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  • 18.01.2011

    Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 16.11.2010 – 7 Sa 254/10

    Bei der Vereinbarung einer angemessenen Ausbildungsvergütung nicht tarifgebundener Vertragsparteien eines Ausbildungsverhältnisses ist grundsätzlich auf den einschlägigen Tarifvertrag abzustellen. Unterschreitet die vertragliche Vereinbarung 80 % der nach dem Tarifvertrag zu zahlenden Ausbildungsvergütung, ist diese als nicht mehr angemessen i. S. v. § 17 Abs. 1 BBiG anzusehen. Der Ausbilder hat dann im Streitfall nicht die auf 80 % zu erhöhende, sondern die tarifliche Vergütung zu zahlen.

    Nur wenn es an einer einschlägigen Regelung fehlt, kann für die Bestimmung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung auf die Empfehlungen der Kammern und Handwerksinnungen zurückgegriffen werden.

    Schließen die Parteien nach Begründung des Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders einen zweiten, nur zur Vorlage bei der Handwerkskammer zur Eintragung in die Lehrlingsrolle vorgesehenen Ausbildungsvertrag ab, ist im konkreten Einzelfall dann von einem Scheinvertrag i. S. v. § 117 BGB auszugehen, wenn die darin enthaltene "angemessene" Vergütungshöhe während des Bestehens des Ausbildungsverhältnisses weder gezahlt noch abgerechnet wird. Ein entsprechender, auf das Scheingeschäft gerichteter Parteiwille, insbesondere des Ausbilders, wird auch dadurch bestätigt, wenn selbst der zur "Abwicklung" des Ausbildungsverhältnisses mit einer zum Teil unter 60 % der tariflichen Vergütung geschlossene erste Vertrag nicht vereinbarungsgemäß erfüllt wird. (Die Zahlung der für das zweite Ausbildungsjahr vorgesehenen Vergütung erfolgt erst im dritten Ausbildungsjahr und die für das dritte Ausbildungsjahr vereinbarte weitere Erhöhung unterbleibt bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses).

    Der jeweils zuständigen Stelle, der Handwerkskammer (HWK) oder der Industrie- und Handelskammer (IHK) ist über die Eintragung der Ausbildungsverträge in die "Lehrlingsrolle" eine Rechtskontrolle übertragen, die sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG i. V. m. §§ 17 Abs. 1 und 25 BBiG auch auf die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsabrede erstreckt.


    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 7 - durch den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2010

    für R e c h t erkannt:

    Tenor:

    I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig - 3 Ca 1076/09 - vom 05.03.2010 teilweise

    a b g e ä n d e r t .

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ausbildungsvergütung in Höhe von 5.660,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

    aus jeweils 170,00 € seit dem 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007, 01.07.2007, 01.08.2007 und 01.09.2007,

    aus jeweils 225,00 € seit dem 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007, 01.01.2008, 01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008, 01.05.2008, 01.06.2008, 01.07.2008, 01.08.2008 und 01.09.2008,

    aus jeweils 230,00 € seit dem 01.10.2008, 01.11.2008, 01.12.2008 und 01.01.2009

    abzüglich eines Nettobetrages in Höhe von 1.906,21 € zu zahlen.

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

    III. Die Kosten erster Instanz trägt der Beklagte. Die Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2008.

    Der Kläger hat mit dem Beklagten, der in ... einen Kfz-Service betreibt, am 24.04.2006 einen Berufsausbildungsvertrag im Ausbildungsberuf Kfz-Mechatroniker mit Schwerpunkt Pkw-Technik, mit einer Ausbildungszeit von 42 Monaten, für die Zeit vom 01.09.2006 bis 28.02.2010 geschlossen. Als monatliche Ausbildungsvergütung haben die Parteien 230,00 € brutto für das erste Ausbildungsjahr, 280.00 € brutto für das zweite Ausbildungsjahr, 320,00 € brutto für das dritte Ausbildungsjahr und 390,00 € brutto für das vierte Ausbildungsjahr vereinbart. Von September 2006 bis August 2008 hat der Beklagte monatlich jeweils 230,00 € brutto und von September 2008 bis Dezember 2008 monatlich jeweils 280,00 € brutto abgerechnet und gezahlt.

