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  • · Fachbeitrag · Kooperationen/Fusionen

    Kooperationen und Fusionen im Autohandel (Teil 3): Diese weiteren Kooperationsformen sind möglich

    von Rechtsanwalt und Steuerberater Joachim Breithaupt, Kanzlei Osborne Clarke, Köln

    | Seit vielen Jahren wird über den Konzentrationsprozess im Autohandel diskutiert. Der technologische Wandel, neue Geschäftsmodelle der Hersteller, veränderte Kundenbedürfnisse und die Corona-Pandemie haben den Prozess beschleunigt. Die Beitragsreihe gibt Hinweise und Empfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen und Fusionen, um einen tragfähigen Weg in die Zukunft zu finden. In Teil drei stellt ASR zwei weitere Kooperationsformen vor und zeigt deren Vor- und Nachteile. |

    Die Holding-Struktur als flexible Zwischenlösung

    Die Holding ist eine flexible Zwischenstufe zur Vollfusion der beteiligten Unternehmen. Hier bleiben Händlerbetriebe bestehen und auch Vertriebs- und Serviceverträge mit dem Hersteller werden wie bislang fortgeführt. Die Gesellschafter bringen nur die Beteiligungen an den Händlerbetrieben in eine dafür neue gegründete Holding-Gesellschaft ein. Im Gegenzug erhalten die Gesellschafter Anteile an der Holding.

     

    Einbringung kann steuerneutral erfolgen

    Die Einbringung kann steuerneutral nach den Vorgaben des Umwandlungssteuergesetzes erfolgen. Dabei können Sie allerdings nur Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft auf die Holding überführen. Ist ein beteiligter Händler als e. K. tätig, muss das Unternehmen erst in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft umgewandelt werden. Auch dies ist grundsätzlich steuerneutral möglich.

     

    Die Rolle der Holding

    Die Holding steuert die beteiligten operativen Betriebe und leitet diese einheitlich. Deshalb besteht auch bei dieser Struktur kein Konflikt mit dem Kartellrecht. Die Betriebe können koordiniert und abgestimmt auf dem Markt und im Wettbewerb auftreten. Neben der Geschäftsführung kann die Holding Verwaltungs- und Overheadfunktionen für die Beteiligten übernehmen.

     

    Mitarbeiter und Sachmittel auf Holding übertragen

    Wie bei der in ASR 5/2021 beschriebenen Servicegesellschaft müssen Sie dafür Mitarbeiter und Sachmittel auf die Holding übertragen. Für die Mitarbeiter führt dies zu einem Arbeitgeberwechsel im Sinne des § 613a BGB.

    Auch bei der Holding lassen sich die Betriebsergebnisse aus den operativen Gesellschaften genau den Gesellschaftern zuordnen, die den jeweiligen Betrieb eingebracht haben. Dafür müssen Sie die Holding in einer Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) gründen. In der Grafik lässt sich also

    • das Ergebnis der A-GmbH ausschließlich dem Gesellschafter A und
    • das Ergebnis der B-GmbH & Co. KG dem Gesellschafter B zuweisen.

     

    Sie können also komplexe Verhandlungen über die Beteiligungshöhe der beteiligten Gesellschafter an der Holding vermeiden. Werden Betriebsimmobilien nicht mit übertragen, sondern über Mietverträge den operativen Betrieben zur Nutzung überlassen, können Sie Auseinandersetzungen und Anpassungen über die Miethöhe vermeiden.

     

    Scheitert die Kooperation, können Sie die eingebrachten Beteiligungen an die vormaligen Gesellschafter der operativen Betriebe im Rahmen der sog. Realteilung zurückübertragen. Diese „Rückfahrkarte“ erleichtert u. U. den Schritt in die Kooperation.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Achten Sie auf sorgfältige Formulierungen des Gesellschaftsvertrags und der Vereinbarungen über die Leistungsbeziehungen zwischen Holding und operativen Gesellschaften, um die jeweiligen Rechte und Pflichten klar zuzuordnen.
    • Prüfen Sie im Vorfeld die steuerlichen Auswirkungen. Bestehen bei den bisherigen Betrieben komplexe steuerliche Strukturen mit Sonderbetriebsvermögen oder in Form einer Betriebsaufspaltung, sollten Sie u. U. eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt einholen, um böse Überraschungen zu vermeiden.
     

