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· COVID-19 und die Folgen

Entlassungen vermeiden in Pandemie-Zeiten ‒ beliebte Optionen abseits von Kurzarbeit

Bild: © denisismagilov - stock.adobe.com

| Die COVID-19-Pandemie hat vielfältige Auswirkungen auf Unternehmen ‒ doch zu Entlassungen hat das nur bei 12 Prozent geführt. Mit Kurzarbeit wurde vielfach Schlimmeres abgefedert. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ( IAB ) der Bundesagentur für Arbeit hat untersucht, welche Maßnahmen in welchen Branchen und bei welchen Betriebsgrößen besonders beliebt sind. Das Spektrum reicht vom Abbau von Überstunden bis zur Etablierung von Homeoffice-Angeboten. | Einführung sowie Ausweitung des Homeoffice  

Abbau von Urlaubsguthaben und Sonderurlaub

Kurzarbeit ist im Rahmen der Corona-Krise das verbreitetste Instrument, um Entlassungen zu vermeiden. Nach der Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ des IAB haben 45 Prozent der Betriebe in Deutschland während der COVID-19-Krise Kurzarbeit angezeigt. Immerhin 35 Prozent haben Kurzarbeit dann tatsächlich auch beantragt.

 

Doch es gibt eine Reihe weiterer Maßnahmen, die genutzt wurden und werden. Zunächst ist der Abbau von Urlaubstagen oder die Nutzung von Sonderurlaub zu nennen. Insgesamt haben 32 Prozent von über 1.700 befragten Unternehmen angegeben, diese Maßnahme ergriffen zu haben. Bezogen auf die Betriebsgrößen wurde dieses „Urlaubs-Instrument“ eher von größeren Betrieben genutzt als von kleinen. Ihren Urlaub mussten dabei vor allem die Mitarbeiter im Gastgewerbe (47 Prozent), im Sektor Bildungs-/Gesundheits-/Sozialwesen (47 Prozent) sowie im Bereich Verkehr und Lagerei (41 Prozent) abbauen.

 

Abbau von Überstunden

Neben dem Abbau von Urlaub und Sonderurlaub wurden in 19 Prozent der Betriebe auch die Überstunden abgebaut. Diese Maßnahme ist vor allem in Betrieben mit einer Größe von 50 bis 249 Beschäftigten vollzogen worden (43 Prozent). Besonders selten wurden Überstunden hingegen bei den kleineren Betrieben mit bis zu 9 Beschäftigen abgebaut (13 Prozent).

 

Der Blick auf die Branchen zeigt, dass der Abbau der Zeitguthaben insbesondere im Sektor Bildungs-/Gesundheits-/Sozialwesen vorgenommen wurde (38 Prozent), daneben vor allem auch im Sektor Verkehr und Lagerei (31 Prozent) sowie im verarbeitenden Gewerbe (29 Prozent).

MERKE | Die Auflösung von Überstunden und Arbeitszeitkonten ebenso wie das Einbringen von noch vorhandenem Resturlaub sind in der Regel auch Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld.

 

Immerhin 23 Prozent der Unternehmen haben eigenen Angaben zufolge Telearbeit/Homeoffice eingeführt. Auch bei dieser Maßnahme steigt die Beliebtheit mit der Unternehmensgröße. So haben bei den Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten 66 Prozent angegeben, Homeoffice eingeführt zu haben, während es in der Größenordnung bis 9 Beschäftigten nur 17 Prozent waren. Hinsichtlich der Branchen liegt der Sektor Information und Kommunikation mit 44 Prozent vorne, gefolgt von sonstigen Dienstleistungen (36 Prozent). Besonders gering ist der Anteil hingegen im Gastgewerbe (7 Prozent) sowie im Baugewerbe (12 Prozent).

