21.07.2023 · IWW-Abrufnummer 236412
Finanzgericht Köln: Urteil vom 08.12.2022 – 13 K 1001/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und unentgeltliche Wertabgaben wegen privater Nutzung eines betrieblichen Pkw durch ihren alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen sind.
3
Die Klägerin ist eine im Jahre 19... gegründete, ursprünglich unter „B GmbH“ firmierende GmbH mit Sitz in A. Gegenstand ihres Unternehmens sind die Beratung und Betreuung in den Bereichen Gastronomie und Event, der Betrieb von Gastronomiebetrieben, die Organisation von Veranstaltungen im In- und Ausland sowie die Erbringung von Marketingleistungen. Alleiniger Gesellschafter und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreiter Geschäftsführer ist Herr C.
4
Laut § 3 des ... zwischen Herrn C und der Klägerin geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrags sollte Herr C für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von ... erhalten. Ferner wurde ihm laut Vertrag von der Klägerin zusätzlich zu seinem Gehalt ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, den er auch für private Zwecke nutzen durfte.
5
In den Jahren ... wurden diverse Änderungsvereinbarungen zu dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geschlossen, mit denen u.a. die Höhe des Herrn C zustehenden Monatsgehalts angepasst wurde. Erstmals mit Änderungsvereinbarung vom ... wurde zudem geregelt, dass Herrn C eine private Nutzung des ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten Firmenwagens ab dem 01.01.2004 nicht mehr gestattet war. Diese Regelung blieb durch die nachfolgenden Änderungsvereinbarungen unberührt oder wurde in diesen ausdrücklich bestätigt.
6
Für die Streitjahre 2014 bis 2016 wurde die steuerlich beratene Klägerin zunächst gemäß ihren im Folgejahr des jeweiligen Besteuerungszeitraums beim Beklagten eingereichten Steuererklärungen veranlagt. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Die Umsatzsteuererklärungen standen Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
7
Ab dem 15.02.2018 begann der Beklagte bei der Klägerin mit einer steuerlichen Außenprüfung (Bp.) betreffend die Jahre 2014 bis 2016, in der er u.a. die Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge aufgriff. Nach den Feststellungen der Bp. befanden sich im Betriebsvermögen der Klägerin zwei Firmenfahrzeuge, darunter ein dem Angestellten D überlassener, am 18.12.2014 angeschaffter Audi A4 Avant. Das zweite Fahrzeug, ein Porsche Cayenne (Kennzeichen XX-X 000; Erstzulassung im Mai 2013, angeschafft als Vorführwagen am 24.07.2013 für netto ... €) stand in den Prüfungsjahren dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer Herrn C zur Verfügung. Ausweislich einer Kopie des in den Bp.-Handakten befindlichen Fahrzeugscheins war auf Herrn C privat ein Pkw Porsche Boxster Cabriolet (Kennzeichen XX-X 000; Zweisitzer mit Faltdach, Euro 2-Norm, Erstzulassung 03/1998) zugelassen.
8
Die Bp. vertrat hinsichtlich des betrieblichen Fahrzeugs Porsche Cayenne die Auffassung, das im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbarte Verbot der Privatnutzung sei nicht zu akzeptieren, da Herr C privat über kein gleichwertiges Fahrzeug verfüge. Der betriebliche Pkw Porsche Cayenne sei deutlich hochwertiger als der Porsche Boxster Cabriolet, der ihm privat zur Verfügung stehe.
9
Die Klägerin wandte hiergegen bereits während der Bp. ein, bei Vergleich der beiden genannten Fahrzeugtypen im Luxussegment könne kaum davon gesprochen werden, dass eines deutlich hochwertiger sei als das andere. Außerdem sei die Existenz eines gleichwertigen privaten Kfz nach der einschlägigen BFH-Rechtsprechung ‒ insbesondere nach den Urteilen vom 21.03.2013 (VI R 46/11), vom 18.04.2013 (VI R 23/12) und vom 14.11.2014 (VI R 25/13) ‒ keine Voraussetzung dafür, dass ein vertraglich fixiertes privates Nutzungsverbot zu akzeptieren sei. Den vorgenannten Urteilen lasse sich entnehmen, dass der Anscheinsbeweis einer privaten Nutzung nicht zur Anwendung gelange, wenn die private Nutzung vertraglich untersagt sei und keine objektiven Anhaltspunkte für eine Privatnutzung vorlägen. Auch aus Rn. 16 des BMF-Schreibens vom 04.04.2018 zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kfz ergebe sich dies. Objektive Nachweise (wie z.B. Tankbelege o.Ä.), aus denen auf eine private Nutzung des Fahrzeugs Porsche Cayenne in den Prüfungsjahren geschlossen werden könne, lägen der Bp. ‒ soweit ersichtlich ‒ nicht vor.
10
Die Bp. gelangte in ihrem abschließenden Prüfungsbericht vom 02.07.2018 unter Tz. 2.7 gleichwohl zu der Einschätzung, in den Jahren 2014 bis 2016 seien ungeachtet des im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausgesprochenen Nutzungsverbots vGA im Zusammenhang mit einer privaten Nutzung des betrieblichen Pkws Porsche Cayenne durch Herrn C zu berücksichtigen. Die Vereinbarung eines Nutzungsverbots hinsichtlich privater Fahrten stehe dem Ansatz von vGA nicht entgegen, wenn dieses Verbot von der Kapitalgesellschaft nicht überwacht und durchgesetzt werde. Ob eine private Pkw-Nutzung vorliege, sei nach den allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutze ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebsfahrzeug auch für private Fahrten, insbesondere, wenn es sich um ein repräsentatives Fahrzeug handele, auch wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer über einen privaten Pkw verfüge. Das vertragliche Verbot der privaten Nutzung genüge regelmäßig nicht, um eine private Nutzung vollständig auszuschließen. Das gelte vor allem dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug habe. Der Arbeitgeber müsse in derartigen Fällen geeignete organisatorische Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich keine Privatfahrten mit dem Unternehmensfahrzeug durchführe. Dies könne z.B. durch ein Fahrtenbuch geschehen (vgl. Urteile des FG Berlin-Brandenburg vom 03.09.2013 ‒ 6 K 6153/10 und des FG Köln vom 15.09.2016 ‒ 10 K 2497/15). Die Klägerin habe aber kein Fahrtenbuch für das Betriebsfahrzeug vorgelegt und auch keine anderen organisatorischen Maßnahmen ergriffen.
11
Der Höhe nach sei die vGA mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich der Umsatzsteuer für jeden Kalendermonat zu bemessen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes ‒ EStG). Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien die Beträge mit 0,03 % des inländischen Listenpreises anzusetzen. Der Bruttolistenpreis sei vorliegend mit 72.900 € ermittelt worden. Hiervon ausgehend ergebe sich für die drei Prüfungsjahre eine vGA in Höhe von jeweils 11.652,26 € zzgl. 1.392,62 € Umsatzsteuer (19 % der um 20 % geminderten Bemessungsgrundlage für die 1 %-Methode). Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der vGA wird auf die Anlage 8 zum Bp.-Bericht verwiesen.
12
Der Beklagte folgte den Feststellungen und Wertungen der Bp. und erließ unter dem 13.09.2018 und 18.09.2018 jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 bis 2016.
13
Mit ihren fristgerecht dagegen eingelegten Einsprüchen wandte sich die Klägerin weiterhin gegen den Ansatz von vGA wegen privater Pkw-Nutzung und bemängelte ferner die fehlerhafte Auswertung einer weiteren Prüfungsfeststellung (Tz. 2.2 des Bp.-Berichts) im Umsatzsteuerbescheid 2014.
14
Der Beklagte entsprach dem Einspruch hinsichtlich des letztgenannten Punktes und erließ unter dem 08.10.2018 einen entsprechend geänderten Bescheid über Umsatzsteuer für 2014, der zum Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens wurde. Während des Einspruchsverfahrens erging unter dem 10.12.2018 ferner ein wegen eines Verlustrücktrags aus 2017 nach § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2016.
