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  • · Fachbeitrag · Innergemeinschaftlicher Handel

    EU-Exporte: Wenn der Spediteur kommt, ... läuft so manches schief im Autohaus!

    von Sven Herpolsheimer, herpolsheimer fachberatung im automobilhandel, Kulmbach

    | Die Fahrzeugübergabe bzw. Auslieferung im B2B-Geschäft zählt sicherlich nicht zu den beliebtesten Arbeitsabläufen im Autohaus. Insbesondere Fahrzeugabholungen bei EU-Exporten durch einen ausländischen Spediteur werden gerne innerhalb weniger Minuten abgewickelt, um den Spediteur bzw. dessen Fahrer wieder „los zu haben“. Doch diese Vorgehensweise fördert Fehler ‒ Fehler, die Sie tunlichst vermeiden sollten, weil sie in der Regel „ins Geld gehen“. |

    Typischer Ablauf bei einer Abholung durch eine Spedition

    Typisch ist folgender Ablauf bei einer Abholung durch eine Spedition: Der Lkw-Fahrer bringt den bereits notdürftig vorausgefüllten CMR-Frachtbrief mit und bittet den Verkaufsberater, den Firmenstempel in das Feld 1 und Feld 22 zu setzen. Ferner verlangt der Fahrer eine Unterschrift vom Ausliefernden im Feld 22. Danach händigt der Fahrer in der Regel das weiße Deckblatt (Original) des 4-seitigen CMR-Frachtbriefs aus und behält die drei Durchschläge in rosa, blau und grün. Das unterzeichnete Original wandert in die Verkaufsakte. Ob alle Angaben im Frachtbrief richtig sind, prüft meistens niemand mehr.

    Fehlerquellen bei Abholung durch Spedition abstellen

    Wenn Sie den CMR-Frachtbrief ohne Prüfung unterschreiben und stempeln, könnten Sie einer abweichenden Entladestelle in einem anderen Ort oder sogar in einem anderen Land schriftlich zugestimmt haben! Sollte Ihnen in einem solchen Fall (Reihengeschäft) die bewegte Lieferung nicht zugeordnet werden, könnte das Geschäft für steuerpflichtig erklärt werden!

     

    PRAXISHINWEISE |

    • Kontrollieren Sie immer, ob im Feld 3 „Auslieferungsort des Gutes“ tatsächlich der Ort und das Land Ihres Kunden korrekt, wahrheitsgemäß und gut leserlich notiert ist. Vermerken Sie zur Sicherheit zusätzlich die Postleitzahl des Orts.
    • Prüfen Sie, ob der Empfänger (= Lieferadresse) im Feld 2 auf dem CMR-Frachtbrief exakt mit der Adresse des Erwerbers gemäß USt-IdNr.-Abfrage, Kaufvertrag und Rechnung übereinstimmt. Lieferungen an eine abweichende Adresse, welche jedoch z. B. als Zweigniederlassung im Handelsregister des EU-Kunden eingetragen ist, sollten unbedenklich sein.
    • Entwerten Sie mit einem Strich das Feld 17 „Nachfolgende Frachtführer“. Denn Sie haben das Fahrzeug dem tatsächlich bevollmächtigten Frachtführer übergeben. Sie wissen aber nicht, wer eventuell nachfolgender Frachtführer ist.
    • Entwerten Sie auch Feld 18 „Vorbehalte und Bemerkungen der Frachtführer“. So vermeiden Sie nachträgliche Eintragungen, die nicht in Ihrem Sinne sind; z. B. den Vorbehalt des Spediteurs, das Fahrzeug auf Weisung des Erwerbers an einen anderen Ort zu liefern.
     

    Grundsätzliche Praxisfragen zum CMR-Frachtbrief

    Der CMR-Frachtbrief beruht auf der „Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route“, übersetzt „Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr“. Er stammt aus dem Jahr 1956 und ist damit bereits 61 Jahre alt. Das macht sich in der Praxis bemerkbar. Denn er weist bedenkliche Schwächen auf:

     

    Wer ist eigentlich der „Absender“?

    Der BFH hat im Jahr 2015 die Voraussetzungen für die Anerkennung einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung mittels CMR-Frachtbrief konkretisiert. Dort wollte ein Autohaus den CMR-Frachtbrief als Alternativbeleg zur Gelangensbestätigung als Verbringungsnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung anerkannt haben ‒ und scheiterte. Warum? Der BFH verwies auf Art. 5 Abs. 1 CMR-Abkommen, wonach im Feld 1 der „Absender“ derjenige ist, der den Vertrag mit dem Frachtführer geschlossen hat (BFH, Urteil vom 22.07.2015, Az. V R 38/14, Abruf-Nr. 179473).

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    Wichtig | „Absender“ sind also in der Regel nicht Sie, obwohl Ihr Firmenstempel (siehe oben) im Feld 1 steht: Denn in den meisten Fällen beauftragt der ausländische Erwerber eine Spedition seiner Wahl und schickt diese mittels einer Abholvollmacht zu Ihnen ins deutsche Autohaus. Nur in verschwindend geringen Fällen beauftragt der deutsche Händler einen Frachtführer, um das Fahrzeug zum Erwerber im Bestimmungsland liefern zu lassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Urteil des BFH hat zur Folge, dass der CMR-Frachtbrief als Verbringungsnachweis ungeeignet ist. Ferner verlangt der BFH von Ihnen als auslieferndem deutschen Kfz-Händler umfassende Kenntnisse beim Versand mittels Spedition bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen. Denn Belegnachweise werden nur akzeptiert, wenn diese alle erforderlichen Angaben enthalten. Der BFH versagt dem Kfz-Handel den Vertrauensschutz, wenn „unrichtige“ Angaben auf Wissenslücken basieren.

     

    Weitere offene Fragen

    • Warum unterscheiden handelsübliche CMR-Frachtbriefe bei den Durchschlägen zwischen dem weißen Exemplar für den „Auftraggeber“ und dem rosafarbenen für den „Absender“?
    • Warum enthält Feld 1 lediglich das Wort „Absender“ und nicht „Auftraggeber“ bzw. eine Kombination „Absender/Auftraggeber“?
    • Aus welchem Grund gibt es das Feld 26 mit der Bezeichnung „Vertragspartner des Frachtführers“?
    • Im Feld 22 muss der „Absender“ (laut BFH zugleich Auftraggeber) unterschreiben und stempeln. Wie soll das in der Praxis umgesetzt werden?

     

    Wichtig | All diese Fragen müssten zur Sicherheit des deutschen Kfz-Handels beantwortet werden. Wünschenswert wäre, dass die Finanzverwaltung dem Handel ein verbindliches Muster bzw. eine praktikable und rechtssichere Ausfüllanleitung eines CMR-Frachtbriefs bei innergemeinschaftlichen Lieferungen von Fahrzeugen zur Verfügung stellt.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 7 | ID 44782398