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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer/Differenzbesteuerung

    Umsatzsteuerfalle: Ankauf vermeintlich differenzbesteuerter Fahrzeuge

    von StB Stan Guthmann, RAW-Partner mbB, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

    | In eine Umsatzsteuerfalle tappt, wer ein (vermeintlich) differenzbesteuertes Fahrzeug ankauft, bei dem sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nicht vorgelegen haben. Das passiert schneller als man denkt, wie eine Leseranfrage zeigt. Lesen Sie, was passiert ist, welche unschönen umsatzsteuerliche Folgen der Fall hat und wie sich solche Fälle vermeiden lassen. |

     

    Frage: Wir haben von einem Antiquitätenhändler einen gebrauchten Van im Wege der Inzahlungnahme differenzbesteuert angekauft. Den Van hatte der Antiquitätenhändler von einem Privatmann erworben. Es stellte sich jedoch nach kurzer Zeit heraus, dass der Van zu klein war für seine antiken Möbelstücke. Deshalb erwarb er bei uns einen Transporter. Wir sind davon ausgegangen, dass er als Wiederverkäufer die Voraussetzungen erfüllt, um uns den Van differenzbesteuert verkaufen zu können. Offensichtlich haben wir uns da getäuscht. Die Betriebsprüfung hat daraus ein regelbesteuertes Geschäft gemacht. Die Folge: Wir haben aus dem Ankauf des Fahrzeugs keinen Vorsteuerabzug, müssen aber auf den Verkauf die Regelbesteuerung anwenden. Wir müssen daher die Umsatzsteuer aus dem gesamten Verkaufspreis herausrechnen und abführen, und nicht nur aus der Marge. Ist das so richtig?

     

    Antwort: Leider ja. Sie sind in eine klassische Umsatzsteuerfalle getappt. Ihr Fall ist vergleichbar mit dem „Kioskbetreiber-Fall“, den der BFH im Jahr 2011 entschieden hat ( BFH, Urteil vom 29.06.2011, Az. XI R 15/10, Abruf-Nr. 112925 ).

    Differenzbesteuerung nicht anwendbar

    Der Antiquitätenhändler ist ‒ wie der Kioskbetreiber ‒ kein Wiederverkäufer im Sinne von § 25a Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG. Denn er kauft und verkauft keine Fahrzeuge. Er handelt also nicht gewerbsmäßig mit Fahrzeugen, auch nicht nachrangig, sondern mit Antiquitäten.

     

    Damit scheidet die Differenzbesteuerung bei der Veräußerung von Anlagevermögen in solchen Fällen aus. Seit dem 01.01.2012 steht dies auch in Abschnitt 25a.1 Abs. 4 S. 3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (BMF, Schreiben vom 11.10.2011, Az. IV D 2 ‒ S 7421/07/10002, Abruf-Nr. 113496).

     

    Nur am Rande: Dass der Antiquitätenhändler für den An- und Verkauf von Kunstgegenständen die Differenzbesteuerung anwenden kann (§ 25a Abs. 2 UStG), spielt im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf des Vans keine Rolle.

    Das sind die Folgen

    Der Antiquitätenhändler muss als Verkäufer des Vans die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent aus dem gesamten Verkaufserlös (Anrechnungspreis)herausrechnen und abführen. Bei einem Verkaufserlös von z. B. 10.000 Euro wären das 1.596,64 Euro (10.000 Euro : 119 x 19). Das Finanzamt gibt sich nicht mit der Umsatzsteuer aus einer positiven Marge aus An- und Verkauf zufrieden.

     

    Auf Ihrer Seite passiert Folgendes: Sie

    • können die Vorsteuer aus der Eingangsrechnung für den Van nicht ziehen, weil darin keine Umsatzsteuer ausgewiesen ist, und
    • müssen den gesamten Erlös aus dem Verkauf des Vans der Regelbesteuerung unterwerfen.

     

      • Beispiel

      Sie haben den Van für 10.000 Euro in Zahlung genommen und für 11.000 Euro weiterverkauft. Dann müssen Sie Umsatzsteuer in Höhe von 1.756,30 Euro (11.000 Euro : 119 x 19), und nicht nur 156,66 Euro (1.000 Euro : 119 x 19) aus der positiven Marge in Höhe von 1.000 Euro abführen.

       

    Damit reparieren bzw. vermeiden Sie solche Fälle

    Verlangen Sie vom Verkäufer des Vans eine neue (richtige) Rechnung, die Sie zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ihr Anspruch auf eine geänderte Rechnung ergibt sich aus § 14 UStG.

     

    Wichtig | Das setzt natürlich voraus, dass der Antiquitätenhändler als Unternehmer berechtigt ist, Umsatzsteuer in der Rechnung auszuweisen. Das ist er z. B. nicht, wenn er Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG ist.

     

    Erhöhen Sie Ihre Vorsicht, wenn Sie Fahrzeuge von Selbstständigen (z. B. Steuerberatern, Rechtsanwälten oder Architekten) oder Gewerbetreibenden (z. B. Fahrschulen, Handwerkern, Bäckern, Metzgern, Handels- oder Versicherungsvertretern, Second-Hand-Läden) ankaufen. Prüfen Sie deren ‒ in der Regel nicht gegebene ‒ Wiederverkäufer-Eigenschaft. Dokumentieren Sie das Ergebnis Ihrer Prüfung. Kaufen Sie bei Zweifeln an der Wiederverkäufer-Eigenschaft das Fahrzeug nur regelbesteuert an.

     

    Wichtig | Sichern Sie sich zumindest zivilrechtlich ab, wenn Sie trotz Zweifeln an der Wiederverkäufer-Eigenschaft differenzbesteuert ankaufen.

     

    PRAXISTIPP | Vereinbaren Sie mit dem Verkäufer, dass

    • es sich beim Inzahlungnahme-Preis um einen Bruttopreis handelt, und
    • er sich verpflichtet, eine ordnungsgemäße Bruttorechnung mit Umsatzsteuer-Ausweis zu erstellen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nicht vorliegen.
     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2018 | Seite 10 | ID 45453971