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  • · Fachbeitrag · Innergemeinschaftlicher Handel

    Vorsicht beim Verkauf hochpreisiger gebrauchter Fahrzeuge an Private in die EU!

    | Der Verkauf eines regelbesteuert angekauften gebrauchten Fahrzeugs an einen Privaten in einem anderen EU-Mitgliedstaat ist umsatzsteuerlich an sich kein Problem. Steuerlich zum Desaster aber kann das Geschäft werden, wenn Sie das Fahrzeug ins Ausland befördern oder eine Spedition mit dem Transport beauftragen und dabei die Lieferschwelle dieses Mitgliedstaates überschreiten. Erfahren Sie, welche Steuerfalle dann zuschnappt und was Sie tun müssen, um dies zu vermeiden. |

     

    Ein Fall aus der Praxis zeigt Ihnen, wie schnell sich ein einfaches Geschäft desaströs entwickeln kann.

     

    • Praxisfall

    Sie verkaufen im September 2015 einen regelbsteuert angekauften Audi A6 Avant 3.0 TDI (EZ Juli 2014, 25.000 km gelaufen) für 45.000 Euro brutto an einen Privatmann in Belgien. Der vielbeschäftigte Belgier bittet Sie, den Audi auf seine Kosten an seinen Wohnort Brügge zu bringen. Sie beauftragen eine Spedition mit dem Transport oder Ihren für Hol- und Bringservice angestellten „Rentner“, das Fahrzeug nach Brügge zu chauffieren und mit dem Zug zurückzufahren. Die Umsatzsteuer in Höhe von 7.184,87 Euro führen Sie in Deutschland ab.

     

    Lieferschwelle überschritten

    Alles richtig gemacht? Falsch! Denn Sie haben bei diesem Geschäft die Lieferschwelle überschritten. Die beträgt für Belgien 35.000 Euro netto. Und Ihr Geschäft beläuft sich auf 37.815,13 Euro netto. Damit unterfallen Sie der Versandhandelsregelung nach § 3c UStG. Die steuerlichen Folgen sind:

     

    • Sie müssen sich in Belgien umsatzsteuerlich registrieren lassen. Das ist mit Kosten verbunden. An die Registrierung sind Sie zwei Jahre gebunden.
    • Sie müssen die belgische Umsatzsteuer (21 Prozent) in Höhe von 7.809,92 Euro (also 625,05 Euro mehr als in Deutschland) abführen.
    • Manche EU-Mitgliedstaaten verlangen zusätzlich eine „Strafsteuer“, wenn Sie sich verspätet registrieren.
    • Sie müssen mit viel Aufwand über eine Rechnungsberichtigung versuchen, sich die deutsche Umsatzsteuer zurückzuholen, die Sie zunächst wegen des falschen Steuerausweises nach § 14c UStG schulden.

     

    Wichtig | Die Versandhandelsregelung nach § 3c UStG ist bei der Differenzbesteuerung ausgeschlossen (§ 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG). Das heißt: Die steuerlichen Folgen müssen Sie nicht fürchten bei Fahrzeugen, die Sie steuerfrei oder differenzbesteuert angekauft haben und differenzbesteuert weiterverkaufen (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG).

    So vermeiden Sie das Desaster

    Sie können ein solches Desaster vermeiden. Die Wege dorthin sind unterschiedlich sicher.

     

    Der sicherste Weg

    Sie bestehen darauf, dass Ihr Privatkunde das Fahrzeug selbst abholt oder von einem Beauftragten (zum Beispiel Bekannten, Freund oder Verwandten) abholen lässt und das Fahrzeug auf seinen eigenen Rädern oder auf einem Anhänger ins EU-Ausland bringt. Dann müssen Sie lediglich die deutsche Umsatzsteuer abführen.

     

    PRAXISHINWEIS | Diesen Weg sollten Sie immer wählen, auch wenn Sie mit diesem Geschäft unterhalb der Lieferschwelle des betreffenden Landes bleiben. Denn schon ein weiteres Geschäft kann dann ausreichen, dass Sie die Lieferschwelle überschreiten. Bei der Frage ob die Lieferschwelle überschritten wird, werden nämlich alle Lieferungen an Private in einem Jahr in den entsprechenden EU-Mitgliedstaat zusammengezählt.

     

     

    • Beispiel

    Angenommen, im eingangs geschilderten Praxisfall wäre der Audi A6 im Zeitpunkt des Verkaufs bereits drei Jahre alt gewesen und hätte noch 28.000 Euro gekostet. Dann hätten Sie die Lieferschwelle beim Verkauf nicht überschritten. Der Belgier ist aber von seinem Kauf und der Abwicklung so begeistert, dass er einem Freund empfiehlt, ebenfalls bei Ihnen zu kaufen. Über das Internet erwirbt dieser Freund im September 2015 bei Ihnen einen regelbesteuert angekauften Gebrauchten für 20.000 Euro. Die Überführung läuft genauso ab wie im Praxisfall. Damit überschreiten Sie mit diesem Verkauf 2015 die Lieferschwelle für Belgien - mit den beschriebenen negativen Folgen (Abschnitt 3c.1. Abs. 3 UStAE).

     

    Der zweitsicherste Weg

    Sie bitten Ihren belgischen Kunden, eine Spedition zu beauftragen, die das Fahrzeug bei Ihnen abholt und nach Belgien bringt.

     

    PRAXISHINWEIS | Dieser Weg hat Tücken: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie in diesem Fall im Feld 1 des CMR-Frachtbriefs als Absender eingetragen sind, und der Frachtführer (Spediteur) Sie auffordert, in Feld 22 zu unterschreiben. Um zu verhindern, dass die Finanzverwaltung Sie später als Auftraggeber des Spediteurs ansieht, sollten Sie im Feld 26 vermerken: „Auftraggeber ist der Empfänger des Fahrzeugs gemäß Feld 2 dieses Frachtbriefes“.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Die Übersicht „Mehrwertsteuersätze in den EU-Mitgliedstaaten“ und die Übersicht „Liefer- und Erwerbsschwellen beim Export ins EU-Ausland“ finden Sie auf asr.iww.de unter Downloads → Checkliste/Arbeitshilfen → Im- und Export.
    • Beitrag „Fehlerhafte Rechnungen können Sie teuer zu stehen kommen - So handeln Sie richtig!“, ASR 12/2012, Seite 6
    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 6 | ID 43530639