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  • · Fachbeitrag · Personalmanagement

    Tatort Arbeitsplatz: Ihre Möglichkeiten beim Verdacht von Straftaten durch Mitarbeiter

    von Katharina Müller, LL.M., oec. Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Osborne Clarke, Köln

    | Das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern ist in der Regel unbelastet und von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Doch gelegentlich keimt in Kfz-Betrieben der Verdacht auf, dass Mitarbeiter (regelmäßig) stehlen könnten, weil der Ersatzteilbestand geringer ist als er sein müsste oder weil Geld in der Kasse fehlt. Als Inhaber oder Geschäftsführer stellen Sie sich dann die Frage: Was tun, um den Täter beweisbar zu überführen? |

    Fünf Maßnahmen kommen in Betracht

    Wird ein Mitarbeiter verdächtigt, wiederholt Gegenstände aus dem Betrieb zu entwenden, stehen Ihnen grundsätzlich fünf Maßnahmen zur Verfügung, den Mitarbeiter zu überführen:

     

    • Beobachtung durch Vorgesetzte und Kollegen
    • Personen- oder Ausgangskontrollen
    • Offene Videoüberwachung
    • Verdeckte Videoüberwachung
    • Einsatz eines Detektivs

    Verwertbare Erkenntnisse erlangen

    Für die genannten Maßnahmen gelten unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen, die Sie unbedingt beachten müssen, wenn die bei der Durchführung der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse verwertbar sein sollen.

     

    • Sonst entfalten Ihre „Beweise“ weder im Kündigungsschutzprozess vor den Arbeitsgerichten noch in einem etwaigen Strafverfahren Wirkung.
    • Zudem könnte Ihr Mitarbeiter Schadenersatz von Ihnen verlangen, zum Beispiel im Fall einer Videoüberwachung außerhalb der rechtlich zugelassenen Grenzen.
    • Bedenken Sie ferner, dass Sie mit Kontrollen jedweder Art in die Rechte Ihrer Mitarbeiter eingreifen. Kontrollen müssen daher geeignet sein, Ihre ebenfalls geschützten wirtschaftlichen Interessen zu wahren, ohne über Gebühr in die Rechte der Mitarbeiter einzugreifen.

     

    Beobachtung durch Vorgesetzte und Kollegen

    Aufgrund der arbeitsvertraglichen Treuepflicht sind Ihre Mitarbeiter verpflichtet, durch Kollegen verursachte Schäden anzuzeigen, wenn zu ihren Aufgaben die Aufsicht über andere Mitarbeiter gehört. Andernfalls besteht die Anzeigepflicht Ihnen gegenüber nur, wenn erhebliche Sachschäden drohen. Erhebliche Sachschäden hat das BAG bereits im Jahr 1970 bejaht, wenn eine Wiederholungsgefahr bei Diebstählen besteht.

     

    PRAXISHINWEIS | Vorsicht ist geboten bei Formulierungen in Arbeitsverträgen oder sogenannten Ethikrichtlinien, die jeden Mitarbeiter verpflichten, Ihnen jedweden Verstoß von Kollegen zu melden. Solche Regelungen halten einer rechtlichen Prüfung meist nicht stand.

     

    Personen- oder Ausgangskontrollen

    Wollen Sie in Ihrem Autohaus oder Kfz-Betrieb Personen- und Ausgangskontrollen ein- und durchführen, sollten Sie Folgendes beachten:

     

    • Besteht kein konkreter Verdacht gegen einen oder bestimmte Mitarbeiter, müssen Sie alle Mitarbeiter in die Maßnahmen gleichermaßen einbeziehen. Zulässig wäre ein Zufallssystem, das dafür sorgt, dass Mitarbeiter stichprobenartig kontrolliert werden.

     

    • Besteht hingegen der konkrete und begründete Verdacht, dass ein Mitarbeiter betriebseigenes Material in seinen Taschen versteckt hält, kann er aufgefordert werden, seine Tasche vorzuzeigen. Sollte sich der Mitarbeiter weigern seine Tasche zu öffnen, sollten Sie die Polizei hinzuziehen.

     

    PRAXISHINWEIS | Besteht in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, so müssen Sie diesen am Beschluss zur Durchführung von Taschenkontrollen zwingend beteiligen. Anderenfalls sind die gefundenen Beweise vor Gericht nicht zu verwerten.

     

    Videoüberwachung

    Bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz sind mehrere Konstellationen denkbar: Sie kann offen durchgeführt werden oder aber verdeckt. Außerdem muss unterschieden werden zwischen der Überwachung öffentlich zugänglicher Räume (zum Beispiel Verkaufsräume) oder nicht öffentlich zugänglicher Räume (zum Beispiel die Werkstatt oder Büros).