    Am 14.08.2006 haben die Parteien auf Veranlassung des Beklagten einen zu sonst gleichen Bedingungen weiteren Ausbildungsvertrag mit einer Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr in Höhe von 308,00 € brutto, für das zweite Ausbildungsjahr in Höhe von 352,00 € brutto, für das dritte Ausbildungsjahr in Höhe 396,00 € brutto und für das vierten Ausbildungsjahr in Höhe 432,00 € brutto geschlossen, den der Beklagte bei der Handwerkskammer zu dessen Eintragung in die Lehrlingsrolle vorgelegt hat . Dieser Ausbildungsvertrag wurde von der Handwerkskammer zu ... am 23. August 2006 genehmigt und unter der Ausbildungsvertragsnummer 060960769 eingetragen. Der Beklagte ist Mitglied der Innung des Kraftfahrzeughandwerks Region ... in der über 250 Servicewerkstätten und Autohäuser registriert sind, gehört der dort gebildeten Schiedskommission an und ist Lehrlingswart. Er ist nicht tarifgebunden. Der Austritt aus der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TG MDK) erfolgte nach eigenen Angaben zum 1.4.2005. Die tarifliche Ausbildungsvergütung nach dem Tarifvertrag der TG MDK beträgt nach der Fassung vom 09.05.2006 ab dem 01.07.2006 für das 1. Ausbildungsjahr 400,00 €, für das 2. Ausbildungsjahr 455,00 €, für das 3. Ausbildungsjahr 510,00 € und für das 4. Ausbildungsjahr 560,00 €.

    Das Berufsausbildungsverhältnis endete einvernehmlich durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches zum 31.01.2009. Der Kläger hat seine Ausbildung in einem anderen Betrieb fortgesetzt.

    Mit der am 04.03.2009 vor dem Arbeitsgericht Leipzig erhobenen Klage begehrte der Kläger die Differenz zwischen der bereits gezahlten und der von der Innung des Kraftfahrzeughandwerkes der Region ... als angemessen, vorgegebenen Vergütung.

    Der Beklagte sei nach Kenntnis des Klägers mittelbar über die Handwerkskammer/Innung Mitglied der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe.

    Da bereits gegen den Beklagten ein Verfahren wegen Lohnwuchers gelaufen sei, sollte deswegen gegenüber der Handwerkskammer formal eine andere Vergütung dokumentiert werden. Ein Exemplar des Berufsausbildungsvertrages vom 14.08.2006 sei ihm weder ausgehändigt noch sei die Ausbildungsvergütung danach berechnet worden. Es handelte sich daher um ein Scheingeschäft und sei somit nichtig.

    Der Kläger hat danach beantragt:

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 5.240,00 (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.10.2006, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.11.2006, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.12.2006, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.01.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.02.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.03.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.04.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.05.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.06.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.07.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.08.2007, aus € 155,00 (brutto) seit dem 01.09.2007, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.10.2007, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.11.2007, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.12.2007, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.01.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.02.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.03.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.04.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.05.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.06.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.07.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.08.2008, aus € 210,00 (brutto) seit dem 01.09.2008, aus € 215,00 (brutto) seit dem 01.10.2008, aus € 215,00 (brutto) seit dem 01.11.2008, aus € 215,00 (brutto) seit dem 01.12.2008 sowie aus € 215,00 (brutto) seit dem 01.01.2009 zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er sei nicht an den Tarifvertrag der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe gebunden. Der Vertrag vom 24. April 2006 sei am 14. August 2006 auch deshalb geändert worden, weil die Kraftfahrzeuginnung der ... Region aus der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe ausgeschieden sei. Unter Berücksichtigung des zuletzt geschlossenen Vertrages stehe dem Kläger noch ein Differenzbetrag von € 2.827,59 brutto zu.

    Wegen des Sach- und Streitstandes, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, wie es in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

    Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05. März 2010 der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf rückständige Ausbildungsvergütung in Höhe von 2.864,00 €, soweit dieser die Differenz zwischen der bereits gezahlten Vergütung und der im Berufsausbildungsvertrag vom 14.08.2006 vereinbarten Vergütung einschließlich der Zinsen verlange. Der darüber hinausgehende Anspruch sei unbegründet. Der Berufsausbildungsvertrag vom 14.08.2006 sei wirksam. Soweit vom Kläger - im Hinblick auf die Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung - behauptet werde, es handele sich bei diesem Vertrag um ein Scheingeschäft, fehle ausreichender Sachvortrag. Nach § 117 Abs. 1 BGB liege ein Scheingeschäft vor, wenn eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben sei, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben werde. Selbst wenn die Vermutung des Klägers zutreffend wäre, dass der Vertrag nur formal gegenüber der Handwerkskammer die Vergütung dokumentieren sollte, so hätte der Kläger noch nicht einmal behauptet, dass er hiermit einverstanden gewesen und deshalb die Willenserklärung des Beklagten mit seinem Einverständnis nur zum Schein abgegeben worden sei. Soweit er in diesem Zusammenhang vorsorglich bestritten habe, dass die Innung/Handwerkskammer die Genehmigung zu diesem Vertrag erteilt hätte, sei dies unbeachtlich, weil ein Berufsausbildungsvertrag zu seiner Wirksamkeit keiner Genehmigung der Innung oder Handwerkskammer bedürfe.

