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  • 07.10.2011

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 17.06.2011 – 1 K 3069/09 U

    - Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung des Abholenden zählt nicht zu den Erfordernissen für einen i. S. des § 17a Abs. 1 und 2 UStDV ordnungsgemäßen Belegnachweis.


    - Die Gewährung von Vertrauensschutz bei Barverkäufen hochwertiger Pkw setzt neben der Erfüllung der formellen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV voraus, dass der Unternehmer sich über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht des angeblichen Vertreters des Abnehmers vergewissert und entsprechende Belege vorlegen kann.


    - Eine mehr als laienhafte Prüfung der vorgelegten Ausweiskopien und der Unterschriften kann dabei nicht verlangt werden.


    - Bei Vorlage eines die Identität des Käufers belegenden Handels- und Gesellschaftsregisterauszugs ist der Unternehmer nicht verpflichtet, weitere Erkundigungen über dessen tatsächliche Existenz und Sitz einzuholen.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob zwei Pkw-Lieferungen der Klägerin als innergemeinschaftliche Lieferungen von der Umsatzsteuer befreit sind.

    Die Klägerin betreibt in „L-Stadt” einen Handel mit Gebrauchtfahrzeugen.

    Sie veräußerte am 02.11.2004 zwei gebrauchte Pkw - welche sie im Internet zum Verkauf angeboten hatte - für jeweils 20.750 EUR. Erwerber war nach den erteilten Rechnungen eine „F” GmbH in ”...” „E-Stadt”/Luxemburg. Im Rahmen der Geschäftsanbahnung nahm eine Person, die sich als „Q” und Geschäftsführer der „F” GmbH ausgab, Kontakt mit der Klägerin auf. Die Fahrzeuge wurden durch eine andere Person abgeholt, die unter dem Namen „M” als Beauftragter der „F” GmbH auftrat. Der Kaufpreis wurde in bar gezahlt. Die beiden Rechnungen vom 02.11.2004, welche an die „F” GmbH in „E-Stadt”, Luxemburg gerichtet sind, erfolgten ohne Ausweis der Umsatzsteuer. Auf den bei der Klägerin verbliebenen Rechnungsexemplaren versicherte der angebliche Herr „M” mit seiner Unterschrift, die Kfz nach Luxemburg auszuführen. Im Rahmen der Geschäftsanbahnung bzw. des -abschlusses gelangte die Klägerin außerdem in den Besitz folgender Unterlagen:

    Auszug aus dem Handels- und Gesellschaftsregister von und zu „E-Stadt” vom 12.02.2003 über die Eintragung der „F” GmbH mit Hinweis auf den Geschäftsführer „Q”.

    Ein Schreiben mit Briefkopf der „F” GmbH mit Kopien von Vorder- und Rückseite des Personalausweises von Herrn „Q”, wohnhaft „N-Straße 1” in „D-Stadt”. Auf dem Schreiben befindet sich folgender handschriftlicher Hinweis: „Vollmacht! Bitte Herrn „M” Kfz-Brief und Schlüssel aushändigen. Herr „M” hat Kaufpreis in bar dabei.” Das Schreiben trägt eine der Unterschrift auf dem Personalausweis des Herrn „Q” ähnelnde Unterschrift und einen Stempel mit der Bezeichnung

    „”F”

    ”...”Büro für KFZ-Technik

    ”...”

    „H-Straße 2”

    ”...””E-Stadt””.

    Eine Vollmacht ohne Datum in deutscher Sprache für Herrn „M”, die ebenfalls eine ähnliche Unterschrift und denselben Stempel wie das vorgenannte Schreiben sowie für die „F” GmbH die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ”...001...” enthält.

    Kopien von Vorder- und Rückseite des Personalausweises von Herrn „M”, wohnhaft „I-Straße 3” in „J-Stadt”.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die sich in den Steuerakten befindenden Unterlagen Bezug genommen.

    Die Klägerin ließ sich die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der „F” GmbH ebenfalls am 02.11.2004 im Wege einer einfachen Bestätigungsanfrage vom Bundesamt für Finanzen bestätigen. Daraufhin behandelte sie die Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

    Ob die beiden Pkw tatsächlich - wie von dem Abholer auf den Doppeln der Rechnungen angegeben - nach Luxemburg befördert wurden, konnte nicht festgestellt werden.

    Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „D-Stadt” traf der Prüfer folgende Feststellungen (Kurzbericht vom 14.08.2007):

    Die Firma „F” GmbH in „E-Stadt”/Luxemburg sei bereits durch Gerichtsbeschluss vom 18.09.1996 aufgelöst worden, da seit dem 30.04.1996 kein bekannter Gesellschaftssitz mehr habe festgestellt werden können. Lt. Auskunft der luxemburgischen Behörden habe jedoch ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (”...001...”) Gültigkeit behalten, weil die Liquidation des Unternehmens noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Bei dem Kauf der Gebrauchtwagen seien für die „F” GmbH zwei Herren aufgetreten, die sich als deren Geschäftsführer „Q” und deren bevollmächtigter Abholer „M” ausgaben. Die Kontaktaufnahme dieser Personen zu den Fahrzeughändlern sei üblicherweise über ein Prepaid-Karten-Handy und ein in einem Internet-Cafe in „D-Stadt” betriebenes Faxgerät erfolgt. Über dieses Faxgerät seien dem Veräußerer Unterlagen zugesandt worden, die den Anschein erwecken sollten, dass es sich bei der „F” GmbH um ein tatsächlich existentes Unternehmen mit Sitz in Luxemburg handele. In diesem Zusammenhang seien üblicherweise ein Briefkopf der „F” GmbH mit Angabe einer Adresse und einer Kontonummer, ein als „Handelsregisterauszug” bezeichnetes Schreiben, Personalausweiskopien des vermeintlichen Geschäftsführers - ausgestellt auf den Namen „Q” - sowie eines bevollmächtigten Abholers - ausgestellt auf den Namen „M” - übersandt worden. Gleichzeitig sei der Veräußerer aufgefordert worden, schriftliche Korrespondenz über das oben erwähnte Faxgerät in „D-Stadt” zu führen. Zwecks weiterer Legitimation sei dem Veräußerer die weiterhin gültige o. a. luxemburgische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der bis zum 17.09.1996 existenten Firma „F” GmbH mitgeteilt worden. Bei den Personalausweisen des vermeintlichen Geschäftsführers und des Abholers habe es sich um Fälschungen gehandelt. Eine Identifizierung der unter den Namen „Q” und „M” aufgetretenen Personen habe trotz intensiver Bemühungen nicht erfolgen können. Mangels Feststellbarkeit der tatsächlichen Abnehmer der Fahrzeuge seien die Voraussetzungen des § 6a UStG i. V. m. § 17c der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) nicht erfüllt. Die Frage des Vertrauensschutzes stelle sich nicht. Die Umsätze von 41.500 EUR seien der Regelbesteuerung zu unterwerfen.

    Der Beklagte erließ daraufhin am 08.11.2007 einen den Prüfungsfeststellungen entsprechenden geänderten Umsatzsteuerbescheid 2004.

    Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, bei der Veräußerung der beiden Kfz handele es sich gem. § 6a Abs. 4 UStG um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Sie habe nicht gewusst, dass die ihr vorgelegten Unterlagen Fälschungen seien, und sei Opfer eines Betrugs geworden. Da in dem gefälschten Personalausweis des vermeintlichen Geschäftsführers „Q” eine Adresse in „D-Stadt” angegeben gewesen sei, sei ihr die Korrespondenz über ein Handy mit deutscher Vorwahl und über ein Telefax mit „D-Stadt” Vorwahl nicht außergewöhnlich erschienen. Dass das Faxgerät in einem Internet-Cafe gestanden haben, habe sie nicht gewusst. Deshalb genieße sie Vertrauensschutz.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.2009 als unbegründet zurück. Er führte im Wesentlichen aus, die Klägerin habe den Buch- und Belegnachweis der §§ 17a ff. UStDV nicht vollständig erbracht. Auf der dem Abholer Herrn „M” erteilten Vollmacht sei weder der konkrete Liefergegenstand genauer bezeichnet, noch sei mangels Datum erkennbar, ob sich die Unterschrift des Geschäftsführers „Q” zeitnah auf diesen Geschäftsvorgang beziehe. Dies sei jedoch nach dem BMF-Schreiben vom 06.1.2009, BStBl I 2009, 60 Tz. 32 notwendig. Da die Klägerin ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen sei, stelle sich die Frage des Vertrauensschutzes nicht.