 

Weitere 17 Prozent der Betriebe gaben an, das Angebot bei Homeoffice/Telearbeit ausgeweitet zu haben. Ähnlich wie bei der Einführung des Homeoffice haben auch bei der Ausweitung eher große Betriebe davon Gebrauch gemacht. Zudem sind es auch in etwa die gleichen Branchen, die sich dabei engagiert haben, also vor allem der Sektor Information und Kommunikation (52 Prozent) sowie die sonstigen Dienstleistungen (29 Prozent).

Arbeitszeitverkürzung ohne Kurzarbeit

Auf Rang fünf der beliebtesten Maßnahmen zur Vermeidung von Entlassungen folgt die Verkürzung der Arbeitszeit ohne Kurzarbeit. Etwa jeder 6. Betrieb ist so vorgegangen (16 Prozent). Dabei lässt sich feststellen, dass die Wahl dieser Maßnahme bei allen Betriebsgrößen in etwa gleichermaßen anzutreffen ist. Auch bei den Sektoren fallen die Unterschiede vergleichsweise gering aus. Leicht überdurchschnittlich war diese Maßnahme in den Bereichen Gastgewerbe (23 Prozent), Verkehr und Lagerei (23 Prozent) sowie im Bildung-/Gesundheits-/Sozialwesen (22 Prozent) zu finden. Über die Gründe, warum in diesen Fällen keine Kurzarbeit beantragt wurde, werden keine Aussagen getroffen. Möglicherweise spielen die bürokratischen Hürden für die Beantragung dabei eine Rolle.

Weiterbildung und Umschulung

Eine weitere Maßnahme, die von einem nennenswerten Teil der Betriebe genannt wurde, ist die Weiterbildung oder Umschulung der Beschäftigten. Insgesamt 9 Prozent der Betriebe gab an, diese Maßnahmen ergriffen zu haben. Am häufigsten ist dies bei Betrieben mit 50 bis 249 Beschäftigten umgesetzt worden (20 Prozent). Zu den Sektoren, die überdurchschnittlich oft auf Weiterbildung oder Umschulung gesetzt haben, zählen die sonstigen Dienstleistungen (13 Prozent), das Baugewerbe (12 Prozent) sowie der Bereich Bildungs-/Gesundheits-/Sozialwesen (11 Prozent).

Mehr Arbeit zu Pandemie-Zeiten

Zwei weitere Maßnahmen spielen ebenfalls eine gewisse Rolle und sind bemerkenswert, weil sie eine genau entgegengesetzte Zielrichtung verfolgen. 13 Prozent der Betriebe gaben an, Zeitguthaben aufgebaut zu haben, weitere 9 Prozent erklärten, die Arbeitszeiten ausgeweitet zu haben. Tendenziell spielten beide Maßnahmen eher in großen Betrieben eine Rolle. Betriebe, die also eher „mehr zu tun“ hatten, sind in beinahe allen Sektoren zu finden. Besonders selten waren allerdings solche Maßnahmen im Bereich Verkehr und Lagerei zu finden (5 Prozent beim Aufbau von Zeitguthaben sowie 5 Prozent bei der Ausweitung der Arbeitszeiten).

IAB-Fazit: Betriebe wollen ihr Personal halten

Die weiteren der insgesamt 11 Maßnahmen, die den Betrieben neben der Kurzarbeit als Antwortmöglichkeit zur Verfügung standen, spielen nur eine untergeordnete Rolle. Dazu zählen, dass keine Auszubildenden übernommen werden (4 Prozent), das Aussetzen von Entfristungen (2 Prozent) und der gezielte Abbau von Leiharbeitskräften (2 Prozent).

 

Das IAB kommt im Fazit zu der Erkenntnis, dass die Betriebe in aller Regel sehr darum bemüht seien, ihr Personal zu halten. Inwiefern die Betriebe auch in den kommenden Monaten auf Kurzarbeit und andere personalpolitische Maßnahmen setzen, um ihre Beschäftigten zu halten, werde insbesondere von der Entwicklung des Infektionsgeschehens und den politischen Maßnahmen zur Eindämmung abhängen, so das IAB.

(BK mit PM IAB)

Quelle: ID 46895316