· Nachricht · Level Up Klinikführung ‒Transkript
Episode #08: Recruiting als Chefsache ‒ so finden Chefärztinnen und Chefärzte qualifizierte Fachkräfte für ihre Abteilung
| In dieser Episode unseres Podcasts „Level Up Klinikführung“ spricht Moderator und Gastgeber Dr. Benedict Carstensen mit Recruiting-Beraterin und Autorin Maja Roedenbeck Schäfer. Im folgenden lesen Sie das vollständige Transkript der Episode. |
Dr. Benedict Carstensen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich heiße Sie herzlich willkommen und freue mich, dass Sie heute auch wieder dabei sind. Viele Stellen sind unbesetzt, viele Teams sind nicht vollzählig und die Last verteilt sich auf immer weniger Schultern. Viele leitende Ärztinnen und Ärzte sehen die Besetzung offener Stellen vor allem als Aufgabe von der Personalabteilung. Sie melden zwar freie Stellen, aber dann soll sich das Recruiting kümmern. Wo so viele aber unzufrieden sind mit ihrer Bewerbersituation, stellt sich doch eigentlich die Frage, kann ich als leitende Ärztin oder leitender Arzt zu einer gelungenen Mitarbeitergewinnung beitragen, und wenn ja, was genau und wie genau kann ich das machen? Und dafür habe ich heute mit Maja Roedenbeck Schäfer den perfekten Gesprächspartner eingeladen. Sie ist absolute Recruiting-Spezialistin im Gesundheitswesen. Lange Jahre war sie Leiterin des strategischen Recruitings an den DRK-Kliniken Berlin, hat Fachratgeber geschrieben und betreibt einen eigenen HR-Blog. Maja, schön, dass du da bist!
Maja Roedenbeck Schäfer: Danke für die Einladung!
Dr. Benedict Carstensen: Maja, viele Chefärzte sagen mir, sie haben das Gefühl, sie machen schon alles und trotzdem kommt niemand. Was würdest du sagen, was unterscheidet diejenigen, die noch Bewerber finden von denjenigen, die keine Bewerber bekommen?
Maja Roedenbeck Schäfer: Der Unterschied, der liegt genau darin zu verstehen, dass man mit Recruiting nie fertig ist. Man hat nie schon alles gemacht. Diese Aussage ist sozusagen eine Absurdität in sich. Recruiting ist heute einfach extrem viel Arbeit. Man darf nie aufhören, nie locker lassen. Das machen alle schon professionell und man muss den anderen Arbeitgebern, aber auch den anderen Abteilungen im eigenen Unternehmen immer noch einen Schritt voraus sein. Man muss das Team im Umgang mit bewerbenden Schulen, da kann so viel schief gehen an jeder Stelle. Bei der Sekretärin, die Bewerbende am Telefon hat, bei der Person, die für die Hospitation verantwortlich ist und auch bei der Führungskraft.
Jede Recruiting-Methode, die man anwendet, kann man optimieren. Jede Methode kann man immer noch ein bisschen besser machen. Nehmen wir mal das Beispiel Mitarbeiter werben, Mitarbeiterprogrammen. Haben ja viele, aber da reicht es eben nicht, wenn die Unternehmenskommunikation das mal einmal ins Intranet schreibt, sondern da muss die Führungskraft, in dem Fall der leitende Arzt, die leitende Ärztin, immer wieder das Team daran erinnern, motivieren mitzumachen, Tandem-Fotos aufhängen von den Personen, die vielleicht schon mal jemanden empfohlen haben, mit der Person, die sie empfohlen haben. Wir haben schon mal Flyer in die Gehaltsrechnung gelegt. Man kann Team-Wettbewerbe machen: Wir machen jetzt mal ein halbes Jahr alle Empfehlungen und wer die meisten tätigt, kriegt dann noch ein Essen vom Chefarzt oder der Chefärztin spendiert. Also die bestehenden Methoden, die es gibt, kann man einfach immer noch intensivieren und dann auch noch neue innovative Ideen entwickeln.
Dr. Benedict Carstensen: Gut, Maja, da war jetzt schon ganz schön viel da drin. Ich versuche das mal ein bisschen auseinander zu bröseln. Also letztlich sagst du, Recruiting ist wie gefühlt alles im Leben. Man kann es nie komplett betreiben. Es gibt immer Dinge, die man nicht macht. Wenn man denkt, man hat alles gemacht, kann es per se nicht richtig sein. Verstehe ich. Jetzt war da ganz viel dabei, unter anderem auch Recruiting ist eine Führungsaufgabe. Also ich als Führungskraft oder leitender Arzt muss meinen Mitarbeitenden was mitgeben oder meinen Mitarbeitenden auch irgendwie dazu motivieren, auch bei dem Recruiting oder bei der Mitarbeitergewinnung mitzuhelfen. Da kommen wir vielleicht später noch mal drauf. An der Stelle, du sprichst ja mit vielen Kliniken. Also du warst lange Zeit in einem Unternehmen tätig und jetzt bist du auch beraterisch tätig und sprichst natürlich mit vielen anderen auch und hast natürlich einen guten Überblick. Welche Mythen und Fehleinschätzungen begegnen dir denn so im Alltag immer wieder?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, das ist immer wieder dasselbe. Das ist immer das Vorurteil vom schlimmen, schlimmen Bewerber von heute, der mit hohen Ansprüchen kommt, der schon als Berufseinsteiger Teilzeit fordert. Ghosting ist ein Problem. Das heißt, man bricht den Bewerbungsprozess ab, ohne sich zu erklären, ohne abzusagen. Man schickt unvollständige Bewerbungen per WhatsApp oder man erscheint nicht zum ersten Arbeitstag, obwohl alles schon in Sack und Tüten war und man den Vertrag unterschrieben hatte. Und das Problem, was jetzt aber darin besteht, ist, dass viele Führungskräfte das als persönlichen Angriff gegen sich selber verstehen. Dabei ist das einfach nur der Zeitgeist.