    Die Klägerin hat am 27.08.2009 Klage erhoben.

    Sie macht geltend, die Buch- und Belegnachweise vollständig erbracht zu haben. Insbesondere habe der BFH mit Urteil vom 12.05.2009 (V R 65/06, BStBl II 2010, 511) entschieden, dass der vom Steuerpflichtigen zu erbringende Belegnachweis durch die Finanzverwaltung nicht durch weitere über die Regelung des § 17a UStDV hinausgehende Voraussetzungen verschärft werden könne. Da die Klägerin ihren Nachweispflichten umfassend nachgekommen sei, greife vorliegend die Vertrauensregelung des § 6a Abs. 4 UStG. Sie habe nicht erkennen können, dass es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen gehandelt und die „F” GmbH sich in Liquidation befunden habe. Bei Ausführung der Lieferungen seien der Klägerin keine Umstände bekannt gewesen, die Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten Dokumente begründet hätten. Darüber hinaus habe sie - ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein - auch die vom Beklagten behaupteten gesteigerten Sorgfaltspflichtsanforderungen erfüllt, indem sie den Handelsregisterauszug, die Personalausweiskopien und die Vollmacht zu den Akten genommen habe.

    Die Klägerin beantragt,

    den geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 08.11.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.07.2009 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er macht geltend, bei einem Barkauf reiche allein eine Bestätigungsanfrage beim Bundesamt für Finanzen über eine vom Abnehmer verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht aus, um den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns zu genügen. In einem solchen Fall sei dem Unternehmer zumutbar, sich über den Namen und die Anschrift des Abnehmers sowie über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht eines Vertreters des Abnehmers zu vergewissern und entsprechende Belege vorzulegen. Im Streitfall habe die Klägerin es auch versäumt, über die Unternehmereigenschaft der „F” GmbH Erkundigungen einzuziehen. So hätte eine einfache Google-Abfrage genügt, um festzustellen, dass diese bereits seit dem 30.04.1996 aufgelöst war. Da diese Google-Abfrage vom Beklagten noch im Mai 2006 habe durchgeführt werden können, hätte dies auch der Klägerin bei Anbahnung des Fahrzeugverkaufs in 2004 möglich sein müssen. Außerdem habe die Klägerin gegen die einem Kaufmann obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen, weil sie die Unterschrift des Abholers „M” auf den Rechnungsdoppeln nicht sorgfältig mit der Unterschrift auf der Ausweiskopie verglichen habe und ihr deshalb die unterschiedlichen Unterschriften nicht aufgefallen seien. Darüber hinaus hätte die Klägerin bei Beachtung der ihr obliegenden Sorgfaltspflichten den Ausweis des „Q” als Fälschung identifizieren können. Der Personalausweis hätte bei einem Ausstellungsdatum vom 03.01.1996 nur bis zum 02.01.2006 und nicht - wie auf der Fälschung angegeben - bis zum 04.01.2006 gültig sein dürfen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 08.11.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.07.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Der Beklagte hat die Veräußerung der beiden Kraftfahrzeuge zu Unrecht als steuerpflichtig behandelt. Die Lieferungen sind als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen anzusehen.

    1. Die Lieferung der beiden Fahrzeuge ist jedoch nicht gem. § 6a Abs. 1 UStG steuerfrei.

    Gem. § 6a Abs. 1 i. V. m. § 4 Nr. 1b UStG liegt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor, wenn

    1. der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

    2. der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und

    3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.

    Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

    Das Bundesministerium der Finanzen hat von dieser Ermächtigung in §§ 17a und 17c UStDV Gebrauch gemacht.

    Gem. § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV muss der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (sog. Belegnachweis). Dies muss sich gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus den Belegen eindeutig ergeben. In den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer soll der Unternehmer den erwähnten Nachweis gem. § 17a Abs. 2 UStDV durch

    - das Doppel der Rechnung (Nr. 1),

    - einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein (Nr. 2),

    - eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3) sowie

    - eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern (Nr. 4) führen.

