle dann von der Kanzlei W. & D. im gerichtlichen Beschlussverfahren eingesetzt werden. Bereits am 10.05.2019 erhielt der Arbeitgeber ein Schreiben, in dem die Vergütungsvereinbarung zu den Regelungsgegenständen „FASI“ und „Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG“ beigeschlossen war, mit der Aufforderung diese bis zum 15.05.2019 unterschrieben zurückzusenden und binnen dieser Frist die Verhandlungsbereitschaft in Bezug auf beide Regelungsgegenstände zu erklären.

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Im Verfahren 3 TaBV 36/19 legte der Betriebsrat einen Beschluss vom 04.04.2019 vor, nach dem eine Betriebsvereinbarung zur physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung abzuschließen und mangels eigenen Sachverstandes seinen späteren Verfahrensbevollmächtigten damit zu beauftragen sei, ihn bei der Erstellung und Verhandlung einer entsprechenden Betriebsvereinbarung sachverständig zu unterstützen. Hierzu solle die Kanzlei der späteren Verfahrensbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen und diesem folgendes Schreiben übersandt werden:

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„Sehr geehrter Herr B., der BR möchte mit dem Arbeitgeber eine BV zum Regelungsgegenstand psychische und physische Gefährdungsbeurteilung abschließen. Der BR benötigt hierzu externen Sachverstand und hat die Kanzlei W. & D. gemäß §§ 80 Abs. 3, 40 Abs. 1 BetrVG mandatiert, mit dem Arbeitgeber eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Wir fordern Sie auf, uns bis zum 10.04.2019 die grundsätzliche Bereitschaft zur sofortigen Verhandlung einer BV Gefährdungsbeurteilung schriftlich mitzuteilen und die Vergütungsvereinbarung der Kanzlei binnen vorgenannter Frist gegenzuzeichnen. Andernfalls werden wir die Verhandlungen für gescheitert erklären und die Einigungsstelle anrufen“, was am 05.04.2019 geschah. Mit E-Mail vom 08.04.2019 übermittelte der spätere Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem Personalleiter der Beteiligten zu 2.) eine Vergütungsvereinbarung zur Thematik Gefährdungsbeurteilung, die ein Stundenhonorar von 300,00 € zzgl. MwSt. vorsah, sowie den halben Stundensatz für Fahrtzeiten und, dass jede beratende oder vertretende Tätigkeit mit mindestens 15 Minuten in Rechnung gestellt werde. Verbunden war die E-Mail mit der Bitte, die gegengezeichnete Vergütungsvereinbarung bis zum 10.04.2019 wieder zurückzusenden und dem Betriebsrat gleichzeitig die Bereitschaft zur Verhandlung der Betriebsvereinbarung zu bestätigen. Der Personalleiter der Beteiligten zu 2.) antwortete mit E-Mail vom 09.04.2019, dass es dem Betriebsrat frei stünde, Vorschläge inhaltlicher Art zu der gewünschten Betriebsvereinbarung zu machen. Warum hierzu direkt von vornherein externer Sachverstand erforderlich sei, sei nicht dargelegt und auch nicht nachvollziehbar. Aus seiner, des Personalleiters Sicht sei externer Sachverstand nicht dazu da, die Betriebsratsarbeit durch Externe durchführen zu lassen. Die Vergütungsvereinbarung werde daher nicht unterzeichnet. Dem Betriebsrat bleibe es unbenommen, der Arbeitgeberin entsprechende Vorstellungen zukommen zu lassen über Inhalte, die er gerne in einer Betriebsvereinbarung zum Regelungsgegenstand geregelt wissen wolle.

53

In allen drei Fällen erwiderte der Arbeitgeber – wie teilweise soeben dargelegt –  innerhalb der gesetzten Frist, und zwar im Verfahren 2 BV 21/19 am 18.03.2019, im Verfahren 2 BV 36/19 durch Mail vom 14.05.2019, im Verfahren 2 BV 39/19 durch Mail vom 14.05.2019 und im Verfahren 3 TaBV 36/19 mit Mail vom 08.04.2019. Er vertrat dabei teils eine andere Rechtsauffassung, forderte zunächst weitergehende Informationen ein, zeigte aber in allen Fällen grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft an. Für die weitegehenden Einzelheiten wird auf die als Anlage 1-4 beigeschlossenen Entscheidungen verwiesen.

54

Ohne außergerichtlich auf die Antwortschreiben des Arbeitgebers zu reagieren, leitete der Betriebsrat in den genannten Fällen gerichtliche Verfahren auf Einsetzung einer Einigungsstelle ein.

55

Weiter zog das Gericht im Rahmen der Anhörung vom 04.10.2019 die Akte 1 BV 23/19 bei. Hier leitete der Betriebsrat ein Verfahren auf Abbau einer installierten Überwachungskamera ein, da er in Erfahrung gebracht habe, dass die Kamera installiert worden sei. Auf Erklärung des Arbeitgebers im Rahmen der Güteverhandlung, dass diese weder gekauft noch installiert worden sei, nahm der Betriebsrat seinen damaligen Antrag zurück. Die Verfahrenseinleitung beruhte darauf, dass ein Mitarbeiter des Arbeitgebers dem Betriebsrat im Rahmen eines Gespräches erklärt habe, dass die Kamera schon aufgebaut worden sei. Auf Nachfrage, ob der Mitarbeiter sich sicher sei, habe der Kollege dies bestätigt. Der Betriebsrat prüfte vor Verfahrenseinleitung die Angaben des Kollegen nicht.

56

Der Arbeitgeber bestreitet die seitens des Betriebsrats bzw. des Betriebsratsvorsitzenden vorgetragenen Umstände und Hintergründe zu dem Beschluss vom 20.09.2018. Der Arbeitgeber habe keine Grundlagenschulungen für den Betriebsrat abgelehnt. Soweit der Betriebsrat aufgrund des Beschlusses vom 19.12.2018 Schulung beantragt hatte, wurden auf Rückfrage des Arbeitgebers nach den Inhalten der subjektiven Erforderlichkeit der Schulungen seitens des Betriebsrats weitere Informationen verweigert. Seit 2014 habe es zahlreiche Schulungen gegeben. Insoweit verweist der Arbeitgeber auf die Anlage AST 21 (vgl. Bl. 341 - 345 d.mA.). Eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und dem Personalleiter B. habe es nicht gegeben. Es handele sich lediglich um eine kosmetische Zusammenarbeit. Insoweit wende sich der Betriebsrat förmlich an den Personalleiter B.. Sämtliche Fragen des Personalleiters B. blieben dann aber unbeantwortet bzw. würden in Beschlussverfahren überführt. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass sich auch durch die Delegation der Monatsgespräche auf den Betriebsausschuss erkennen lasse, dass ein Interesse an einer Zusammenarbeit gerade nicht bestehe. Beispielhaft sei auf das Beschlussverfahren zum Aktenzeichen 1 BV 5/19 zu verweisen. Hinsichtlich der Gespräche zur Umsetzung der Personalplanung am 30.10.2018 sei das Betriebsratsmitglied C. unter Druck gesetzt worden, daran nicht teilzunehmen. Insoweit habe der Betriebsratsvorsitzende B. telefonisch mitgeteilt, „Nimmt er teil, ist er ab sofort nicht mehr freigestellt“. Entsprechend habe das Betriebsratsmitglied C. in dem Gespräch am 30.10.2018 mitgeteilt, dass seitens Herrn B. den Betriebsratsmitgliedern untersagt worden sei, am Gespräch teilzunehmen. Auf telefonische Anweisung des Betriebsratsvorsitzenden sei auf ihn Druck ausgeübt worden, nicht teilzunehmen. Auch Frau H. sei untersagt worden, als Protokollführerin an dem Termin teilzunehmen. Der Betriebsratsvorsitzende B. habe zudem mitgeteilt, dass er auf der nächsten Sitzung als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bzw. freigestelltes Betriebsratsmitglied abgewählt werde, wenn er teilnehme. Laut Aussage des Betriebsratsmitglieds C. sei das Ziel des Betriebsratsvorsitzenden B., durch Druck auf C. die Kündigung des Personalleiters B. zu erreichen. An anderer Stelle behauptet der Areitgeber, das Betriebsratmitglied C. habe das Betriebsratsmitglied C. bedroht, dass, wenn er teilnehme, er in Bezug auf die Freistellung als Betriebsrat und als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender abgewählt werde. Das Betriebsratsmitglied C. habe zuvor mit dem Betriebsratsvorsitzenden telefoniert. Dieser habe in dem Gespräch die Anweisung gegeben, an den Gesprächen vom 30.10.2018 nicht teilzunehmen und dies offenbar mit Nachdruck nochmals wiederholt. Auch am 06.11.2018 sei dem Betriebsratsmitglied C. und der Sekretärin H. untersagt worden, an einem Termin mit der Geschäftsleitung zum Thema Kündigung, Betriebsvereinbarung und Arbeitszeit teilzunehmen. Die seitens des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden vorgetragenen Gründe zur Abwahl des Betriebsratsmitglieds C. seien unsubstantiierte Schutzbehauptungen. Hintergrund der Haltung des Betriebsrats sei vermutlich, dass der Betriebsrat eigene Personalentscheidungen im Hinblick auf die Übernahme von Leiharbeitnehmern nicht habe durchsetzen können. Der Betriebsrat nutze seine Position aus, insbesondere der Betriebsratsvorsitzende drohe bei abweichenden Meinungen mit Sanktionen gegenüber den anderen, die nicht der Meinung des Vorsitzenden bzw. des Gremiums folgten. Diese Boykotthaltung gegenüber der Geschäftsleitung habe im Ergebnis zu einem Stillstand der betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtenausübung geführt. Trotz der arbeitgeberseitigen Ermahnung vom 19.11.2018 habe der Betriebsrat sein Verhalten nicht geändert. Die Anweisung des Personalleiters B., dass die Betriebsratsmitglieder sich am Arbeitsplatz gegenüber dem Disponenten bzw. ihrem direkten Vorgesetzten abzumelden hätten, sei seitens der Betriebsratsmitglieder ignoriert worden und dazu genutzt worden, den Personalleiter in der Betriebsöffentlichkeit vorzuführen und zu diskreditieren. So sei mit Mail vom 27.05.2019 (vgl. 352 d. A.) der Eindruck erweckt worden, dass der Personalleiter B. Schuld an der verspäteten Mitteilung der Abwesenheit sei. Im Rahmen der letzten ordentlichen Betriebsversammlung habe der Betriebsratsvorsitzende gegenüber der Belegschaft erklärt, der Betriebsrat sei lediglich für IG-Metall-Mitglieder da und werde sich auch nur für diese einsetzen. Dieses Verhalten, ebenso wie die Mails vom 02.10.2018 bezüglich des Tarifabschlusses bzw. vom 06.12.2018 bezüglich der Teilnahme an einer Umfrage der IG Metall, verstießen elementar gegen das Neutralitätsgebot des Betriebsrats. Dieser habe sich gewerkschaftsneutral zu verhalten und könne die eigene Arbeitszeit nicht für Gewerkschaftsarbeit nutzen. Mit den Mitteilungen vom 30.11.2018 hinsichtlich der Einsetzbarkeit der ersten Ablöser sowie den Weisungen an die Vorgesetzten, bestimmte Mitarbeiter ins Betriebsratsbüro zu schicken und ebenso mit der Mail vom 23.05.2018 an die Personaldienstleister habe der Betriebsrat gegen das Verbot der Leitungsmacht verstoßen. Er habe insbesondere mit der Mail an die Personaldienstleister sich eine Personalleitungsrolle bzw. Einkäuferrolle angemaßt, die ihm nicht zustehe. Bezüglich der Wiederaufnahme der Arbeit mit dem Personalleiter seitens des Betriebsrats, bereits vor Einleitung des Beschlussverfahrens, ließen die in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2019 vorgelegten Emails lediglich erkennen, dass der Betriebsratsvorsitzende B. den Personalleiter B. in den Verteiler aufgenommen habe. Mit Blick auf das Verfahren 3 BV 60/19 habe der Betriebsrat falsch vorgetragen, wenn er dort erkläre, es sei niemals eine Einigung bezüglich eines BEM-Verfahrens erfolgt. Es habe vielmehr Workshops zu dem Thema gegeben, auch mit externem Sachverstand. Auf Basis der damaligen Einigung habe man entsprechende Formulare erstellt und vereinbart, dass das Verfahren zunächst einmal so durchzuführen sei. Davon unabhängig sei die Frage, ob es eine schriftliche Betriebsvereinbarung gäbe. Mit Schriftsatz vom 02.10.2019 (Bl. 553 ff.) trug der Arbeitgeber ergänzend zu den Gründen der Ablehnung einer Mediation, und den aus seiner Sicht bestehenden weiteren Verstöße gegen das Neutralitätsgebot, Blokadehaltung des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen, weitergehenden Verweigerung der Verhandlung und diskreditierenden Informationen des Betriebsrats vor.