    Die im Berufsausbildungsvertrag vom 14.08.2006 vereinbarte Ausbildungsvergütung sei auch angemessen im Sinne von § 17 Abs. 1 BBiG. Grundsätzlich sei bei der Bemessung einer angemessenen Ausbildungsvergütung von dem einschlägigen Tarifvertrag auszugehen. Nur wenn eine entsprechende tarifvertragliche Regelung fehle, könne auf die branchenüblichen Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Industriezweiges entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. In diesem Fall könne auf die Empfehlungen der Kammern oder der Handwerksinnungen zurückgegriffen werden. In beiden Fällen sei zu vermuten, dass die Ausbildungsvergütung nicht mehr angemessen sei, wenn sie um mehr als 20 % unter Tarif bzw. der Empfehlung der zuständigen Kammer bzw. der Innung liege. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Dem Gericht sei es verwehrt, eine Prüfung der vereinbarten Vergütungssätze anhand eines Tarifvertrages, insbesondere anhand der Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe vorzunehmen, da der Kläger nicht dargelegt habe, dass ein solcher Tarifvertrag räumlich, zeitlich und fachlich auf den Betrieb des Beklagten zur Anwendung komme. Die zwischen den Parteien im Vertrag vom 14.08.2006 vereinbarte Ausbildungsvergütung liege exakt 20 % unter den Sätzen, die nach dem Vortrag des Klägers von der Innung festgelegt worden seien. Letztlich sei es für die Frage der Angemessenheit auch ohne Bedeutung, dass der Beklagte die Vergütungsvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 nicht erfüllt habe. Zwar müsse die Vergütung während der gesamten Ausbildungszeit angemessen sein, weshalb bei der Prüfung der Angemessenheit auf die jeweiligen Zeitabschnitte und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt werden müsse. Dies bedeute aber nicht, dass eine vereinbarte Ausbildungsvergütung, die während der gesamten Laufzeit des Ausbildungsvertrages angemessen sei, allein deshalb unangemessen werde, weil der Ausbildende die Ausbildungsvergütung nicht oder nicht in vollem Umfange zahle. Vielmehr sei es in diesem Fall Sache des Auszubildenden, seine Ausbildungsvergütung gerichtlich geltend zu machen.

    Gegen das dem Kläger am 29.03.2010 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 26.04.2010 am 27.04.2010 Berufung eingelegt und diese am 28.05.2010 begründet.

    Unter Wiederholung des wesentlichen erstinstanzlichen Vorbringens hat der Kläger nach Hinweis des Gerichtes im Berufungsrechtszug vorgetragen, dass die tarifliche Ausbildungsvergütung auf der Grundlage der Tarifverträge im Kfz-Gewerbe zwischen der IG Metall und der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TG MKG) in Sachsen für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis einschließlich 30.04.2008 im ersten Ausbildungsjahr 400,00 €, im zweiten Ausbildungsjahr 455,00 € und im dritten Ausbildungsjahr 510,00 € betragen habe. Danach sei eine Tarifsteigerung ab 01.05.2008 für das zweite Ausbildungsjahr auf 475,00 € brutto und im dritten Ausbildungsjahr auf 530,00 € brutto zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Beklagten bedürfe es bei der Heranziehung der Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe zur Beurteilung, ob die Ausbildungsvergütung des Klägers sittenwidrig sei, keiner Tarifgebundenheit der Parteien. In einem solchen Falle hätte der Kläger einen unmittelbaren Anspruch aus der Tarifbindung. Vielmehr sei der branchenübliche Tarifvertrag mit der dort festgesetzten Vergütung, im Rahmen des § 138 BGB als Richtwert heranzuziehen.