15
Hinsichtlich des Streitpunktes der privaten Pkw-Nutzung hielt der Beklagte an seiner bisherigen Auffassung fest und wiederholte im Rahmen der Einspruchserörterung im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Bp.-Bericht. Mit Einspruchsentscheidung vom 22.03.2019 wies er die Einsprüche der Klägerin sodann als unbegründet zurück. Im Streitfall sei trotz des im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbarten Verbots der Privatnutzung aufgrund eines von der Klägerin nicht erschütterten Anscheinsbeweises von einer tatsächlich erfolgten Nutzung des dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassenen betrieblichen Pkw zu privaten Zwecken auszugehen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutze ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebsfahrzeug auch für private Fahrten, selbst wenn er auch noch über einen privaten Pkw verfüge. Für diese Auffassung spreche zum einen, dass ein Pkw regelmäßig auch privat genutzt werde. Zum anderen widerspreche es der Lebenserfahrung, dass das Fahrzeug gewechselt werde, wenn eine Fahrt teils betrieblichen und teils privaten Zwecken diene. Es werde gerade das Fahrzeug genutzt, das zur Verfügung stehe. Im Übrigen wiederholte der Beklagte die Ausführungen aus dem Bp.-Bericht unter Tz. 2.7. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 22.03.2019 Bezug genommen.
16
Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage führt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren fort. Darüber hinaus macht sie geltend, das vom Beklagten genannte Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 03.09.2013 (6 K 6153/10) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Geschäftsführerin in dem dortigen Sachverhalt über kein eigenes, für Privatfahrten nutzbares Fahrzeug verfügt habe. Auch das Urteil des FG Köln vom 15.09.2016 (10 K 2497/15) könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, da die Privatnutzung des Fahrzeugs dem Gesellschafter-Geschäftsführer im dortigen Sachverhalt vertraglich grundsätzlich gestattet, Herrn C aber explizit untersagt gewesen sei. Im Streitfall liege eine konkrete Vereinbarung über die Untersagung einer Privatnutzung vor, die keinen Raum für abweichende Interpretationen biete. Dementsprechend sei sie, die Klägerin, auch nicht in der Pflicht, die tatsächliche Umsetzung dieser vertraglichen Vereinbarung nachzuweisen. Vielmehr obliege dem Beklagten der Nachweis einer fehlenden Umsetzung der getroffenen Vereinbarung.
17
Nach den BFH-Urteilen vom 21.03.2013 (VI R 46/11), 18.04.2013 (VI R 23/12) und 14.11.2014 (VI R 25/13) reiche ein Anscheinsbeweis für die Feststellung der privaten Nutzung nicht aus, sofern keine zusätzlichen objektiven Beweise vorlägen. Im Urteil vom 21.03.2013 (VI R 46/11) habe der BFH dies explizit auch für den Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH klargestellt. Der Einwand des Beklagten, dass es sich in dem dortigen Fall lediglich um einen zu 50 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer gehandelt habe, sei nicht nachvollziehbar, da auch eine Beteiligung von 50 % im steuerlichen Sinne beherrschend sei. Zwischen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, die zu 100 % an der Gesellschaft beteiligt seien und solchen, die lediglich eine Beteiligung von 50 % hielten, bestehe steuerrechtlich kein Unterschied. Eine derartige Abgrenzung sei ihr, der Klägerin, zumindest bei vGA unbekannt. Im Leitsatz zu dem BFH-Urteil vom 21.03.2013 (VI R 46/11) werde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Grundsätze dieser Entscheidung auch für einen (Allein-)Geschäftsführer gälten.
18
Ferner könnte ein etwaiger Anscheinsbeweis für eine private Kfz-Nutzung nach dem BFH-Urteil vom 04.12.2012 (VIII R 42/09) dadurch entkräftet werden, dass für private Fahrten andere, in Status und Gebrauchswert vergleichbare Fahrzeuge zur Verfügung stünden. Auch das FG Hamburg habe mit Urteil vom 11.12.2019 (2 K 10/19) zum Fall eines Einzelunternehmers entschieden, dass der Anscheinsbeweis für eine private Pkw-Nutzung durch die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Geschehens erschüttert werden könne und hierfür die Existenz einer ausreichenden Anzahl wertmäßig vergleichbarer Fahrzeuge im Privatvermögen ausreiche.
19
Erstmals im Klageverfahren trägt die Klägerin in diesem Zusammenhang vor, dass ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren neben dem Pkw Porsche Boxster Cabriolet auch noch ein auf ihn zugelassener Opel Agila 1,2 l (Kennzeichen XX-XX 0000) für private Fahrten zur Verfügung gestanden habe. Dieses Fahrzeug sei im Jahr 2012 gebraucht erworben und am 01.11.2018 wieder veräußert worden, weshalb der Kfz-Schein hierzu nicht mehr vorgelegt werden könne. Der Opel A sei im Rahmen der Bp. und im Einspruchsverfahren unerwähnt geblieben, weil er offenkundig deutlich weniger werthaltig als der Porsche Cayenne gewesen sei und außerdem nicht habe ausgeschlossen werden können, dass der Wagen auch durch die Mutter des Herrn C genutzt worden sei. Da es sich bei Herrn C um einen kinderlosen Junggesellen handele, widersprächen die objektiven Anzeichen aber im Ergebnis dem vom Beklagten angeführten Anscheinsbeweis.
20
Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Angaben zu den Privatfahrzeugen und diesbezügliche Eventualitäten stünden in der Prüfungsverantwortung des Beklagten und könnten nicht zu einer Umkehr der Beweislast führen. Sie, die Klägerin, sei ihrer Mitwirkungspflicht in der Bp. vollumfänglich nachgekommen und habe u.a. den Fahrzeugschein für das Porsche Boxster Cabriolet vorgelegt. Nach Abschluss der Bp. sei sie nicht verpflichtet, noch weitere Nachweise zu den Privatfahrzeugen zu erbringen. Aufgrund des zwischenzeitlichen Zeitablaufs sei ihr dies auch nicht mehr möglich. Herr C habe das Porsche Boxster Cabriolet am 01.12.2000 angeschafft, könne aber mittlerweile weder zu diesem Fahrzeug noch zu dem G beweissichere Unterlagen vorlegen, die einen Nachweis über die Art der Zulassung oder die Fahrleistung in den Jahren 2014 bis 2016 erbrächten. Während der im ersten Halbjahr 2018 durchgeführten Bp. hätten insoweit sicherlich noch mehr Unterlagen zur Verfügung gestanden. Grundsätzlich sei es aber nicht ihre Aufgabe, d.h. die der Klägerin, Nachweis darüber zu erbringen, mit welchem Fahrzeug Herr C Privatfahrten durchgeführt habe.
21
Auf Anforderung des Gerichts hat die Klägerin Kontenblätter zu den in den Jahren 2014 bis 2016 gebuchten Kfz-Kosten vorgelegt, aus denen sich folgende, auf das Fahrzeug Porsche Cayenne entfallenden Kosten ergeben:
22
2014 2015 2016
Kfz-Steuer 443,00 € 443,00 € 443,00 €
Kfz-Versicherung 986,58 € 945,30 € 957,92 €
Laufende Kfz-Betriebskosten 3.099,24 € 2.650,64 € 1.870,42 €
Kfz-Reparaturen 866,94 € 2.535,55 € 773,43 €
AfA (berechnet auf Basis einer sechsjährigen Nutzungsdauer) 10.211,00 € 10.211,00 € 10.211,00 €
Summe 15.606,76 € 16.785,49 € 14.255,77 €
23
Die Klägerin beantragt,
24
die Bescheide über Körperschaftsteuer 2014 und 2015 vom 13.09.2018 und Körperschaftsteuer 2016 vom 10.12.2018 sowie über den Gewerbesteuermessbetrag 2014 bis 2016 vom 18.09.2018 ‒ jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2019 ‒ dahingehend zu ändern, dass keine vGA wegen privater Pkw-Nutzung i.H.v. jeweils 11.652,26 € berücksichtigt und der im Gewerbesteuermessbescheid 2014 angesetzte Gewinn aus Gewerbebetrieb um weitere 1.420 € gemindert wird sowie die Bescheide über Umsatzsteuer 2014 vom 13.09.2018 und Umsatzsteuer 2015 und 2016 vom 08.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2014 um 1.202,62 € und die Umsatzsteuer 2015 und 2016 um jeweils 1.392,62 € herabgesetzt wird.