57

Die Belegschaft trägt vor, der Betriebsrat habe mit seiner Amtsführung die Spaltung der Belegschaft herbeigeführt, indem er in vorsätzlicher, schädigender Absicht beispielsweise gegen Neutralitätspflichten verstoße und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber verweigere. Er setze Teile der Belegschaft unter Druck und drohe Nachteile an bzw. beleidige diese, was sie mit Schriftsatz vom 02.10.2019 noch für zwei Fälle konkretisiert. Der Vortrag des Betriebsrates zur Erschleichung der Unterschriften bezüglich der Einleitung dieses Verfahrens werden bestritten. Sämtliche Antragsteller hätten Vollmachten erteilt und keiner der Antragsteller habe in irgendeiner Form einen Rückzieher gemacht.

58

Die Antragsteller beantragen unter Antragsrücknahme im Übrigen zuletzt

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1) den Betriebsrat der C. Solingen GmbH wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aufzulösen.

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2) hilfsweise, den Betriebsratsvorsitzenden Herrn T. B. wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aus dem Betriebsrat auszuschließen.

61

Der Betriebsrat bzw. der Beteiligte zu 4) beantragt,

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die Anträge zurückzuweisen.

63

Der Betriebsrat trägt vor, dass hinsichtlich der Antragstellung durch die Belegschaft Blanko-Unterschriften von den Mitarbeitern gesammelt worden seien und in mannigfachen Fällen überhaupt nicht mitgeteilt worden sei, was eigentlich Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei. Man habe diesbezüglich einzelne Personen befragt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2019 überreichte der Betriebsrat diesbezüglich vier Anschreiben zur Akte (vgl. Bl. 613 – 616 d. A.). Dabei handelte es sich um drei unterzeichnete Schreiben (E., C. und Z.) und ein nicht unterzeichnetes Schreiben. Hinsichtlich des Mitarbeiters Z. trägt der Betriebsrat vor, dass dieser in das Büro des Personalleiters B. gerufen worden sei und von diesem angehalten worden sei, an seinem Antrag festzuhalten. Er sei von Herrn B. dahingehend bedroht worden, dass, wenn es zu einem Sozialplan käme, er der Erste sei, der rausfalle. Die Arbeit mit dem Personalleiter B. sei bereits seit einem dreiviertel Jahr wieder faktisch aufgenommen worden. Es sei zudem zu bedenken, dass der Personalleiter B. nicht der einzige Ansprechpartner des Betriebsrats gewesen sei, sondern nur der Erste. In der Sitzung vom 17.05.2018 habe sich – unstreitig – dem Betriebsrat als Ansprechpartner neben dem Personalleiter B. auch Herr T., Herr N., Herr E. N. sowie Frau B. vorgestellt. Da man keine Kommunikationsmöglichkeit mit dem Personalleiter B. sah, habe man sich mit Schreiben vom 21.09.2018 direkt an die Geschäftsleitungsebene des Arbeitgebers gewandt. Der Betriebsrat habe zum Zeitpunkt des Beschlusses über fünf Monate versucht, seine Rechte gegenüber dem Personalleiter B. einzufordern, sei von diesem aber überwiegend ignoriert worden. Nach § 74 Abs. 1 BetrVG gäbe es eine gegenseitige Einlassungs- und Erörterungspflicht für Betriebsrat und Arbeitgeber. Wenn sich der Arbeitgeber-Ansprechpartner daran nicht halte, sei der Betriebsrat zum Wohle der Belegschaft sogar verpflichtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe zu drängen. Dies sei geschehen. Im Rahmen der Betriebsratssitzung vom 27.09.2018 sei Herr N. auch auf diverse Beispiele hingewiesen worden. Insbesondere habe es Schwierigkeiten gegeben, bei der Beachtung der Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG im Rahmen der Einstellung von Leiharbeitnehmern bzw. der diesbezüglichen Rechte des Betriebsrats nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG. Schließlich sei nicht ersichtlich, woraus sich eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Betriebsrats ergeben solle, sich ausschließlich an die vom Arbeitgeber benannten Personen zu wenden. Auch werde der Betriebsfrieden nicht dadurch gestört oder sonst irgendwelche Nachteile im betrieblichen Ablauf begründet, wenn der Betriebsrat sich an andere verantwortliche Personen im Betrieb wende, die sich auch ihrerseits an den Betriebsrat gewendet hätten. Dies müsse auch so sein, da der Arbeitgeber ja sonst die Kommunikation dadurch abbrechen könne, dass er einen nichtkommunikationsbereiten Ansprechpartner benenne und der Betriebsrat so seinen Rechten kein Gehör verschaffen könne. Der Betriebsratsvorsitzende B. habe dem Betriebsratsmitglied C. nicht die Teilnahme am Gespräch vom 30.10.2018 untersagt. Die Betriebsratsmitglieder seien in der Situation unsicher gewesen und hätten den Betriebsratsvorsitzenden B. angerufen. Dieser habe auf die bestehende Beschlusslage hingewiesen und erklärt, er hielte eine Teilnahme mit der Beschlusslage für nicht vereinbar. Wichtig sei aus seiner Sicht, dass eine einheitliche Entscheidung erfolge und nicht jeder sein eigenes Ding mache. Entweder sollten alle oder keiner an dem Gespräch teilnehmen. Er habe auch nicht angedroht, die Teilnahme würde zur Abwahl als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bzw. zur Rücknahme der Freistellung führen. Die Abwahl des Betriebsratsmitglieds C. habe vielmehr mit seinen herablassenden Äußerungen gegenüber Beschäftigten mit schlechten Deutschkenntnissen zusammengehangen. Die Mehrheit des Gremiums sei der Auffassung gewesen, dass andere Betriebsratsmitglieder diese Aufgabe besser wahrnehmen könnten. Insbesondere habe der Betriebsratsvorsitzende nicht gesagt: „Nimmt er teil, ist er ab sofort nicht mehr freigestellt.“ Auch sei Frau H. nicht untersagt worden, als Schriftführerin an dem Meeting teilzunehmen. Ebenso wenig sei dem Betriebsratsmitglied C. bzw. der Sekretärin H. am 06.11.2018 untersagt worden, an einem Termin mit der Geschäftsleitung teilzunehmen. Im Schreiben vom 09.11.2018 (Bl. 123 ff. d. A.) habe der Personalleiter B. wahrheitswidrig mitgeteilt, dass es eine Verpflichtung gäbe, sich beim Vorgesetzen abzumelden, obwohl es eine derartige gesetzliche Verpflichtung nicht gebe. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass der Personalleiter B. Mitteilungen nur an sich und in „cc“ an die Geschäftsleitung fordere, sage umgekehrt aber seinerseits, dass er jeweils alle Mitglieder des Betriebsrats informieren werde. Für die Kommunikation mit dem Betriebsrat gäbe es aber in § 26 Abs. 2 BetrVG eine Regelung, an wen sich der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat zu wenden habe. Hingegen gäbe es eine entsprechende Regelung für den Betriebsrat, an wen dieser sich beim Arbeitgeber zu wenden habe, gerade nicht. Mit dieser Vorgehensweise habe sich der Personalleiter B. rechtswidrig verhalten. Letztlich werde an dieser Stelle nur noch einmal deutlich, dass arbeitgeberseitig ein Auflösungsverfahren bzw. ein Ausschlussverfahren zum Ausschluss aus dem Betriebsrat offensichtlich von langer Hand vorbereitet und künstlich konstruiert worden sei. Soweit der Betriebsrat am Meeting vom 14.11.2018 überwiegend nicht teilgenommen habe, stelle dies keinen Verstoß dar, da es für das Monatsgespräch nach § 74 Abs. 1 BetrVG keinen konkreten Termin gäbe. Zudem sei klar formuliert, dass man an Monatsgesprächen teilnehmen werde, nur zum damaligen Stand an einer Zusammenarbeit mit Personalleiter B. nicht interessiert sei. Hinsichtlich der Auseinandersetzung zwischen dem Betriebsratsmitglied E. und dem Mitarbeiter C. habe das Betriebsratsmitglied E. den Mitarbeiter C. aufgesucht. Hintergrund sei die Sammlung von Blanko-Unterschriften bezüglich des vorliegenden Verfahrens gewesen. Soweit der Arbeitgeber rüge, dass der Betriebsrat hinsichtlich der Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat teilweise die ganz Belegschaft in den Verteilerkreis aufnehme, sei nicht ersichtlich, warum dies pflichtwidrig sein solle. Warum der Aushang vom 20.11.2018 bezüglich der Durchführung einer Abteilungsversammlung einen Pflichtverstoß darstellen solle, sei nicht erkennbar, zumal der Betriebsrat nach Rückmeldung durch den Arbeitgeber diesen nicht weiterverfolgt habe. Es sei letztlich auch nicht wahr, dass das Betriebsratsmitglied B. für den Betriebsrat im Rahmen der Veröffentlichung vom 26.11.2018 eine Ansammlung unwahrer Behauptungen, die nicht nur nicht zutreffen, sondern darüber hinaus geeignet seien, die Arbeitgeberseite im Betrieb vor der Belegschaft zu diskreditieren, veröffentlichte. Das Betriebsratsmitglied B. habe lediglich den Sachverhalt dargestellt, unter anderem die in rechtlicher Hinsicht fragwürdige betriebsverfassungsrechtliche Ermahnung durch den Arbeitgeber. Es sei zudem nicht ersichtlich, welche Darstellungen vom 26.11.2018 nicht den Tatsachen entsprechen sollten. Der Betriebsrat habe auch nicht den Personalleiter B. im Rahmen des Rechtsstreits über die Abmeldeverpflichtungen der Betriebsratsmitglieder an den Pranger gestellt. Er habe zunächst versucht, von ihm monierte rechtswidrige Verhaltensweisen auf der Seite des Arbeitgebers zu platzieren. Gegenüber der Belegschaft seien dann lediglich ansatzweise tatsächliche Begebenheiten mitgeteilt worden. Inwieweit ein pflichtwidriges Verhalten des Betriebsrats darin liegen solle, dass er sich gegen eine rechtswidrige Anweisung des Personalleiters B. wende, wonach sich Betriebsratsmitglieder bei ihrem direkten Vorgesetzten abzumelden hätten, sei nicht ersichtlich. Dem Gericht sei insoweit bekannt, dass der Streit um die Abmahnungen – entsprechend der tatsächlichen Rechtslage – beigelegt worden sei. Der Betriebsratsvorsitzende habe im Rahmen der letzten Betriebsversammlung nicht erklärt, dass er sich nur für die IG Metall- Mitglieder einsetzen werde. Er habe sich nur kritisch über eine Unterschriftenaktion geäußert, die initiiert worden sei, um Mitarbeiter dazu bewegen, ihre Mitgliedschaft bei der IG Metall zu beenden. Er habe sich lediglich dagegen ausgesprochen, dass ein Teil der Belegschaft einen anderen Teil der Belegschaft wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit unter Druck setze. Die Mails vom 02.10.2018 und 06.12.2018 stellten kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot dar. Der Betriebsrat sei berechtigt, für seine Gewerkschaft tätig zu werden. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei er gehalten, dafür  Sorge zu tragen, dass die im Betrieb geltenden Tarifverträge eingehalten würden. Der Betriebsrat habe auch keine Schreiben des Arbeitgebers unbeantwortet gelassen und ohne Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten die entsprechenden Streitigkeiten in Beschlussverfahren überführt. Die Aussagen der Belegschaft zur Spaltung der Belegschaft, zur vorsätzlich schädigenden Absicht gegen Neutralitätspflichten und der Verweigerung der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber sowie der Unterdrucksetzung und der Androhung von Nachteilen und der Beleidigung der Belegschaft bestreite er. Der Vortrag der Arbeitgeberseite und der Belegschaft sei ein plumper Versucht, den Betriebsrat zu beseitigen, da man mit der Änderung des Schichtmodells nicht weiterkomme. Zudem zeichne sich der Vortrag der Belegschaft und des Arbeitgebers dadurch aus, dass er Aktionen einzelner Mitglieder des Betriebsrats bzw. des Betriebsrats als Ganzen vermenge.

