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  • · Fachbeitrag · Werkstattrecht

    Wem gehören eigentlich die bei einer Reparatur ausgetauschten Teile?

    | Es gibt im Werkstattalltag Gewohnheiten und Usancen, über die man sich kaum Gedanken macht. Und dann wird man von einem Kunden überrascht, der ganz eigene Vorstellungen hat. So erreichte uns die Frage eines Lesers, der wissen wollte: Wem gehören eigentlich die bei einer Reparatur ausgetauschten Teile? |

     

    Frage: Jeden Tag wechseln wir Teile an Kundenfahrzeugen aus. Ganz selbstverständlich entsorgen wir die ausgebauten Teile. Doch jetzt macht ein Kunde Ärger: Wir, so sein Vorwurf, dürften doch nicht sein Eigentum vernichten. Einerseits gingen so, wenn es Anlass zum Streit gebe, Beweismittel verloren und andererseits sei der Schrottpreis heute so attraktiv, dass er Altmetall sammle und von Zeit zu Zeit verkaufe. So fragen wir uns erstmals ernsthaft: Wem gehören eigentlich die bei einer Reparatur ausgetauschten Teile?

     

    Unsere Antwort: Der Eigentümer der Sache bleibt auch Eigentümer der ausgebauten Teile der Sache. So hat Ihr Kunde im ersten Denkschritt Anspruch darauf, die ausgebauten Teile übergeben zu bekommen.

    Die reine Lehre versus das praktische Leben

    Vermutlich würden sich jedoch die meisten Ihrer Kunden sehr wundern, wenn sie jedes Mal die Reste selbst entsorgen müssten. Im praktischen Leben wird der Durchschnittskunde das nicht wollen. Denn zu Ende gedacht gilt das ja auch für das gewechselte Öl oder die ausgetauschte Bremsflüssigkeit.

    Auslegung des Vertrags bietet die Lösung

    Man wird daher den Werkvertrag dahingehend auslegen müssen, dass - wenn der Kunde nicht im Vorfeld anderes äußert - wortlos vereinbart wurde, die Werkstatt möge die Teile fach- und sachgerecht entsorgen. Interpretiert man den Vertrag lebensnah in diesem Sinne, haben Sie nichts falsch gemacht. Der Kunde kann die Herausgabe im Nachhinein nicht verlangen.

     

    PRAXISHINWEIS | Jegliche Interpretation des Vertrags ist jedoch immer mit Risiken behaftet. Bei weitem sicherer ist es, klare Patente zu machen. Es scheint empfehlenswert, auf dem Reparaturauftrag zwei Varianten zum Ankreuzen zu schaffen:

     

    • „Der Kunde wünscht die Entsorgung der ausgebauten Teile“
    • „Der Kunde wünscht die Herausgabe der ausgebauten Teile“
     

    Damit ist die Frage klar geregelt, für eine Interpretation ist dann kein Raum. Das Risiko, dass ein Gericht das anders sehen könnte, ist damit gebannt. Und um die Frage, ob die AGB wirksam vereinbart sind, muss man dann auch nicht streiten.

    Austauschteile gegen Hereingabe des Altteils

    Ein Sonderthema sind Austauschteile, bei denen der Preis für das vom Hersteller gelieferte Teil davon abhängt, dass das beschädigte Teil im Gegenzug wieder zur Aufbereitung hergegeben wird. Das kennt man im Wesentlichen von Motoren und Getrieben.

     

    Nach unserem Dafürhalten ist es ausreichend, auf dem Auftrag den Begriff „Austauschmotor“ oder „Austauschgetriebe“ zu verwenden. Damit muss dem Kunden klar sein, dass er das Altteil nicht herausverlangen kann. Wer absolut sicher gehen möchte, vermerkt auf dem Auftrag:

    Musterformulierung / Nichtherausgabe von Altteilen bei Austausch

    Dem Kunden wurde erläutert, dass die Verwendung eines Austauschteils zwingend die Übergabe des Altteils an den Hersteller erfordert. Der Kunde kann daher die Herausgabe des Altteils nicht verlangen.

     

    Das Beweis(vereitelungs)thema

    Nicht ganz von der Hand zu weisen ist - das sei am Rande bemerkt - der Einwand des Kunden, mit der Entsorgung der Teile würden Beweismittel vernichtet. Und dennoch: Wenn der Kunde die Teile verwahrt wissen möchte, muss er das sagen. Und wenn Sie die oben beschriebenen Ankreuzfelder verwenden, ist die Sache auch eindeutig.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Einzelfall sollten Sie im eigenen Interesse darüber nachdenken, die Teile zu verwahren. Wenn es schon bei der Auftragsannahme knistert und später Streit um die Notwendigkeit der Erneuerung aufkommen könnte oder wenn der Kunde als Problemkunde bekannt ist, kann es sinnvoll sein, einen Karton mit den Teilen eine Zeitlang zu verwahren. Dann sollte ein Mitarbeiter dokumentieren, von welchem Fahrzeug sie stammen. Das darf nie „der Chef“ selbst machen, denn ein Firmeninhaber oder Geschäftsführer kommt im Rechtsstreit seiner Firma nicht als Zeuge in Betracht.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Defektes Teil weg - Beweislast für Sachmangel wechselt“, ASR 10/2007, Seite 1
    • Beitrag „Altteilesteuer bei Teilzahlung durch Garantieversicherung“., ASR 11/20012, Seite 2
    • Beitrag „BMF vereinfacht die Regelungen für Reparaturleistungen an Fahrzeugen von Ausländern“, ASR 2/2013, Seite 9
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 13 | ID 39961750