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  • · Fachbeitrag · Autokauf

    Keine doppelte Berücksichtigung von Umsatzsteuer bei der Nutzungsentschädigung

    | Bei der Rückabwicklung eines Autokaufs ist die Nutzungsentschädigung auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen. Der so ermittelte Betrag ist nicht um die Mehrwertsteuer zu erhöhen, entschied jetzt der BGH. Erfahren Sie, welche Folgen das BGH-Urteil für die Abrechnung der Nutzungsentschädigung in der Praxis haben wird. | 

    Der zugrunde liegende Fall

    Bei der einverständlichen Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen neuen VW Touareg hatte der Händler für die vom Käufer gefahrenen 24.356 km eine Nutzungsentschädigung von 9.230,32 Euro errechnet und vom zu erstattenden Bruttokaufpreis von 75.795 Euro abgezogen. Das war dem Käufer zu viel. Er klagte auf Zahlung weiterer 3.759,47 Euro.

     

    Nach Einholung eines Gutachtens zur voraussichtlichen Gesamtlaufleistung sprach das Amtsgericht ihm 1.846,07 Euro zu, wobei es den vom Sachverständigen ermittelten Wert von 250.000 km zugrunde legte. Der Händler, der ursprünglich von 200.000 km ausgegangen war, war mit der Berechnung auf dieser Basis einverstanden, wollte mit seiner Berufung aber erreichen, dass noch die Umsatzsteuer aufgeschlagen wird.

     

    Das Berufungsgericht hat das abgelehnt. Umsatzsteuer sei bereits durch die Aufnahme des Bruttokaufpreises in die Berechnungsformel berücksichtigt (LG Hamburg, Urteil vom 28.6.2013, Az. 320 S 142/12, Abruf-Nr. 133866).

    Die Entscheidung des BGH und deren Folgen

    Die dagegen zugelassene Revision hat der BGH (Urteil vom 9.4.2014, Az. VIII ZR 215/13, Abruf-Nr. 141620) jetzt zurückgewiesen. Die Folge:

     

    • Es bleibt dabei, dass die Nutzungsentschädigung auf der Basis des Bruttokaufpreises zu berechnen ist. Die gängigen Formeln für den NW- und den GW-Kauf (siehe ASR 9/2013, Seite 17) bleiben demnach unangetastet.
    • Der nach der Formel errechnete Betrag darf nicht um die Umsatzsteuer erhöht werden.

    So müssen Sie rechnen

    Beim NW-Kauf rechnen Sie wie folgt:

    Bruttokaufpreis x Gefahrene Kilometer

    Erwartbare Gesamtlaufleistung

     

     

    In GW-Fällen müssen Sie die Formel wie folgt modifizieren:

    Bruttokaufpreis x Gefahrene Kilometer

    Erwartbare Restlaufleistung

     

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Die BGH-Entscheidung gilt entgegen der Formulierung im amtlichen Leitsatz nicht nur für den GW-Kauf, sondern für Fahrzeugkäufe aller Art, also auch für den NW-Handel.
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    • Ob der Käufer vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht, spielt keine Rolle.
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    • Das für die BGH-Richter entscheidende Argument gegen einen zweimaligen Ansatz von Umsatzsteuer gewinnen sie aus einer Grenzbetrachtung (Nutzung bis zur Schrottreife). Diese ist erstens theoretisch und zweitens unschlüssig. Denn mehr als den Bruttokaufpreis muss der Käufer für die Nutzung in keinem Fall zahlen. Der Bruttokaufpreis ist die absolute Obergrenze, eine Erhöhung um die Umsatzsteuer verbietet sich von vorneherein.
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    • Dass der Nutzungswertersatz umsatzsteuerpflichtig ist, unterstellt der BGH stillschweigend. Die Frage ist nur, ob sie dem Käufer gesondert in Rechnung gestellt werden darf bzw. aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen gestellt werden muss.
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    • Gegen eine Erhöhung um die Umsatzsteuer hat auch der BGH keine Bedenken, wenn statt des Bruttokaufpreises der Nettopreis in die Berechnungsformel eingestellt wird.
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    • Beide Berechnungsweisen (Bruttopreis ohne zusätzliche Umsatzsteuer oder Nettopreis plus Umsatzsteuer auf den Formelendbetrag) führen in der Tat zum selben Endergebnis. Dies allerdings nur, wenn der Kaufpreis regelbesteuert ist. Im Fall der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG sieht die Sache anders aus:
      • Ist die Marge zwischen Einkauf und Verkauf negativ oder gleich null, fällt keine Umsatzsteuer an.
      • Ist sie positiv, ist nur sie Bemessungsgrundlage.
    • Dennoch ist Verkäufern differenzbesteuerter Fahrzeuge zu empfehlen, die Nutzungsentschädigung nach Maßgabe des jetzigen BGH-Urteils zu berechnen, das heißt ohne Erhöhung um 19 Prozent.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Wie die Gerichte die (voraussichtliche) Gesamtlaufleistung als Formelfaktor ansetzen, finden Sie in der „Rechtsprechungsübersicht zur Gesamtlaufleistung von Fahrzeugen“ auf asr.iww.de unter Downloads → Checklisten/Arbeitshilfen → Autokauf. Der VW Touareg ist dort jetzt mit 250.000 km gelistet.
    • Das (Excel-)Tool „Berechnung der Nutzungsentschädigung bei Rückabwicklung eines Fahrzeugkaufs“ finden Sie auf asr.iww.de unter Downloads → Rechentools.
    • Beitrag „Update: Berechnung der Nutzungsentschädigung bei Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags“, ASR 9/2013, Seite 17
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 16 | ID 42739447