64

Der Betriebsratsvorsitzende trägt vor, bei dem Beschluss vom 20.09.2018 sei es nicht um die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber, sondern lediglich um die Zusammenarbeit mit dem Personalleiter B. gegangen. Dieser habe Wahlbewerber einzeln in sein Büro zitiert und diese bedrängt, ihre Kandidatur auf einer bestimmten Liste zurückzuziehen. Zudem habe er Mitarbeiter wegen eines arbeitsplatzbezogenen Gesprächs in sein Büro zitiert und die Mitarbeiter dann aufgefordert, über ihre Nationalität (Kurde oder Türke) oder ihre Religionszugehörigkeit (Sunnit oder Alevit) Rechnung zu legen. Der Betriebsrat habe den Eindruck gehabt, dass der Personalleiter B. an ihn herangetragene Angelegenheiten nicht angenommen habe und deshalb selbst nicht vertrauensvoll mit dem Betriebsrat zusammengearbeitet habe. Der Arbeitgeber habe zahlreiche Grundlagenschulungen abgelehnt. Der Betriebsratsvorsitzende hatte zunächst weiter vorgetragen, dass der Betriebsrat aus zahlreichen neuen Mitgliedern bestanden habe. Auf Nachfrage des Gerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung schränkte er dies zunächst dahingehend ein, dass die derzeitigen Betriebsratsmitglieder 2014 teilweise bereits als Ersatzmitglieder im Betriebsrat tätig gewesen seien. Auf weitere ausdrückliche Nachfrage, ob die einzelnen seitens der Arbeitgeberseite aufgeführten 10 Mitglieder, bereits 2014 im Betriebsrat tätig gewesen seien, stellte der Betriebsratsvorsitzende schließlich unstreitig, dass diese bereits im Jahr 2014 Betriebsratsmitglieder gewesen seien. Nach anwaltlicher Beratung habe der Betriebsrat unverzüglich die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer und auch mit dem  Personalleiter B. wieder aufgenommen und sämtliche Beschlüsse und Stellungnahmen an den Personalleiter B. gesandt. Bezüglich der Umstände der Teilnahme des Betriebsratsmitglieds C. am Gespräch vom 30.10.2018 schließt sich der Betriebsratsvorsitzende dem Vortrag des Betriebsrats an. Soweit Beschlüsse nicht an Herrn B., sondern an die Sachbearbeiterebene weitergesandt worden seien, sei der Betriebsratsvorsitzende an die geltende Beschlusslage des Betriebsrats gebunden gewesen. Er habe die Beschlüsse nur an Personen übersandt, die nach seiner Information für die Behandlung der Angelegenheit zuständig waren, was er näher ausführt. Mit Blick auf die Abteilungsversammlung, die im Aushang vom 20.11.2018 einberufen worden sei, sei auszuführen, dass die Betriebsvereinbarung zu den Schichtplänen arbeitgeberseitig gekündigt worden sei und neue Verhandlungen erforderlich machten. Zu diesem Zweck habe der Betriebsrat in Vorbereitung der Verhandlung die Wünsche der Arbeitnehmer ermitteln wollen. Zu dieser Art der Informationsbeschaffung sei der Betriebsrat berechtigt. Er dürfe diesbezüglich Gespräche mit den Arbeitnehmern am Arbeitsplatz aufnehmen. Abteilungsversammlungen seien aus seiner Sicht das effektivste Mittel gewesen. Nach den Einwendungen des Arbeitgebers seien diese aber letztlich nicht durchgeführt worden. Auch der Aushang vom 26.11.2018 sei kein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Es seien dort keine wahrheitswidrigen oder ehrverletzenden Behauptungen verbreitet worden. Schließlich sei im Rahmen der Äußerung des Betriebsrats auch Artikel 5 GG zu beachten. Der Betriebsrat dürfe sich kritisch äußern. Der Betriebsfrieden sei erst dann gefährdet, wenn bewusst falsche oder aus dem Zusammenhang gerissene Tatsachen verbreitet würden, um den anderen Partner in Misskredit zu bringen oder verächtlich zu machen. Weder die Einladung vom 20.11.2018 noch der Aushang von 26.11.2018 erfülle diese Voraussetzungen. Der Beschluss vom 22.11.2018 sei erst gefasst worden, nachdem man innerbetrieblich versucht habe, die Angelegenheiten zu klären. Der Beschluss sei aber niemals umgesetzt worden. Auch ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot liege nicht vor. § 74 Abs. 2 BetrVG verbiete lediglich Arbeitskampfmaßnahmen. § 74 Abs. 3 BetrVG zeige, dass auch Betriebsratsmitglieder befugt seien, sich im Betrieb gewerkschaftlich zu betätigen. Der Betriebsratsvorsitzende habe gerade nicht erklärt, er werde sich lediglich für IG Metall-Mitglieder einsetzen. Im Übrigen wiederholt er den diesbezüglichen Vortrag des Betriebsrats. Auch die Mail vom 20.10.2018 und vom 06.12.2018 stelle kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot dar. Der Tarifvertrag gelte für den Betrieb des Arbeitgebers. Die Beschäftigten hätten sich mit Fragen zur Antragstellung an den Betriebsrat gewendet, wobei sie berichteten, dass der Personalleiter B. ein Formular vorbereitet habe und sie unsicher gewesen seien, ob sie dieses verwenden müssten. Hinsichtlich der Umfrage sei diese von der IG Metall entwickelt worden. Sie sei anonymisiert und es sei nicht nachvollziehbar, wer teilnehme und was er sage. Er habe diesbezüglich auch keinen Druck ausgeübt, an der Umfrage teilzunehmen, noch war eine Aufforderung zum Beitritt zur Gewerkschaft enthalten. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen das Verbot der Leitungsmacht vor. Die Mitteilung vom 30.11.2018 betreffe eine Beschwerde von Mitarbeitern, dass Einsätze ungerecht verteilt worden seien. In den betreffenden Abteilungen gäbe es Roboter-Arbeitsplätze, die vorgetaktet und belastender seien, als die Bereiche, in denen Arbeitnehmer den Arbeitstakt selbst bestimmen könnten. Es habe sich gezeigt, dass die Schichtleiter die Mitarbeiter nicht gleichmäßig in den unterschiedlichen Bereichen einsetzten. Der Betriebsrat könne insoweit keine Besprechungen anordnen. Jedoch hätten auch die Abteilungsleiter ein Interesse an der Lösung des Problems gehabt und es sei zu einem Gespräch gekommen. Gemeinsam habe man eine Lösung gefunden. Auch die Mail vom 23.05.2018 stelle keinen Verstoß dar. Es sei nicht verboten, sich an die Leihfirma zu wenden. Man benötige schließlich Profile (Personalien, Qualifikation), um sein Mitbestimmungsrecht ausüben zu können. Der Hinweis auf das gesetzliche Mitbestimmungsrecht stelle ebenfalls keinen Verstoß gegen die Pflichten dar.

65

Das Verfahren zur Auflösung des Betriebsrats, das seitens des Arbeitgebers eingeleitet wurde (1 BV 27/2.) und jenes, das seitens der Belegschaft eingeleitet wurden (1 BV 2/19), hat das Arbeitsgericht Solingen mit Beschluss vom 21.06.2019 (vgl. Bl. 361 ff d.A.) unter Führung des Verfahrens 1 BV 27/2. verbunden. In der Ladung zum Kammertermin vom 28.06.2019 (Bl. 246/247 d.A.) erteilte das Gericht unter anderem den Hinweis nach § 83 Abs. 4 ArbGG (vgl. Bl. 246 ff d.A.). Im Rahmen der Umladung zum Termin am 06.09.2019 wurde der Hinweis wiederholt (vgl. Bl. 364 d.A.) und in der Umladung auf den 04.10.2019 wurde darauf hingewiesen, dass die Anordnung und Hinweise in der früheren Ladung auch für den neuen Termin gelten (vgl. Bl. 406 d.A.). Das Verfahrens 1 BV 27/2. wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 07.02.2019 an den Güterichter verwiesen (vgl. Bl. 220 ff d.A.) und dort unter dem Aktenzeichen 12 GRa 8/19 geführt. Es verlief ergebnislos.

66

Für das weitergehende Vorbringen der Beteiligten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

67

II.

68

Der zulässige Hauptantrag der Antragsteller ist begründet.

69

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist im Beschlussverfahren zu verfolgen, und konnte sowohl seitens des Arbeitgebers als auch seitens der Belegschaft zulässigerweise gestellt werden. Beteiligt sind der Arbeitgeber, die antragstellenden Belegschaftsmitglieder, der Betriebsrat, sowie seine Mitglieder. Die Kammer konnte auch in Abwesenheit des Beteiligten C. entscheiden.

70

a. Zutreffend verfolgen die Antragsteller ihr Begehren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 80 ArbGG. Es handelt sich um zwischen den Beteiligten streitige Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Die Anträge auf Auflösung des Betriebsrates und Ausschluss eines seiner Mitglieder sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG statthaft und können auch als Haupt- und Hilfsantrag miteinander verbunden werden.

71

b. Sowohl Arbeitgeber als auch die Belegschaft sind antragsbefugt und haben zulässigerweise einen Auflösungsantrag gestellt.

72

aa. Die Antragsbefugnis des Arbeitgebers ergibt sich unmittelbar aus § 23 Abs. 1 BetrVG. Einwände gegen die Zulässigkeit des Antrags durch den Arbeitgeber sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

73

bb. Auch die Belegschaft ist gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG antragsbefugt. Die gegen die Zulässigkeit gerichteten Einwände des Betriebsrats greifen nicht durch.

74

(1) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BetrVG ist ¼ der wahlberechtigten Arbeitnehmer berechtigt, die Auflösung des Betriebsrates wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten zu beantragen. Der Antrag der Belegschaft aus dem Verfahren 1 BV 2/19, welches mit dem vorliegenden Verfahren verbunden worden ist, erfüllt diese Voraussetzungen.

75

i. Dem Arbeitsgericht liegen ausweislich der Akte zum Verfahren 1 BV 2/19 mindestens 246 Original-Antragsschriften von Arbeitnehmern des Arbeitgebers vor (vgl. Bl. 20-220 sowie 250-304 d.A. 1 BV 2/19), so dass das Quorum unzweifelhaft erreicht ist. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Betriebsrats bzw. des Betriebsratsvorsitzenden greifen nicht durch. Eine weitergehende Nachforschung und Aufklärung durch die Kammer war nicht erforderlich.

76

ii. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gilt für das Beschlussverfahren ein eingeschränkter Amtsermittlungs- bzw. Untersuchungsgrundsatz.

77

Das Gericht hat alle Tatsachen zu erforschen, die nach seiner Ansicht in Bezug auf den Verfahrensgegenstand entscheidungserheblich sind. Es ist damit dafür verantwortlich, dass die Entscheidung auf einem zutreffenden und vollständig aufgeklärten Sachverhalt beruht. Diese Aufklärungspflicht zwingt das Gericht aber nicht zu einer unbegrenzten Amtsermittlungstätigkeit und Beweisaufnahme. Liegt entsprechender Sachvortrag vor, ist der Sachverhalt in die Richtung, die hierdurch aufgezeigt wird, zu überprüfen. Zur Aufklärungspflicht gehört auch die Ermittlung von Tatsachen, die bisher von keinem Verfahrensbeteiligten in das Verfahren eingeführt worden sind, soweit sie für die Entscheidung über den gestellten Antrag von Bedeutung sind. Das Gericht kann von einer weiter gehenden Sachverhaltsaufklärung erst absehen, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen von einem der Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden sind, sie nicht wirksam bestritten werden und sich überdies keine Zweifel an ihrer Richtigkeit aufdrängen. Die gerichtliche Bewertung des Vorbringens in einem Beschlussverfahren als nicht ausreichender Vortrag ist nur zulässig, wenn das Gericht die betreffende Partei auf seine Einschätzung hingewiesen und zur Ergänzung des Vorbringens anhand konkreter richterlicher Fragestellungen aufgefordert hat  Die Beteiligten können dabei nur Tatsachen, nicht aber Tatbestandsmerkmale unstreitig stellen (zum ganzen Absatz BAG v. 03.07.2019 - 4 ABR 28/2., Rn . 30; BAG v. BAG v. 21.09.2016 - 10 ABR 33/15, Rn. 87).

78

iii. Nach den genannten Voraussetzungen war eine weitergehende Aufklärung nicht notwendig gewesen. Selbst unter Berücksichtigung der zuletzt durch den Betriebsrat bzw. den Betriebsratsvorsitzenden in vier Fällen konkretisierten Einwände gegen die Erlangung der Unterschriften und unter Abzug dieser vier Personen, ist das Quorum erreicht.

79

Soweit der Betriebsrat sich darauf beruft, dass das Gericht in Wege der Amtsermittlung seinen Einwand der Erschleichung der Urkunden bei jedem einzelnen Antragsteller zu erforschen hat, so überspannt er die Anforderung an die Amtsermittlung. Das Gericht ist nicht gehalten, jede ins Blaue hinein getätigte Behauptung nachzuverfolgen. Aus der Akte ergeben sich im Rahmen der urkundlichen Vorlage der Anträge im Original, dass die betreffenden Mitarbeiter die dort getätigten Aussagen getroffen und die Anträge gestellt haben. Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, auch seitens des Antragstellervertreters noch einmal bekräftigt, dass die Mitarbeiter von diesen Anträgen abrücken wollen. Sowohl die Echtheit der Unterschriften als auch die Arbeitnehmereigenschaft der Unterzeichnenden ist nicht bestritten worden und damit unstreitig. Soweit der Betriebsrat vortragen lässt, dass die Unterschriften unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen worden seien, hat er diesen Vortrag trotz Nachfrage des Gerichts lediglich mit Blick auf vier Personen versucht zu konkretisieren. Dabei ist zu beachten, dass er hinsichtlich der Konkretisierung vier Anschreiben zur Akte gereicht hat im Rahmen der Verhandlung vom 04.10.2019, wovon eine nicht unterzeichnet und auch nicht personalisiert werden kann. Selbst wenn diese vier Personen nicht berücksichtigt werden, ist das Quorum erreicht.

