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  • 01.12.2006 | Rücktritt vom Kaufvertrag

    So berechnen Sie die Nutzungsentschädigung richtig!

    Wenn der Rücktritt des Autokäufers vom Kaufvertrag (früher: „Wandelung“) berechtigt ist, stellt sich bei der Abrechnung die Frage nach der richtig ermittelten Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. Wir sagen Ihnen im Folgenden, wie Sie die Nutzungsentschädigung berechnen.  

     

    Kein Rückkauf, sondern Rückabwicklung

    Was Sie als erstes verinnerlichen müssen: Die Abwicklung nach dem Rücktritt ist kein Rückkauf zum Zeitwert. Die juristische Logik hinter der Nutzungsentschädigung lautet: Jeder gibt das zurück, was er bekommen hat. Der Käufer gibt das Auto zurück, der Verkäufer das Geld. Der Käufer muss aber auch noch – bildhaft gesprochen – „die gefahrenen Kilometer“ zurückgeben.  

     

    Dabei geht man davon aus, dass der Kaufpreis der Gegenwert für die Gesamtheit der möglichen Kilometer ist. Vor dem ersten Kilometer hat das Fahrzeug den durch den Kaufpreis repräsentierten Wert und nach dem letzten technisch möglichen Kilometer ist der Wert Null.  

     

    Auf die erwartbare Laufleistung kommt es an

    In den siebziger Jahren entstand für Neuwagen die Faustregel: Pro tausend Kilometer muss der Käufer 0,67 Prozent des Neupreises in Anrechnung bringen. Man ging damals davon aus, dass Autos nach 150.000 km „fix und fertig“ seien. Damit waren dann 1.000 gefahrene Kilometer 0,6666 Prozent (aufgerundet 0,67) des denkbaren Autolebens.  

     

    Es ist für den Autohändler unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsentschädigung alles andere als erfreulich, doch kommt man um die Erkenntnis nicht herum: Autos halten heute länger als 150.000 km. Schon die Inspektionsintervalle liegen ja bei manchen Modellen bereits bei 50.000 km.  

     

    Per aktualisierter Faustregel geht die Rechtsprechung heute davon aus, dass „Allerweltsfahrzeuge“ 200.000 km, Vertreter der gehobenen Mittelklasse 250.000 km und Autos aus der Oberklasse gar 300.000 km halten. Wohlgemerkt: Es geht um die totale Entwertung, nicht um den Beginn von erforderlichen Reparaturarbeiten.  

     

    Grob gerechnet, fein gerechnet

    Rechnet man in 1.000 km-Schritten, bedeutet das 0,5 Prozent für die kleineren, 0,4 Prozent für die gehobenen und 0,33 Prozent für die ganz hubraumstarken Fahrzeuge.  

     

    Will man den anzurechnenden Betrag auf den Cent genau ermitteln, heißt die Formel für Neuwagen, die auch der Bundesgerichtshof verwendet:  

     

    Formel für die Nutzungsentschädigung bei Neuwagen

    Kaufpreis x zurückgelegte Kilometer  

    Erwartbare Laufleistung  

    Mit dieser Formel wird die Nutzungsentschädigung korrekt ermittelt. Die Praxis zeigt aber: Die im Prinzip überholte Zahl „0,67 Prozent“ hat sich in den Köpfen so festgesetzt, dass eine Abrechnung auf dieser Basis sogar von anwaltlich beratenen Käufern vielfach akzeptiert wird. Einen Versuch mag es wert sein.  

     

    Für Gebrauchte gilt nichts anderes

    Für GW ist das Prinzip dasselbe. Hier erwirbt der Käufer für den im Vergleich zum Neuwagen reduzierten Kaufpreis eine ebenfalls reduzierte Restlaufleistung.  

     

    Würde also der Gebrauchte als Neuwagen in die Schublade „hält 250.000 km“ gehören und hat er zum Kaufzeitpunkt schon 100.000 km seines Autolebens hinter sich, dann kauft der Käufer für den restlichen Preis die restlichen 150.000 km. Sind dann 1.000 weitere Kilometer gefahren, sind das 0,67 Prozent des Restlebens.  

     

    Bei GW müssen also von der erwartbaren Laufleistung die gefahrenen Kilometer abgezogen werden. Das ergibt die erwartbare Restlaufleistung. Dann wird das Verhältnis zum GW-Preis gebildet:  

     

    Formel für die Nutzungsentschädigung bei GW

    Gebrauchtkaufpreis x zurückgelegte Kilometer  

    Erwartbare Restlaufleistung  

    Manchmal Monate statt Kilometern

    Für Fahrzeuge, die im Alltag eher am Alter als an der Laufleistung „sterben“, geht die Rechtsprechung von einer zeitabhängigen Nutzungsentschädigung aus (OLG Düsseldorf, NZV 1995, Seite 69).  

     

    Zum Beispiel beträgt die Nutzungsdauer bei einem Wohnmobil 120 Monate. Wird der Rücktritt nach sechs Monaten abgewickelt, hat der Käufer fünf Prozent der Lebensdauer genutzt und muss sich daher fünf Prozent des Kaufpreises anrechnen lassen. Bei Motorrädern ist die Nutzungsdauer abhängig vom Typ des Motorrads.  

     

    Fazit: Je weiter die Haltbarkeit der Autos zunimmt, desto teurer wird die Rücktrittsabrechnung für den Händler. Das ist bedauerlich, aber der Logik der Rückabwicklung geschuldet. Auf den Wert kommt es dabei nicht an.  

    Quelle: Ausgabe 12 / 2006 | Seite 17 | ID 85331