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  • 09.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202193

    Amtsgericht Dortmund: Urteil vom 26.06.2018 – 425 C 1987/18

    Dem Käufer stehen keine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer zu, wenn er wegen der Mitteilung, dass ein vermeintlicher Mangel am Fahrzeug weder von der Garantie abgedeckt sei noch, dass es sich um Gewährleistungsansprüche handelt, in nicht verjährter Zeit keine Gewährleistungsansprüche geltend macht. Der Verkäufer schuldet keine rechtlich Beratung.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Klägerin hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
     
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    Tatbestand:
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    Die Klägerin schloss am 07.06. 2016 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw Fiat 500L Living POPSTAR 0,9 TwinAir zum Preis von 12.374,80 € .
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    Sie vereinbarten unter anderem eine einjährige Sachmängelhaftung ab Lieferung des Kraftfahrzeugs wie folgt:
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    „VI Nr. 1 S.1 Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen (Kraftfahrzeuge und Anhänger):
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    Ansprüche des Käufers wegen Sachmängel verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.“
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    Am 08.06.2016 holte die Klägerin den Wagen bei der Beklagten in einer ihrer Niederlassungen in Dortmund ab.
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    Im Mai 2007 fielen der Beklagten Unregelmäßigkeiten beim Einlegen der unteren Gänge auf. Nach telefonischer Rücksprache mit der Beklagten vereinbarte man die 60.000 km Inspektion vorzuziehen. Diese Inspektion führte man in der Niederlassung der Beklagten in Dortmund durch.
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    Die Mitarbeiter der Beklagten teilten der Klägerin mit, dass der Zustand des Pkw soweit in Ordnung sei, lediglich die Kupplung sei wohl defekt und müsse ausgetauscht werden.
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    Die Parteien vereinbarten daraufhin einen Werkstatttermin, der von der Klägerin nicht wahrgenommen wurde.
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    Die Klägerin ließ ihren Wagen bei dem KfZ-Meisterbetrieb Schüler reparieren. Diese stellten fest, dass nicht der Kupplungsansatz als solcher, sondern das Zweimassenschwungrad beschädigt war. Diese Reparatur kostete 1.528,26 €.
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    Mit Schreiben vom 05.07.2017 forderten die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Reparaturkosten in Höhe von 1.528,26 € auf.
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    Mit Schreiben vom 14.07.2017 wiesen die Prozessbevollmächtigte der Beklagten den geltend gemachten Schadensersatz als unbegründet zurück.  Sie berufen sich auf die Verjährung des Anspruchs.
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    Die Klägerin behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten haben Verschleiß als Grund für die defekte Kupplung angegeben. Weiterhin haben die Mitarbeiter ihr mitgeteilt, dass es sich dabei weder um einen Garantie- noch einen Gewährleistungsanspruch handele und sie die Kosten selbst tragen müsste. Die Klägerin meint, die Beklagte habe die Nacherfüllung endgültig verweigert und habe durch Falschangaben gegenüber der Klägerin vertragliche Nebenpflichten verletzt.
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    Die Klägerin beantragt,
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    1.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.528,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.07.2017 zu zahlen.
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    2.Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Gebührenansprüchen des Rechtsanwalts S, Schwanenwall 8-10, 44135 Dortmund, gemäß der Anwaltsrechnung Nr.: #####/#### vom 05.07.2017 in Höhe von 255,85 € freizustellen.
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    Die Beklagte beantragt,
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                                  die Klage abzuweisen.
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    Die Beklagte behauptet, die genaue Mangelursache sei ihr nach der Inspektion nicht bekannt gewesen. Außerdem meint die Beklagte, die Klägerin habe ihr weder eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt noch seien zwei Nachbesserungsversuche fehlgeschlagen.
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    Die Klageschrift vom 12.3.2018  wurde am 04.04.2018 zugestellt.
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    Entscheidungsgründe:
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Er folgt weder aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB noch aus §§ 437 Nr. 3, 439, 280 Abs. 1, 281 BGB.
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    I.
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    Kaufrechtliche Gewährleistungen kann die Klägerin nicht – mehr – durchsetzen. Der Beklagten steht gem. § 214 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die Ansprüche sind verjährt.
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    Deshalb kann dahinstehen, ob die Klägerin der Beklagten überhaupt eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und ob die Beklagte die Nacherfüllung verweigert hat.