80

Der Betriebsrat selbst behauptet auch nicht, dass alle Unterschriften „erschlichen“ wurden. Vielmehr heißt es, dass „viele dieser vermeintlichen Antragsteller“ (vgl. Bl. 466 d.A.) gar nicht wüssten bzw. an anderer Stelle, dass den Antragstellern in „mannigfachen Fällen überhaupt nicht mitgeteilt“ (vgl. Bl. 466 d.A.) worden sei, was Gegenstand des Verfahrens sei. Es ist schon nicht klar, wie viele Personen gemeint sind. Bei rund 689 Arbeitnehmern wäre das Quorum des § 23 BetrVG bei 173 unterzeichnenden Arbeitnehmern erreicht. D.h. selbst wenn (246 – 173 =) 73 aus irgendwelchen Gründen ungültigen Unterschriften vorlägen, wäre das Quorum noch erreicht. Nach Auffassung der Kammer erfüllt die Zahl 73 auch die Begrifflichkeit „viel“ und „mannigfach“, so dass selbst dieser – unsubstantiierte und trotz Nachfrage nicht ergänzte – Vortrag als zugestanden unterstellt werden konnte.

81

Selbst unterstellt, der Vortrag des Betriebsrats wäre richtig und die unsubstantiierte Behauptung „viele“ und „mannigfach“ überstiege die Zahl 73, so bleiben die urkundlich zur Akte gereichten Anträge rechtlich wirksam. Der Betriebsrat trägt keine konkreten Tatsachen vor, in welcher Form welche Personen dazu gebracht wurden, eine Unterschrift zu leisten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Unterschriftsleistung unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen erfolgte, so dass eine Nichtigkeit der Erklärung nach § 138 BGB ausscheidet. Nach den Regelungen der §§ 119 ff.BGB angefochten wurden die Erklärungen aber ebenso wenig, so dass – unabhängig von der Frage, ob die Erklärungen als Prozesshandlung überhaupt angefochten werden können – von ihrem rechtlichen Bestand auszugehen ist. Eine Rücknahme der Anträge ist gegenüber dem Gericht ebenfalls nicht erklärt worden.

82

c. Am Verfahren waren neben der Belegschaft, dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat als Organ auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder zu beteiligen.

83

aa. Gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG sind in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller, dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern diejenigen Stellen anzuhören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder den anderen in der Norm genannten Gesetzen im einzelnen Fall beteiligt sind. Als Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle anzusehen, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtstellung unmittelbar betroffen ist (vgl. BAG vom 17.02.2010 – 7 ABR 89/08, Rn. 11).

84

bb. Nach den genannten Voraussetzungen sind sowohl der Arbeitgeber, als auch die Belegschaftsmitglieder als Antragsteller am Verfahren beteiligt. Vom Ausgang des Verfahrens unmittelbar betroffen ist aber auch der Betriebsrat als Gremium. Je nach Entscheidung des Gerichts ist das Betriebsratsgremium aufgelöst und das Gremium als Ganzes damit in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung elementar, nämlich in seiner Existenz betroffen. Entsprechend sind auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder selbst in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Position betroffen, da die Auflösung des Betriebsrats auch dazu führt, dass das Betriebsratsamt selbst erlischt. Mit Rechtskraft des Beschlusses hört der Betriebsrat kraft Gesetzes auf zu bestehen, seine Amtszeit endet. Die sich aus dem Betriebsratsamt ergebenden Mitgliedschaften und Rechte erlöschen (vgl. Thüsing, in Richardi BetrVG 16. Auflage 2018, § 23 Rn. 65; ErfK/Koch, 19. Auflage 2019, § 23 BetrVG, Rn. 15 jeweils m.w.N.).

85

d. Das Gericht konnte trotz Abwesenheit des Beteiligten C. entscheiden. In der Ladung zum Kammertermin vom 28.06.2019 (Bl. 246/247 d.A.) erteilte das Gericht unter anderem den Hinweis nach § 83 Abs. 4 ArbGG (vgl. Bl. 246 ff d.A.). Im Rahmen der Umladung zum Termin am 06.09.2019 wurde der Hinweis wiederholt (vgl. Bl. 364 d.A.). und in der Umladung auf den 04.10.2019 wurde darauf hingewiesen, dass die Anordnung und Hinweise in der früheren Ladung auch für den neuen Termin gelten (vgl. Bl. 406 d.A.). Damit hat die Kammer dem Anhörungserfordernis des § 83 ArbGG genügte getan, und den Beteiligten Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung gegeben. Auf die Folgen des Ausbleibens im Termin wurde im Rahmen der Ladung ebenfalls hingewiesen. Eine Entschuldigung bezüglich des Fehlens des Betriebsratsmitglieds C. wurde nicht gegeben.

86

2. Der Antrag ist begründet.  Der Beteiligte zu 2) hat seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt und ist deshalb gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzulösen.

87

a. Ein grober Verstoß des Betriebsrats gegen seine gesetzlichen Pflichten ist dann gegeben, wenn die Verletzung objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend ist. Dies kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere den betrieblichen Gegebenheiten und des Anlasses der Pflichtverletzung beurteilt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auflösung des Betriebsrates eine besonders einschneidende Sanktion ist. Dementsprechend ist ein grober Verstoß des Betriebsrats nur anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des Betriebsrats untragbar erscheint. Auf ein Verschulden des Betriebsrats kommt es insoweit nicht an (vgl. BAG vom 22.06.1993 – 1 ABR 92/92, Rn. 53). Darüber hinaus muss eine Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ vorliegen. Begehen einzelne oder alle Betriebsratsmitglieder parallel Pflichtverletzungen, die nicht auf einen gemeinsamen Beschluss des Betriebsrats als solchen beruhen, kommt nur ein Ausschlussverfahren, nicht die Auflösung des Betriebsrates in Betracht. Dabei kann eine grobe Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ auch gegeben sein, wenn der Betriebsrat gesetzwidriges Verhalten einzelner Mitglieder oder seiner Ausschüsse billigt oder unterstützt (vgl. Erk/Koch, § 23 BetrVG Rn. 12; LAG Schleswig-Holstein vom 03.12.2013 – 1 TaBV 11/13; vgl. zum ganzen Absatz LAG C.-Brandenburg vom 08.09.2016 – 5 TaBV 780/15, Rn. 39).
88
b.              Nach den genannten Voraussetzungen hat der Betriebsrat grob gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen, insbesondere dadurch, dass er die Zusammenarbeit mit dem Personalleiter B. verweigerte, in rechtsmissbräuchlicher Weise zahlreiche Verfahren einleitete, durch Aushänge diskreditierende falsche Tatsachen über den Arbeitgeber verbreitete und tatsächlich oder dies androhend an Dritte außerhalb des Betriebes stehenden Personen wandte und sich dabei teilweise auch Leitungsmacht anmaßte.  Unter Berücksichtigung dieser schwerwiegenden Pflichtverletzungen und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles ist dem Arbeitgeber die weitere Zusammenarbeit mit diesem Betriebsrat nicht zumutbar.

89

aa. § 2 Abs. 1 BetrVG bestimmt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit der im Betrieb vertretenden Gewerkschaften und den Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammenarbeiten sollen. Es handelt sich bei der Bestimmung um eine unmittelbar verpflichtende Rechtsnorm und nicht um einen reinen Programmsatz (vgl. BAG vom 21.02.1978 – 1 ABR 54/76, Rn. 81). Es konkretisiert insoweit für die Betriebsverfassung das Gebot von Treu und Glauben (vgl. BAG vom 21.04.1983, NJW 1984, 2309). Ohne die Interessengegensätze aufzuheben soll die Interessenwahrnehmung danach auf Grundlage des Prinzips der Legalität, der gegenseitigen Rücksichtnahme und der Ehrlichkeit und Offenheit verfolgt werden. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit begründet daher Verhaltens- und Nebenpflichten bei der Wahrnehmung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten. Hierbei besteht die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Loyalität (vgl. BAG vom 28.05.2014 – 7 ABR 36/12 Juris Rn. 35). Die Betriebsparteien müssen jeweils Interessen der anderen Betriebspartei berücksichtigen.

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bb. Gegen die vorgenannte Verpflichtung hat der Betriebsrat mehrfach massiv, d.h. grob im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verstoßen.

91

(1) Mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit gegenüber dem Personalleiter B. hat der Betriebsrat grob gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen.

92

i. Der Betriebsrat hat zunächst gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit dadurch verstoßen, dass er die Zusammenarbeit mit dem Personalleiter B. aufkündigte und selbst trotz entsprechender Intervention der Geschäftsleitung und einer entsprechenden Ermahnung dies über einen Zeitraum von gut 2 Monaten durch mehrere Schreiben und Beschlüsse bestätigen ließ. Unstreitig ist die Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter B. noch heute geltende Beschlusslage im Betriebsratsgremium. Die Aufnahme der Zusammenarbeit wurde auch nach Aussage des Betriebsrats lediglich rein faktisch wieder aufgenommen.

93

In der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter B. sieht die Kammer einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Nach Auffassung der Kammer ist es eine nicht in Zweifel zu ziehende Selbstverständlichkeit, dass der Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite für betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten vom Arbeitgeber bestimmt wird und nicht durch eine Blockadehaltung seitens Betriebsrat durchgesetzt werden darf. Soweit der Betriebsrat sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass es keine gesetzliche Regelung gäbe, dass sich der Betriebsrat (ausschließlich) an die vom Arbeitgeber benannten Personen zu wenden habe, kann die Kammer diese Argumentation schlicht nicht nachvollziehen. Nicht jede Selbstverständlichkeit bedarf einer gesetzlichen Niederlegung. Selbstverständlich ist dem Betriebsrat in diesem Zusammenhang Recht zu geben, dass der Personalleiter nicht ausschließlicher Ansprechpartner des Betriebsrates sein muss. Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist der für Personalangelegenheiten zuständige Mitarbeiter des Arbeitgebers jedoch der „geborene Ansprechpartner“ für den Betriebsrat. Dies gilt umso mehr, wenn wie vorliegend, der Arbeitgeber selbst mehrfach und nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Betriebsrat sich für betriebsverfassungsrechtliche Fragen an diesen zu wenden habe.

94

Soweit der Betriebsrat einwendet, man habe sich durch die Situation zu dieser Handlungsweise gezwungen gesehen, da man über 5 Monate versucht habe, seine Rechte gegenüber dem Personalleiter einzufordern, was dieser überwiegend ignoriert habe, so verfängt auch dieser Einwand nach Auffassung der Kammer nicht. Es ist schon für die Kammer in keiner Weise nachvollziehbar, welche konkreten Umstände der Betriebsrat denn hier annimmt, die durch den Personaleiter B. ignoriert worden seien. Er bietet hierfür hinreichenden, konkreten Beispiele. Zuletzt erst in der Sitzung vom 04.10.2019 überreichte er einige Unterlagen zur Akte, aus denen sich eine entsprechende Ignoranz in einigen Fällen ergeben soll. Selbst unterstellt, dass die in der Sitzung übergebenen Unterlagen in den benannten Einzelfällen ein Fehlverhalten des Personalleiters B. nachzuweisen in der Lage wären, rechtfertigt dies allein nicht die Aufkündigung der Arbeit mit dem Personalleiter insgesamt. Letztlich kommt es darauf aber entscheidend nach Auffassung der Kammer nicht an. Es ist nicht Sache des Betriebsrats, die Dinge „selbst in die Hand zu nehmen“ und durch Abbruch der Kontaktaufnahme mit dem Personalleiter B. Fakten zu schaffen. Soweit er sich in seinen Rechten missachtet fühlt oder Mitbestimmungsrechte nicht durchzusetzen in der Lage ist, ist der Betriebsrat gehalten, im Rahmen des Zulässigen und Angemessenen rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht Sache des Betriebsrats, durch rechtswidrige Blockadehaltungen seine Ziele durchzusetzen.

