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  • 23.03.2011 · IWW-Abrufnummer 112131

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 16.12.2010 – 8 Sa 1071/10

    Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung trotz gröberer Fahrlässigkeit bei Übernahme besonderer Risiken - leichtfertiger Umgang mit vereinnahmter Barzahlung von 50.000,-- € im Kfz-Gewerbe


    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 06.05.2010 - 1 Ca 2154/09 - teilweise abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 12.500,-- Euro nebst Zinsen verurteilt worden ist.

    Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3, die Kosten der Berufung trägt die Klägerin allein.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 25.000,-- Euro festgesetzt.

    Tatbestand

    Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin, welche einen Handel mit Fahrzeugen der Marke Porsche betreibt, die Beklagte als kaufmännische Angestellte auf Zahlung von Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, diese habe den von einem Fahrzeugkäufer in bar geleisteten Kaufpreis in Höhe von 50.250,-- € nicht in den am Arbeitsplatz vorhandenen Tresor, sondern in ein Fach unter der Verkaufstheke gelegt und durch vorübergehendes Verlassen des Arbeitsplatzes den nicht aufzuklärenden Diebstahl der genannten Geldsumme ermöglicht. Hierin liege ein grob fahrlässiges Verhalten, weswegen die Beklagte unter Berücksichtigung der Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs einen Betrag von 37.500,-- € zu ersetzen habe. Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung könne nicht ausgegangen werden, da sie den Verkaufsraum - und zwar auf dringende Weisung des Vorgesetzten - lediglich für zwei Minuten verlassen habe. Im Übrigen sei auf Seiten der Klägerin ein Mitverschulden in Ansatz zu bringen. Schließlich sei nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleich auch im Falle grob fahrlässiger Schadensverursachung das betriebliche Organisationsrisiko zu berücksichtigen. Auf der Grundlage ihres damaligen monatlichen Nettoeinkommens von ca. 1.150,-- € stehe die Höhe des Schadensrisikos und der geltend gemachten Ersatzforderung in einem Missverhältnis zu ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten.

    Durch Urteil vom 06.05.2010 (Bl. 43 ff. d. A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 37.500,-- € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Beklagte habe ihre vertraglichen Sorgfaltspflichten in grob fahrlässiger Weise verletzt, indem sie die Geldtasche mit dem vereinnahmten Kaufpreis nicht weggeschlossen, sondern in Anwesenheit des Kunden unbeaufsichtigt im Verkaufsraum zurückgelassen habe. Allein die Notwendigkeit, sich weisungsgemäß auf dem Parkplatz mit einer PKW-Anlieferung zu befassen, könne nicht erklären, warum die Beklagte auf die erforderliche Sicherung des Geldes verzichtet habe, zumal hiermit nur eine ganz kurzfristige Zeitverzögerung verbunden gewesen wäre. Für eine Haftungsbeschränkung unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens oder des innerbetrieblichen Schadensausgleichs sei eine Grundlage nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe der Arbeitnehmer einen grob fahrlässig verursachten Schaden des Arbeitgebers voll zu tragen.

    Das arbeitsgerichtliche Urteil ist der Beklagten am 14.06.2010 zugestellt worden. Hierauf hat die Beklagte einen mit dem Wort "Berufung" überschriebenen Schriftsatz vom 12.07.2010 (Bl. 52 d. A.), bei Gericht eingegangen am selben Tage mit der Parteibezeichnung "Beklagte, Berufungsklägerin und Antragstellerin im Prozesskostenhilfeverfahren" eingereicht. Dieser enthält, soweit von Belang, zunächst den Antrag,

    "der Beklagten Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichneten als Rechtsanwalt für die
    gegen das am 06.05.2010 verkündete & Urteil& zu bewilligen".

    Weiter heißt es sodann,

    "Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Berufung soll die Berufung

    mit dem Antrag durchgeführt werden, das Urteil &abzuändern &"

    "Zur Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs führen wir wie folgt aus&

    Inwiefern dieser Schriftsatz bereits eine unbedingte Einlegung der Berufung darstellt und - mangels Vorlage einer weiteren Berufungsbegründung den Anforderungen an eine wirksame Berufung genügt, ist unter den Parteien streitig.

