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· Urlaubsrecht

Elternzeit: Arbeitgeber darf Urlaub um ein Zwölftel pro Monat kürzen

Bild: © New Africa - stock.adobe.com

| Zwar besteht auch in der Elternzeit gesetzlicher Urlaubsanspruch nach den § 1 und § 3 Abs. 1 BUrlG. Der Arbeitgeber kann den Urlaub in dieser Zeit jedoch jederzeit kürzen. Dafür gibt es den § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG ‒ und der steht im Einklang mit dem Unionsrecht, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt klargestellt (BAG, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 362/18. |

 

Um diesen Kürzungs-Paragraphen drehte sich die Auseinandersetzung:

 

  • Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz BEEG

§ 17 Abs.1 Satz 1 BEEG

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.

 

Der Fall

Die Klägerin war seit 1. Juni 2001 als Assistenz der Geschäftsleitung tätig. Vom 01.01.2013 bis 15.12.2015 war sie in Elternzeit. Am 23.03.2016 kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30.06.2016. Unter Einbeziehung der Urlaubsansprüche während der Elternzeit verlangte sie ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist Ihren Urlaub abzubauen. Der Arbeitgeber gewährte nur Urlaub vom 04.04. bis 02.05.2016. Einen Urlaubsanspruch des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte er ab. Mit der Klage wollte die Angestellte 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus ihrer Elternzeit geltend machen.

Entscheidung

Schon die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision vor dem Bundesarbeitsgerichts hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt.

 

Beachten Sie | Wenn Sie von Ihrem Recht der Urlaubskürzung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG Gebrauch machen wollen, müssen Sie eine schriftliche Erklärung dazu abgeben. Es genügt, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass Sie von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen wollen. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.

 

Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Das Unionsrecht verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (EuGH vom 04.10.2018, Az. C-12/17 [Dicu] Rn. 29 ff.).

 

Einordnung zum Urteil

In jedem Urlaubsjahr entsteht neuer Urlaub unabhängig davon, ob tatsächlich gearbeitet wird. Insofern müssen Sie immer aktiv werden, wenn das Arbeitsverhältnis ruht. Beachten Sie in diesem Zusammenhang auch die weiteren Regelungen des § 17 BEEG.

 

  • Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz BEEG
  • § 17 Abs. 3 BEEG

Urlaubsreste des Elternzeiters, die grundsätzlich nur bis zum 31. März des Folgejahrs übertragbar sind (§ 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG), muss der Arbeitgeber bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr noch gewähren.

  • § 17 Abs. 3 BEEG

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während oder im Anschluss an die Elternzeit muss der Arbeitgeber noch nicht gewährten Urlaub abgelten.

  • § 17 Abs. 4 BEEG

Grundsätzlich kann beim Ausscheiden des Arbeitnehmers in der ersten Jahreshälfte zu viel gewährter Urlaub hinsichtlich eines gezahlten Urlaubsentgelts nicht zurückgefordert werden (§ 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3 BUrlG). Vor Beginn der Elternzeit zu viel gewährten Urlaub darf der Arbeitgeber allerdings nach dem Ende der Elternzeit um die zu viel gewährten Urlaubstage kürzen.

 

Weitere Urteile zum Kürzungszeitpunkt

  • LAG Niedersachsen: Arbeitgeber können Urlaub für die Elternzeit auch nach der Elternzeit noch kürzen (Urteil vom 16.09.2014, Az. 15 Sa 553/14) Aber: Der Arbeitgeber darf aber nicht warten, bis das Arbeitsverhältnis beendet ist.
  • BAG: Die Erklärung, dass gekürzt wird muss während des Arbeitsverhältnisses erfolgen (Urteil vom 19.05.2015, Az. 9 AZR 725/13). Nach Beendigung gibt es nur noch Abgeltungsanspruch, keinen Urlaub!

 

TIPP | Schreiben Sie gleich in die Mitteilung zur Gewährung der Elternzeit hinein, dass während der Elternzeit der Urlaub gekürzt wird.

 

(JT)

Quelle | mit PM Bundesarbeitsgericht v. 19.03.2019 (16/19)

Quelle: ID 45828143