25
Der Beklagte beantragt,
26
die Klage abzuweisen.
27
Er trägt über seine bisherigen Ausführungen hinaus vor, die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des VI. (Lohnsteuer-)Senats des BFH stehe dem im Streitfall für eine Privatnutzung sprechenden Anscheinsbeweis nicht entgegen. Auf die Frage der vGA einer GmbH an ihren alleinigen, beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer lasse sich diese Rechtsprechung nicht übertragen. Insbesondere gehe der Verweis der Klägerin auf das BFH-Urteil vom 21.03.2013 (VI R 46/11) fehl, weil dieses Urteil lediglich einen zu 50 % beteiligten GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer betreffe. Eine Beherrschung, wie sie erst bei einer Mehrheit der Stimmrechte (über 50 %) gegeben sei, habe in dem Urteilsfall gerade nicht vorgelegen. Das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil vom 04.12.2012 (VIII R 42/09) sei zudem zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit zwei jeweils zu 50 % beteiligten Gesellschaftern ergangen und auf den Streitfall daher ebenfalls nicht übertragbar.
28
Alleingesellschafter-Geschäftsführer stünden hinsichtlich ihrer Beherrschung des Unternehmens vielmehr einem Einzelunternehmer gleich. Gelte bei letzterem unbestritten ein Anscheinsbeweis zugunsten einer privaten Pkw-Nutzung, müsse dies aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch für alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten. Insoweit verweist der Beklagte auf das Urteil des FG Köln vom 15.09.2016 (10 K 2497/15). Die auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützte Vermutung, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebsfahrzeug auch für private Fahrten nutze, gelte nach dem vorgenannten Urteil selbst dann, wenn ihm sowohl ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich zur privaten Nutzung überlassen werde als auch ein privater Pkw zur Verfügung stehe. Das Gericht sei in dem Urteilsfall also sogar noch weiter gegangen als er, der Beklagte, im Streitfall, und habe für den zweiten betrieblichen Pkw trotz eines diesbezüglichen Verbots eine private Nutzung angenommen, obwohl der Steuerpflichtige für den ersten betrieblichen Pkw bereits die Privatnutzung versteuert habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin lasse sich das Urteil durchaus auf den Streitfall übertragen, da die Privatnutzung in beiden Fällen ‒ im Urteilsfall für das zweite Betriebsfahrzeug ‒ vertraglich untersagt gewesen sei.
29
Im Streitfall sei zudem zu berücksichtigen, dass Herr C in der H Straße 00 in I wohne und sich die Geschäftsräume der Klägerin in der Jstraße 0 im Zentrum von A befänden. Die Entfernung zwischen dem Wohnort des Herrn C und dem Betrieb betrage ca. 5 km. Wenn Herr C tagsüber einen privaten Termin (z.B. wegen eines Arztbesuchs, privaten Einkaufs o.Ä.) wahrnehme und vorher im Betrieb gewesen sei, werde er wohl kaum erst zu seiner Wohnung fahren und dort das Fahrzeug wechseln, um damit die private Fahrt vorzunehmen, sondern selbstverständlich das Betriebsfahrzeug für diese Fahrt nutzen.
30
Die Angaben der Klägerin zu den beiden Herrn C im Prüfungszeitraum angeblich zur Verfügung stehenden Privatfahrzeugen ließen sich überdies nur schwer überprüfen und bedürften näherer Erläuterung. Fraglich sei, ob die beiden Fahrzeuge in den Kalenderjahren 2014 bis 2016 tatsächlich auf Herrn C zugelassen gewesen seien und ob möglicherweise (z.B. für das Cabrio) nur ein Saisonkennzeichen bestanden habe. Es lasse sich auch nicht ausschließen, dass die Fahrzeuge von einer anderen Person als Herrn C ‒ z.B. seinen Eltern ‒ (überwiegend) genutzt worden seien. Die Klägerin möge daher weitere Angaben zum Typ/Modell der Fahrzeuge, zum Datum ihrer Erstzulassung und der Anschaffung, zum Kaufpreis und der Fahrleistung in den Jahren 2014 bis 2016 und zur Nutzung durch andere Personen machen. Ferner möge sie ihre Angaben sowie die Zulassung der Fahrzeuge in den Streitjahren durch Vorlage geeigneter Nachweise belegen.
31
Soweit die Klägerin dies verweigere, handele es sich bei ihrem Argument, dass Herrn C zwei Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten, um nicht mehr als eine Behauptung. Der BFH habe aber bereits mehrfach entschieden, dass die bloße Behauptung, Privatfahrten seien ausschließlich mit anderen Fahrzeugen als dem betrieblichen Pkw durchgeführt worden, nicht ausreiche, um eine Anwendung der 1 %-Regel auszuschließen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13.02.2003 ‒ X R 23/01). Unabhängig davon lasse sich der Anscheinsbeweis einer Privatnutzung des Pkw Porsche Cayenne in Bezug auf das private Fahrzeug Opel mangels Vergleichbarkeit in Status und Gebrauchswert ohnehin nicht entkräften.
32
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat mit den Beteiligten die Abweichungen zwischen den in Bd. II der Bp.-Handakten befindlichen, vom 30.08.2018 datierenden Berechnungen für die Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer 2014 gemäß den Anlagen 1, 4 und 6 zum Bp.-Bericht und den vom Beklagten letztlich erlassenen Bescheiden über Körperschaftsteuer 2014 vom 13.09.2018, den Gewerbesteuermessbetrag 2014 vom 18.09.2018 sowie Umsatzsteuer 2014 vom 08.10.2018 erörtert. Dabei wurde Einvernehmen erzielt, dass der ‒ vorbehaltlich einer Reduzierung aufgrund des im Klageverfahren streitigen Sachverhalts (Nutzung des Pkw Porsche Cayenne) ‒ anzusetzende Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb für 2014 richtigerweise 30.262 € und nicht, wie vom Beklagten im Gewerbesteuermessbescheid abweichend von dem zu versteuernden Einkommen laut Körperschaftsteuerbescheid zugrunde gelegt, 31.682 € beträgt. Ferner besteht Einvernehmen, dass die Umsätze der Klägerin zum Regelsteuersatz im Kalenderjahr 2014 ‒ ebenfalls vorbehaltlich einer Reduzierung aufgrund des im Verfahren streitigen Sachverhalts ‒ 394.305 € statt 393.305 € betragen haben.
33
Zum Sach- und Streitstand hat der Vertreter der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Geschäftssitz der Klägerin sei von der Wohnung des Herrn C entgegen der Darstellung des Beklagten weniger als 5 km entfernt. Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte usw. seien im Umkreis des Geschäftssitzes fußläufig erreichbar. Herr C habe den Pkw Porsche Cayenne in den Streitjahren nach eigenen Angaben tatsächlich nicht für Privatfahrten genutzt. Aufgrund des Unternehmensgegenstandes der Klägerin habe sich eine sehr hohe, durch betriebliche Fahrten zu den verschiedenen Kunden und Eventlocations verursachte Laufleistung des Fahrzeugs ergeben. Die ebenfalls im Unternehmen der Klägerin beschäftigte Mutter des Herrn C, Frau K, habe über ein eigenes privates Fahrzeug verfügt.