Heute möchte eben niemand mehr bis zum Umfallen arbeiten, auch junge ÄrztInnen ‒ und das gilt im Übrigen auch für Wissenschaftler und andere Branchen ‒ nicht. Und diese schnelle Bewerbung per WhatsApp ist einfach eine logische Konsequenz davon, wenn ich auf TikTok ein Video gesehen habe über ein Krankenhaus und dann denke ich, oh, das ist ja ganz nett, da bewerbe ich mich mal. Dann bin ich halt in dieser lustigen, bunten Social Media-Welt und dann folgt daraus logisch kein seriöses Anschreiben, sondern daraus folgt dann halt, dass ich mich per WhatsApp kurz melde. Das ist einfach eine logische Fortsetzung der modernen Kommunikationsmittel, auch Anschreiben von ChatGPT schreiben lassen. Auch das ist keine Faulheit, sondern es ist eben so, viele fragen heute nicht mal mehr Google nach einem guten Arbeitgeber, sondern suchen Stellen auch schon über ChatGPT und dann sind sie eh schon in dem Tool. Na ja, und dann lässt man sich halt auch eben das Anschreiben da machen. Also ich will sagen, es ist kein persönlicher Angriff auf die Führungskraft. Die Führungskraft kann aber auch ganz viel an der Stelle tun, um diesen modernen Trends, die eben nicht immer positiv für uns als Arbeitgeber sind, entgegenzuwirken. Zum Beispiel eben das Thema Pre-Boarding. Also man kennt immer On-Boarding, aber um eben dieses Ghosting zu vermeiden, muss man eben vor der On-Boarding-Phase die Pre-Boarding-Phase anfangen und praktisch ab dem zwischen dem Vorstellungsgespräch und der Zusage und dem ersten Arbeitstag ganz viele Maßnahmen einführen, Kommunikationsmaßnahmen, schon mal Anbindung ans Team, um eben den neuen Mitarbeitenden schon frühzeitig dann auch wirklich fest zu binden.
Dr. Benedict Carstensen: Das ist ganz spannend, dass du erstmal mit Pre-Boarding oder den Begriff Pre-Boarding einführst. Das ist nämlich eine gute Überleitung zu dem, was ich jetzt fragen will. Wo liegt eigentlich die Verantwortlichkeit, dass Bewerber kommen? Weil, wie du es gerade gesagt hast, Pre-Boarding, vorab schon kommunizieren mit den Bewerbern, wie viel liegt dabei bei der leitenden Ärztin, dem leitenden Arzt oder dem Recruiting? Wie läuft es erfolgreich? Weil leitende Arzt oder leitende Ärztin sein ist ja letztlich so eine Art Mehrfrontenkrieg und man hat ganz viele Themen, die man gleichzeitig bearbeiten kann. Und wie Recruiting kann man auch die anderen Dinge nicht bis ins Maximum betreiben? Also was ist da so deine Erfahrung? Was funktioniert da gut?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, also als ich vor 16 Jahren anfing mit dem Thema Recruiting im Sozial- und Gesundheitswesen, war immer in meinen Vorträgen eine der Folien, ein Ausschnitt aus dem Arbeitsvertrag, den Facebook damals als neues Tool seinen Mitarbeitenden vorgelegt hat. Und im Arbeitsvertrag von Facebook stand drin, jeder Mitarbeitende ist fürs Recruiting zuständig. Das hat man als Mitarbeiter unterschrieben im Arbeitsvertrag, dass man sich dafür einsetzt, die besten Programmierer der Welt zu Facebook zu holen. Und das ist im Grunde was, was wir uns abgucken können. Die Personalgewinnung darf man nicht in die Personalabteilung abschieben oder ins Recruiting-Team, wenn es das schon eigenständig gibt, sondern man muss sich immer mitverantwortlich fühlen. Es ist eine Aufgabenteilung.
Ich als Recruiterin sehe meine Aufgabe darin, die Bewerberzahlen zu steigern. Da gibt es viele gute Tricks, wie ich das machen kann. Gute Suchmaschinenoptimierung, Werbeanzeigen in Social Media, super moderne Stellenanzeigentexte und noch viele Tricks und Kniffe weiter. Und das habe ich ja auch bei den DRK-Kliniken Berlin geschafft. Wir haben die Bewerberzahlen von 3.500 auf über 15.000 pro Jahr gesteigert. Aber das hilft ja nichts, alleine nur die Zahlen zu steigern. Man muss sich mit dieser Masse auch auseinandersetzen.