    Ob der Beklagte tarifgebunden sei oder die Kfz-Innung aus dem Tarifverbund ausgeschieden sei, wäre unbeachtlich. Der Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 habe lediglich zur Vorlage bei der Handwerkskammer und zu dessen Eintragung in die Lehrlingsrolle gedient. Der Ausbildungsvertrag vom 24.04.2006 sei hingegen - wenn auch nicht vollständig - durchgeführt worden. Es handele sich bei dem Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 um einen Scheinvertrag. Mithin habe der Kläger Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Insofern seien die tariflichen Vergütungssätze für den Zeitraum von September 2006 bis Dezember 2008 maßgeblich. Die vertragliche Unterschreitung der tariflichen Vergütungssätze betrage auch mehr als 20 %. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlerhafte Abrechnung des zweiten Ausbildungsvertrages berufen, da er unstreitig erst nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses und nach Aufforderung durch den Kläger eine veränderte Abrechnung der bei dem Beklagten absolvierten Ausbildung in Aussicht gestellt habe. Erst zu diesem Zeitpunkt sei dem Kläger der 2. Ausbildungsvertrag als Anlage im vorliegenden Rechtsstreit zugeleitet worden.

    Der Kläger hat danach beantragt:

    Der Beklagte wird unter dahingehender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Leipzig vom 05.03.2010 zu Az.: 3 Ca 1076/09 verurteilt, an den Kläger € 5.820,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 170,00 seit dem 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007, 01.07.2007, 01.08.2007 und 01.09.2007, aus jeweils € 225,00 brutto seit dem 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007, 01.01.2008, 01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008 und 01.05.2008, aus jeweils € 245,00 seit dem 01.06.2008, 01.07.2008, 01.08.2008 und 01.09.2008, aus jeweils € 250,00 brutto seit dem 01.10.2008, 01.11.2008, 01.12.2008 und 01.01.2009, abzüglich eines Nettobetrages in Höhe von € 1.906,21, zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Lediglich der zweite Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 sei für die Vergütungsabrechnung maßgeblich. In einer Stellungnahme vom 16. Juni 2010 habe die Innung des Kraftfahrzeughandwerks ... nochmals bestätigt, dass die in diesem Vertrag vereinbarten Vergütungssätze im Jahr 2006 allgemein ortsüblich und genehmigungsfähig gewesen seien. Der Beklagte wende sich nochmals gegen die Argumentation, es handele sich bei dem am 14. August 2006 abgeschlossenen Vertrag um einen Scheinvertrag. Tatsache sei, dass die Lehrlingsausbildung in einem Kleinbetrieb einen hohen materiellen und ideellen Aufwand für die ausbildende Firma, insbesondere im Kfz-Handwerk, bedeute. Auszubildende arbeiteten unmittelbar unter ständiger Anleitung des zuständigen Meisters an Kundenfahrzeugen, welche im Straßenverkehr teilnehmen. Die Tätigkeit des Auszubildenden müsste zu 100 % von dem zuständigen Meister überprüft werden, wovon die Sicherheit der Kunden und die Sicherheit der Straßenverkehrsteilnehmer abhänge. In mehrfachen Gesprächen habe der Berufungsbeklagte persönlich u. a. mit der Landrätin des Landkreises ..., Vertretern der Handwerkskammer zu ..., dem Geschäftsführer der Kfz-Innung ... u. a. das Gespräch gesucht, um die vereinbarte Vergütung aus dem ersten Ausbildungsvertrag vom 24. April 2006 genehmigt zu bekommen. Dem Berufungskläger sei diese Situation ausführlich erläutert worden. Zwischenzeitlich sei der Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 auch abgerechnet. Die Vergütung betrage auch etwa 80 % der Ausbildungsvergütung der ab dem 01. April 2005 für die Mitgliedsbetriebe der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TG MKG) maßgeblichen Tarifvergütung. Sie sei im ersten Ausbildungsjahr um 23 %, im zweiten Ausbildungsjahr um 20 % und im dritten Ausbildungsjahr um 22 % unterschritten.

    Sittenwidrig sei die gezahlte Vergütung allerdings nur dann, wenn sie weniger als 2/3 des ortsüblich zu zahlenden Lohnes betrage.

    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. 1. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. den §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

    2. Die Klage ist zulässig. Im vorliegenden Rechtsstreit kann dahinstehen, ob ein Schlichtungsausschuss entsprechend § 111 ArbGG besteht. Das Ausbildungsverhältnis war im Zeitpunkt der Klageerhebung zwischen den Streitparteien bereits beendet.

