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· Handwerk

Wiedereinführung der Meisterpflicht: GroKo nimmt 12 Gewerke in den Fokus

Bild: cnikola

| Die im Koalitionsvertrag festgehaltene Wiedereinführung der Meisterpflicht bekommt neuen Schwung. Vertreter von Union und SPD haben eine Liste mit zwölf Gewerken vorgelegt, für die die Meisterpflicht, also Regelung, nach der nur Handwerksmeister und Gleichgestellte einen handwerklichen Betrieb führen dürfen. Im Jahr 2004 war der „Meisterzwang“ von der rot-grünen Agenda-Politik für mehr als 50 Gewerke gekippt worden. Die Argumente pro und contra Meisterpflicht sind vielschichtig. |

Wiedereinführung der Meisterpflicht bei zwölf Gewerken

Der aktuelle Impuls kommt von Carsten Linnemann, stellvertretender Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Sören Bartol, der das gleiche Amt für SPD-Bundestagsfraktion bekleidet. Beide fordern die Reform der Handwerksordnung und verweisen auf den Koalitionsvertrag.

 

Linnemann und Bartol schlagen der zuständigen Bundestags-Koalitionsarbeitsgruppe „Reform der Handwerksordnung“ vor, für die folgenden zwölf Gewerke die Meisterpflicht wieder einzuführen:

  • 1. Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  • 2. Betonstein- und Terrazzohersteller
  • 3. Estrichleger
  • 4. Behälter- und Apparatebauer
  • 5. Parkettleger
  • 6. Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • 7. Drechsler und Holzspielzeugmacher
  • 8. Böttcher
  • 9. Glasveredler
  • 10. Schilder- und Lichtreklamehersteller
  • 11. Raumausstatter
  • 12. Orgel- und Harmoniumbauer

 

  • Aus dem Koalitionsvertrag von 2018

„Wir werden den Meisterbrief erhalten und verteidigen. Wir werden prüfen, wie wir ihn für einzelne Berufsbilder EU-konform einführen können.“

 

Im Koalitionsvertrag finden Sie die Passage ab Zeile 2981

 

Über 69.000 Fliesenleger- und 29.000 Raumausstatter-Betriebe betroffen

Der Blick in die Handwerkerstatistik zeigt, dass von den genannten zwölf Gewerken die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger mit gut 69.000 Betrieben den Löwenanteil ausmachen. Es folgen die die Raumausstatter mit gut 29.000 Betrieben vor den Parkettlegern mit etwa 8.000 sowie den Estrichleger mit knapp 6.000 Betrieben. Die kleinste Gruppe sind die Böttcher, die deutschlandweit mit nur noch rund 70 Betrieben vertreten sind.

Pro Meisterpflicht: Qualität, Attraktivität, Verbraucherschutz

Die Befürworter der Meisterpflicht kommen vor allem aus dem Handwerk selbst. So nannte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), den Vorstoß von Union und SPD ein starkes Signal für Qualität und Qualifikation im Handwerk. Auch in Zukunft sollten Verbraucher ein qualitativ hochwertiges, ausbildungs- und betriebsnachhaltiges Handwerk vorfinden, so Wollseifer. Aus seiner Sicht sei es seit der Novelle 2004 in einigen Gewerken besonders augenfällig zu Fehlentwicklungen gekommen: weniger Auszubildende, weniger Fachkräfte, weniger Qualität, schneller vom Markt verschwindende Betriebe und infolge dessen ein geringerer Gewährleistungs- und Verbraucherschutz. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht soll da gegensteuern.

 

Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe zeigt sich von den Plänen angetan. Für Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa komme es gerade im Baubereich auf die Verlässlichkeit der ausführenden Unternehmen im Hinblick auf Sicherheit und Verbraucherschutz an. Doch das sei bei den meisterfreien Gewerken in großen Teil nicht mehr der Fall gewesen. „Nur Meisterbetriebe stehen für Qualität in der Ausführung, erlernt durch eine gute Ausbildung“, so Pakleppa.

Contra: Bürokratie / Kosten, Wachstumshemmnis

Die Monopolkommission der Bundesregierung sprach sich Anfang 2019 gegen eine Wiederausweitung der Meisterpflicht auf einzelne der im Jahr 2004 befreiten Handwerksberufe aus. Die Kommission, die den Begriff „Meisterzwang“ verwendet, begründet die Ablehnung mit wettbewerbspolitischen Folgen, da die Meisterpflicht zusätzliche Hürden errichte. Die Sicherung der Qualität und der Ausbildung im Handwerk bräuchten diese Pflicht nicht. Zudem wurden verfassungsrechtliche Bedenken wegen des Eingriffs in die Berufsfreiheit geäußert.

 

Die Diskussionen im Vorfeld der Aufhebung der Meisterpflicht für rund 50 Gewerke drehten sich vor allem um wirtschaftliches Wachstum in Europa und um den Abbau von Bürokratie. Kritiker bezeichnen den „Meisterzwang“ als Instrument zur Marktabschottung, auch von „Abzocke der Handwerkskammer“ war die Rede.

 

FAZIT | Die Wiedereinführung der Meisterpflicht in ausgewählten Handwerks-Gewerken ist ein sensibles Thema mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen. Bei der Gewichtung der verschiedenen Argumente spielen auch die aktuell herrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine Rolle. Unter dem Strich bedeutet die Wiederführung der Meisterpflicht für einige der Gewerke eine kleine Rolle rückwärts und gleichzeitig ein Bekenntnis zu den Traditionen und Qualitätsansprüchen im Handwerk hierzulande.

 

(BK)

Quelle: ID 46135371