    In der Sache wiederholt und vertieft die Beklagte ihren Standpunkt, auch im Falle der groben Fahrlässigkeit komme eine Haftungsbeschränkung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs in Betracht, und zwar insbesondere für den hier vorliegenden Fall, dass zwischen dem verwirklichten Schadensrisiko und dem Verdienst des Arbeitnehmers ein deutliches Missverhältnis bestehe. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass es zur fehlerhaften Arbeitsweise der Beklagten dadurch gekommen sei, dass der Verkäufer M1 die Beklagte bedrängt habe, in aller Eile den mit der Anlieferung eines Fahrzeugs befassten Spediteur zu bedienen. Weiter müsse der Umstand berücksichtigt werden, dass die Beklagte nicht etwa hauptamtlich, sondern nur im Wechsel mit einer Kollegin vertretungsweise am Nachmittag im Verkaufslokal mit der Entgegennahme von Zahlungen befasst sei. Hieraus erkläre sich, dass die Beklagte die gebotenen Sicherungsmechanismen nicht wie bei einer Hauptbeschäftigung verinnerlicht habe. Auch die hauptamtlich an der Kasse tätige Frau L1 habe den Tresor während der betrieblichen Öffnungszeiten stets unverschlossen gelassen und sich darauf beschränkt, die davor angebrachte hölzerne Schranktür zu schließen.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn dahingehend zu ändern, dass die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 12.500,-- € verurteilt wird.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie hält die Berufung bereits für unzulässig. Wie sich aus der Erklärung im Schriftsatz vom 12.07.2010 ergebe, solle die Berufung erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe durchgeführt werden. Dies könne allein so verstanden werden, dass zunächst allein Prozesskostenhilfe beantragt werden solle, die Berufung also keineswegs unbedingt habe eingelegt werden sollen. Für ein solches Verständnis spreche auch der Umstand, dass die Beklagte allein ihren Prozesskostenhilfeantrag, nicht hingegen die Berufung begründet habe. In der Sache habe das Arbeitsgericht zu Recht eine grob fahrlässige Pflichtverletzung der Beklagten angenommen, ohne dass der weitere Vortrag der Beklagten genüge, um von einem Mitverschulden der Klägerin auszugehen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Beklagte ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt habe, das vereinnahmte Geld im Tresor zu verschließen, habe für die Beklagte auch kein gesteigertes Haftungsrisiko bestanden. Auf den Gesichtspunkt eines deutlichen Missverhältnisses zwischen Arbeitsverdienst und verwirklichtem Schadensrisiko komme es unter diesen Umständen nicht an.

    Entscheidungsgründe

    Die - auf eine teilweise Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils beschränkte - Berufung der Beklagten hat Erfolg.

    I

    Die Kammer teilt nicht die seitens der Klägerin erhobenen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung.

    1. Abweichend vom Standpunkt der Klägerin handelt es sich bei dem mit der Überschrift Berufung bezeichneten Schriftsatz vom 12.07.2010 nicht um einen bloßen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sondern um eine - unbedingt eingelegte - Berufung. Lediglich die "Durchführung" der Berufung ist von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht.

    Die im Schriftsatz vom 12.07.2010 enthaltenen Erklärungen bedürfen der Auslegung (vgl. Förtsch, NJW 2009, 2796; BVerfG, 11.03.2010, 1 BvR 290/10, NJW 2010, 2567).

    Will eine bedürftige, auf PKH angewiesene Partei Berufung einlegen, sind die folgenden zwei prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten zu unterscheiden (vgl. BVerfG a. a. O.): Der potenzielle Berufungskläger kann PKH beantragen, dabei von der Einlegung der Berufung zunächst absehen und nach Bewilligung der PKH unter gleichzeitiger Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Berufung einlegen. Oder der Berufungskläger legt die Berufung bereits mit dem Antrag auf Bewilligung von PKH ein, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung hinsichtlich der Berufungsfrist nicht stellt. Wird über den PKH-Antrag nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist entschieden, so kommt im Falle der Fristversäumung insoweit Wiedereinsetzung in Betracht, wenn sich aus den Erklärungen des Prozessbevollmächtigten ergibt, dass er nur zu einem weiteren - über die Einlegung der Berufung hinausgehenden Tätigkeit bereit ist, wenn PKH bewilligt wird.