    Außerdem muss der Unternehmer gem. § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen gem. § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Gemäß § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig folgendes aufzeichnen:

    1. den Namen und die Anschrift des Abnehmers;

    2. den Namen und die Anschrift des Beauftragten des Abnehmers bei einer Lieferung, die im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgt;

    3. den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers;

    4. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstandes der Lieferung;

    5. den Tag der Lieferung;

    6. das vereinbarte Entgelt;

    7. die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder der Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet;

    8. die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet;

    9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.

    Zwar hat die Klägerin im Streitfall nach Auffassung des erkennenden Senats die vorgenannten formellen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig erfüllt. Insbesondere befinden sich in der Betriebsprüfungsakte des Beklagten die Doppel der beiden Rechnungen vom 02.11.2004. Aus diesen Rechnungen ergibt sich auch der Nachweis des Bestimmungsorts der Fahrzeuge i. S. des § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV, weil in ihnen jeweils die Anschrift der „F” GmbH in „E-Stadt”, Luxemburg, ausgewiesen ist (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 14.10.2010 6 K 1643/08, EFG 2011, 670; Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil vom 20.05.2010 12 K 247/06, EFG 2010, 1537 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 72/05, BStBl II 2009, 55). Gleichzeitig wird durch die Rechnungen der Nachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 3 und 4 UStDV erbracht. Beide Rechnungen enthalten eine Versicherung des Bevollmächtigten Herrn „M” „die Kfz nach Luxembourg auszuführen”, welche dieser mit seiner Unterschrift bestätigt hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 07.12.2006 V R 52/03, BStBl II 2007, 420). Entgegen der vom Beklagten im Rahmen des Einspruchsverfahrens vertretenen Ansicht steht der Erfüllung des Belegnachweises nach § 17a Abs. 1 und 2 UStDV auch nicht entgegen, dass die dem Abholer Herrn „M” erteilte Vollmacht sich nicht ausdrücklich auf die beiden gelieferten Pkw bezieht. Denn bereits die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung des Abholenden zählt nicht zu den Erfordernissen für einen i. S. des § 17a Abs. 1 und 2 UStDV ordnungsgemäßen Belegnachweis (vgl. BFH-Beschlüsse vom 03.05.2010 XI B 51/09, BFH/NV 2010, 1872; vom 03.08.2009 XI B 79/08, BFH/NV 2010, 72; BFH-Urteil vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl II 2010, 511).

    Im Streitfall scheitert eine Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 1 UStG aber daran, dass die Klägerin nicht die Angaben des wirklichen Abnehmers der Kraftfahrzeuge, sondern nur des vermeintlichen Abnehmers, der „F” GmbH, aufgezeichnet hat. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass nicht die im Streitjahr bereits aufgelöste „F” GmbH die beiden Fahrzeuge gekauft hat. Wer tatsächlicher Abnehmer war, konnte nicht festgestellt werden, da die auf Erwerberseite handelnden Personen nach den Feststellungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „D-Stadt” mit gefälschten Personalausweisen aufgetreten sind.

    2. Die Lieferung der beiden Fahrzeuge ist jedoch gem. § 6a Abs. 4 UStG als steuerfrei anzusehen.

    Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte. Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt sich erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV nachgekommen ist (BFH-Beschluss vom 09.11.2006 V B 131/05, BFH/NV 2007, 284; BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81). Sind die Nachweispflichten erfüllt, kann der Unternehmer nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 21 Nr. 1 Buchst. a und Art. 28c Teil A der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, auf denen die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG beruht (vgl. BT-Drucksache 12/2463, 31), nur dann einen Vertrauensschutz beanspruchen, wenn er zuvor alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren und von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteile vom 27.09.2007 C-409/04, Slg. 2007, I-7797 und vom 21.02.2008 C-271/06, Slg 2008, I-771).

    Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Wie bereits festgestellt, hat die Klägerin die formellen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV erfüllt. Soweit die Klägerin nicht den tatsächlichen Abnehmer der Fahrzeuge aufgezeichnet hat, beruht dies auf unrichtigen Angaben der auf Erwerberseite aufgetretenen Personen und konnte von der Klägerin bzw. von den für sie handelnden Personen auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkannt werden.

    a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht bei Barverkäufen hochwertiger Pkw von dem Unternehmer zu verlangen, dass er sich über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht des angeblichen Vertreters des Abnehmers vergewissert und entsprechende Belege vorlegen kann (BFH-Urteile vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl II 2010, 511 und vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81). Darüber hinaus wird in der Rechtsprechung zum Teil vertreten, dass ein Unternehmer vor Aufnahme von Geschäften mit einer ihm unbekannten Firma sich genauer über diese und über die Vertretungsberechtigung der für diese Firma auftretenden Person erkundigen müsse. Insbesondere beim Barkauf hochwertiger Pkw dürfe sich der Unternehmer nicht nur die Vollmacht vorlegen lassen, sondern müsse vielmehr bei dem Vertretungsorgan des vermeintlichen Abnehmers nachfragen, ob die für den Abnehmer auftretende Person tatsächlich bevollmächtigt sei, die entsprechenden Geschäfte zu tätigen (Finanzgericht Köln Urteil vom 27.01.2005 10 K 1367/04, EFG 2005, 822).

    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall - unabhängig davon, ob es sich bei einem Kaufpreis von jeweils 20.750 EUR um hochwertige Pkw handelt - erfüllt. Die in den Steuerakten befindlichen Unterlagen bestätigen die Abholberechtigung des Herrn „M” für die „F” GmbH. Nach dem der Klägerin vorliegenden Handels- und Gesellschaftsregisterauszug für die „F” GmbH vom 12.02.2003 war Herr „Q” deren Geschäftsführer. Dieser hat mit der Klägerin vor Abwicklung der Barkäufe telefoniert und ihr die ebenfalls in den Steuerakten befindlichen Unterlagen vorlegt, wonach er Herrn „M” bevollmächtigte, die Fahrzeuge entgegen zu nehmen und den Kaufpreis zu zahlen. Insbesondere hat sich die Klägerin im Rahmen des Barkaufs auch über den Namen und die Anschrift des Geschäftsführers und des Bevollmächtigten vergewissert. Denn sie verfügt sowohl über eine Ausweiskopie des Herrn „Q” als auch des Herrn „M”.

    Soweit der Beklagte geltend macht, die Klägerin hätte wegen des um zwei Tage unzutreffenden Gültigkeitsdatums erkennen müssen, dass der Ausweis des Herrn „Q” eine Fälschung war, kann der erkennende Senat dem nicht folgen. Es würde die Sorgfaltsanforderungen an einen im Gebrauchtwagenhandel tätigen Unternehmer überspannen, wenn man von ihm detaillierte Kenntnisse über die Gültigkeitsdauer von Personalausweisen verlangen würde.

    Der Senat teilt auch nicht die Ansicht des Beklagten, dass die Unterschriften des Herrn „M” auf dem vorgelegten Ausweis einerseits und auf den bei ihr vor Ort unterschriebenen Rechnungen andererseits derart von einander abwichen, dass die Klägerin dies hätte erkennen müssen und deshalb nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns genügt habe. Nach Einschätzung des Senats weichen die Unterschriften nicht so erheblich von einander ab, dass die Klägerin deswegen Zweifel an der Identität des Abholers haben musste. Von einem Unternehmer kann nicht mehr als eine laienhafte Prüfung der Unterschriften verlangt werden, so dass eine Abweichung schon ins Auge springen muss, um Zweifel zu wecken (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 14.10.2010 6 K 1643/08, EFG 2011, 313). Darüber hinaus stimmte im Streitfall die in der Ausweiskopie und der Vollmacht enthaltene Personalausweisnummer überein, so dass die Klägerin auch insoweit keine Zweifel haben musste.

    b) Die Klägerin hat auch nicht dadurch Sorgfaltspflichten verletzt, dass sie über die „F” GmbH keine weiteren Erkundigungen eingeholt hat.

    Nach Ansicht des erkennenden Senats folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die beiden Pkw im Rahmen eines Barverkaufs lieferte, nicht, dass sie weitere Erkundigungen über die „F” GmbH einholen musste. Dies würde die Anforderungen an einen Unternehmer, der im Gebrauchtwagengeschäft tätig ist, überspannen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass bei Auslandsverkäufen von Fahrzeugen die Abwicklung in bar oft die einzig praktikable Methode ist, um beide Seiten abzusichern und dass deshalb Barverkäufe auch bei hochpreisigen Fahrzeugen üblich sind (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 14.10.2010 6 K 1643/08, EFG 2011, 670).