Und da kommt dann die Führungskraft der Arzt, die Ärztin ins Spiel. Denn das sind natürlich nicht alles A-Kandidaten. Bei den A-Kandidaten ist völlig klar, da muss man schnell sein und zwar rasend schnell, nicht zwei Tage, sondern zwei Minuten nach der Bewerbung kontaktieren und einladen, weil sonst sind die vom Arbeitsmarkt sofort wieder weg. Und dann muss man auch bei den B- und C-Kandidaten gucken, wie kann man die an Bord holen und vielleicht mittelfristig, also ich nehme mal im Bereich Ärzte ist das vielleicht jetzt ein Assistenzarzt, der eben noch nicht in dem Fachgebiet Erfahrung hat, sondern sich nochmal umentschieden hat zum Beispiel. Alle ChefärztInnen wollen bei uns immer Leute, die schon angefangen haben mit der Assistenzarztausbildung, mit dem Fach. Ja, aber dann muss man eben vielleicht auch die nehmen, die noch keine Erfahrung haben und sich da Programme ausdenken, um die schnell handlungsfähig zu machen. Also B- und C-Kandidaten an Bord holen, ist eben wichtig. Ja, und dann auch sich nicht entmutigen lassen, weil mehr Bewerber bedeutet auch immer mehr ganz und gar Unqualifizierte, die ich nicht gebrauchen kann.
Und jetzt aber nicht dem Recruiting-Team vorzuwerfen, da kommt ja nur noch Ausschuss, sondern das ist ja ganz klar, wenn ich die Bewerberzahlen steigere, dann steigere ich die A-Kandidaten, die B-Kandidaten, die den großen Teil ausmachen und natürlich auch den großen Teil der Nichtqualifizierten. Das heißt aber nicht, dass das Recruiting nicht läuft, sondern im Gegenteil, dass die Stellen super Reichweite erzielen und dann eben leider auch mehr Arbeit machen.
Dr. Benedict Carstensen: Nochmal ganz konkret im Pre-Boarding, was wäre dann die Aufgabe von mir als leitender Arzt? Also muss ich jetzt quasi WhatsApp mit potenziellen Bewerbern oder mit Bewerbern, die quasi am Anfang des Bewerbungsweges sind, machen oder wie ist da deine Erfahrung, was ist da gut? Ab wann schalte ich mich dann als Chefarzt oder Chefärztin in das Pre-Boarding ein?
Maja Roedenbeck Schäfer: Okay, das Pre-Boarding würde für mich beginnen ab der Zusage. Das andere ist für mich noch Bewerber-Service, Bewerber-Kommunikation. Ja, dass da WhatsApp am besten funktioniert, da habe ich schon viel zu geschrieben und gesagt. Ja, ich finde auch die Führungskraft sollte auf diesen Kanal zurückgreifen. Vielleicht ist es in zwei, drei Jahren schon ein anderer Messenger, der dann WhatsApp irgendwann überholt. Im Moment ist es aber WhatsApp. Und ja, dass man da einen niedrigschwelligen Kontaktkanal hat, ist auf jeden Fall sinnvoll für die Führungskräfte.
Und dann, wenn es wirklich ums Preboarding geht, wie du jetzt sagst, dann gibt es aber auch Apps, mit denen man arbeiten kann oder Newsletter-Arten, wo man dann eben jede Woche, bis die Person dann wirklich einsteigt, einen bestimmten Newsletter-Baustein verschickt. Das kann man ja alles vorbereiten. Da muss man jetzt nicht bei jedem Bewerber sich erneut überlegen, was sage ich dem jetzt, sondern da setzt man sich einmal dran, macht so ein Pre-Boarding-Programm und das spult man dann bei jedem strukturiert ab. Das liegt auf jeden Fall bei der Führungskraft
Dr. Benedict Carstensen: Das hört sich ja auch prinzipiell so an, dass es eher für größere Klinikstrukturen interessant wäre, wenn ich jetzt in einem kleinen Haus bin, jetzt auch keine große Konzernstruktur habe und dann selbst als Chefarzt sowas aufsetzen muss. Das ist schon eher aufwendig, nehme ich an, oder?
Maja Roedenbeck Schäfer: Naja gut, dann nehme ich halt keine App. Dann bezahle ich jetzt keine Lizenzen für eine große App. Man kann jede Methode skalieren im Recruiting. Und ich sage immer, versteckt euch nicht dahinter, da sind wir zu klein zu, das können wir nicht oder da sind wir zu groß zu, das bringt nichts. Man kann jede Methode so anwenden und zuschneiden, wie sie passt.
Und natürlich kann auch eine kleine Einrichtung oder eine kleine Abteilung sich überlegen, können wir einem neuen Mitarbeitenden, der jetzt den Vertrag schon unterzeichnet hat, vielleicht einen Gruß aus der Abteilung mal schicken? Oder kann da schon mal ein Kollege anrufen, ein zukünftiger Kollege und sagen, ich wollte nur mal hören, wie läufts? Bereitest du dich schon vor auf den ersten Arbeitstag? Hast du noch Fragen? Ich bin der Olli und ich werde dann in der ersten Schicht mit dir zusammen sein oder irgendwie sowas. Auch das kann man auch auf sehr kleinem Niveau machen.