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Fehl geht auch die Rechtsauffassung des Betriebsrats, der Personalleiter B. habe sich selbst rechtswidrig dadurch verhalten, dass er seine Schreiben wie angekündigt, nicht lediglich an den Betriebsratsvorsitzenden, sondern an alle Betriebsratsmitglieder versendet habe, insbesondere Einladungen zu Gesprächen. Soweit der Betriebsrat sich in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG beruft, verkennt er deren rechtliche Bedeutung. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist der Vorsitzende des Betriebsrates zur Vertretung des Betriebsrats im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse betraut. Nach Satz 2 ist er zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, berechtigt. Die Norm regelt im Wesentlichen die Frage des Zugangs von Erklärungen des Arbeitgebers an den Betriebsrat. Soweit der Arbeitgeber eine Erklärung dem Betriebsratsvorsitzenden oder – im Fall von dessen Verhinderung – an dessen Stellvertreter übergibt, so gilt die Erklärung dem Betriebsrat als zugegangen. Wendet sich der Arbeitgeber hingegen an ein anderes Betriebsratsmitglied, so trägt er das Übertragungsrisiko, da das Betriebsratsmitglied insoweit nur ein Erklärungsbote des Arbeitgebers sein kann. Keinesfalls begründet aber § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine Informationsexklusivität des Betriebsratsvorsitzenden. Der Personalleiter B. hat dem Betriebsratsvorsitzenden gerade nicht von irgendwelchen Informationen ausgeschlossen oder die Arbeit mit ihm verweigert, sondern hat lediglich den Kreis der Empfänger der Erklärung des Arbeitgebers ausgeweitet, was angesichts der problematischen Situation innerhalb des Gremiums des Betriebsrates auch für die Kammer gut nachvollziehbar ist. Der Personalleiter B. hat sich damit weder über die innere Organisation des Betriebsrates hinweggesetzt, noch entsteht dadurch ein Kommunikations- oder Zusammenarbeitsboykott mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Dieser war in alle Informationen weiter integriert.

96

ii. Der Verstoß des Betriebsrates war auch grob im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG. Die Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens ist unmittelbar einsichtig. Es ist selbstverständlich nicht Aufgabe des Betriebsrats, den Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite zu bestimmen oder nach seinem Belieben oder nach seinen Wünschen auszutauschen. Genau mit diesem Anliegen hat er sich aber an den Arbeitgeber gewandt und seinem Ansinnen durch Blockade der Kommunikation mit dem Personalleiter Nachdruck verliehen.  Der Verstoß ist nicht nur offensichtlich, sondern auch nachhaltig. Der Betriebsrat wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Vorgehensweise rechtswidrig ist und hat gleichwohl sein Verhalten auch formal durch Anschreiben und einen bestätigenden Beschluss fortgesetzt. Die Untragbarkeit dieses Verhaltens wird noch dadurch unterstrichen, dass mit Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter einhergeht, dass der Betriebsrat in den fraglichen Sachverhalten der Zusammenarbeit sich an andere Personen gewandt hat. Er hat damit an der Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung des Betriebes vorbeiagiert und damit nicht nur den Personalleiter gegenüber einer (begrenzten) Betriebsöffentlichkeit diskreditiert –, sondern auch die angesprochenen Personen automatisch in einen Loyalitätskonflikt gestürzt. D.h., dass das Verhalten des Betriebsrats nicht nur in der bilateralen Beziehung zum Personalleiter Auswirkungen zeitigte, sondern Auswirkung auf das Beziehungsgefüge innerhalb des Betriebs hatte, da der Betriebsrat andere Personen in seine Verweigerung der Verhandlung mit dem Personalleiter automatisch hineingezwungen hat. Wenn der Betriebsrat sich schließlich darauf beruft, dass er nach rechtlicher Beratung die Blockadehaltung aufgegeben habe, hilft dies dem Betriebsrat nicht. Angesichts der Evidenz des Verstoßes verwundert vielmehr, dass der Betriebsrat für diese Erkenntnis Hilfe von Außen benötigte.

97

(2) Durch die rechtsmissbräuchliche Einleitung zahlreicher Beschlussverfahren hat der Betriebsrat ebenfalls massiv gegen seine gesetzliche Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen.

98

i.  Der Verstoß liegt dabei – soweit die Verfahren 3 TaBV 36/19 (LAG Düsseldorf vom 16.07.2019), 2 BV 21/19 (Arbeitsgericht Solingen vom 01.07.2019), 2 BV 36/19 (Arbeitsgericht Solingen vom 01.07.2019) und 2 BV 39/19 (Arbeitsgericht Solingen vom 01.07.2019) betroffen sind – sowohl in der der  Einleitung des Beschlussverfahrens vorrangehenden Verhaltensweise des Betriebsrates, die – soweit die Verfahren 3 TaBV 36/19, 2 BV 36/19 und 2 BV 39/19 betroffen sind, untechnisch gesprochen „erpresserisch“ war –  als auch in der Einleitung des kostenauslösenden Beschlussverfahrens selbst, die unter gravierender Missachtung des Gebots vorherigen Verhandlung (§ 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG) erfolgte.

99

(aa) Den Verfahren vor der zweiten Kammer des Arbeitsgerichts Solingen lag dabei eine jeweils gleichgerichtete Vorgehensweise des Betriebsrats zugrunde, wobei für die konkreten tatbestandlichen Feststellungen auch auf die in der Anlage beigefügten Beschlüsse verwiesen wird. Der Betriebsrat trug vor, er habe aufgrund divergierender Umstände den Arbeitgeber zur Aufnahme von Verhandlungen aufgefordert. Dabei richtete er jeweils Schreiben an den Arbeitgeber, in denen er seine Sicht der Dinge darlegte und den Arbeitgeber unter extrem kurzer Fristsetzung aufforderte, Verhandlungen aufzunehmen. Zudem forderte er den Arbeitgeber zumindest in den Verfahren 2 BV 36/19, 2 BV 39/19 und 3 TaBV 36/19 mit gleichlaufender Frist auf, eine Vergütungsvereinbarung zu unterzeichnen. Die jeweils fristgerechten Antworten des Arbeitgebers ließ der Betriebsrat unbeantwortet und leitetet die benannten Beschlussverfahren ein. Damit hat der Betriebsrat grob rechtsmissbräuchlich gehandelt.

100

Hinsichtlich der eingeleiteten Verfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle hat die 3. Kammer das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf und die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Solingen die Anträge des Betriebsrats daher richtigerweise alle als rechtsmissbräuchlich angesehen und zurückgewiesen. Im Einzelnen haben die Gerichte folgendes ausgeführt:

101

102

im Verfahren 3 TaBV 36/19:

103

„Die Anträge auf Einsetzung einer Einigungsstelle zum vorgenannten Thema sind allesamt unzulässig. Ihnen fehlt offensichtlich das Rechtsschutzbedürfnis.

104

a. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 100 ArbGG auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle fehlt grundsätzlich dann, wenn zuvor nicht der nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehene Versuch einer Einigung unternommen und Vorschläge für die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten gemacht worden sind. Das Arbeitsgericht kann mit einem Antrag nach § 100 ArbGG erst angerufen werden, wenn sich entweder die Gegenseite Verhandlungen über den Regelungsgegenstand ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen zwar stattgefunden haben, jedoch gescheitert sind (BAG vom 18.03.2015 - 7 ABR 4/13, juris, Rz. 17).

105

Die Anforderungen an die Feststellung des Scheiterns von Verhandlungen dürfen dabei nicht überspannt werden. Haben die Betriebspartner über die zu regelnde mitbestimmungspflichtige Angelegenheit ernsthaft miteinander verhandelt und hat dabei die eine Seite die Kernelemente ihrer künftigen Verhandlungsposition gegenüber der anderen Seite dargestellt, kann sie vom Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsversuchs ausgehen, wenn die andere Seite keine Verhandlungsbereitschaft zeigt (sei es dadurch, dass sie sich auf das Verhandlungsangebot verschweigt, oder sei es, dass sie Verhandlungen pauschal ablehnt), oder wenn zwar zügig und ernsthaft in Verhandlungen eingetreten wird, hiernach jedoch eine der Seiten nach ihrer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung Anlass zu der Annahme hat, dass die Verhandlungen nicht, zumindest nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen (vgl. Kliemt in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, Anhang "Das Einigungsstellenverfahren” Rn. 46a m.w.N.). Letztlich findet damit in den Fällen aufgenommener, dann aber von der antragstellenden Seite wegen Aussichtslosigkeit abgebrochener Verhandlungen allein noch eine Rechtsmissbrauchskontrolle bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses statt (so auch LAG Hamm vom 14.05.2014 - 7 TaBV 21/14, juris, Rz. 36 f.). Das dient dem gesetzlich an mehreren Stellen (§§ 76 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, 100 ArbGG) zum Ausdruck kommenden Bestreben, betriebliche Konflikte in Mitbestimmungsangelegenheiten einer zwar das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) beachtenden, aber auch möglichst zügigen Klärung zuzuführen. Anderenfalls hätte die verhandlungsunwillige Seite es durch geschicktes Taktieren in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (ebenso Kliemt in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, Anhang "Das Einigungsstellenverfahren“ Rn. 46a).

106

Zu weit geht allerdings die auch vom Arbeitsgericht in seiner Entscheidung übernommene Ansicht des LAG Niedersachsen, es gelte per se ein Grundsatz "Wer Verhandlungen für aussichtslos hält, kann die Einrichtung einer Einigungsstelle beantragen" (LAG Niedersachsen vom 25.10.2005 - 1 TaBV 48/05, juris, Rz. 20). Mit dieser Ansicht würden die gesetzlichen Vorgaben aus §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vollständig negiert. Das widerspricht sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Gesetzeszweck, mit der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es ohnehin nicht in Einklang zu bringen. Es kann auch unter dem Gesichtspunkt der bei jeder Rechtsausübung erforderlichen Rechtsmissbrauchskontrolle (siehe hierzu auch BAG vom 12.03.2019 - 1 ABR 42/17, juris, Rz. 42) nicht richtig sein, allein und ausschließlich den Willen einer Partei, direkt den Weg in die Einigungsstelle zu wählen, für die gerichtliche Einsetzung derselben bereits ausreichen zu lassen.

107

Vielmehr gilt in Zusammenfassung der vorstehenden Ausführungen:

108

- Immer muss zumindest die antragstellende Partei zuvor ernsthaft versucht haben, mit der Gegenseite in Verhandlungen zum Thema der Einigungsstelle einzutreten, wozu insbesondere gehört, eigene Vorstellungen zum Regelungsthema zu formulieren, über die dann überhaupt erst verhandelt werden könnte. Hiervon kann allein dann eine Ausnahme gemacht werden, falls die Gegenseite ausdrücklich oder konkludent erklärt hat, Verhandlungen abzulehnen.

109

- Wird die Aufnahme von Verhandlungen trotz vordergründig artikulierter Verhandlungsbereitschaft von einer Partei dann gleichwohl verzögert, kann die andere Partei direkt die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen. Hierbei gilt bereits der oben beschriebene Maßstab einer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung.

110

- Sind Verhandlungen begonnen worden, gelangt jedoch eine der Seiten nach ihrer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung zu der Annahme, dass die Verhandlungen nicht oder nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden, kann sie ebenfalls die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen.

111

b. In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Arbeitsgericht nicht in seiner Einschätzung zu folgen, das Verhalten des Antragstellers sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen und der Betriebsrat seiner Verhandlungsobliegenheit in noch ausreichender Art und Weise nachgekommen. Das Gegenteil ist der Fall.

112

Zunächst ist nämlich bereits festzustellen, dass der Antragsteller seiner Verhandlungsobliegenheit von vornherein überhaupt nicht nachgekommen ist. Den ernsthaften Versuch von Verhandlungen zum Regelungsthema hat es zu keiner Zeit gegeben. Denn Voraussetzung hierfür wäre mindestens gewesen, dass der Betriebsrat nicht nur einen mitbestimmungspflichtigen Regelungstatbestand als solchen benennt, sondern sein Initiativrecht auch in der Weise ausübt, dass er wenigstens grob umrissen mitteilt, was er zu regeln wünscht. Hierfür benötigt der Betriebsrat auch keinen externen juristischen Sachverständigen. Dieser ist allenfalls dann hinzuzuziehen, wenn juristische Regelungsfragen anstehen, die der Betriebsrat mit den ihm betriebsintern oder sonst zumutbar zur Verfügung stehenden oder angebotenen Mitteln und Erkenntnisquellen nicht sachgerecht klären kann (vgl. BAG vom 25.06.2014 - 7 ABR 70/12, juris, Rz. 21 ff.). Die hiervon zu trennende Frage, wozu überhaupt der Betriebsrat Regelungen wünscht und wie er sich solche bezogen auf die Erfordernisse im Betrieb grundsätzlich vorstellt, kann jeder Betriebsrat aus eigener Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse beantworten. Es kann und muss auch von juristischen Laien erwartet werden, dass sie sich überlegen, was sie überhaupt wollen. Dafür bedarf es keines juristischen Sachverstandes. Diesen benötigt man ggfs. später bei der Frage der Durchsetzbarkeit und Umsetzbarkeit der Ziele. Über die Ziele selbst muss aber zunächst der Betriebsrat sich Gedanken machen und nicht sein Anwalt.