34
Entscheidungsgründe
35
Die Klage ist unbegründet.
36
Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2014 und 2015 vom 13.09.2018, Körperschaft-steuer 2016 vom 10.12.2018, den Gewerbesteuermessbetrag 2014 bis 2016 vom 18.09.2018, Umsatzsteuer 2014 vom 13.09.2018 sowie Umsatzsteuer 2015 und 2016 vom 08.10.2018 ‒ jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2019 ‒ sind jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin rechtswidrig und verletzen sie daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‒ FGO).
37
.
38
Der Beklagte hat in den Streitjahren aufgrund eines von der Klägerin nicht erschütterten Anscheinsbeweises dem Grunde nach zu Recht vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ‒ für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ‒ sowie unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Zusammenhang mit der Privatnutzung des dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin überlassenen betrieblichen Pkw Porsche Cayenne berücksichtigt, diese der Höhe nach aber zu Gunsten der Klägerin zu niedrig bemessen.
39
I. Die den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen für 2014 bis 2016 zugrunde liegende Annahme von vGA wegen privater Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs Porsche Cayenne durch den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin ist nicht zu beanstanden.
40
1. a) Unter einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Zudem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.05.2021 ‒ I R 4/17, BFH/NV 2021, 1595 und I R 62/17, BFH/NV 2021, 1601; BFH-Beschluss vom 13.07.2021 ‒ I R 16/18, BStBl II 2022, 119; jeweils m.w.N.).
41
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (formeller Fremdvergleich, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12.09.2018 ‒ I R 77/16, BFH/NV 2019, 296 m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Von einer beherrschenden Stellung in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung des BFH im Regelfall auszugehen, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und er deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dies ist entgegen der Annahme der Klägerin im Allgemeinen der Fall, wenn er über mehr als 50 % der Stimmrechte verfügt. Verfügt ein Gesellschafter lediglich über genau 50 % oder weniger der Gesellschaftsanteile, wird er nur dann einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt, wenn er mit anderen gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23.10.2013 ‒ I R 89/12, BStBl II 2014, 729).
42
b) Nach diesen allgemeinen Grundsätzen geht der BFH in Bezug auf die von einer Kapitalgesellschaft getragenen Kosten für einen ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung gestellten betrieblichen Pkw nur dann von einer ausschließlich betrieblichen Veranlassung der Kfz-Kosten aus, wenn die private Nutzung des Fahrzeugs durch den Gesellschafter-Geschäftsführer durch eine fremdübliche Überlassungs- und Nutzungsvereinbarung gedeckt ist. In diesem Fall liegt in der unentgeltlichen oder verbilligten Nutzungsüberlassung ein lohnsteuerlich relevanter geldwerter Vorteil und keine vGA (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.2008 ‒ I R 8/06, BStBl II 2012, 260; vom 17.07.2008 ‒ I R 83/07, BFH/NV 2009, 417; vom 23.04.2008 ‒ VI R 81/06, BStBl II 2012, 262; BFH-Beschlüsse vom 23.04.2009 ‒ VI B 118/08, BStBl II 2010, 234; vom 16.10.2020 ‒ VI B 13/20, BFH/NV 2021, 434). Der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung umfasst dabei unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs selbst sowie die Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur-, Wartungs- und Treibstoffkosten, folglich nutzungsabhängige wie ‑unabhängige Kosten. Auch wenn der Arbeitnehmer den überlassenen Pkw tatsächlich nicht privat nutzen sollte, erspart er sich zumindest die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kraftfahrzeugs verausgaben müsste (vgl. BFH-Urteile vom 21.03.2013 ‒ VI R 31/10, BStBl II 2013, 700; vom 21.03.2013 ‒ VI R 42/12, BStBl II 2013, 918).
43
Die ohne eine fremdübliche Überlassungs- und Nutzungsvereinbarung erfolgende, über eine solche Vereinbarung hinausgehende oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechende Nutzung eines Betriebs-Pkw zu privaten Zwecken hat dagegen keinen Lohncharakter, da ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, nicht „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wird. Vielmehr ist die unbefugte Privatnutzung in diesem Sinne durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst und führt nach der Rechtsprechung des I. Senats des BFH auf Gesellschaftsebene stets zu vGA (vgl. BFH-Urteile vom 05.10.1977 ‒ I R 230/75, BStBl II 1978, 234; vom 23.02.2005 ‒ I R 70/04, BStBl II 2005, 882; vom 23.01.2008 ‒ I R 8/06, BStBl II 2012, 260; vom 17.07.2008 ‒ I R 83/07, BFH/NV 2009, 417; für die Gesellschafterebene bei nachhaltiger vertragswidriger Privatnutzung dagegen differenzierend der VI. Senat, vgl. Urteile vom 23.04.2009 ‒ VI R 81/06, BStBl II 2012, 262 und vom 11.02.2010 ‒ VI R 43/09, BStBl II 2012, 266).
44
c) Ob tatsächlich eine (unbefugte) private Pkw-Nutzung vorliegt, ist nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Da es sich insoweit um eine steuerbegründende Tatsache handelt, trägt grundsätzlich das Finanzamt die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer den betrieblichen Pkw tatsächlich zu privaten Zwecken genutzt hat. Die Regeln der Feststellungslast kommen jedoch erst dann zum Zuge, wenn das zu beweisende Tatbestandsmerkmal nicht erweislich ist. Zuvor ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen, ob sich das Gericht z.B. unter Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises eine Überzeugung von den tatsächlichen Lebensumständen bilden kann.
45
Der in der Rechtsprechung als Form der mittelbaren Beweisführung gewohnheitsrechtlich anerkannte Anscheinsbeweis beruht auf der Erfahrung, dass bestimmte Sachverhalte typischerweise bestimmte Folgen auslösen oder umgekehrt, dass bestimmte Folgen auf einen typischen Geschehensablauf hindeuten. Dem Anscheinsbeweis liegt damit ein typischer, aber nicht (unbedingt) der tatsächliche Geschehensablauf zugrunde. Die Anwendung des Erfahrungsgrundsatzes auf den Anscheinstatbestand bewirkt jedoch, dass das Ergebnis der Beweiswürdigung zur vollen Überzeugung des Gerichts vorgegeben ist, es sei denn, der Anscheinsbeweis wird erschüttert (vgl. zum Ganzen Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rn. 37 und Ratschow in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 96 Rn. 146; jeweils m.w.N.).
46
Der I. Senat des BFH geht in seiner bisherigen Rechtsprechung von einem Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines dem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung stehenden betrieblichen Pkw aus. Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, spricht danach aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gilt ‒ unabhängig davon, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die Kapitalgesellschaft beherrscht ‒ sowohl im Falle einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung über eine Privatnutzung als auch bei einem im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Privatnutzungsverbot und insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.2008 ‒ I R 8/06, BStBl II 2012, 260 und vom 17.07.2008 ‒ I R 83/07, BFH/NV 2009, 417).
47
Demgegenüber verneint der VI. Senat des BFH ‒ ausgehend von der Prämisse, dass für lohnsteuerliche Zwecke bereits die bloße Gestattung der Privatnutzung unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen den Zufluss eines geldwerten Vorteil begründet ‒ in seiner jüngeren Rechtsprechung einen derartigen Anscheinsbeweis. Danach streitet der Anscheinsbeweis nur dafür, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassener Pkw auch tatsächlich privat genutzt wird, nicht aber dafür, dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Fahrzeug aus dem vom Arbeitgeber vorgehaltenen Fuhrpark zur Verfügung steht oder dass er einen solchen unbefugt auch privat nutzt.