    Damit fehlte es an der Zuständigkeit des möglicherweise gebildeten Schlichtungsausschusses, so dass die von Amts wegen insoweit zu prüfende Prozessvoraussetzung vorlag. § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ermöglicht die Bildung eines Schlichtungsausschusses nur zur Beilegung von Streitigkeiten aus dem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis. Für das Schlichtungsverfahren gibt es nicht länger einen Grund, wenn das Ausbildungsverhältnis endet, weil es danach nicht mehr mit einem Rechtsstreit belastet werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2008 - 9 AZR 1091/06 - BAGE 126, 12 - 25, m. w. N.).

    II. 1. In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg. Dementsprechend war das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und der Beklagte zur Zahlung von Ausbildungsvergütung in Höhe von insgesamt 5.660,00 € brutto nebst entsprechender Zinsen abzüglich eines nach Abschluss der ersten Instanz gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.906,21 € zu verurteilen.

    a) Auszubildende haben nach der seit dem 01.04.2005 geltenden Fassung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung, die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen ist, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt. Entsprechend § 25 BBiG ist diese Vorschrift unabdingbar und anderweitige Vereinbarungen deswegen nichtig.

    b) Die zwischen den Parteien in den Ausbildungsverträgen vom 24.04.2006 bzw. 14.08.2006 vereinbarte Ausbildungsvergütung ist nicht angemessen.

    aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2008 - 9 AZR 1091/06 - BAGE 126, 12 - 25; BAG, Urteil vom 22.01.2008 - 9 AZR 999/06 - BAGE 125, 285 - 299; BAG, Urteil vom 15.12.2005 - 6 AZR 224/05, AP Nr. 15 zu § 10 BBiG; BAG, Urteil vom 25.07.2002 - 6 AZR 311/00 -, AP Nr. 11 zu § 10 BBiG) ist eine Ausbildungsvergütung angemessen, wenn sie hilft, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten, und zugleich eine Mindestentlohnung für die Leistungen des Auszubildenden darstellt. Sie soll zum einen dem Auszubildenden bzw. seinen Eltern zur Durchführung der Berufsausbildung eine finanzielle Hilfe sein, zum anderen die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und schließlich eine Entlohnung darstellen. Es ist zunächst Sache der Vertragsparteien, die Höhe der Vergütung festzulegen, sofern nicht bei Tarifgebundenheit beider Parteien oder bei Allgemeinverbindlichkeit die tariflichen Sätze maßgeblich sind. Die Vertragsparteien haben einen Spielraum. Daraus folgt, dass sich die Überprüfung nur darauf erstreckt, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen anzusehen ist (BAG 10.04.1991 - 5 AZR 226/90 - BAGE 68, 10, aaO.).

    Die Angemessenheit der Vergütung wird unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festgestellt. Hierbei ist auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Wichtigster Anhaltspunkt dafür sind die einschlägigen Tarifverträge, da sie von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt sind und anzunehmen ist, dass in ihnen die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, stets als angemessen anzusehen. Nur wenn eine tarifliche Regelung fehlt, kann auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Industriezweiges entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. In diesem Fall kann auf die Empfehlungen der Kammern oder Handwerksinnungen zurückgegriffen werden. Derartige Empfehlungen sind zwar nicht verbindlich. Sie sind jedoch ein wichtiges Indiz für die Angemessenheit der empfohlenen Sätze.

    Es ist sachgerecht, als Vergleichsmaßstab auch für die nicht tarifgebundenen Parteien primär Tarifverträge heranzuziehen. Den Empfehlungen der Kammern und Innungen ein größeres Gewicht beizumessen, ist nicht angezeigt, weil sie nicht von Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelt worden sind und damit nicht die gleiche Gewähr wie Tarifverträge für die angemessene Berücksichtigung der Interessen beider Seiten bieten (BAG, 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00 - aaO.). Von dieser Rechtslage ist auch das Arbeitsgericht in zutreffender Weise ausgegangen.

    bb) Daraus ergibt sich, dass die Vereinbarungen der Parteien zur Vergütungshöhe sowohl im Ausbildungsvertrag vom 24.04.2006 als auch im Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 nichtig sind. Die Parteien haben den ihnen bei der Festsetzung der Ausbildungsvergütung eingeräumten Spielraum nicht gewahrt. Als Vergleichsmaßstab gilt vorliegend die Ausbildungsvergütung im Geltungsbereich des Tarifvertrages der Mitgliedsbetriebe der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TG MKG) in Sachsen in der Fassung vom 09.05.2006. Einen entsprechenden Abdruck der maßgeblichen Vorschriften hat der Berufungskläger nach Hinweis der Kammer vorgelegt. Im Übrigen ergeben sich auch keine Zweifel daran, dass es sich dabei um den einschlägigen und für den Rechtsstreit maßgeblichen Tarifvertrag handelt. Nach seinen eigenen Angaben hatte der Beklagte bzw. die seine Interessen vertretende Innung die Mitgliedschaft zu der hier benannten Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe e. V. zum 01.04.2005 gekündigt.