113

Die Beteiligte zu 2.) hat sich auch keineswegs Verhandlungen zum Regelungsthema verweigert. Auf die Aufforderung vom 05.04.2019 hat sie vielmehr durch ihren Personalleiter mit E-Mail vom 09.04.2019 erklären lassen, dass es dem Betriebsrat freistünde, Vorschläge zum Regelungsthema zu unterbreiten. Damit hat sie sich Verhandlungen weder ausdrücklich noch konkludent verschlossen. Wogegen sie sich allerdings ausdrücklich zur Wehr gesetzt hat, war die Verknüpfung der - als solche wie bereits ausgeführt schon unzureichenden - Pauschalaufforderung zu Verhandlungen mit der Gegenzeichnung der Vergütungsvereinbarung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers.

114

Diese Reaktion der Beteiligten zu 2.) bewegt sich auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 25.06.2014 - 7 ABR 70/12, juris, Rz. 20), die es dem Arbeitgeber durchaus erlaubt, dem Verlangen des Betriebsrats nach einer Vereinbarung gemäߠ§ 80 Abs. 3 BetrVG zur Beauftragung eines Sachverständigen mit dem Angebot innerbetrieblichen Sachverstandes oder einer Begrenzung der Beauftragung des Sachverständigen und der mit ihr verbundenen Kosten entgegen zu treten. Kommt es hierauf zu keiner Einigung der Betriebsparteien, ist der Streit gerichtlich zu klären (BAG a.a.O.).

115

Indem der Antragsteller nun aber die Gegenzeichnung der Vergütungsvereinbarung unmittelbar mit der Frage des Scheiterns der - von ihm nicht einmal hinreichend eingeleiteten, geschweige denn überhaupt begonnenen - Verhandlungen und der gerichtlichen Einsetzung der Einigungsstelle verknüpft hat, handelte er grob rechtsmissbräuchlich. Denn anstatt Verhandlungen überhaupt erst einmal mit dem Arbeitgeber zum Regelungsthema aufzunehmen und seine Vorstellungen zu formulieren, hat der Betriebsrat von vornherein hiermit die rechtlich gesondert zu regelnde Streitfrage der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen verknüpft und darüber hinaus auch noch versucht, dem Arbeitgeber dessen Vergütungsvereinbarung zu diktieren. Nach dem Betriebsratsbeschluss vom 04.04.2019 hätte ja sogar die Erklärung der Beteiligten zu 2.), sie wolle verhandeln, sie akzeptiere auch die Hinzuziehung des Sachverständigen, nicht aber dessen Honorarforderung, unmittelbar zur Anrufung der Einigungsstelle geführt. Das zeigt recht deutlich auf, dass es dem Betriebsrat an dieser Stelle primär nicht etwa um den Gesundheitsschutz der von ihm vertretenen Belegschaft ging, denn zu diesem hat er nicht eine einzige inhaltliche Vorstellung dessen auch nur ansatzweise formuliert, was er zu regeln wünschte.

116

Im Vordergrund stand vielmehr die Zuziehung des Sachverständigen und die Gegenzeichnung seiner Vergütungsvereinbarung. Warum ein Arbeitgeber sich allerdings allein schon der Berechnung von Fahrtzeiten eines Rechtsanwalts von N. nach T. in Höhe von 150,- EUR pro Stunde unterwerfen soll, wenn in und um T. herum, nämlich im gesamten L.-E.er Ballungsraum und damit im Umkreis von nicht mehr als 50 km um T. herum eine Anzahl kompetenter und auf die Vertretung und Beratung von Betriebsräten spezialisierter Rechtsanwälte vorhanden ist, die wohl bundesweit ihresgleichen suchen dürfte, erschließt sich keineswegs. Die Auswahl solch ortsnaher Sachverständiger wäre im Hinblick auf die bei einer Entfernung von gut 200 km zwischen N. und T. bei dem vom Antragsteller gewünschten Sachverständigen für jede Hin- und Rückfahrt allein schon anfallenden Kosten von gut 600,- EUR (bei Annahme einer Fahrtzeit von zwei Stunden je Strecke) deutlich kostengünstiger. Solche Kostengesichtspunkte sind bei der Auswahl des Sachverständigen zu berücksichtigen, indem entweder ein ortsnaher Sachverständiger ausgewählt wird oder aber dessen Vergütung auf die eines ortsnahen Anwaltsbüros begrenzt wird, es sei denn, die Auswahl des auswärtigen Rechtsanwalts wäre mit einer besonderen Fachkunde zu begründen, die vor Ort nicht in gleicher Weise zu erlangen ist (vgl. hierzu generell GK-BetrVG/Weber, 11. Auflage, § 40 Rn. 127 m.w.N.). Unabhängig von der Frage der Angemessenheit der Honorarforderung von 300,- EUR pro Stunde für die eigentliche Sachverständigentätigkeit, die hier dahingestellt bleiben kann, bestanden und bestehen jedenfalls hinsichtlich der Fahrtzeitenvergütungsregelung der Vergütungsvereinbarung, wie sie zum Gegenstand der Forderung des Betriebsrats gemacht worden ist, erhebliche Zweifel an deren Berechtigung und damit Durchsetzbarkeit über § 80 Abs. 3 BetrVG. Allein deswegen hatte die Beteiligte zu 2.) schon guten Grund, sich ihr auch der Höhe nach zu widersetzen.

117

Das Verhalten des Betriebsrats hingegen, die Gegenzeichnung einer Vergütungsvereinbarung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen direkt und von vornherein mit der Frage der Anrufung der Einigungsstelle zu verknüpfen, missbraucht das ihm zustehende mitbestimmungsrechtliche Initiativrecht zur Erreichung offensichtlich zweckwidriger Ziele. Das ist das Gegenteil dessen, wozu das Gesetz ihn nach § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Sein rechtsmissbräuchliches Vorgehen führt dazu, dass seinem Antrag auf gerichtliche Einsetzung der Einigungsstelle das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.“

118

119

im Verfahren 2 BV 39/19:

120

„Es kann daher dahinstehen, ob der –wie von der Antragsgegnerin bestritten- ordnungsgemäße Betriebsratsbeschluss am 13.03.2019 überhaupt zustande gekommen ist. Grundsätzlich fehlt es für die Bildung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG am Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien in einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit nicht den nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen, sondern sofort die Einigungsstelle angerufen haben. Ein Rechtsschutzinteresse besteht nur, wenn der Antragsteller geltend macht, dass entweder die Gegenseite Verhandlungen über das Regelungsverlangen ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen gescheitert sind (BAG, Beschluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13). Vorliegend bestand für die Einleitung des Beschlussverfahrens auf Einsetzung einer Einigungsstelle kein Rechtsschutzbedürfnis. Weder sind die Parteien in Verhandlungen eingetreten, noch hat die Antragsgegnerin Verhandlungen abgelehnt, noch wurde überhaupt über die Besetzung einer möglichen Einigungsstelle kommuniziert. Der Betriebsrat hat bereits in seinem Beschluss vom 13.03.2019 die „Verhandlungen“ für gescheitert erklärt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in ihrem Antwortschreiben vom 14.03. keinesfalls Verhandlungen abgelehnt. Trotzdem hat der Betriebsrat unmittelbar die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle verlangt, ohne zuvor auch nur den Versuch unternommen zu haben, in weitere Verhandlungen inhaltlicher Natur mit dem Arbeitgeber einzutreten oder auch nur in Ansätzen die Bildung einer Einigungsstelle zu thematisieren. Die Bildung der Einigungsstelle und entsprechende personelle Besetzung ergibt sich lediglich aus dem Betriebsratsbeschluss selbst. Dass hierüber in irgendeiner Art und Weise mit der Antragsgegnerin gesprochen worden wäre, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Die Einleitung des Beschlussverfahrens nach § 100 ArbGG ist damit rechtsmissbräuchlich gewesen.“

121

122

im Verfahren 2 BV 21/19

123

„Der Antrag des Betriebsrats ist unzulässig, ihm fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Es kann daher dahinstehen, ob der –wie von der Antragsgegnerin bestritten- ordnungsgemäße Betriebsratsbeschluss am 14.03.2019 überhaupt zustande gekommen ist. Ebenso kann offen bleiben, ob das Mitbestimmungsrecht, welches im Rahmen einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG grundsätzlich unzweifelhaft dem Betriebsrat zusteht, ggf. bereits vollständig ausgeübt worden war. Entscheidend kommt es lediglich auf die Frage des hier fehlenden Rechtsschutzinteresses an. Dieses ergibt sich aus folgendem: Grundsätzlich fehlt es für die Bildung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG am Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien in einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit nicht den nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen, sondern sofort die Einigungsstelle angerufen haben. Ein Rechtsschutzinteresse besteht nur, wenn der Antragsteller geltend macht, dass entweder die Gegenseite Verhandlungen über das Regelungsverlangen ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen gescheitert sind (BAG, Beschluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13). Vorliegend bestand für die Einleitung des Beschlussverfahrens auf Einsetzung einer Einigungsstelle kein Rechtsschutzbedürfnis. Weder sind die Parteien in Verhandlungen eingetreten, noch hat die Antragsgegnerin Verhandlungen abgelehnt, noch wurde überhaupt über die Besetzung einer möglichen Einigungsstelle kommuniziert. Der Betriebsrat hat bereits in seinem Beschluss vom 14.03.2019 nicht nur das entsprechende Anschreiben an die Arbeitgeberseite formuliert, sondern gleichzeitig den Beschluss über die Besetzung einer möglichen Einigungsstelle gefasst. Auch wenn es dem Betriebsrat grundsätzlich nicht verwehrt ist, derartige „Vorratsbeschlüsse“ zu fassen, so zeigt sich in dieser Beschlussfassung bereits unterschwellig die Annahme des Betriebsrats, die Arbeitgeberin werde ohnehin in keinerlei Verhandlungen eintreten, was offenkundig nicht der Fall ist. Bereits das ebenfalls beschlossene Anschreiben an die Antragsgegnerin zeigt, dass der Betriebsrat von einer „nicht verlängerbaren Frist“ von insgesamt drei Tagen ausgegangen ist. Und zwar nicht nur im Hinblick auf die zu erklärende Verhandlungsbereitschaft, sondern auch im Hinblick auf die von dem Betriebsrat geforderten Informationen. Zwar mag die Anzeige einer grundsätzlichen Verhandlungsbereitschaft binnen drei Tagen realistischer Weise erfolgen, die Zurverfügungstellung von Informationen im Zusammenhang mit einer laufenden Betriebsänderung, wie hier einer Hallenerweiterung, verschiedener Umbaumaßnahmen etc., erscheint binnen drei Tagen allerdings eher unrealistisch. In dem Anschreiben ist daher das „Scheitern“ bereits angelegt, geradezu herausgefordert worden. Es ist offenkundig, dass der Betriebsrat lediglich formal dieses Schreiben abgesendet hat, um nach Verstreichen der Frist das vorliegende Verfahren einleiten zu können. Bereits deshalb fehlt es am Rechtsschutzinteresse. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in ihrem Antwortschreiben vom 18.03. keinesfalls Verhandlungen abgelehnt. Aus dem Schreiben ergibt sich zwar auch die von der Antragsgegnerin im Rahmen dieses Verfahrens dargelegte Rechtsauffassung, wonach es keiner neuen Interessenausgleichsverhandlungen bedarf. Allerdings hat die Antragsgegnerin ausdrücklich auf Ziffer 7.2 des damaligen Interessenausgleichs hingewiesen, worin geregelt ist, dass sich beide Parteien bemühen, soweit zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht alle Maßnahmen beendet sind, die Umsetzung der Maßnahmen zu beschleunigen und zeitnah abzuschließen. Des Weiteren hat die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass es lediglich zu zeitlichen Verzögerungen gekommen sei und hierüber im Rahmen des Monatsgespräches unterrichtet werden würde, welches am 21.03.2019 geplant war, also drei Tage nach dem von dem Betriebsrat gesetzten Fristablauf. Schließlich hat die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit den gewünschten Sozialplanverhandlungen Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Nichts desto trotz hat der Betriebsrat unter dem 12.04.2019 unmittelbar die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle verlangt, ohne zuvor auch nur den Versuch unternommen zu haben, in weitere Verhandlungen inhaltlicher Natur mit dem Arbeitgeber einzutreten oder auch nur in Ansätzen die Bildung einer Einigungsstelle zu thematisieren. Die Bildung der Einigungsstelle und entsprechende personelle Besetzung ergibt sich lediglich aus dem Betriebsratsbeschluss selbst. Dass hierüber in irgendeiner Art und Weise mit der Antragsgegnerin gesprochen worden wäre, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Die Einleitung des Beschlussverfahrens nach § 100 ArbGG ist damit rechtsmissbräuchlich gewesen.“

124

125

im Verfahren 2 BV 36/19:

126

„Der Antrag des Betriebsrats auf Einrichtung der Einigungsstelle ist unzulässig, ihm fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