Dr. Benedict Carstensen: Total interessant. Ich meine, ich habe mich ja selbst in meiner ärztlichen Laufbahn einige Male beworben. Das würde schon quasi das Gefühl, mit dem man am ersten Arbeitstag irgendwo antritt, dann schon mal verändern, wenn man weiß, okay, hier guck mal, das ist mein Mentor-Buddy oder zumindest irgendein Buddy, der sich dann in den ersten Tagen um mich kümmert. Und wie du selbst sagst, der Aufwand dafür scheint auch sehr überschaubar zu sein. Und vielleicht, wie bei vielen anderen Dingen, ist auch einfach dieses Thema mehr im Kopf zu haben, damit man letztlich in zwei, drei Minuten Aufwand da wirklich einen großen Effekt hat und die Leute dann im Pre-Boarding auch nicht verliert.
Maja Roedenbeck Schäfer: Total!
Dr. Benedict Carstensen: Jetzt, bevor die Bewerber kommen, ist für mich immer die Frage, die Welt wird ja immer komplizierter, komplexer. Es gibt immer mehr Möglichkeiten, digital analog, Messen, Stellenanzeigen, Arbeitgeberportale etc. Ich habe häufig gehört, wir haben eine Anzeige geschaltet im Ärzteblatt oder sowas und es kommt einfach nichts. Die Frage an dich, kann man denn sagen, welche Kanäle was bringen und welche werden vielleicht auch standardmäßig eher überschätzt oder unterschätzt?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, da gibt es also wirklich Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen kann. Also ich schalte überhaupt in den allerwenigsten Fällen noch Stellenanzeigen in kostenpflichtigen Kanälen. Manchmal eine Fachgesellschaft, eine medizinische Fachgesellschaft und einmal im Jahr vielleicht so ein Bündel aus fünf langen Vakanzen im Oberarztbereich. Aber auf Online-Kanälen, niemals mehr Print. Die auf Ärzte zugeschnitten sind, da kann ich auch Empfehlungen geben im direkten Gespräch.
Aber auf jeden Fall lohnt es sich viel mehr, dieses Geld, was man in diese Stellenbörsenanzeigen vorher gesteckt hat, in die Suchmaschinenoptimierung der Karriereseite zu stecken und der Stellenanzeigen. Wenn man mehr Traffic auf die Stellenbörse holt durch redaktionelle und technische Faktoren der Suchmaschinenoptimierung, spart man sich am Ende diese Schaltung, weil die Stellenanzeigen von alleine eine riesige Reichweite erreichen. Also wähle ein gutes Bewerbermanagementsystem aus, das die Stellenanzeigen eh schon in wichtige Stellenbörsen spiegelt, das dafür sorgt, dass die Stellenanzeigen auch im Google-Jobs-Fenster vorkommen. Das ist ja ganz wichtig, weil die Leute gehen ja gar nicht mehr auf die Stellenbörsen, sondern gucken direkt bei Google.
Jetzt neuerdings müssen wir Rekruter auch lernen, wie Stellenanzeigen für KI verbessert werden können, denn das sind wieder ganz andere Algorithmen und die funktionieren anders. Also auch da müssen wir dranbleiben und künstliche Intelligenz zieht zum Beispiel verstärkt Seiten wie Kununu, also Arbeitgeberbewertungsportale, heran. Also das heißt, wir müssen auch wieder gucken, dass wir da gut repräsentiert sind. Dann am Ende noch natürlich Social Media-Werbeanzeigen, einmal im Jahr eine Offensive. Also das würde ich auch nicht permanent laufen lassen, weil dann will Facebook und Instagram immer mehr Geld von einem haben, sondern das mache ich einmal im Jahr für ein paar Wochen, ein bisschen Offensiv.
Und dann eben ganz wichtig für die Reichweitensteigerung die persönliche Reichweite, also LinkedIn, Mitarbeiter werben Mitarbeiter, Corporate-Influencer-Programme, diese Sachen, weil das funktioniert viel besser als Stellenanzeigen, die mit der Gießkanne über das Volk geschüttet werden. Funktionieren diese wirklich zielgerichteten Weiterleitungen der Stellenanzeige in eigenen Netzwerke, die auch wirklich interessiert sein könnten.
Dr. Benedict Carstensen: Gut, da war jetzt vieles auch tatsächlich für die Recruiter des Hauses dabei. Jetzt nochmal einen kurzen Schritt zurück. Wir haben uns ja auch quasi in der Vergangenheit kennengelernt oder Kontakt gehabt, weil es ist ja kein Geheimnis, wir von Treatfair betreiben auch das Treatfair-Portal der attraktiven Kliniken, wo du damals auch mit den DRK Kliniken mit einigen Abteilungen On-Boarding gemacht hast, also bist vertreten gewesen. Ich habe ja so eine Grundthese, die das Recruiting total vereinfacht, nämlich man muss attraktiv und sichtbar sein. Und deshalb auch das Treatfair-Portal als eine Möglichkeit, wie sowas auch geht. Meine Frage an dich aus deiner Erfahrung. Offene Stellen gibt es ja, ich sage mal in Abteilungen, wo die Stimmung gut ist, in Abteilungen, wo die Stimmung nicht so gut ist. Und wenn es jetzt wirklich um die Bewerbereinstellung geht, also nicht um das Generieren von Bewerbern, sondern wirklich um die Einstellung. Wie wichtig ist heutzutage die Arbeitsatmosphäre oder Zusammenhalt im Team aus deiner Sicht als Recruiterin oder Recruiting-Spezialistin?