48
Dies gelte auch für den angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, dem die Nutzung eines ihm vom Arbeitgeber überlassenen Pkw zu privaten Zwecken untersagt sei. Es gebe keinen auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Erfahrungssatz, nach dem ein angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer generell arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote nicht achten werde. Selbst wenn er in Ermangelung einer „Kontrollinstanz“ bei einer Zuwiderhandlung keine arbeitsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen zu gewärtigen habe, rechtfertige dies keinen entsprechenden steuerstrafrechtlich erheblichen Generalverdacht. Dass der Arbeitgeber ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht überwache, ändere hieran nichts (vgl. BFH-Urteile vom 21.04.2010 ‒ VI R 46/08, BStBl II 2010, 848; vom 21.03.2013 ‒ VI R 46/11, BStBl II 2013, 1044; vom 21.03.2013 ‒ VI R 42/12, BStBl II 2013, 918; vom 18.04.2013 ‒ VI R 23/12, BStBl II 2013, 920; vom 14.11.2013 ‒ VI R 25/13, BFH/NV 2014, 678). An diesen Grundsätzen hat der VI. Senat nicht nur für den Fall eines nicht als Gesellschafter beteiligten Alleingeschäftsführers und eines zu 50 % (und damit nicht beherrschend) am Stammkapital einer GmbH beteiligten Geschäftsführers festgehalten (vgl. Urteile vom 21.03.2013 ‒ VI R 46/11 und VI R 42/12), sondern auch für den eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH (vgl. BFH-Urteil vom 08.08.2013 ‒ VI R 71/12, BFH/NV 2014, 153).
49
Gleichwohl hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden, dass die vom VI. Senat des BFH zur lohnsteuerlichen Behandlung aufgestellten Grundsätze nicht auf die Ebene der GmbH für Zwecke der Prüfung einer vGA an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer übertragbar seien und insoweit weiterhin ein für die private Pkw-Nutzung sprechender Anscheinsbeweis gelte. Anders als in sonstigen Fällen, in denen die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer insofern gegenläufig seien, sei bei Vertragsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren beherrschenden Gesellschaftern von einem Gleichlauf der Interessen auszugehen. Zudem setze sich ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der sich über ein mit der GmbH vereinbartes Verbot hinwegsetze, nicht einmal ansatzweise dem Risiko arbeits- oder zivilrechtlicher Konsequenzen aus. Würde die Rechtsprechung des Lohnsteuersenats auf die Besteuerung der Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer übertragen, hinge die Besteuerung nicht vom tatsächlichen Lebenssachverhalt, sondern von einer „nur auf dem Papier“ bestehenden Rechtslage ab. Dies widerspräche ‒ so das FG ‒ dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO). Überdies läge ein Wertungswiderspruch zu den Einzelunternehmern und den Personengesellschaften, für die aufgrund der unbeschränkten Verfügungsbefugnis des Betriebsinhabers bzw. Mitunternehmers ebenfalls von einem Anscheinsbeweis zugunsten einer privaten Kfz-Nutzung ausgegangen werde. Zwar sei die GmbH ein eigenständiges Besteuerungssubjekt, das nicht ohne weiteres mit einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft gleichgestellt werden könne. Es wäre nach Ansicht des FG aber „weltfremd“ anzunehmen, dass eine private Pkw-Nutzung unterbleibe, nur weil dies im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag oder andernorts geregelt sei. Bei einem solchen Verständnis der Regelungen drohe ein Vollzugsdefizit, weil das Finanzamt in der Regel den Nachweis einer privaten Nutzung nicht führen könne (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.09.2013 ‒ 6 K 6154/10, EFG 2013, 1955).
50
Dem hat sich der 10. Senat des FG Köln selbst für den Fall angeschlossen, dass dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH neben dem streitbefangenen, von der Gesellschaft ohne Vereinbarung über eine Privatnutzung überlassenen betrieblichen Fahrzeug noch ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich zur privaten Nutzung und ein privater Pkw zur Verfügung stehen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutze ein Gesellschafter auch unter diesen Umständen ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebsfahrzeug für private Fahrten. Hierfür spreche zum einen, dass ein Pkw regelmäßig auch privat genutzt werde. Zum anderen widerspreche es der Lebenserfahrung, dass ‒ wenn eine Fahrt teils betrieblichen, teils privaten Zwecken diene ‒ das Fahrzeug gewechselt werde. Vielmehr werde gerade das Fahrzeug genutzt, das zur Verfügung stehe. Stehe das Fahrzeug, dessen private Nutzung im Anstellungsvertrag geregelt sei, (z.B. wegen einer Inspektion) nicht zur Verfügung, werde das andere Fahrzeug genutzt.
51
Die Rechtsprechung des Lohnsteuersenats des BFH stehe der Anwendung eines entsprechenden Anscheinsbeweises nicht entgegen. Diese Rechtsprechung, ihre Richtigkeit für das Lohnsteuerrecht unterstellt, könne auf die körperschaftsteuerliche Behandlung bei der GmbH im Falle eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers nicht übertragen werden, da ein solcher im Hinblick auf die Beherrschung des Unternehmens einem Einzelunternehmer gleichstehe. Gelte bei letzterem unbestritten ein Anscheinsbeweis zugunsten einer privaten Pkw-Nutzung, müsse dies aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch für alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten (vgl. FG Köln, Urteil vom 15.09.2016 ‒ 10 K 2497/15, EFG 2016, 2081).
52
Der I. Senat des BFH hatte ‒ da die vorgenannten Entscheidungen des FG Berlin-Brandenburg und des 10. Senats des FG Köln trotz Revisionszulassung im letztgenannten Fall nicht mit Rechtsmitteln angegriffen wurden ‒ bislang noch keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern, ob er der jüngeren Rechtsprechung des VI. Senats in Bezug auf die Ablehnung eines Anscheinsbeweises in vGA-Konstellationen mit einem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer folgt oder an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält. Im Rahmen seines Beschlusses vom 30.09.2015 (I B 85/14, BFH/NV 2016, 423), mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des FG Nürnberg als unzulässig verworfen wurde, hat der I. Senat allerdings ausdrücklich auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 03.09.2013 Bezug genommen und betont, bei einem alleinigen bzw. beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bestehe die Besonderheit, dass es an einem Interessengegensatz zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ‒ beide repräsentiert durch dieselbe Person ‒ fehle. Es liege nahe, diese Unterschiede im Sachverhalt aufzugreifen und insoweit rechtlich andere, nämlich strengere Maßstäbe anzulegen.
53
Auch in der Literatur finden die Entscheidungen des FG Berlin-Brandenburg sowie des 10. Senats des FG Köln Zustimmung und wird überwiegend davon ausgegangen, dass für Zwecke der Prüfung einer vGA auf Ebene einer Kapitalgesellschaft bei Überlassung eines betrieblichen Pkw an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gemäß der bisherigen Rechtsprechung des I. BFH-Senats weiterhin ein für eine Privatnutzung sprechender Anscheinsbeweis gilt (vgl. Kister in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 EStG Rn. 87; Rengers in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 KStG Rn. 900 (Kraftfahrzeugkosten); Frotscher in: Frotscher/Drüen, KStG, Anhang zu § 8: ABC der vGA (Kraftfahrzeugkosten); Lang in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die KSt, § 8 KStG Rn. 790, 793; Stimpel in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 1. Aufl. 2015, § 8 Rn. 1070; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rn. 45; Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 96 FGO Rn. 100; Schmidt-Herscheidt, NWB 2016, 1429, 1438; Schober, EFG 2016, 2083; für eine „strengere Indizienwürdigung“ beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer auch Gosch in: Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8 Rn. 716; offen Kuhfus, EFG 2013, 1957; Hey/Isler/Janetzko u.a. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 KStG Rn. 368; Klein/Müller/Döpper in: Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 8 Rn. 3071 f.; a. A. Stelzer in: Feldgen, vGA und verdeckte Einlagen, Geschäftsführervergütungen Rn. 132). Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Abkehr vom Anscheinsbeweis sich nur auf das Lohnsteuerrecht beziehe und er außerhalb dieses Gebiets ‒ z.B. für Zwecke der Nutzungsentnahmebesteuerung ‒ weiterhin Bestand habe (vgl. die Kommentierungen zu den Entscheidungen des VI. Senats bei Geserich, NWB 2013, 2376, 2377 f.; HFR 2013, 692; HFR 2013, 994; DStR 2013, 1424; HFR 2014, 409 f.).