    Wichtig | Auch bei Umsetzung einer Holding-Struktur wird es erforderlich sein, die Zustimmung des Herstellers einzuholen. Die meisten Händler- und Serviceverträge sehen eine entsprechende Zustimmungspflicht vor.

    Die Fusion als Endstufe des Zusammenschlusses

    Die Fusion der beteiligten Händlerbetriebe ist die weitestgehende Form der Kooperation. Hier bringen die Gesellschafter die Händlerbetriebe in eine neue Betriebsgesellschaft ein und erhalten an dieser Gesellschaft Anteile. Die bisherigen Betriebe existieren nicht mehr. Sie sind mit allen Aktiva und Passiva in der Betriebsgesellschaft aufgegangen.

     

    Rechtssystematisch liegt eine Gesamtrechtsfolge vor

    Je nach Ausgestaltung der Verträge kommt es zu einer sog. Gesamtrechtsnachfolge, wodurch auch alle Vertragsverhältnisse der bisherigen Betriebe automatisch auf die neue Betriebsgesellschaft übergehen. Gleichwohl müssen Sie auch hier die Hersteller im Vorfeld informieren und um Zustimmung zur Übertragung der Händler- und Serviceverträge bitten.

     

     

    Fusion bietet enormes Potenzial

    Die Fusion ermöglicht die meisten Synergien und Optimierungen, da nur noch eine Gesellschaft existiert, die alle Aufgaben an den vorhandenen Standorten und innerhalb der bestehenden Strukturen übernimmt. Dienstleistungs- oder Serviceverträge wie bei der Servicegesellschaft oder der Holding sind hier nicht erforderlich. Auch können Sie den Mitarbeitereinsatz zwischen den Standorten viel leichter organisieren.

     

    Die Kehrseite dieser engen Verknüpfung ist: Die Fusion ist faktisch unumkehrbar. Sie können in bisherige Strukturen nicht mehr zurückkehren.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Wählen Sie die Fusion nur, wenn Sie sich sicher sind, dass ein erfolgreiches Miteinander hinreichend wahrscheinlich ist.
    • Regeln Sie im Gesellschaftsvertrag der neuen Betriebsgesellschaft detailliert
      • Rechte und Pflichten der Gesellschafter,
      • Stimmrechte und Gewinnbeteiligungen,
      • Möglichkeiten der Einflussnahme und Auskunftsrechte und
      • die Streitschlichtung.
    • Erzielen Sie keine Einigung und ist das Vertrauen ineinander nicht gegeben, bleibt nur die Möglichkeit, einen Gesellschafter gegen Abfindung auszubezahlen. Die „Rückgabe“ des ehemaligen Betriebs ist in der Regel nicht möglich.
    • Prüfen Sie die zukünftigen Partner, die erhofften Synergien und die Risiken, um das Risiko eines Scheiterns zu reduzieren. Bevor Sie den Schritt in die Fusion wagen, bietet sich eine Vertriebsgesellschaft oder eine Holding als sinnvoller und risikominimierender Zwischenschritt an.
     

    FAZIT | Je weiter die Kooperation geht, umso genauer sollten Sie die Vorteile und Risiken prüfen. Das Risiko minimieren Sie, indem Sie die Kooperation in Stufen umsetzen: Erst vertragliche Zusammenarbeit, dann Vertriebsgesellschaft, die Holding-Struktur als flexible Zwischenlösung und die Fusion als Endstufe. So können Sie testen, ob Sie vertrauensvoll zusammenarbeiten und die gewünschten Synergien und Vorteile realisieren können. Denn je intensiver der Zusammenschluss ist, umso schwieriger wird eine spätere Trennung. Beherzigen Sie daher den alten Grundsatz: Drum prüfe, wer sich ewig bindet.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Kooperationen und Fusionen im Autohandel (Teil 2): Diese Kooperationsformen dind möglich“, ASR 5/2021, Seite 15 → Abruf-Nr. 47341375
    • Beitrag „Kooperationen und Fusionen im Autohandel (Teil 1): Darum sollten Sie sich jetzt mit dem Thema befassen“, ASR 4/2021, Seite 16 → Abruf-Nr. 47277202
    • Im nächsten Beitrag geht ASR auf strategische, wirtschaftliche und rechtliche Fragen ein, die Sie für sich vor der Umsetzung einer Kooperation beantworten müssen.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2021 | Seite 14 | ID 47343779