Maja Roedenbeck Schäfer: Das ist natürlich einer der wichtigsten Pull-Faktoren in eine neue Stelle. Also Pull-Faktor ist ja das, was reizt mich an der neuen Stelle. Wenn ich das Gefühl habe, dort herrscht eine tolle Team-Atmosphäre, ist das attraktiv für mich, mich dort zu bewerben. Und wie kann man das rüberbringen? Indem man eben zum Beispiel gute Bewertungen auf Kununu bekommt. Da kann man ja seine Mitarbeitenden als Chef oder Chefin auch anregen und sagen, schreibt doch da mal was. Soll natürlich immer authentisch sein. Das sollen jetzt keine gestellten Lobeshymnen sein, aber da kann man viel für tun oder man kann Mitarbeitende vorschlagen.
Als Testimonials kann man die Unternehmenskommunikation anrufen und sagen, ich habe hier zwei tolle irgendwie medienaffine, junge ‒ oder nicht nur junge, sondern Leute jeden Alters. Kann man da nicht mal einen Beitrag zu machen?
Und natürlich, wenn die Person schon angefangen hat zu arbeiten, ist eine gute Team-Atmosphäre natürlich auch ein Faktor für Mitarbeiterbindung gegen Fluktuation. Und auch da muss ich als Führungskraft mit Maßnahmen ständig dranbleiben. Das passiert auch nicht von alleine. Es wird ja immer dieses Qualifikationsmix im Team wird immer größer. Also es gibt Quereinsteiger, es gibt Hilfskräfte, es gibt ausländische Kräfte, die nicht Deutsch können. Es gibt Studierte und Nicht-Studierte und was weiß ich, Anfänger und Berufserfahren. Das wird immer komplexer, dieses Geflecht. Und damit so ein Team zusammenwächst, muss ich halt Teambuilding als permanente Aufgabe begreifen und Arbeitsatmosphäre auch nicht als Glückssache betrachten, sondern auch als Führungsaufgabe. Führungsaufgabe ist auch Kulturaufgabe. Also die Stimmung, Atmosphäre kann man aktiv bearbeiten, aber das würde jetzt diese Folge sicherlich sprengen. Aber so prinzipiell auch da für das Recruiting und auch für die Mitarbeiterbindung ist es einfach zentral.
Dr. Benedict Carstensen: Ich habe gesehen, du hast vor wenigen Jahren einen HR Excellence Award gewonnen. Das finde ich ganz spannend. Und da ging es ja der Jury auch viel um Innovativität und Kreativität. Und jetzt würde ich dich gern fragen, wenn du leitende Ärztin in einer chirurgischen oder internistischen Abteilung wärst, was würdest du konkret machen mit dem Wissen, dass du jetzt als Recruiting-Spezialistin hast, aber mit der geringen Zeitkapazität, die du als leitende Ärztin dann für Recruiting hättest?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, ich habe diesen coolen Award sogar zweimal gewonnen. Das war toll. Und wenn man den gewinnen will, das ist im Übrigen auch als Abteilung gut, weil das hier schafft wieder einen Marketinganlass. Das sehen die Bewerber durchaus auch, wenn da irgendjemand ausgezeichnet wurde. Und ja, bei den Awards, das gibt ein paar Tipps und Tricks. Also es fehlt natürlich einmal die innovative Idee. Da hätte ich gleich nur zwei Beispiele, wenn du magst. Aber es erzählt auch die Messbarkeit. Also das heißt nicht einfach nur irgendwas Tolles, Buntes machen, sondern ich muss auch beweisen, dass das nicht nur hohe Klickzahlen, sondern wirklich auch viele Einstellungen gebracht hat. Das ist der Jury wichtig. Und diese Einreichungsunterlagen, wie man die aufbereitet, das ist auch ein Geheimnis für sich. Und wenn man einmal verstanden hat, wie man das gut macht, dann kann man auch mehrere Awards bekommen. Das führt vielleicht hier zu weit.
Vielleicht lieber hier zu den Beispielen, was ich so als innovative Projekte aus medizinischen Fachabteilungen gesehen habe. Das eine ist unser Doktor Pschowski, der macht den Gastro-Slam. Da hat der eine oder andere vielleicht schon von gehört. Das ist wie so ein Poetry-Slam oder wie so ein Rap-Contest oder so, wo Mediziner, Gastroenterologen kommen und ihre Fallbeispiele mit Humor präsentieren. Das kann entweder sein, auch mal als Gedicht oder als Lied. Es kam schon mal einer mit einer Currywurst auf die Bühne und hat dann irgendwie übergeleitet von der Currywurst zu seinem medizinischen Fall. Ich weiß gar nicht mehr, wie. Aber auf jeden Fall gibt es immer viele Lacher und diese Veranstaltung ist ein Riesenerfolg.
Es kommen Gastro-Teams aus anderen Krankenhäusern, die da einen Teamausflug drauf machen. Stichwort wieder Teambuilding. Es kommen Bewerbende hin, die sagen, den Doktor Pschowski, den will ich mir jetzt mal angucken, wenn der so lustig ist. Und ja, also das ist eine super Veranstaltung. Da kann man Social-Media-Arbeit zu machen und da kann das Recruiting-Team schreit Hurra, wenn man sowas Tolles hat, was man in die Stellenanzeige schreiben kann oder wo man das Video sogar einbinden kann in der Stellenanzeige, um neuen Bewerbenden für diese Abteilung das schmackhaft zu machen.