127

Es kann daher dahinstehen, ob der –wie von der Antragsgegnerin bestritten- ordnungsgemäße Betriebsratsbeschluss am 13.03.2019 überhaupt zustande gekommen ist. Grundsätzlich fehlt es für die Bildung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG am Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien in einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit nicht den nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen, sondern sofort die Einigungsstelle angerufen haben. Ein Rechtsschutzinteresse besteht nur, wenn der Antragsteller geltend macht, dass entweder die Gegenseite Verhandlungen über das Regelungsverlangen ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen gescheitert sind (BAG, Beschluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13). Vorliegend bestand für die Einleitung des Beschlussverfahrens auf Einsetzung einer Einigungsstelle kein Rechtsschutzbedürfnis. Weder sind die Parteien in Verhandlungen eingetreten, noch hat die Antragsgegnerin Verhandlungen abgelehnt, noch wurde überhaupt über die Besetzung einer möglichen Einigungsstelle kommuniziert. Der Betriebsrat hat bereits in seinem Beschluss vom 13.03.2019 die „Verhandlungen“ für gescheitert erklärt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in ihrem Antwortschreiben vom 14.03. keinesfalls Verhandlungen abgelehnt. Der Betriebsrat hat unmittelbar die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle verlangt, ohne zuvor auch nur den Versuch unternommen zu haben, in weitere Verhandlungen inhaltlicher Natur mit dem Arbeitgeber einzutreten oder auch nur in Ansätzen die Bildung einer Einigungsstelle zu thematisieren. Die Bildung der Einigungsstelle und entsprechende personelle Besetzung ergibt sich lediglich aus dem Betriebsratsbeschluss selbst. Dass hierüber in irgendeiner Art und Weise mit der Antragsgegnerin gesprochen worden wäre, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Die Einleitung des Beschlussverfahrens nach § 100 ArbGG ist damit rechtsmissbräuchlich gewesen. Im Übrigen erschließt sich nicht, weshalb der Prozessbevollmächtigte bereits am 10.05.2019 eine E-Mail versendet, wenn der dazugehörige Beschluss des Betriebsrats erst 3 Tage später gefällt wird.“

128

Diesen Rechtsausführungen schließt sich die Kammer uneingeschränkt an. In allen dargestellten Fällen hat der Betriebsrat grob seine Pflichten verletzt. In allen Verfahren ist er seiner Verhandlungsobliegenheit gar nicht nachgekommen, sondern hat bereits die – behaupteten – Beschlüsse und Anschreiben an den Arbeitgeber so ausgerichtet, dass Verhandlungen gerade nicht zustande kommen sollten. Indem er – abgesehen von Schlagwörtern – nicht einmal grob umrissen hat, was er überhaupt regeln möchte, kann man seine Anschreiben kaum als Einleitung von Verhandlungen verstehen. Dieses Verständnis wird noch dadurch gestützt, dass der Betriebsrat jeweils nicht nachvollziehbar kurze Fristen zur Beantwortung setzt und endgültig entlarvt sich der Betriebsrat, wenn er ohne Reaktion auf die Bereitschaft signalisierenden, fristgerechten Antworten des Arbeitgebers die gerichtlichen Verfahren gleichwohl einleitet. Gänzlich den Boden des Betriebsverfassungsrecht verlässt der Betriebsrat schließlich dadurch, dass er darüber hinaus noch Gegenzeichnung einer Vergütungsvereinbarung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen direkt und von vornherein mit seinem Begehren in der – nicht konkretisierten, nicht einmal grob umrissenen – Sache verknüpft. Dass das entsprechende Anschreiben zur Vergütungsvereinbarung der Prozessbevollmächtigten den Arbeitgeber dabei noch vor der diesbezüglichen Beschlussfassung des Betriebsrats zu den zu verhandelnden Themen erreicht, passt ins Bild.

129

ii. Soweit das Verfahren 1 BV 23/19 vor dem Arbeitsgericht Solingen betroffen ist, liegt ein weitergehender gravierender Verstoß gegen Rücksichtnahmepflichten vor.

130

Dieses Verfahren vor dem Arbeitsgericht Solingen mit dem Antrag des Betriebsrat, die „installierte und in Betrieb genommene Kamera außer Betrieb zu nehmen und zu deinstallieren“ leitete der Betriebsrat auf Zuruf eines Mitarbeiters, sozusagen vom Hörensagen ein. Die vermeintlich schon installierte Kamera war tatsächlich weder gekauft, geschweige denn installiert noch in Betrieb genommen worden. Der Betriebsrat hat vor Einleitung des Verfahrens weder beim Arbeitgeber nachgefragt, noch hat er nötig gehalten, kurz nachzusehen, wo die vermeintlich installierte Kamera denn ist. Diese Vorgehensweise ist für die Kammer eine schlichte Unglaublichkeit. Dass der Betriebsrat auf Zuruf eines Mitarbeiters einen entsprechenden Beschluss fasst, eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt und diese Kanzlei selbst – offenbar dann auch ohne weitere eigene Nachfrage beim Betriebsrat oder dem Arbeitgeber – unmittelbar ein Beschlussverfahren einleitet, welches Resourcen sowohl beim Arbeitgeber, als auch beim Betriebsrat bindet, ist schlicht nicht anders zu erklären als mit reiner Obstruktion.

131

Hinzu kommt der Umstand, dass die im Antrag aufgestellte Tatsachenbehauptung falsch ist, „ins Blaue hinein“ erfolgte und an die Grenze des bewusst falschen – weil nicht überprüften – Prozessvortrages zumindest nahe heranreicht. Zwar ist ein Prozessvortrag „ins blaue Hinein“ nicht zwingend prozessual unzulässig. Hier wäre es dem Betriebsrat aber ein Leichtes gewesen, sich die vermeintlich installierte Kamera zeigen zu lassen. Er hat hier also Tatsachen behauptet, die er hätte besser wissen können und müssen. Daher ist ein diesbezüglicher Vortrag „ins Blaue hinein“ deutlich schärfer zu beurteilen als die klassischen Konstellationen, in denen einer Prozesspartei eine eigene Erkenntnismöglichkeit verwehrt ist und sie sich (über ein Bestreiten mit Nichtwissen hinaus) auf einen wahrscheinlichen Vortrag „ins Blaue hinein“ stützt.

132

(3) Weiter hat der Betriebsrat in erheblichen Maße gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit und seine Loyalitätspflichten in seiner durch § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG niedergelegten Konkretisierung verstoßen, als er mit seinem Aushang vom 26.11.2018 wahrheitswidrige Äußerungen über den Arbeitgeber per Aushang in die Belegschaft gegeben hat.

133

i. Nach § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Frieden des Betriebs beeinträchtigt werden. Der Begriff Betriebsfrieden beschreibt das friedliche, störungsfreie Zusammenleben und Zusammenwirken von Arbeitnehmern, Betriebsrat und Arbeitgeber auf der Grundlage vertrauensvoller Zusammenarbeit. Daraus ergibt sich aber nicht ein Verbot, um des lieben Friedens willen auf jeglichen Streit zu verzichten. Der Arbeitgeber kann ebenso wie der Betriebsrat bzw. die Betriebsratsmitglieder die Rechte aus dem Betriebsverfassungsrecht wahrnehmen und ggf. auch gerichtlich durchsetzen. Das Betriebsverfassungsgesetz geht davon aus, dass es aufgrund der unterschiedlichen Interessen von Arbeitgeber und Belegschaft durchaus zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommen kann (z. B. § 74 Abs. 1 Satz 2, § 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Der Betriebsfriede ist erst beeinträchtigt, wenn Arbeitgeber oder Betriebsrat nicht ihre gegenseitigen Rechte und Befugnisse anerkennen. Ebenso kann es den Betriebsfrieden beeinträchtigen, wenn die Betriebspartner nicht die zur Lösung von Interessenkonflikten vorgesehenen Verfahren und Wege einhalten  oder in einer Weise miteinander umgehen, die trotz Anerkennung bestehender Interessengegensätze schlechterdings nicht mit dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) vereinbar ist. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist Maßstab dafür, wie die Betriebsparteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen der anderen Betriebspartei Rücksicht nehmen […]. Die Verbreitung von wahrheitswidrigen und ehrverletzenden Behauptungen über den anderen Betriebspartner kann den Betriebsfrieden ebenso beeinträchtigen wie die zielgerichtete Einbindung von Dritten, z. B. Kunden, in den Konflikt oder der Öffentlichkeit. Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich berechtigt, die Belegschaft über betriebliche Vorgänge zu unterrichten. Das gilt auch für Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen. Die Betriebspartner dürfen sich im Rahmen der Meinungsfreiheit (vgl. Art. 5 Abs. 1 GG), die wiederum ihre Schranke in den allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre findet, auch kritisch äußern. Das allein beeinträchtigt noch nicht das störungsfreie Zusammenleben und Zusammenwirken im Betrieb. Der Betriebsfrieden ist erst dann gefährdet, wenn bewusst falsche oder aus dem Zusammenhang gerissene Tatsachen verbreitet werden, um den anderen Betriebspartner in Misskredit zu bringen und verächtlich zu machen. Das gilt für Äußerungen, bei denen nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung von Personen im Vordergrund steht. Sofern diese Grenzen gewahrt sind, ist es im Rahmen der Meinungsfreiheit durchaus gestattet, Meinungsverschiedenheiten betriebsöffentlich mit "härteren Bandagen“ auszutragen (LAG MeckPom v. 5 TaBV 11/15, juris Rn. 163 ff. mit. Zahlr. Nachw.).

134

ii. Die durch §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gesetzte Grenze hat der Betriebsrat eklatant überschritten und damit seine Pflichten erneut grob verletzt.

135

Die Kammer beschränkt sich bei der Beurteilung dieses Aushangs auf die unstreitig falsche Angabe des Betriebsrats im Aushang vom 26.11.2018, dass es bezüglich der Änderung des Schichtsystems bisher zu keinen Einladungen seitens des Arbeitgebers gekommen sei. Der Betriebsratsvorsitzende hat noch in der Anhörung vom 04.10.2019 bestätigt, dass es Einladungen bezüglich der Verhandlung zu dieser Frage gegeben hat zum 16.11.2018 und zum 05.11.2018. Im Aushang vom 26.11.2018 steht hingegen eindeutig, dass der Betriebsrat bisher „keine Einladung für Zusammenarbeit hinsichtlich Kündigung BV (wie 4 ½ Schichtsystem)“ erhalten habe. Dies ist insbesondere deshalb bedeutsam, da der Betriebsrat selbst die Wichtigkeit dieser Verhandlung hervorhebt und darauf abstellt, dass das gesamte hiesige Verfahren zur Auflösung des Betriebsrats darauf beruhe, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Verhandlung genau zu diesem Thema nicht weiterkomme. Offensichtlich ist daher die Frage des Schichtsystems für alle Beteiligten (Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat) ein hochwichtiges und relevantes Thema. Entsprechend schwer wiegt dann die Falschbehauptung, dass der Arbeitgeber diesbezüglich keinerlei Einladungen gegenüber dem Betriebsrat ausgesprochen habe. Gegenüber der Belegschaft wird damit zum Ausdruck gebracht, der Arbeitgeber lasse die Angelegenheit laufen und wolle sich gerade nicht mit dem Betriebsrat verständigen.

136

Im Aushang wird die Falschbehauptung zur Nichteinladung zudem in den Gesamtzusammenhang der aus der Sicht des Betriebsrats weiteren rechtswidrigen Handlungen des Arbeitgebers (welche?) gestellt. Der Betriebsrat erklärt im vorherigen Absatz selbst, dass die Werksleitung mehrfach rechtswidrig gehandelt habe und benennt dazu einige Beispiele, um dann den nächsten Absatz einzuleiten mit den Worten: Wir möchten Euch „auch“ (!) darauf aufmerksam macht, dass bisher keine Einladung für eine Zusammenarbeit hinsichtlich der Lösung der Kündigung der Betriebsvereinbarung von der Werksleitung erhalten wurde. Der Betriebsrat selbst stellt also die Nichteinladung zur Verhandlung über die Betriebsvereinbarung in den Kontext weiterer rechtswidriger Handlungen des Arbeitgebers.

137

Der Aushang entpuppt sich an dieser Stelle als eine offensichtliche Lüge und überschreitet damit selbst unter Anlegung rustikalster Maßstäbe die Grenze der noch zulässigen kontroversen Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Betriebsrat macht hier Stimmung gegen den Arbeitgeber indem er eine falsche Tatsache in die Belegschaft trägt, zudem zu einem Thema, dass auch der Betriebsrat als höchst gewichtig eingestuft hat. Damit hat der Betriebsrat die Ebene der Sachauseinandersetzung auch unter Berücksichtigung seines Rechts aus Art. 5 GG und der Wahrung berechtigter Interessen verlassen.

138

(4) Darüber hinaus hat der Betriebsrat in erheblichen Maße gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit und seine Loyalitätspflichten in seiner durch § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG niedergelegten Konkretisierung verstoßen, als er
mit Beschluss vom 22.11.2018 ankündigte die Presse und Öffentlichkeit einzuschalten.