    Eben dies wird mit der Erklärung zum Ausdruck gebracht, die "Durchführung" der Berufung werde von der Bewilligung der PKH abhängig gemacht. Weder liegt danach eine bedingte Berufungseinlegung noch ein isolierter PKH-Antrag mit bloßer Ankündigung, Berufung einlegen zu wollen vor. Anders als nach dem Sachverhalt der von der Klägerin vorgelegten Entscheidung (BGH 27.10.2010, XII ZB 113/10), nach welchem ausdrücklich "abhängig von der Prozesskostenhilfebewilligung" Berufung eingelegt war, fehlt es nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt an zweifelsfreien Anhaltspunkten für den Willen, die Einlegung der Berufung von der Bewilligung der PKH abhängig zu machen.

    Auch die weitere Formulierung, es werde eine Kopie des Urteils beigefügt, gegen das sich die Berufung "richten solle", führt nicht zu dem Verständnis, es gehe um eine künftig einzulegende Berufung, vielmehr macht die gewählte Formulierung auch dann Sinn, wenn sie sich auf eine bereits eingelegte Berufung bezieht, mit welcher das angegriffene Urteil zu Fall gebracht werden soll.

    2. Entgegen der Auffassung der Klägerin scheitert die Zulässigkeit der Berufung auch nicht an einer fehlenden Berufungsbegründung. Richtig ist zwar, dass die Ausführungen in der Berufungsschrift ausdrücklich als Begründung des PKH-Gesuchs bezeichnet sind. In inhaltlicher Hinsicht genügen die genannten Ausführungen jedoch ohne Weiteres den Anforderungen an die Berufungsbegründung. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Beklagte wolle ihre Berufung auf andere als die im PKH-Gesuch aufgeführten Angriffe stützen. Vielmehr ist sowohl für das Gericht als auch für die Klägerin als Berufungsgegnerin unschwer zu erkennen, aus welchen Gründen das angegriffene Urteil für fehlerhaft gehalten wird. Allein die fehlende ausdrückliche Bezugnahme auf die zugleich mit der Berufung vorgelegten Sachgründe der Berufung führt nicht dazu, dass vom Fehlen der erforderlichen Berufungsbegründung auszugehen ist.

    II

    Die Berufung erweist sich auch in der Sache als begründet. Eine weitere als die von der Beklagten akzeptierte Zahlungsverpflichtung mit einem Betrag von 12.500 € nebst Zinsen scheidet aus Rechtsgründen aus.

    1. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil muss allerdings zu Lasten der Beklagten von einem grob fahrlässigen Verhalten ausgegangen werden. Weder die Tatsache, dass die Beklagte nicht durchgängig, sondern nur - regelmäßig - vertretungsweise mit dem Kassieren von Bargeld aus Kfz-Verkäufen befasst war, noch der Umstand, dass die Beklagte wegen der Anweisung des Vorgesetzten M1 unter einem gewissen Zeitdruck stand, kann erklären, warum nicht der vereinnahmte Geldbetrag im Tresor verschlossen aufbewahrt worden ist. Auch wenn als wahr unterstellt wird, dass der Tresor grundsätzlich erst nach Feierabend abgeschlossen wurde, ist hier jedenfalls die Besonderheit zu beachten, dass ein gesteigertes Diebstahlrisiko sich schon daraus ergab, dass der vereinnahmte Geldbetrag in Anwesenheit des Kunden unter der Theke verstaut wurde. Dementsprechend geht es vorliegend nicht allein um das Risiko, dass ein in den Tresor gelegter Geldbetrag entwendet werden kann, weil der Tresor nicht abgeschlossen, sondern allein die davor befindliche Holztür geschlossen worden ist. Vielmehr war das Diebstahlrisiko noch einmal deutlich dadurch erhöht, dass das fehlende Wegschließen des Geldes vom zahlenden Kunden oder auch von im Verkaufsraum anwesenden Dritten beobachtet worden sein konnte.