Und vielleicht noch ein anderes Beispiel. Wir haben auch den Professor Zimmermann, der hat für die Anästhesie ein Programm aufgesetzt für Werkstudenten. Ein ganz umfangreiches Programm, wo also im großen Stile Medizinstudenten in die Abteilung geholt wurden. Das hatte zwei Erfolge. Einmal konnte der Chefarzt schon die Leute kennenlernen, die vielleicht ein paar Jahre später als Assistenzärzte dann kommen, also frühzeitig Bindung aufbauen. Und zweitens wurden die Studenten auch durchaus eingesetzt, um das Pflegeteam zu entlasten mit bestimmten Aufgaben, also in Absprache mit der Pflegedienstleitung natürlich und alles regelkonform. Auf jeden Fall hatten so alle was davon. Die Teamatmosphäre war besser, weil diese Studenten sich wirklich eingebracht haben, wirklich helfen konnten und schon mal frühzeitig das Krankenhaus kennenlernen konnten. Ja, und das ist dann so ein Recruiting. Recruiting muss man ja auch immer langfristig denken und nicht nur heute mache ich was und morgen kommt die Person, sondern ich bereite heute irgendwas vor und man sieht sich immer mehrmals im Leben. Irgendwann ein paar Jahre später habe ich diese Person dann bei mir. Also und das geht eben durch solche Programme und die dann möglicherweise auch Awards gewinnen.
Dr. Benedict Carstensen: Brauche ich denn als Chefarzt so eine Art Bewerber-Datenbank, wo ich quasi Kontakte, die potenziell bei mir anfangen könnten zu arbeiten, irgendwie systematisch mitnotiere und wenn dann eine Stelle frei wird, dass ich dem dann oder der Kollegin dann kurz in eine WhatsApp schreibe: Hey, wir hatten noch einen netten Kontakt, hier wird eine Stelle frei. Ich würde mich freuen, wenn Sie in meinem Team kommen würden.
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, also Talentpools sind ganz, ganz wichtig. Damit arbeite ich auch ganz viel und wirklich auch proaktiv das Ausschreiben der Stellenanzeige, wo man schreibt, Initiativbewerbung als und nicht nur Initiativbewerbungs-Formulare, so allgemeine, wo jeder mal sich da melden kann, sondern wirklich Initiativbewerbung als Art in der Gastroenterologie und dann hat man die alle schon gebündelt. Man muss natürlich gucken, datenschutzmäßig, man darf die ja eigentlich nicht länger als sechs Monate aufbewahren, es sei denn, man hat Einzelabsprachen, aber man kann sich auch bei 15.000 Bewerbungen nicht mehr Einzelabsprachen merken. Jetzt Initiativbewerber jahrelang aufzuheben, das geht dann auch nicht, aber sozusagen ja, ein Talentpool zu führen und da auch regelmäßig dran zu bleiben und den Leuten Stellen vorzuschließen, das ist natürlich ein sehr gutes Mittel.
Dr. Benedict Carstensen: Und du hattest vorher gesagt, wenn man jetzt so einen Anlass schafft und beispielsweise den Gastro-Slam macht, dann schreit das Recruiting Hurra. Ja. Ich könnte mir vorstellen, schränkst du, ich weiß aus eigener Erfahrung, also nicht nur bei mir, sondern was ich so mitbekomme, dass sich schon die einen oder anderen Chefärzte oder Chefärztinnen so ein bisschen verlassen fühlen, wenn sie was machen wollen, dass es dann entweder vom Recruiting nicht aufgenommen wird oder auch einfach nicht aktiv unterstützt wird. Und dann bleibt alles an mir als Chefarzt oder Chefärztin hängen. Wie gehe ich damit um? Und wegen Verantwortlichkeiten weniger, aber so prinzipiell, das hemmt ja auch so ein bisschen die Motivation.
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, ich glaube, das sind zwei Punkte. Einmal ist es, glaube ich, ein gegenseitiges Missverständnis, weil das Recruiting-Team denkt natürlich auch immer, die ChefärztInnen boykottieren alles. Die wollen nicht in Social Media, weil sie finden, Ärzterecruiting sollte seriös sein. Wenn ich eine moderne Stellenanzeige schreibe, dann geben sie die nicht frei, weil sie meinen, das wäre zu locker und sie wollen kein „Du“. Also von beiden Seiten herrscht so ein bisschen dieses, die anderen sind schuld, da muss man sie einfach zusammenraufen und vielleicht auch mal Recruiting-Schulung in der Abteilung machen, damit alle auf einem, wie sagt man, in einem Boot sind, was modernes Recruiting angeht.
Und das andere ist, wenn das wirklich im Unternehmen nicht nur Einzelfälle sind, sondern grundsätzlich nicht klappt, da muss man zur Beschäftigung gehen und Beispiele heranziehen von den vielen, vielen Krankenhäusern und Gesundheitsunternehmen, die das heute schon modern machen und messbare Erfolge damit erzielen und dann der Geschäftsführung sagen, jetzt mach mal die Augen auf, wir müssen hier modern werden und zum Beispiel die Einrichtung einer eigenständigen Recruiting-Abteilung und nicht irgendwie so einem Unterteam in der Personalabteilung, die auch noch Verträge schreiben und Gehälter auszahlen und nebenbei Recruiting machen sollen. Das gehört heute zum Standard in jeder mittelgroßen Einrichtung mindestens, aber auch in kleinen Einrichtungen brauche ich eine Person, die fürs Recruiting nur ausschließlich zuständig ist, da gibt es so viel zu tun und dann muss man ein bisschen dann der Geschäftsführung auch auf die Füße treten.