139

i. Hinsichtlich der Voraussetzungen der verletzten Norm wird auf die Ausführungen soeben unter (3) i. verwiesen und nur wiederholend darauf hingewiesen, dass die zielgerichtete Einbindung von Dritten, z. B. Kunden in den Konflikt einen Verstoß darstellen können.

140

ii. Der Beschluss vom 22.11.2018 (Bl. 145 ff d.A.), an die Öffentlichkeit zu gehen und die Presse einzuschalten bezüglich Urlaubsgeld, Betriebsratsbehinderung, Stören des Betriebsfriedens und Nichtzahlung der Löhne, stellt einen erheblichen Verstoß gegen die vorgenannten Pflichten dar, der weder durch die Erläuterungen des Betriebsrats in der Anhörung vom 04.10.2019, noch durch den Umstand, dass der Beschluss laut Aussage des Betriebsrats nicht ausgeführt worden sei, die Grenze der groben Pflichtwidrigkeit unterschreitet.

141

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte der Bevollmächtigte des Betriebsrats hierzu, Hintergrund des Beschlusses seien die gerichtsbekannten Verfahren zum Urlaubsgeld gewesen, in denen sich der Arbeitgeber auf Verfall berufen habe. Diese Begründung rechtfertigt den gefassten Beschluss nicht. Die diesbezüglichen Verfahren wurden, soweit ersichtlich, alle von den Arbeitnehmern verloren, da die Arbeitgeberseite sich rechtmäßigerweise auf die  Verfalls- und Ausschlussfristen des Tarifvertrages berufen konnte. Die Begründung des Betriebsrates in der Anhörung zu der Beschlussfassung trägt zudem nicht die weitergehenden Ankündigungen in dem Beschluss, dass man wegen Störung des Betriebsfriedens, Nichtzahlung der Löhne etc. an die Öffentlichkeit gehen wollte. Aus Sicht der Kammer stellt der Beschluss an sich einen groben Verstoß gegen die Loyalitätspflichten des Betriebsrats dar. Ohne konkrete Anhaltspunkte – solche wurden jedenfalls im Rahmen des Verfahrens nicht vorgetragen – gibt der Betriebsrat diesen Beschluss dem Arbeitgeber bekannt und stellt damit in Aussicht, den Ruf und das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit zu gefährden. Jedenfalls mit Blick auf die konkret aufgeführten Urlaubsgelder hat der Arbeitgeber sich in rechtlicher Hinsicht aber nichts zu schulden kommen lassen. Dies ist auch seitens des Betriebsrats nicht vorgetragen. Insoweit kann der Beschluss nur dahingehend zu verstehen sein, dass man jenseits der Rechtmäßigkeit der behaupteten eigenen Ansprüche schlicht versucht, faktisch auf den Arbeitgeber einzuwirken und ihn mit einer derartigen Beschlussfassung und der darin angekündigten Vorgehensweise droht. Der Betriebsrat spielt also offensichtlich mit dem Image des Unternehmens und hofft dadurch, ihm – bzw. den Mitarbeitern – in rechtlicher Form nicht zustehende Gelder doch noch vom Arbeitgeber zu erwirken.

142

Dass der Beschluss letztlich nicht durchgeführt wurde, führt nicht dazu, dass dieser Verstoß nivelliert wurde. Allein die Beschlussfassung und deren Bekanntmachung gegenüber dem Arbeitgeber hat die Drucksituation beim Arbeitgeber hervorgerufen und hätte ihn zu entsprechenden Handlungen veranlassen können. Schon darin liegt ein Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit, da der Betriebsrat zu Mitteln greift, die ihm nicht zustehen. Ähnlich wie bei der faktischen Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter versucht der Betriebsrat auch hier, Tatsachen zu schaffen, um Druck in Verhandlungssituationen zu bekommen. Er ist dabei offenbar auch bereit, die Grenzen des Betriebs zu überschreiten und nach außen zu treten.

143

(5) Schließlich hat der Betriebsrat in erheblicher Weise gegen seine Loyalitätspflichten verstoßen, indem er sich unmittelbar an die Personaldienstleister des Arbeitgebers wendet und um Informationen über die über die bei ihm eingesetzten Arbeitnehmer bittet bzw. diese einfordert. Neben einem Verstoß gegen die Regelungen der §§ 2, 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG hat er sich damit ihm nicht zustehende Leitungsmacht angemaßt (vgl. § 77 Abs. 1 BetrVG).

144

i. Hinsichtlich der Voraussetzungen der verletzten Norm wird auf die Ausführungen soeben unter (3) i. verwiesen und nur wiederholend darauf hingewiesen, dass die zielgerichtete Einbindung von Dritten, z. B. Kunden in den Konflikt einen Verstoß darstellen können.

145

ii. Nach den genannten Voraussetzungen liegt in doppelter Weise ein grober Verstoß des Betriebsrats vor.

146

Durch die Informationsanfrage tritt der Betriebsrat „aus dem Betrieb heraus“ und agiert zudem als Unternehmer gegenüber den Personaldienstleistern. Damit überschreitet er seinen Kompetenz- und Wirkungsbereich. Er ist nicht die Person, die mit Dritten außerhalb des Unternehmens zum Zwecke der Personalgestellung in Kontakt tritt. Dadurch, dass er die Einforderung der Unterlagen bezüglich der eingesetzten Mitarbeiter beim Personaldienstleister einfordert und zugleich darauf hinweist, dass zukünftig Einstellungen nur mit seiner Zustimmung erfolgen werden, geht dies über einen Hinweis auf sein Mitbestimmungsrecht weit hinaus. Denn dieses Mitbestimmungsrecht steht dem Betriebsrat selbstverständlich nicht gegenüber dem Personaldienstleister zu, sondern gegenüber dem Arbeitgeber. Wenn er nun seine Mitbestimmungsrechte so prononciert gegenüber dem Personaldienstleister in Verbindung mit dem Anfordern von Informationen anspricht, muss dem Empfängers dieser Erklärung klar werden, dass der Betriebsrat mit entscheidet über den Erfolg des Personaldienstleisters beim Arbeitgeber. Nur wenn der Betriebsrat zustimmt, ist der Personaldienstleister in der Lage, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer dem hiesigen Arbeitgeber zu überlassen. Dadurch entsteht auf Seiten des Personaldienstleisters eine Situation, die ihn in einen Loyalitätskonflikt zu seinem Kunden (dem Arbeitgeber) bringt. Zugleich trägt der Betriebsrat damit einen Konflikt mit dem Arbeitgeber an Dritte, in dem er das von ihm behauptete, durch den Arbeitgeber verursachte Informationsdefizit dort zu beheben versucht.

147

(6) Unter Zugrundelegung der unter (3) bis (5) festgestellten schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Betriebsrats hinsichtlich seiner Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und dem Betrieb konnte die Kammer auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung des Einzelfalls nur zu dem Schluss kommen, dass eine weitere Zusammenarbeit des Arbeitgebers mit diesem Betriebsrat nicht weiter zumutbar ist.

148

i. Die Kammer stützt ihre Entscheidung dabei allein auf die dargelegten in tatsächlicher Hinsicht unstreitigen Vorwürfe und hat auch nur solche Vorwürfe berücksichtigt, die sich gegen das Betriebsratsgremium als solches richten. D.h. es hat in seine Abwägung die Vorwürfe einbezogen, denen ein entsprechender Betriebsratsbeschluss zugrunde lag, bzw. in denen der Betriebsrat nach außen als solcher aufgetreten ist. Soweit von den Antragstellern vorgetragene Pflichtverletzungen sich nicht eindeutig dem Gremium zuordnen ließen, sondern ggfls. nur dem Betriebsratsvorsitzenden oder anderen Betriebsratsmitgliedern haben diese behaupteten Pflichtverletzungen keinen Eingang in die Bewertung der Kammer gefunden. Nicht ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat die Kammer auch den weitergehenden Vortrag der Arbeitgeberin bzw. der Belegschaft aus dem Schriftsatz vom 02.10.2019.

149

ii. Im Rahmen der Interessenabwägung hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass der Betriebsrat nicht nur einmal – was grundsätzlich ausreichend für eine Auflösung wäre -, sondern mehrfach grob seine Pflichten verletzt hat. Auch die einzelnen Pflichtverletzung selbst waren erheblich und haben jede für sich deutlich die Schwelle des § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG überschritten. Selbst unter Berücksichtigung der Einwände des Betriebsrats, einzelne der Verhaltensweisen seien – bspw. durch die behauptete aber kaum konkretisierte - Verhaltensweise des Personalleiters B. provoziert worden, bzw. die Verhaltensweisen seien nach rechtlicher Belehrung durch den Anwalt oder spätestens nach Belehrung durch das Gericht eingestellt worden, kann dies die Gewichtigkeit der Verstöße nur marginal mindern. Wie dargelegt, handelt es sich – sei es bei der Beschlussfassung zur Einstellung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter oder der Einleitung von Beschlussverfahren ohne vorherigen Versuch einer gütlichen Einigung – um evidente Rechtsverstöße im Kernbereich des betriebsverfassungsrechtlichen Miteinanders. Durch seine Verhaltensweise hat der Betriebsrat mehrfach, nachhaltig und deutlich gezeigt, dass er zur Durchsetzung seiner Interessen bereit ist, den Boden des rechtlich gebotenen Miteinanders zu verlassen und in jeder Hinsicht tatsächlich und rechtlich Grenzen zu überschreiten. Er kappt die Kommunikation mit dem Personalleiter und fordert einen anderen Ansprechpartner, er leitete Rechtsstreitigkeiten ein ohne Anlass („installierte“ Kamera) bzw. ohne vorher in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu treten und er zeigt sich bereit, Konflikte über die Grenzen des Betriebs nach außen zu tragen. Abstand nimmt er davon erst, wenn er durch – ehemalige – Rechtsbeistände oder das Gericht wieder eingehegt wird.

150

iii. Die Kammer sieht ihre Interessenabwägung unter vorstehendem Punkt ii. als abschließend an. Schon aus den dort geschilderten Umständen war die Interessenabwägung zu Lasten des Betriebsrats und zum Wohle des Betriebs wie tenoriert zu fällen. Unabhängig von den Erwägungen zu ii. muss die Interessenabwägung aber erst Recht zu Lasten des Betriebsrats ausfallen, wenn folgende Aspekte in die Betrachtung einbezogen werden.

151

Da die Auflösung des Betriebsrats dann als begründet anzusehen ist, wenn die weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist, ist zu berücksichtigen, dass im Betriebsrat unstreitig rivalisierende Gruppen bestehen. Dies ist für sich genommen noch kein Aspekt, der zwingend eine Interessenabwägung beeinflussen kann, jedoch war unstreitig, dass die Betriebsratsmitglieder bewusst versuchen, die Unwirksamkeit von Beschlüssen herbeizuführen, was – gerichtsbekannt – bspw. zu einer dauernden Wiederholung bzw. Genehmigung der Betriebsratsbeschlüsse in den Folgesitzungen führt. Aus Sicht der außenstehenden Belegschaft bzw. des Arbeitgebers muss dieser Aspekt dann aber im Rahmen einer Interessenabwägung eine Rolle spielen, insoweit als die letztgenannten Akteure ohne eigene Einflussmöglichkeit immer mit der Unsicherheit gegenüber dem Betriebsrat agieren müssen, dass dieser unwirksame Beschlüsse fasst. Weiter ist zu bedenken, dass zwar die Antragstellung zur Auflösung des Betriebsrats an sich nicht ein eigenständiges Bewertungskriterium innerhalb der Interessenabwägung darstellen kann. Anders verhält es sich aber, wenn die Anträge kumulativ „von zwei Seiten“ gestellt werden. In der Kumulation der Anträge ist ein Gesichtspunkt zu sehen, der ebenfalls die Interessenabwägung zugunsten der hier getroffenen Entscheidung ausschlagen lässt. Schließlich kann man sich auch der Erkenntnis nicht verschließen, dass – ohne im Einzelnen feststellen zu wollen wer für welches Verfahren verantwortlich ist – die Zusammenarbeit der Betriebsparteien massiv gestört ist, wenn in knapp einem Jahr rund 60 betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten anhägig gemacht werden.
152

III.

153

Da er Hauptantrag bereits wie beantragt durch die Kammer entschieden wurde, ist ihr der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung angefallen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

154

Gegen diesen Beschluss kann von dem Betriebsrat und jedem einzelnen Betriebsratsmitglied Beschwerde eingelegt werden.

155

Für die Antragstellerseite ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.

156

Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

157

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

158

Ludwig-Erhard-Allee 21

159

40227 Düsseldorf

160

Fax: 0211 7770-2199

161

eingegangen sein.

162

Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

163

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

164

Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

165

166

1. Rechtsanwälte,

167

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

168

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

169

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

170

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.