    2. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil liegen auch keine Anhaltspunkte für ein Mitverschulden der Klägerseite vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Gegebenenfalls hätte die Beklagte gegenüber dem Vorgesetzten M1 verdeutlichen müssen, dass sie vor Bedienung des Spediteurs noch den vorrangig zu erledigenden Vorgang der Sicherung des eingenommenen Geldbetrages abschließen musste. Das gilt um so mehr, als dem Vorgesetzten M1 im Zweifel die konkreten Umstände bei der Vereinnahmung des Bargeldes und damit die maßgeblichen Risikofaktoren nicht bekannt sein konnten.

    3. Abweichend vom Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils führt die Annahme einer groß fahrlässigen Pflichtverletzung jedoch nicht zwangsläufig zur vollen Arbeitnehmerhaftung. Vom Fall "gröbster Fahrlässigkeit" abgesehen (vgl. BAG 25.09.1997, 8 AZR 288/96, NZA 1998, 310 - "Narkoseärztin") sind auch bei grob fahrlässiger Schadensverursachung durch den Arbeitnehmer Haftungserleichterungen nicht ausgeschlossen. Vielmehr kommt es bei der Abwägung der Umstände des Einzelfalls insbesondere auch auf den Gesichtspunkt an, inwiefern der Arbeitsverdienst in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko besteht (BAG, 23.01.1997, 8 AZR 893/05, NZA 1998, 140 - "Enteiser-Fahrzeug").

    Wie das Bundesarbeitsgericht in der vorstehend genannten Entscheidung ausgeführt hat, geht es bei der Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten darum, die Verantwortung des Arbeitgebers für die Organisation des Betriebes und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen sowie das damit verbundene Betriebsrisiko miteinzubeziehen. Der Arbeitnehmer kann den vorgegebenen Arbeitsbedingungen in der Regel weder tatsächlich noch rechtlich ausweichen. Die vom Arbeitgeber gesetzte Organisation des Betriebes prägt damit das Haftungsrisiko für den Arbeitnehmer. Nicht anders als bei der Beauftragung eines Kraftfahrers mit dem Führen eines Fahrzeuges im Wert von 150.000,-- DM ist auch hier der Umstand zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Privatperson mit Geldbeträgen in der hier maßgeblichen Größenordnung nicht umzugehen hat. Dementsprechend handelt es sich hier um ein spezifisches, arbeitsverhältnisbezogenes Haftungsrisiko. Anders als bei einem Kassierer eines Geldinstituts, welcher für das bestehende Schadensrisiko einen entsprechenden Ausgleich - auch zum Abschluss einer diesbezüglichen Versicherung - erhält, steht bei der Beklagten dem erheblichen Haftungsrisiko mit der - ansonsten nicht zu beanstandenden - Teilzeitvergütung von seinerzeit ca. 1.150,-- € kein angemessener Risikoausgleich in dem Sinne zur Verfügung, dass hiermit das gesteigerte Schadensrisiko aus dem Umgang mit beträchtlichen Bargeldeinnahmen angemessen kompensiert ist.

    Soweit demgegenüber die Klägerin den Standpunkt einnimmt, die von der Beklagten zu erledigende Kassiertätigkeit sei - anders als die nur schwer beherrschbare Tätigkeit einen Kraftfahrers - mit keinerlei besonderem Haftungsrisiko verbunden, sofern nur die einfachsten Regeln der Umgangs mit Bargeld beachtet würden; dementsprechend sei für eine besondere Berücksichtigung des Betriebsrisikos kein Raum, überzeugt dies nicht. Wie der Sachverhalt der zitierten BAG-Entscheidung vom 23.01.1997 (Trunkenheitsfahrt mit Enteiserfahrzeug) zeigt, kommt es für den Gesichtspunkt der betrieblich veranlassten Übernahme gesteigerter Haftungsrisiken nicht darauf an, ob diese bei sorgfältiger Arbeit vermieden werden können. Träfe dies zu, könnten die Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs im Falle einer Trunkenheitsfahrt eine Haftungsbeschränkung von vornherein keine Anwendung finden. Tatsächlich ist das Risiko des Arbeitnehmers, bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem besonders wertvollen Dienstfahrzeug einen außerordentlich hohen Fahrzeugschaden zu verursachen, gegenüber den Risiken bei einer Trunkenheitsfahrt mit dem eigenen Privatfahrzeug deutlich gesteigert, weswegen auch in einem derartigen Fall grob fahrlässigen Handelns der Gesichtspunkt der Übernahme fremder Risiken zu berücksichtigen ist.