54
d) Der erkennende Senat schließt sich der bisherigen körperschaftsteuerlichen Rechtsprechung und der Literatur an und geht für Zwecke der Prüfung des Vorliegens einer vGA auf Ebene der Gesellschaft von einem für eine Privatnutzung eines dem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung stehenden Pkw sprechenden Anscheinsbeweis aus.
55
Die einen derartigen Anscheinsbeweis selbst für den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ablehnende Rechtsprechung des VI. Senats des BFH sieht der Senat als durch die Besonderheiten des Lohnsteuerrechts geprägt und in ihrer Anwendbarkeit daher auf diesen Bereich beschränkt an. Auf die körperschaftsteuerliche Behandlung der Pkw-Überlassung an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG lässt sich diese Rechtsprechung nicht übertragen. Denn für die lohnsteuerliche Beurteilung der Pkw-Überlassung kommt es nach dem BFH allein auf die Überlassung des Fahrzeugs auch zur privaten Nutzung, d.h. auf deren Gestattung an. Einer tatsächlichen privaten Nutzung bedarf es zur Begründung eines lohnsteuerpflichtigen Vorteils nicht. Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den ihm überlassenen betrieblichen Pkw tatsächlich privat nutzt, ob hierfür ein auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründender Anscheinsbeweis spricht und ob dieser durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts entkräftet werden kann, ist daher für die Besteuerung des Nutzungsvorteils ohne Bedeutung.
56
Demgegenüber verlangt die Annahme einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG im Zusammenhang mit der Überlassung eines betrieblichen Pkw an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ebenso wie die Besteuerung einer Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aufgrund der Nutzung eines dem Betriebsvermögen zugeordneten Pkw durch einen Einzelunternehmer oder Personengesellschafter eine tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs. Für diese streitet nach Auffassung des erkennenden Senats in den vorgenannten Konstellationen weiterhin ein Anscheinsbeweis, der ggf. erschüttert werden kann. In dieser Sichtweise sieht sich der Senat durch die im Beschluss des I. Senats des BFH vom 30.09.2015 (I B 85/14) anklingende Tendenz und die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung bestätigt, wonach für Zwecke der Prüfung einer vGA auf Ebene einer Kapitalgesellschaft bei Überlassung eines betrieblichen Pkw an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nach wie vor ein für eine Privatnutzung sprechender Anscheinsbeweis gilt.
57
2. Hinsichtlich des dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin überlassenen Pkw Porsche Cayenne geht der Senat deshalb unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze von dem auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützten Grundsatz aus, dass ein zur Verfügung stehender Pkw des Betriebsvermögens regelmäßig nicht ausschließlich betrieblich, sondern tatsächlich auch privat genutzt wird, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich ‒ wie hier ‒ um ein repräsentatives, neuwertiges und hochpreisiges Fahrzeug handelt, auf das ein jederzeitiger Zugriff besteht.
58
Die vorliegend im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausgesprochene Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs für private Fahrten steht dem für eine Privatnutzung streitenden Anscheinsbeweis nicht entgegen. Denn allein das arbeitsvertragliche, im Falle eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers im Wege eines Insichgeschäfts i.S.d. § 181 BGB „mit sich selbst“ vereinbarte Verbot einer privaten Nutzung genügt nicht, um die tatsächliche Privatnutzung auszuschließen. Vielmehr hätten hierzu weitere organisatorische Maßnahmen getroffen werden müssen, um sicherzustellen, dass tatsächlich keine Privatfahrten mit dem betrieblichen Fahrzeug durchgeführt werden (z.B. Abstellen des Pkw auf dem Firmengelände und Verwahrung des Schlüssels durch Dritte). Derartige Maßnahmen wurden von der Klägerin jedoch nicht vorgetragen. Zudem ist objektiv nicht überprüfbar, wie das Fahrzeug in den Streitjahren tatsächlich genutzt wurde. Ein Fahrtenbuch, aus dem sich die tatsächliche Einhaltung des mit der Klägerin vereinbarten Privatnutzungsverbots ergeben könnte, oder anderweitige Aufzeichnungen wurden durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht geführt. Ohne (ordnungsgemäßes) Fahrtenbuch oder gleichwertige Aufzeichnungen konnte die Klägerin das Verbot der privaten Nutzung aber nicht überwachen.
59
Würde man, wie die Klägerin, das getroffene Privatnutzungsverbot als allein maßgeblich erachten, stünde es letztlich im freien Belieben des Gesellschafter-Geschäftsführers, den Ansatz einer vGA wegen privater Pkw-Nutzung auf Gesellschaftsebene durch die Aufnahme eines formalen Verbots in seinen Anstellungsvertrag auszuschließen. Dies kann mit Blick auf die Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaftern, bei denen trotz Vereinbarung eines privaten Nutzungsverbots regelmäßig im Wege des Anscheinsbeweises davon ausgegangen wird, dass eine private Pkw-Nutzung stattgefunden hat (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Kulosa in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 6 Rn. 535 f.), nicht überzeugen. Andernfalls würde die „Ein-Personen-GmbH“ gegenüber sonstigen Formen betrieblicher Tätigkeit privilegiert. Ein nicht fremdüblich überwachtes Privatnutzungsverbot zwischen einer GmbH und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer ist daher nicht geeignet, den Anscheinsbeweis für die private Nutzung eines dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassenen Pkw auf Ebene der GmbH auszuschließen.
60
3. Den Anscheinsbeweis zugunsten einer tatsächlichen Privatnutzung des ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung gestellten betrieblichen Pkw hat die Klägerin auch nicht anderweitig erschüttert.
61
a) Zwar kann der auf Erfahrungssätzen beruhende Anscheinsbeweis für eine private Pkw-Nutzung grundsätzlich durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es nicht des (Voll-)Beweises des Gegenteils. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung des betrieblichen Pkw nicht stattgefunden hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.11.2006 ‒ VI R 19/05, BStBl II 2007, 116; BFH-Beschlüsse vom 21.12.2006 ‒ VI B 20/06, BFH/NV 2007, 716; vom 16.06.2009 ‒ V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678; jeweils m.w.N.). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um Tatsachen aus der Sphäre des Steuerpflichtigen handelt, so dass strenge Anforderungen zu stellen sind, um den Erfahrungssatz nicht funktionslos werden zu lassen (vgl. Kulosa in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 6 Rn. 535 unter Verweis auf BFH-Urteil vom 24.02.2000 ‒ III R 59/98, BStBl II 2000, 273 und BFH-Beschluss vom 13.04.2005 ‒ VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300). Die Tatsachen, aus denen die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden soll, bedürfen aus diesem Grund des vollen Beweises (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20.08.2006 ‒ VI B 45/08, BFH/NV 2008, 2021; vom 20.10.2009 ‒ VI B 74/08, BFH/NV 2010, 197; jeweils m.w.N.).
62
Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, reicht zur Entkräftung des Anscheinsbeweises daher nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13.12.2001 ‒ VIII B 82/11, BFH/NV 2012, 573; vom 16.06.2009 ‒ V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678 m.w.N.). Über die Frage, ob der für eine Privatnutzung sprechende Beweis des ersten Anscheins erschüttert ist, entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.2012 ‒ VIII R 42/09, BStBl II 2013, 365). Dabei kann der Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung betrieblicher Pkw spricht, u.a. dadurch entkräftet werden, dass für private Fahrten andere Fahrzeuge ständig und uneingeschränkt zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. Denn in diesem Fall ist keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für private Fahrten das betriebliche Fahrzeug zu nutzen (vgl. BFH-Urteile vom 19.05.2009 ‒ VIII R 60/06, BFH/NV 2009, 1974; vom 04.12.2012 ‒ VIII R 42/09, BStBl II 2013, 365; zu weiteren, im jeweiligen Einzelfall möglichen Kriterien zur Erschütterung des Anscheinsbeweises vgl. FG Münster, Urteil vom 16.08.2022 ‒ 6 K 2688/19 E, EFG 2022, 1690, Rev. beim BFH anh. unter Az. III R 34/22).