    Vor diesem Hintergrund waren bei der Beurteilung der hier vorliegenden Streitfrage, die ab dem 01.07.2006 geltenden Tarifsätze von monatlich 400,00 € für das erste Ausbildungsjahr, 455,00 € für das zweite Ausbildungsjahr und soweit hier von Bedeutung, 510,00 € für das dritte Ausbildungsjahr maßgeblich. Das Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien wurde zum 01.09.2006 begründet. Gemessen daran sind die Vereinbarungen zur Vergütungshöhe in beiden Ausbildungsverträgen unangemessen.

    Selbst die im Vertrag vom 14.08.2006 vereinbarte höhere Ausbildungsvergütung l iegt bezogen auf die einzelnen Ausbildungsjahre unterhalb von 80 % der Tarifsätze.

    Vereinbarte Vergütung

    Tarifliche Vergütung

    %

    1. Ausbildungsjahr

    308,00 €

    400,00 €

    77 %

    2. Ausbildungsjahr

    352,00 €

    455,00 €

    77,36 %

    3. Ausbildungsjahr

    396,00 €

    510,00 €

    77,65 %

    Die oben genannten Vergütungsgrundsätze werden auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arbeitsergebnisse des Klägers entweder selbst zu kontrollieren oder durch den zuständigen Meister kontrollieren zu lassen; der Kläger also, wie der Beklagte ganz offensichtlich meint, keine "vollwertige" entsprechend vergütungspflichtige (Arbeits-) Leistung erbringt. Der Beklagte, der ein nach § 1 Abs. 2 HandwO zulassungspflichtigen Handwerksbetrieb unterhält, hat nach den gesetzlichen Vorschriften einen Auszubildenden und nicht einen Arbeitnehmer etwa mit abgeschlossener Gesellenprüfung eingestellt. Es liegt danach auf der Hand, dass der Kläger mit Abschluss des Ausbildungsvertrages nicht nur einen Ausbildungsanspruch erworben hat, sondern dieser auch allein schon zur Wissensvermittlung, unter entsprechender Aufsicht und Anleitung zu realisieren ist.

    Unter den gegebenen Umständen war der Beklagte zu verurteilen, die Vergütungsdifferenz zwischen der bislang gezahlten Bruttoausbildungsvergütung im ersten und zweiten Lehrjahr in Höhe von 230,00 € und danach in Höhe von 280,00 € zu der im Vertragszeitraum geltenden tarifvertraglichen Ausbildungsvergütung zu zahlen. Das bedeutet für das erste Ausbildungsjahr eine Vergütungsdifferenz von monatlich 170,00 € und somit 2.040,00 €, für das zweite Ausbildungsjahr eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 225,00 € und somit in Höhe von 2.700.00 € und für die Zeit von September bis Dezember 2008 eine Vergütungsdifferenz von 230,00 € und somit in Höhe von 920,00 €. Daraus ergibt der Gesamtanspruch in Höhe von 5.660,00 € brutto abzüglich der nach Abschluss der 1. Instanz ausgezahlten Nettovergütung in Höhe von 1.906,21 €. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 und 614 BGB.

    c) Soweit der Beklagte im Berufungsrechtszug eingewandt hat, den sich aus der Differenz zwischen der erstinstanzlichen Verurteilung in Höhe von 2.864,00 € brutto und der ausgezahlten Nettovergütung ergebenden Betrag an die entsprechenden Sozialversicherungsträger abgeführt zu haben, stellt dies keinen entscheidungserheblichen Erfüllungseinwand dar. Hierfür wäre der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Der Kläger hat nach erstinstanzlicher Entscheidung mehrfach die Abrechnung der rückständigen Vergütung angemahnt und den Beklagten aufgefordert, insoweit auch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und ggf. Lohnsteuern nachzuweisen. Eine Abrechnung hat der Beklagte nicht erteilt. Darüber hinaus ergeben sich aus dem Vortrag des Beklagten auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, wann, in welcher Höhe und worauf er Zahlungen geleistet haben will. Der pauschale, unschlüssige Vortrag des Beklagten war daher nicht zu berücksichtigen.