    Insbesondere war die Klägerin auch nicht verpflichtet, weitere Erkundigungen darüber einzuholen, ob die „F” GmbH tatsächlich existierte und ihren Sitz in Luxemburg hatte. Nach Ansicht des erkennenden Senats reichte der der Klägerin vorliegende Handels- und Gesellschaftsregisterauszug für die „F” GmbH insoweit aus. Auch die Tatsache, dass dieser bereits vom 12.02.2003 datiert und damit bei Abschluss der Kaufverträge bereits mehr als 20 Monat alt war, führt zu keiner anderen Einschätzung. Denn es lagen keine konkreten Anhaltspunkte für eine Sitzverlegung vor, und die übrigen der Klägerin vorliegenden Unterlagen waren plausibel. Insbesondere war die Klägerin auch nicht verpflichtet, im Wege einer Google-Anfrage Erkundigungen über die „F” GmbH einzuholen. Zudem ist auch ungewiss, ob eine solche Anfrage im November 2004 zum selben Ergebnis geführt hätte, wie die Anfrage des Beklagten im Jahr 2006. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wären die Informationen - deren Wahrheitsgehalt zumindest im Rahmen der Online-Anfrage nicht überprüfbar ist - jedenfalls in französischer Sprache gewesen.

    Schließlich führt auch die Tatsache, dass der vermeintliche Herr „Q” nach der Darstellung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „D-Stadt” mit der Klägerin über ein Prepaid-Handy und über ein Fax in einem Internet-Cafe in „D-Stadt” Kontakt aufnahm, nicht dazu, dass sie weitere Erkundigungen über die „F” GmbH einholen musste. Die Korrespondenz über eine deutsche Telefonvorwahl und über ein Telefax mit „D-Stadt” Vorwahl musste der Klägerin nicht ungewöhnlich erscheinen. Der vermeintliche Herr „Q” wohnte nach den der Klägerin vorliegenden Ausweiskopien in „D-Stadt”, „N-Straße 1”. Ob das von ihm genutzte Fax in seiner Wohnung, seinem Büro oder einem Internet-Cafe stand, war für die Klägerin nicht erkennbar. Ebenso wenig konnte sie aufgrund der Handy-Nummer erkennen, dass es sich um ein Prepaid-Handy handelte.

    c) Ohne Bedeutung ist im Rahmen des § 6a Abs. 4 UStG, dass die Klägerin sich über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der „F” GmbH nur im Wege einer einfachen und nicht im Wege einer qualifizierten Bestätigungsanfrage i. S. des § 18e UStG beim Bundesamt für Finanzen vergewissert hat. Dies hätte nur dann Bedeutung, wenn die in den Ausgangsrechnungen aufgeführte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer unrichtig wäre. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die der Klägerin mitgeteilte und von ihr aufgezeichnete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer tatsächlich der „F” GmbH erteilt worden und im Streitjahr weiterhin gültig war. Auch eine dem (nur) angeblichen Leistungsempfänger erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist nicht unrichtig. Es stellt sich daher auch nicht die Frage, ob der gute Glaube an die Richtigkeit der aufzuzeichnenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach § 6a Abs. 4 UStG geschützt wird (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war im Hinblick auf die Schwierigkeit der zu entscheidenden Rechtsfragen für die Klägerin notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

    Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es erscheint grundsätzlich klärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmer sich im Hinblick auf die Person und die Anschrift des Abnehmers auf den Gutglaubensschutz gem. § 6a Abs. 4 UStG berufen kann.

    VorschriftenUStG § 4 Nr. 1b, UStG § 6a Abs. 1, UStG § 6a Abs. 3 Satz 1, UStG § 6a Abs. 4 Satz 1, UStDV § 17a Abs. 1, UStDV § 17a Abs. 2, UStDV § 17c Abs. 1, UStDV § 17c Abs. 2, UStDV § 18e, RL 77/388/EWG Art. 21 Nr. 1 Buchst. a, RL 77/388/EWG Art. 28c Teil A