63
b) Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen ist es der Klägerin nicht gelungen, den Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung des ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung gestellten Pkw Porsche Cayenne zu entkräften. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs bestand.
64
Dass der dem Gesellschafter-Geschäftsführer von der Klägerin zur Verfügung gestellte Pkw in den Streitjahren kein einziges Mal privat, sondern ausschließlich für betriebliche Fahrten genutzt wurde, hat der Vertreter der Prozessbevollmächtigen der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vorgebracht. Dieses Vorbringen ist jedoch als solches unbeachtlich, sofern nicht darüber hinaus konkrete Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden, die einen atypischen, von dem für eine Privatnutzung sprechenden Erfahrungssatz abweichenden Geschehensablauf nahe legen.
65
Einen derartigen Beweis hat die Klägerin nicht geführt. Sie hat insbesondere nicht bewiesen, dass ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren für private Fahrten ständig und uneingeschränkt andere Fahrzeuge zur Verfügung standen, die dem betrieblichen Fahrzeug Porsche Cayenne in Status und Gebrauchswert vergleichbar waren. Da es sich hierbei um Tatsachen handelt, aus denen sie die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ableiten will, obliegt der Klägerin insoweit entgegen ihrer Annahme der volle Beweis. Außer einer Kopie des Fahrzeugscheins für den auf den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin privat zugelassenen Pkw Porsche Boxster 986 Cabriolet liegen dem Gericht keine Unterlagen über in seinem Privatvermögen vorhandene Fahrzeuge und deren tatsächliche Nutzung vor. Zu dem erstmals im Klageverfahren erwähnten weiteren Privatfahrzeug, einem nach Angaben der Klägerin im Jahr 2012 gebraucht erworbenen Opel Agila, fehlen jegliche Unterlagen.
66
Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin als wahr unterstellt, dass das Porsche Cabriolet und der Opel Agila ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren durchgehend zur privaten Nutzung zur Verfügung standen, ist der betriebliche Porsche Cayenne aus Sicht des Senats nicht mit diesen Fahrzeugen vergleichbar. Bei dem privaten Pkw Porsche Boxster 986 Cabriolet handelte es sich um ein im ersten Streitjahr bereits 16 Jahre altes Zweisitzer-Fahrzeug mit Faltdach, das zur Emissionsklasse Euro 2 gehörte und daher in den Umweltzonen von Städten und Gemeinden nur eingeschränkt genutzt werden durfte. Der betriebliche Pkw Porsche Cayenne war im ersten Streitjahr demgegenüber erst wenige Monate alt, verfügte daher über eine neuwertige Ausstattung, mehr Komfort, eine bessere Emissionsklasse sowie über ein größeres Raumangebot für Personen und Gepäck. Objektiv stellte der Porsche Cayenne daher ein gegenüber dem Porsche Cabriolet zumindest hinsichtlich seines Gebrauchswerts höherwertiges Fahrzeug dar.
67
Dass der Opel Agila in Status und Gebrauchswert mit dem betrieblichen Pkw Porsche Cayenne nicht vergleichbar war und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund der Mitbenutzung durch dessen Mutter auch nicht jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung stand, räumt die Klägerin i.m Übrigen selbst ein. Zur Erschütterung des für eine Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs Porsche Cayenne sprechenden Anscheinsbeweises ist dieser Pkw daher ebenfalls nicht geeignet.
68
Nach alledem beschränkt sich das Vorbringen der Klägerin auf die bloße Behauptung, dass ihr Alleingesellschafter-Geschäftsführer Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen als dem streitbefangenen Porsche Cayenne durchgeführt habe. Dies reicht aber, wie bereits ausgeführt, nicht aus, um den allgemeinen Erfahrungssatz, dass zur Nutzung überlassene betriebliche Pkw bei entsprechender Möglichkeit typischerweise auch für private Fahrten genutzt werden, zu entkräften.
69
4. Die vom Beklagten damit dem Grunde nach zu Recht angenommene vGA ist auch nicht zu Lasten der Klägerin zu hoch bemessen.
70
a) Zwar ist eine vGA wegen privater Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht, wie vom Beklagten vorgenommen, mit dem lohnsteuerlichen Wert (1 % des Listenpreises des Fahrzeugs, § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) anzusetzen. Der Nutzungsvorteil ist vielmehr ausschließlich nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führt und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbezieht (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.2008 ‒ I R 8/06, BStBl II 2012, 260; vom 17.07.2008 ‒ I R 83/07, BFH/NV 2009, 417). Wird ein betriebliches Wirtschaftsgut durch einen Gesellschafter ohne angemessene Gegenleistung (privat) genutzt, ist die vGA in Höhe der objektiv angemessenen Gegenleistung zu bewerten. Dies führt regelmäßig zum Ansatz des gemeinen Werts der Nutzung und ‒ sollte dieser nicht zu ermitteln sein ‒ zu einer Wertbestimmung nach den (Voll-)Kosten der Kapitalgesellschaft zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags (vgl. BFH-Urteil vom 22.12.2010 ‒ I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019). Einzubeziehen in die Bewertung der vGA ist ferner die hierauf entfallende Umsatzsteuer (vgl. Gosch in: Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8 Rn. 384).
71
Bei der hinsichtlich der Ermittlung des gemeinen Werts der Nutzung erforderlich werdenden Schätzung der erzielbaren Vergütung (vgl. Stimpel in: Rödder/Herling-haus/Neumann, KStG, 1. Aufl. 2015, § 8 Rn. 1071; Bott/Hamacher/Schober/Schulz in: Bott/Walter, KStG, § 8 Rn. 764) können ‒ unter Beachtung der Bandbreite ‒ die marktmäßigen Mietraten eines professionellen Fahrzeugvermieters nur grobe Orientierungspunkte liefern, weil Kapitalgesellschaften im Allgemeinen keine solchen Vermieter sind. Der Nutzungsüberlassende und der Nutzungsempfänger werden deswegen gemeinhin auf Kostenbasis abrechnen und sich etwaige Gewinnaufschläge teilen (vgl. BFH-Urteil vom 23.02.2005 ‒ I R 70/04, BStBl II 2005, 882; BFH-Beschluss vom 16.09.2009 ‒ I B 70/09, BFH/NV 2010, 247). Dabei werden im Rahmen der Abrechnung „auf Kostenbasis“ die Fixkosten des betrieblichen Pkw (z.B. Aufwendungen für Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung, AfA) ohne Aufteilung in einen betrieblich veranlassten und einen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Teil miterfasst (vgl. BFH-Urteil vom 22.12.2010 ‒ I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019; BFH-Beschluss vom 16.09.2009 ‒ I B 70/09, BFH/NV 2010, 247). Dies beruht auf der Erwägung, dass die vGA in der Übernahme von Aufwendungen zugunsten des Gesellschafters ohne Vereinbarung einer angemessenen Kostenerstattung und eines Gewinnelements besteht. Daher ist der regelmäßig aus den fixen und variablen Kosten (Kfz-Steuer und Versicherung, Abschreibung, Betriebskosten, ggf. Fremdkapitalzinsen bei kreditfinanzierter Anschaffung oder angemessene Kapitalverzinsung) gebildete und um einen Gewinnaufschlag zu erhöhende Fremdvergleichspreis zugrunde zu legen (vgl. Frotscher in: Frotscher/Drüen, KStG, Anhang zu § 8 KStG: ABC der vGA (Kraftfahrzeugkosten) mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
72
b) Nach diesen Grundsätzen geht der Senat im Streitfall zum Zwecke der Ermittlung der für die Bewertung der vGA maßgeblichen erzielbaren Vergütung für die Überlassung des betrieblichen Pkw Porsche Cayenne wegen fehlender anderweitiger Erkenntnisse von den aus der Buchhaltung der Klägerin entnommenen Aufwendungen für das betreffende Fahrzeug aus.