Dr. Benedict Carstensen: Okay, also so ein bisschen hoch eskalieren?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, leider hilft es dann manchmal nicht mehr.
Dr. Benedict Carstensen: Ja, aber jetzt meine Frage initial war schon konkret gemeint, also du bist wirklich Chefärztin einer chirurgischen Abteilung, was konkret würdest du machen?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, ich würde es mir selbst bewusst machen und mich morgens vor den Spiegel stellen und sagen: Recruiting ist auch meine Aufgabe, was kann ich denn heute mal machen, um das ein bisschen besser zu machen? Wenn man sich jeden Tag oder jede Woche einmal dafür Zeit nimmt und überlegt, jetzt arbeite ich ein bisschen an dem Thema, dann kommt man ja in kleinen Schritten voran. Ach, da kann man alles mögliche machen, man kann die Stellenanzeigen überarbeiten, man kann mit dem Team gemeinsam, man kann Videoclips drehen zusammen mit der Unternehmenskommunikation, man kann diese neuen innovativen Formate wie Gastro-Slam sich ausdenken, man kann alles, was es schon gibt, eben Mitarbeiter werben Mitarbeiter oder Corporate Influencer, das heißt, Leute aus dem eigenen Team, die vielleicht auch Lust haben in Social Media was zu machen, kann man ausfindig machen und die unterstützen und ermutigen, das auch zu machen.
Also ich glaube, wenn man einfach nur signalisiert, ich bin offen auch für eure Ideen aus dem Team und wir wollen jetzt hier modernes Recruiting machen oder uns als Abteilung einfach offen und modern zeigen, wer hat Ideen, da steht man ja als Chefärztin und -arzt nicht alleine da, sondern da werden sofort ganz viele Mitarbeitenden um die Ecke kommen mit coolen Ideen und dann kann man das als Team umsetzen und das Wichtige dabei ist, dass man Selbstwirksamkeit erlebt. Mitarbeitende verlieren die Motivation, wenn sie das Gefühl haben, ich muss immer darauf warten, dass die Personalabteilung irgendeine Stellenanzeige ausschreibt, aber wenn sie das Gefühl haben, wir können hier im Team was machen und das hat Erfolge und vielleicht kommt mal ein Bewerber und der sagt dann im Vorstellungsgespräch, Mensch, ich habe euer tolles Video auf LinkedIn gesehen oder ich war beim Gastro-Slam, dann merkt man plötzlich, oh man kann ja selber etwas tun und das steigert die Motivation des Teams, die Arbeitsatmosphäre und die Attraktivität für Bewerbende.
Dr. Benedict Carstensen: Spannend, also letztlich, was du sagst, ist als Führungskraft durch quasi die Mitarbeiterbehandlung oder durch das Involvieren der Mitarbeiter und durch einen guten Zugang zu den Mitarbeitenden schaffst du es, die Mitarbeitende ins Recruiting zu involvieren, dass mehr Bewerber sich vorstellen. Gleichzeitig hast du natürlich auch Instrumente zur Mitarbeiterbindung, dass die Mitarbeitenden bleiben und vor allem die Bewerber, die sich vorstellen, die sind dann an sich auch schon wieder eher zugetan, um sich dann wirklich dort anstellen zu lassen, weil dort eine gute Atmosphäre herrscht. Also, ich glaube, das hast du schön dargestellt, dass das Thema Führung für Recruiting unfassbar wichtig ist. Du hast jetzt schon zweimal das Thema Corporate Influencer Programm genannt. Es gibt ja auch Employee Advocacy Programme, also im Sinne von Corporate Influencer Light, also wo man jetzt quasi nicht ein, zwei Menschen als wirkliche Influencer ganz stark unterstützt, sondern eher mehrere Mitarbeitende, aber mit weniger Intensität. Wie kann ich das als Chefarzt anleiern? Also was kann ich da machen? Weil da ist ja vielleicht auch die Unternehmenskommunikation, vielleicht auch Personalmarketing oder noch andere Verantwortliche irgendwie involviert in dem Thema.
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, also das Einfachste ist natürlich erstmal LinkedIn als Kanal, weil da kann jeder und jede Mitarbeiterin sich beruflich als Experte, als Expertin positionieren, kann sich Reichweite aufbauen, zu Gleichgesinnten, kann jeden Tag was posten aus dem Arbeitsalltag oder Fachartikel oder Stellenanzeigen, was auch immer. Und da hat die Unternehmenskommunikation, da muss sie ja wenig sich einschalten, weil LinkedIn ist einfach ein berufliches Netzwerk, da kann jeder handeln. Es wäre natürlich gut, wenn es Social Media-Guidelines gibt im Unternehmen, damit die Mitarbeitenden so ein bisschen eingefangen werden, was darf ich, was darf ich nicht, weil manchmal ist auch nicht so klar, wo dann so ein Hindernis besteht, z. B., dass Datenschutzprobleme auftauchen, wenn man einen geöffneten Computer in einem Video zeigt oder so, das sind immer so Stolpersteine, da hilft es den Mitarbeitenden schon, wenn man ein bisschen Hintergrund-Erklärmaterial hat, aber sonst können die in LinkedIn eigentlich wirklich leicht auch selber loslegen.