    d) Soweit der Kläger einen um weitere 160,00 € höheren Bruttoverdienst nach Berufungsrücknahme im Übrigen verlangt, war die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger hat sich insoweit zu Unrecht auf die Tarifentwicklungen im Kalenderjahr 2008 sowohl für das zweite als auch für das dritte Ausbildungsjahr berufen. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien sind diese nicht tarifgebunden. Der Kläger hat somit keinen unmittelbaren, originären Anspruch auf die sich ggf. verändernden Tarifsätze. Hinsichtlich der Angemessenheit kommt es auf den jeweiligen Zeitabschnitt an. Dieser Grundsatz wird für den Fall, dass die tariflichen Ausbildungsvergütungen später angehoben werden, nicht in Frage gestellt (vgl. BAG, 25.07.2002 - 6 AZR 311/00 -, AP Nr. 11 zu § 10 BBiG a.F. Rz. 23).

    e) Auch eine geltungserhaltende Reduktion der vertraglichen Vereinbarung bis zur Grenze dessen, was noch als angemessen anzusehen ist, kommt nicht in Betracht.

    Dies würde zu einer mit dem Schutzzweck des § 17 BBiG nicht zu vereinbarenden Begünstigung des Ausbildenden, der eine möglichst niedrige, sich weit von den tariflichen Regelungen entfernende Ausbildungsvergütung zahlt, führen (BAG, 25.07.2002 - 6 AZR 311/00 - aaO.).

    2. Selbst wenn man die mit dem zweiten Ausbildungsvertrag vom 14.08.2006 vereinbarte Ausbildungsvergütung wegen einer nur geringfügigen Unterschreitung der 80 %-Regel als gerade noch angemessen ansehen würde, kann sich der Beklagte auf diesen Vertrag nicht mit Erfolg berufen. Der Abschluss dieses Ausbildungsvertrages stellt ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB dar.

    a) § 117 BGB enthält eine Regelung für den Fall, dass sich die Parteien durch die Willenserklärung nicht rechtlich binden wollen, sondern nur darauf abzielen, gegenüber Dritten bloß den Schein einer rechtlichen Bindung zu begründen. § 117 Abs. 1 BGB bestimmt, dass derartige Willenserklärungen nichtig sind. Im Zusammenhang mit dem Scheingeschäft wird häufig ein von den Parteien tatsächlich gewolltes Geschäft abgeschlossen. § 117 Abs. 2 BGB stellt klar, dass dieses "verdeckte" Rechtsgeschäft gesondert auf seine Gültigkeit hin zu untersuchen ist (Huber, jurisPK-BGB Bd. 1 3. Auflage 2006 zu § 117 BGB Scheingeschäft Rz. 1).

    Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Willenserklärung mit dem Einverständnis der anderen Parteien zum Schein abgegeben wird. Dies ist der Fall, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen (BGH vom 22.10.1981 - III ZR 149/80 - NJW 1982, 569). Maßgeblich ist also der übereinstimmende Parteiwille. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernsthaft wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft angestrebten Erfolgs, ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernstgemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben (BGH vom 14.05.1993 - V ZR 295/91 - zitiert nach Juris). Ersteres spricht für, Letzteres gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Bei dieser Prüfung kommt der Interessenlage der Parteien besondere Bedeutung zu. Das Scheingeschäft wird zwar praktisch häufig zum Zweck der Täuschung Dritter geschlossen, Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 117 BGB ist das Vorliegen einer Täuschungsabsicht jedoch nicht (vgl. m. w. N. Hubert aaO. zu Rz. 4 ff.).

    b) Nach den Darlegungen der Parteien und nach den Erörterungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist zweifellsfrei davon auszugehen, dass es sich bei dem Ausbildungsvertrage vom 14.08.2006 um einen Scheinvertrag handelt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass ihm der Beklagte den zweiten Ausbildungsvertrag zum Zwecke der Vorlage bei der Handwerkskammer und damit zur Eintragung des Ausbildungsverhältnisses in die Lehrlingsrolle zur Unterschrift übergeben habe. Darüber hinaus sprechen auch weitere maßgebliche Gründe für den Abschluss eines Scheinvertrages. Die Parteien hatten bereits mit der Vereinbarung vom 24.04.2006 ein Ausbildungsverhältnis ab dem 01.09.2006 begründet, so dass der Abschluss eines weiteren Ausbildungsvertrages am 14.08.2006 hierfür entbehrlich war.