     

    Eine offene Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder berechtigter Interessen erforderlich ist. Außerdem sind die Rechte der betroffenen Personen zu berücksichtigen. Deshalb darf eine Videoüberwachung nur unter folgenden Voraussetzungen durchgeführt werden:

     

    • Es stehen keine anderen Überwachungsmittel zur Verfügung, die ebenso geeignet sind, jedoch weniger in die Rechte der Betroffenen eingreifen.
    • Die Videoüberwachung ist auf das Notwendigste zu beschränken, sowohl in zeitlicher Hinsicht, also auch im Hinblick auf die Anzahl der Kameras.
    • In die Abwägung einzubeziehen ist, ob ein bloßes Fernseh-Monitoring ausreicht oder ob die Speicherung der Aufnahmen notwendig ist.
    • Die Speicherzeit der Aufnahmen ist auf ein Minimum zu beschränken. Es gibt zwar keine gesetzlichen Höchstspeicherzeiten. Der Grundsatz der Datensparsamkeit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verlangen aber eine Löschung, sobald der Grund der Aufnahme entfällt.
    • Auf die offene Videoüberwachung in den Räumen müssen Sie deutlich hinweisen, beispielsweise durch ein gut sichtbares Schild an der Eingangstür.
    • Besteht ein Betriebsrat, ist er mitbestimmungsberechtigt.

     

    Die heimliche Videoüberwachung und die Verwertung der gewonnenen Beweise ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig. Voraussetzungen sind:

     

    • Es besteht der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung. Eine pauschale Annahme, dass Mitarbeiter Diebstähle begehen, reicht hier nicht.
    • Andere Mittel zur Aufklärung wurden bereits erfolglos ausgeschöpft.
    • Der Verdacht richtet sich gegen einen räumlich und funktional abgrenzbaren Mitarbeiterkreis.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch in dieser Konstellation ist die Maßnahme nur zulässig, wenn sie auch verhältnismäßig ist. Bei der heimlichen Videoüberwachung kann es in einem Prozess zu einem Beweisverwertungsverbot kommen, weil die Interessen der Arbeitnehmer hier stärker geschützt werden als in Fällen der offenen Videoüberwachung. Aus diesem Grund sollte von einer verdeckten Videoüberwachung nur in absoluten Ausnahmesituationen Gebrauch gemacht werden.

     

    Die Videoüberwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume, wie beispielsweise einer Werkstatt oder dem Ersatzteillager, ist an strengere Voraussetzungen geknüpft. Der Grund ist, dass Ihr Mitarbeiter sich nicht von seinem Arbeitsplatz wegbewegen kann, ohne gegen den Arbeitsvertrag zu verstoßen und so einem erhöhten Überwachungsdruck ausgeliefert ist. Daher ist eine dauerhafte Videoüberwachung in diesen Räumen nicht gestattet. Überdies bedarf es auch hier eines konkreten Verdachts im Hinblick auf eine Straftat seitens der Mitarbeiter. Die Zulässigkeit der Maßnahme ist daher im Einzelfall zu prüfen.

     

    Einsatz eines Privatdetektivs

    Alternativ kommt eine Überwachung durch einen Privatdetektiv in Betracht. Dafür muss jedoch ein konkreter Verdacht einer schweren Arbeitspflichtverletzung oder Straftat vorliegen. Sonst stellt die Überwachung ebenfalls einen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters dar. Es muss sich um das mildeste Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts handeln. Unter Umständen kann deshalb ein Detektiveinsatz einer Videoüberwachung sogar vorzuziehen sein.

     

    Beim Einsatz eines Privatdetektivs ist der Betriebsrat grundsätzlich nicht mitbestimmungsberechtigt. Eine Ausnahme gilt jedoch für den Fall, dass die Observation mit Hilfe einer Videoüberwachung am Arbeitsplatz erfolgt. Wird ein Mitarbeiter aufgrund eines so durchgeführten Detektiveinsatzes überführt, haben Sie als Arbeitgeber sogar die Möglichkeit, von ihm Ersatz der Kosten für den Einsatz zu verlangen.

     

    FAZIT | Im Falle des Verdachts, dass Mitarbeiter Straftaten begehen, haben Sie mehrere Handlungsmöglichkeiten. Um aus den gewonnenen Erkenntnissen arbeitsrechtliche Schritte ableiten zu können, müssen Sie bei der Überwachung die rechtlichen Voraussetzungen beachten. Und Sie sollten nicht vergessen: Ständige Kontrolle der Mitarbeiter führt zwangsläufig zu einem Motivations- und Vertrauensverlust. Dies aber sind die Grundlagen jeder Arbeitsbeziehung.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 18 | ID 42343893