Ansonsten bauen ja viele Unternehmen jetzt so Corporate Influencer oder wie du sagst, Employee Advocacy Programme auf, da muss man einfach dann nur den Finger heben und sagen, okay, wir machen mit, ich habe hier einen oder eine, die hat Lust, ich stelle die vielleicht zwei Stunden die Woche auch dafür frei, dass sie während ihrer Arbeitszeit Videos aus der Abteilung auch machen kann, denn das kostet einfach Zeit und man kann nicht von Mitarbeitenden erwarten, dass sie das dann noch nach dem Dienst irgendwie machen, da muss man schon auch irgendwie sich dann also wertschätzen, was diese Arbeit schon wert hat und dann kann man hoffen, dass die Unternehmenskommunikation das dann richtig als Programm aufbaut und diese Person auch richtig schult.
Dr. Benedict Carstensen: Wer schult wen, in welchem Ausmaß?
Maja Roedenbeck Schäfer: Da gibt es unterschiedlichste Anwendungsfälle. Es gibt vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe eine Zertifikatsschulung „Social Media Nurse“, da kann man Pflegekräfte hinschicken und dann wird das extern übernommen, kostet dann Geld, ist wie eine Fortbildung. Man kann kleine interne Schulungen machen. Ich habe schon halbtägige Schulungen angeboten, wo man einfach so die Basics ein paar Mitarbeitenden erklärt und das bietet sich dann alle halbe Jahre einmal an. Aus jeder Abteilung können die Leute hingeschickt werden, bis hin zu einem richtig umfassenden Offsite-Event, wo man mit Corporate Influencern wegfährt und Wochenende irgendwo verbringt und sich professionelle Influencer einlädt, die dann erklären, wie macht man guten Content, wie macht man es möglichst einfach, wie kriegt man es in den Arbeitsalltag integriert. Da sind verschiedene Ausbaustufen möglich.
Anfangen kann man ja vielleicht erst einmal mit der kleinen Variante, eine kleine interne Schulung oder man kann sich mit anderen ChefärztInnen zusammenschließen und sagen, die drei chirurgischen Abteilungen bieten jetzt mal sowas zusammen an für ausgewählte Mitarbeitende und dann gucken wir mal, wie weit wir damit kommen.
Dr. Benedict Carstensen: Aber ist es dann so, dass für diejenigen, die sozusagen als Mitarbeitende in dem Employee Advocacy Programm sind oder Corporate Influencer, dass für die andere Social Media-Regeln gelten?
Maja Roedenbeck Schäfer: Nee, andere Regeln würde ich eigentlich nicht sagen. Es wird mehr erwartet von denen, dass sie mehr und regelmäßiger Content produzieren und natürlich auch, dass sie sich klarer darüber sind, dass sie hier wirklich zum Marketing beitragen. Ich glaube, der Ansatz ist ein bisschen anders der Botschaft, aber letztendlich machen tun sie dasselbe. Sie geben authentische Einblicke ins Unternehmen und das ist ja das, was die Bewerber anzieht. Die wollen nicht vor so eine Wand laufen aus Online-Bewerbungsformular und Stellenanzeige, sondern die wollen das Gefühl haben, ich habe schon ins Unternehmen reingeschaut, bevor ich da angefangen habe und das ist eigentlich für jeden, der aus dem Unternehmen berichtet, die Aufgabe.
Dr. Benedict Carstensen: Ja, super Maja. Da war, glaube ich, ganz viel dabei. Gibt es noch irgendwas zum Thema Recruiting oder Personalmarketing, wo du sagst, das ist total wichtig, das möchtest du unseren Zuhörern noch mitgeben?
Maja Roedenbeck Schäfer: Ja, mein wichtigstes Botschaftsthema ist: Es macht Spaß. Also ich verstehe manchmal alles so als lästige Pflicht. Recruiting ist so ein tolles Feld. Man ist so frei in dem, was man da ausprobieren kann und man kann und es macht so stolz, wenn man dann irgendein Projekt entwickelt hat, wo noch kein anderer drauf gekommen ist und man hat dann damit, sei es den Award bekommen oder auch nur Aufmerksamkeit oder mehr Bewerbung, was auch immer. Man hat so viele Freiheiten da und ja, ich verstehe nicht mehr, wieso man es immer so als lästige Pflicht sieht, sondern es ist doch mal eine Abwechslung zum normalen Arbeitsalltag, zu den normalen Aufgaben, die man hat.
Dr. Benedict Carstensen: Vielen Dank Maja. Tatsächlich, ich habe einiges super Interessantes gehört. Erstmal so die Klarheit gewonnen zum Thema Recruiting ist auch Führungsaufgabe. Dann der Mythos des schlimmen Bewerbers. Das ist einfach eine Zeitgeisterscheinung und der Bewerber ist nicht schlimm, der ist einfach in einer anderen Situation wie früher und kann sich Dinge mehr raussuchen und man soll sich persönlich nehmen. Dann die Mitarbeitenden in das Recruiting einzubinden ist super erfolgreich und ein super Tipp, weil man da eben letztlich die Wirkung auch einfach organisch vertiefen kann. Ansonsten danke ich dir herzlich Maja. Das war wirklich super. Ich hoffe, dass es für ganz viele auch ein bisschen erleuchtend und inspirierend war. Ich freue mich auf die nächste Episode und wünsche allen noch einen wunderschönen Tag. Tschüss.
Maja Roedenbeck Schäfer: Tschüss.