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    Die Parteien haben im Kaufvertrag eine Verjährungsfrist von einem Jahr für die Sachmängelhaftung ab dem Datum der Ablieferung des Kraftfahrzeugs (VI Nr. 1 Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen) vereinbart. Dies ist wirksam. Es handelt sich um einen Verbrauchsgüterkauf gem. §§ 474 ff BGB. Die Beklagte ist Unternehmerin und die Klägerin Verbraucherin. Die vereinbarte Verjährungsfrist hält sich im Rahmen des gem. § 476 Abs. 2 a.E. BGB. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser vereinbarten Verjährungsfrist bestehen deshalb nicht.
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    Die Klägerin holte den streitgegenständlichen Wagen am 08.06.2016 bei der Beklagten ab. Die Verjährung der Sachmängelhaftung trat am 08.06.2017 ein. Die Klage wurde erst 04.04.2018 zugestellt und nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben.
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    II.
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    Es bestehen auch Schadensersatzansprüche in Höhe der Reparaturkosten.
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    1.                                 Die Weigerung der Beklagten Garantie- oder Gewährleistungsarbeiten durchzuführen und ihr Hinweis, dass die Klägerin die Kosten der erforderlichen Arbeiten selbst zu tragen hat, stellen keine Informationspflichtverletzung im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB dar, da die Informations- und Rücksichtspflichten des § 241 Abs. 2 BGB sich nicht auf die geschuldete Leistung beziehen, sondern die Rechte und Rechtsgüter der Vertragsparteien schützen sollen (Palandt/Grüneberg, §241 Rn. 6).
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    Die Klägerin verlangt vorliegend, dass die Beklagte im Rahmen der kaufrechtlichen Nacherfüllung das Kraftfahrzeug repariert, wobei der Nacherfüllungsanspruch des Käufers ein modifizierter Erfüllungsanspruch darstellt und somit ein Leistungsanspruch ist. In der von der Klägerin behaupteten Weigerung der Beklagten, diese Nacherfüllung vorzunehmen, liegt die beanstandete Pflichtverletzung der Beklagten.
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    Der Gesetzgeber hat für diesen Fall durch die Normierung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht mit den §§ 437, 439, 440 BGB die spezielleren Regelungen geschaffen. Dort regelt das Gesetz die Rechtsfolgen für das Verweigern der Nacherfüllung bei einem Sachmangel.
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    Auch nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass speziellere Regelungen die allgemeinen verdrängen, ist hier allein das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht anwendbar.
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    2.                                 In der von der Klägerin behaupteten falschen Auskunft der Mitarbeiter der Beklagten liegt auch keine zum Schadensersatz führende Informationspflichtverletzung.
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    Nach klägerischem Vortrag teilten die Mitarbeiter ihr lediglich mit, dass die verlangte Reparaturleistung nicht von der Gewährleistungspflicht erfasst wird und sich die Klägerin darum selbst zu kümmern habe. Die etwaigen Falschinformationen durch die Beklagte beziehen sich ausschließlich auf die Durchführung der Nacherfüllung, denn diese behauptete Falschauskunft ist gerade die Verweigerung der Nacherfüllung. Eine darüber hinaus gehende Falschinformation, die nach der Verkehrssitte und an den Anforderungen an den redlichen Geschäftsverkehrs eine Nebenpflichtverletzung im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB begründet (BGH NJW 2013, 3366), liegt nicht vor.
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    Die Beklagte trifft nicht die Pflicht zur Rechtsberatung. Sie verfügt als Autohaus nicht über die besondere Sachkunde im deutschen Schuldrecht, so dass nicht verlangt werden kann, dass sie ihre Kunden umfassend über die einzelnen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche aufklären muss (vgl. Staudinger/Olzen § 241 Rn. 448 m.w.N.).
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    III.
    39

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freistellung von den Gebührenansprüchen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 255,85 €, da kein Hauptanspruch besteht.
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    IV.
    41

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1; 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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    Rechtsbehelfsbelehrung:
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    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
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    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
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    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
    46

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L2, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
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    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
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    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
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    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    VorschriftenBGB § 241 Abs. 2; BGB § 280; BGB § 437 Nr. 3; BGB § 439