    Gleiches gilt auch hier. Auch ein noch so leichtfertiges Handeln beim Umgang mit Bargeld ändert nichts daran, dass das Risiko eines besonders hohen Schadens den Arbeitnehmer nur aufgrund der ihm übertragenen Arbeitsaufgabe trifft.

    Anknüpfend an die weiteren Ausführungen in der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist dementsprechend zu berücksichtigen, dass die Beklagte auch bei Außerachtlassung von Unterhaltspflichten unter Berücksichtigung eines monatlich pfändbaren Betrages von 115,40 € entsprechend ca. 1.385,-- €/Jahr erst nach ca. neun Jahren den von ihr akzeptierten Schadensanteil von 12.500,-- € abgearbeitet haben wird. Gleichbleibende Einkommensverhältnisse unterstellt, müsste die Beklagte 27 Jahre den pfändbaren Teil ihres Arbeitseinkommens zahlen, um die geforderte Schadensersatzleistung von 37.500,-- € auszugleichen. Selbst bei vollständigem Verbrauch des Nettoverdienstes für den geltend gemachten Schaden von 37.500,-- € müsste die Beklagte mehr als 2 1/2 Jahre auf das erzielte Arbeitseinkommen vollständig verzichten.

    Vergleicht man die Schwere des Vorwurfs gegen die Beklagte mit der Schwere des Vorwurfs gegenüber dem Kraftfahrer, welcher mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,41 o/oo ein 30 Tonnen schweres Enteiserfahrzeug auf dem Flughafengelände fährt, bei der Fahrt einschläft und einen Schaden von 150.000,-- DM verursacht, wovon er nach der zitierten Rechtsprechung im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs einen Teil von 20.000,-- DM zu tragen hat, so kann hier ein höherer als der von der Beklagten akzeptierte Haftungsanteil mit 12.500,-- € nicht angenommen werden.

    Soweit demgegenüber die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.09.1997 von einer "gröbsten Fahrlässigkeit" der Beklagten ausgehen will, da es zur Schadensvermeidung allein der Sicherung des vereinnahmten Geldes durch Einlegen in den zu verschließenden Tresor bedurft hätte, wird der Maßstab der gröbsten Fahrlässigkeit verkannt. Anders als nach dem Sachverhalt der Narkoseärztin-Entscheidung kann hier der Beklagten nicht vorgeworfen werden, ohne besondere Stresssituation gleich mehrere, zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Fehlleistungen vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahmen missachtet und damit - bezogen auf die Standards fachärztlicher Tätigkeiten - jedwede Sorgfaltsregeln bewusst übergangen zu haben. Auch wenn das Verhalten der Beklagten - das fehlende Wegschließen des Geldes - als grob fahrlässig angesehen werden muss, liegt hier doch kein Sachverhalt vor, welcher das dem Arbeitgeber zuzurechnende Organisations- und Schadensrisiko vollständig oder weitestgehend zurücktreten lässt. Auch wenn das Verhalten der Beklagten nicht nur als unbedacht, sondern als leichtfertig und damit grob fahrlässig angesehen wird, kann von einer nachhaltigen, verantwortungslosen oder gar strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung der Beklagten nicht ausgegangen werden.

    III

    Zinsen stehen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu.

    IV

    Über die Kosten des ersten Rechtszuges war gemäß § 92 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens zu entscheiden. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, da sie unterlegen ist.

    V

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.