73
Diese belaufen sich aufgrund der relativ hohen Abschreibung sowie der darüber hinaus angefallenen fixen und variablen Kosten mit insgesamt 15.606,76 € (2014), 16.785,49 € (2015) und 14.255,77 € (2016) bereits auf höhere Beträge als der vom Beklagten auf Basis der 1 %-Methode mit jeweils 11.652,26 € p.a. ermittelte Wert der vGA. Für eine nutzungsanteilige Aufteilung der vorgenannten Kosten, die mangels greifbarer Anhaltspunkte für den Anteil der Privatfahrten letztlich nur im Schätzwege möglich wäre, sieht der Senat keine Veranlassung (anders als die Vorinstanzen zu den Entscheidungen des BFH vom 16.09.2009 ‒ I B 70/09, BFH/NV 2010, 247 und vom 22.12.2010 ‒ I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019). Denn die Bewertung der vGA ist ausschließlich nach den oben dargestellten Fremdvergleichsmaßstäben vorzunehmen. Zudem ist im Verhältnis zu einem beherrschenden Gesellschafter der formelle Fremdvergleich zu beachten, der mangels feststellbarer tatsächlicher Durchführung des vereinbarten Privatnutzungsverbots eine gesellschaftsrechtliche Mitveranlassung sämtlicher Kosten für den streitbefangenen Pkw zur Folge hat.
74
Zur Ermittlung des gemeinen Werts wären die der Klägerin für den Pkw Porsche Cayenne entstandenen Kosten zusätzlich noch um einen angemessenen Gewinnzuschlag, der aus Sicht des Senats mit 5-10 % zu schätzen ist, und die Umsatzsteuer von 19 % zu erhöhen. Daraus ergäben sich selbst unter kompensatorischer Berücksichtigung des unstreitig um 1.420 € zu hohen Ansatzes des Gewinns aus Gewerbebetrieb im Gewerbesteuermessbescheid 2014 deutlich höhere vGA als sie der Beklagte in den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden 2014 bis 2016 zugrunde gelegt hat. Wegen des aus § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 des Grundgesetzes folgenden Verböserungsverbots ist das Gericht jedoch an einer Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte zum Nachteil der Klägerin gehindert. Aus diesem Grunde verbleibt es unabhängig von dem seitens des Senats abweichend vom Beklagten angelegten Bewertungsmaßstab bei dem bisherigen Ansatz der vGA mit jeweils 11.652,26 € p.a.
75
II. Schließlich sind auch die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2014 bis 2016 nicht zum Nachteil der Klägerin rechtswidrig.
76
1. Die nach den vorstehenden Ausführungen im Wege eines nicht erschütterten Anscheinsbeweises anzunehmende nichtunternehmerische (private) Nutzung des dem Unternehmen der Klägerin zugeordneten Fahrzeugs Porsche Cayenne trotz Privatnutzungsverbots unterliegt gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dem Grunde nach als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer (zur Abgrenzung gegenüber der entgeltlichen Pkw-Überlassung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer vgl. Brandl in: Bunjes, UStG, 21. Aufl. 2022, § 3 Rn. 274a).
77
Bemessungsgrundlage für den Umsatz sind die bei dessen Ausführung entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG). Aufgrund der Beschränkung auf die „bei der Ausführung (der sonstigen Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) entstandenen Ausgaben“ sind nur die anteilig auf die unternehmensfremde Nutzung entfallenden Kosten in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Ist eine genaue Aufteilung der Kosten nicht möglich, muss sie im Schätzwege erfolgen. Der Wert der Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist nach der BFH-Rechtsprechung für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab, um die Kosten auf die Privatfahrten und nicht unternehmerischen Fahrten aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 11.03.1999 ‒ V R 78/98, BFH/NV 1999, 1178). Gleichwohl lässt es die Finanzverwaltung aber aus Vereinfachungsgründen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs zu, von dem ertragsteuerlichen Wert nach der 1 %-Regelung auszugehen und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuer belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vorzunehmen (vgl. BMF-Schreiben vom 28.07.2004, BStBl. I 2004, 864; Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Satz 1 und 3 UStAE). Der BFH beanstandet es nicht, wenn der Steuerpflichtige von dieser Vereinfachungsregelung Gebrauch macht (vgl. BFH-Urteil vom 19.05.2010 ‒ XI R 32/08, BStBl II 2010, 1079). Macht der Unternehmer ‒ wie vorliegend die Klägerin ‒ jedoch keinen Gebrauch hiervon und lässt sich der private Nutzungsanteil auch nicht anhand eines Fahrtenbuchs ermitteln, schätzt die Finanzverwaltung diesen mit mindestens 50 %, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls nichts Gegenteiliges ergibt (vgl. BMF-Schreiben vom 28.07.2004, BStBl. I 2004, 864; Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 3 UStAE). Dem schließt sich der Senat für den vorliegenden Fall mangels besserer Erkenntnisse an.
78
Zu den in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, soweit es dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 €, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG). Dies ist bei einem nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendeten Wirtschaftsgut, bei dem es sich nicht um ein Grundstück handelt, ein Zeitraum von fünf Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG).
79
2. Nach diesen Maßstäben ermitteln sich die in die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG einzubeziehenden, in den Streitjahren bei der Ausführung der sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG entstandenen Ausgaben für den Pkw Porsche Cayenne laut Buchführung der Klägerin wie folgt:
80
2014 2015 2016
Laufende Betriebskosten 3.099,24 € 2.650,64 € 1.870,42 €
Reparaturkosten 866,94 € 2.535,55 € 773,43 €
1/5 der Anschaffungskosten (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG) 12.253,76 € 12.253,76 € 12.253,76 €Summe 16.219,94 € 17.439,95 € 14.897,61 €
Geschätzter Privatanteil (50 %) 8.109,97 € 8.719,98 € 7.448,81 €
81
Die Kosten für Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung sind mangels Vorsteuerbelastung nicht zu berücksichtigen.
82
Auf Basis der so ermittelten Bemessungsgrundlage i.H.v. 8.109,97 € (2014), 8.719,98 € (2015) und 7.448,81 € (2016) ergibt sich eine Umsatzsteuer (19 %) i.H.v. 1.540,89 € (2014), 1.656,80 € (2015) und 1.415,27 € (2016). Seitens des Beklagten wurde in den Umsatzsteuerbescheiden für 2014 bis 2016 demgegenüber eine Umsatzsteuer auf die unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. jeweils 1.392,62 € p.a. zugrunde gelegt. Aufgrund des Verböserungsverbots ist das Gericht jedoch auch insoweit an einer Änderung der angefochtenen Bescheide zu Lasten der Klägerin gehindert. Auf den unstreitig um 1.000 € zu niedrigen Ansatz der Umsätze zum Regelsteuersatz im Umsatzsteuerbescheid 2014 kommt es aufgrund des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots ebenfalls nicht mehr an.
83
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
84
IV. Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO die Revision zu, um dem BFH Gelegenheit zu geben, sich zu der Frage zu äußern, ob an dem Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung im Falle der Überlassung eines betrieblichen Pkw an den Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bei einem vereinbarten Privatnutzungsverbot für Zwecke der Prüfung einer vGA auf Gesellschaftsebene trotz der zur lohnsteuerlichen Behandlung der Pkw-Überlassung ergangenen Rechtsprechung festzuhalten ist.