    Soweit sich der Beklagte nunmehr darauf beruft durch Abschluss des 2. Ausbildungsvertrages eine "angemessene" Ausbildungsvergütung in Höhe von 80 %, gemessen an den Empfehlungen der Handwerksinnung bzw. der Kammer habe vereinbaren wollen, kann dieser Argumentation schon bereits wegen der Abwicklung der in Rede stehenden Ausbildungsverträge nicht gefolgt werden. Der Beklagte, der nunmehr im Rahmen des Prozesses angibt, dass er - von Anfang an - beabsichtigt hätte, die im zweiten Ausbildungsvertrag vereinbarte Vergütung auch zahlen zu wollen und es sich insoweit nur um ein buchhalterisches Versehen gehandelt habe, mag dabei berücksichtigen, dass er dies zum Einen über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht getan hat und zum Anderen nicht einmal den zwischen den Parteien am 24.04.2006 abgeschlossenen und geringer dotierten ersten Ausbildungsvertrag erfüllt hat. Danach hatten die Parteien für das zweite Ausbildungsjahr eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 280,00 € vereinbart. Abgerechnet und ausgezahlt hat der Beklagte jedoch nur die für das erste Ausbildungsjahr vorgesehene Vergütung in Höhe von 230,00 €. Für das begonnene 3. Ausbildungsjahr hat der Beklagte monatlich 280,00 € anstelle der vereinbarten 320,00 € gezahlt.

    Erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat der Beklagte dem Kläger eine Ausfertigung des zweiten Ausbildungsvertrages zugeleitet. Hätte der Kläger "lediglich" seine Ausbildungsvergütung nach dem zweiten Ausbildungsvertrag geltend machen wollen, wäre ihm ein entsprechender Nachweis über die Höhe der Ausbildungsvergütung auf der Grundlage eines schriftlichen Ausbildungsvertrages verwehrt geblieben zumindest aber erschwert worden. Erst die gerichtliche Auseinandersetzung und die damit verbundene rechtliche Argumentation des Klägers wonach er bei der Frage einer angemessenen Vergütung auf die tarifliche Vergütung abstellt, haben den Beklagten veranlasst, den bis dahin lediglich bei der Handwerkskammer zu Eintragszwecken vorgelegten Ausbildungsvertrag in den Prozess einzuführen, um die aus seiner Sicht mit dem 2. Vertrag vereinbarte "angemessene" Vergütung begründen zu können. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Vereinbarung vom 14.08.2006 als Scheingeschäft, da der Abschluss für die Begründung des Ausbildungsverhältnisses nicht erforderlich, jedoch für den Nachweis einer "angemessenen" Ausbildungsvergütung gegenüber der Handwerkskammer als Eintragungsvoraussetzung in die Lehrlingsrolle aber notwendig war.

    c) Wie das Arbeitsgericht auch richtig ausgeführt hat, hat zwar die abgelehnte oder unterbliebene Eintragung das Ausbildungsvertrages in die Lehrlingsrolle gem. § 35 BBiG n.F. i.V.m. § 29 HandwO keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieses Berufsausbildungsvertrages. Allerdings allerlangt sie im Rahmen der den Kammern insoweit übertragenen Rechtskontrolle der abgeschlossenen Ausbildungsverträge an Bedeutung. Nach § 43 Abs. 1 Ziff. 3 BBiG ist die Eintragung von der Ausnahme des § 43 Abs. 1 Nr. 3 2. HS abgesehen, auch Voraussetzung für die Prüfungszulassung. Nur Berufsausbildungsverträge, die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, sind gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Handwerksordnung - HandwO - in die Lehrlingsrolle einzutragen. Dies setzt nach der Rechtsprechung auch die Vereinbarung einer angemessenen Ausbildungsvergütung voraus (vgl. Oberwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 1. Senat, Beschluss vom 29.09.2009 - NZA-RR 2010, 260 = EzB BBiG wider § 17 Abs. 1 Nr. 68; Sächsisches Oberwaltungsgericht, Beschluss vom 19.02.2009 - 3 B 373/06 - NZA-RR 2009, 543 bis 546).

    III. Die Kosten erster Instanz hat der Beklagte angesichts des vollständigen Unterliegens mit dem bis dahin geltend gemachten Betrages von 5.240,00 € allein zu tragen.

    Die Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.

    Dabei wird berücksichtigt, dass der Kläger die Berufung über einen Teilbetrag zurückgenommen und mit einem weiteren Teilbetrag unterlegen war.

    IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG haben nicht vorgelegen.