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Abschlussprüfungen zum Kurzarbeitergeld sind gestartet ‒ Verhaltenstipps für Arbeitgeber

Bild: © MQ-Illustrations - stock.adobe.com

von RA Dr. Christoph Kurzböck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner, Nürnberg, Regensburg

| Für viele Unternehmen war das Kurzarbeitergeld der letzte Weg, um die eigene Existenz während der Covid-19-Pandemie zu sichern. Die Regierung reagierte schnell und ermöglichte noch im März 2020 einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld. Jedoch ergingen die entsprechenden Leistungsbescheide nur vorläufig. Nunmehr sind die Abschlussprüfungen der Agentur für Arbeit gestartet: Zu diesem Zweck fordert die Agentur alle betroffenen Betriebe auf, etliche Unterlagen über die gewährten Kurzarbeitergeldleistungen einzureichen. Lesen Sie, was auf Sie als Arbeitgeber zukommt und welche Unterlagen Sie bereit halten sollten. |

Kurzarbeitergeld ‒ Arbeitgeber mussten nur relativ wenige Unterlagen einreichen

Das Kurzarbeitergeld wurde im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III mit einem Leistungsbescheid bekanntgegeben und ausbezahlt. Die Anträge auf Kurzarbeitergeldleistungen wurden daher zunächst nur auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft und unter dem Vorbehalt einer finalen Abschlussprüfung gewährt. Antragsberechtigte Arbeitgeber mussten lediglich glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeit vorliegen. Dazu mussten sie nur relativ wenige Unterlagen vorlegen, wie etwa einen Nachweis über die Einführung der Kurzarbeit im Betrieb.

Das Abschlussprüfungsverfahren ‒ so läuft es ab

Im Falle der vorläufigen Gewährung gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III entfällt der Grund für die Vorläufigkeit, sobald die Agentur für Arbeit die Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldanspruchs als hinreichend geklärt ansieht. Pandemiebedingt wurden die Abschlussprüfungen so lange verschoben, bis die „kritische Situation beendet ist“. Die Bundesagentur für Arbeit hatte bereits Anfang des Jahres bekannt gegeben, dass Kurzarbeitergeld beziehende Betriebe durch einen Serienbrief auf die anstehenden Abschlussprüfungen hingewiesen werden.

 

Das jeweilige Abschlussprüfungsverfahren wird sodann durch ein gesondertes persönliches Aufforderungsschreiben der Agentur für Arbeit eingeleitet. Arbeitgeber werden unter Fristsetzung zur Vorlage der entsprechenden Prüfungsunterlagen aufgefordert.

 

Im Rahmen der Abschlussprüfungen werden die Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes und insbesondere die monatlich durch die Betriebe eingereichten Abrechnungen noch einmal genau geprüft. Der Umfang der angeforderten Prüfungsunterlagen kann je nach Arbeitsausfall variieren.

 

Bei den vorzulegenden Unterlagen kann es sich insbesondere etwa handeln um

  • Arbeitszeitnachweise (Schichtbücher, Schichtzettel, Arbeitszeitkonten, Fahrtenschreiber etc.),
  • Lohn- und Gehaltsabrechnungen inklusive Berechnungsprotokolle zum Soll-/Ist-Entgelt sowie
  • Nachweise zum betrieblichen Engpass und zum Arbeitsausfall durch die Pandemieauswirkungen und ggf. ausgesprochene Kündigungen.

 

Die Vorlagepflicht kann sich auch auf etwaige vertragliche Grundlagen zur Einführung der Kurzarbeit wie Betriebsvereinbarungen, Änderungskündigungen oder einzelvertragliche Vereinbarungen zu Arbeitszeitreduzierungen erstrecken.

 

Möglich ist auch die Anforderung von Belegen zum Abbau des Resturlaubs und eventuell angehäuften Überstunden. Dadurch soll geprüft werden, ob der Arbeitsausfall nicht doch vermeidbar war (soweit darauf nicht zwischenzeitlich durch Rechtsverordnung oder Weisung der Bundesagentur für Arbeit verzichtet wurde). Aber auch Unterlagen zu Entschädigungsansprüchen gemäß § 56 Abs. 9 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) können vorzulegen sein.

 

Geprüft werden jeder Monat und jeder Arbeitnehmer, für den Kurzarbeitergeld bezogen wurde.

 

Im Regelfall erfolgt die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen bei der Agentur für Arbeit, wobei in Ausnahmefällen auch eine Prüfung vor Ort im Betrieb oder beim Steuerberater möglich ist.

Rechtsfolgen der Abschlussprüfung ‒ Nachzahlungen und Rückzahlungen sind möglich

Im Ergebnis führt die Abschlussprüfung zu einer endgültigen und bindenden Entscheidung der Agentur für Arbeit, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld während des Bezugszeitraums vorlagen und die Leistungen auch zu Recht und in korrekter Höhe gewährt wurden.

 

Falls sich herausstellt, dass ein Anspruch auf eine höhere als die bisher bewilligte Geldleistung besteht, kommt es zu einer Nachzahlung durch die Agentur für Arbeit unter Anrechnung der aufgrund vorläufiger Entscheidung erbrachten Leistungen auf die tatsächlich zustehende Leistung. Stellt sich jedoch voraus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld dem Grunde oder der Höhe nach nicht vorgelegen haben oder entfallen sind, ergeht ein Erstattungsbescheid, auf dessen Grundlage zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzuzahlen sind. Es kann also zu einer Rückforderung der vorläufig erbrachten Kurzarbeitergeldleistungen kommen. Soziale Härtefälle können ggf. über ein Stunden, Niederschlagen oder einen Erlass abgefedert werden.

Tipp: Fristen beachten und Unterlagen identifizieren

Unternehmen, die bereits eine entsprechende persönliche Aufforderung erhalten haben, ist dringend zu raten, die angeforderten Unterlagen innerhalb der von der Agentur für Arbeit gesetzten Frist vollständig vorzulegen. Denn andernfalls ergeht ein Erstattungsbescheid, mit dem das bereits ausgezahlte Kurzarbeitergeld zurückgefordert wird. Ist absehbar, dass die gesetzte Frist nicht eingehalten werden kann, so sollten Sie als Arbeitgeber umgehend eine Fristverlängerung beantragen. Bei vorwerfbarer Verletzung der Angabe-, Benachrichtigungs- und Aufzeichnungspflichten kann es auch zu Schadensersatzpflichten gegenüber der Behörde kommen.

 

Aber auch Unternehmen, die noch Kurzarbeitergeld beziehen und noch nicht persönlich zur Vorlage der Unterlagen aufgefordert wurden, sollten sich auf die Abschlussprüfungen vorbereiten, indem bereits während des Bezugszeitraumss die für den Kurzarbeitergeldbezug wesentlichen Unterlagen identifiziert und diese Nachweise sorgfältig geführt und aufbewahrt werden.

 

Auch die endgültige Entscheidung sollten Arbeitgeber auf ihre Richtigkeit prüfen und ggf. Rechtmittel dagegen einlegen.

 

 
Quelle: ID 47624330