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· Fachbeitrag · Korrespondenzpflicht

Maklervollmacht für Tarifoptimierer - Wann muss der Versicherer korrespondieren?

von Rechtsanwalt Kai-Uwe Recker, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München

| Muss der Versicherer mit einem vom Versicherungsnehmer (VN) eingeschalteten Makler korrespondieren? Darf er den Makler ignorieren und mit dem Kunden direkt korrespondieren? Diese Frage beschäftigt landauf, landab die Gerichte. Nach 2013 hat sich der BGH jetzt erneut mit der Korrespondenzpflicht des Versicherers befasst. Er hat seine 2013 festgelegten Grundsätze im Fall einer Maklerin konkretisiert, die auf die Tarifoptimierung bei privaten Krankenversicherungen spezialisiert ist. |

BGH hat 2013 Rahmen für Korrespondenzpflicht abgesteckt

Der BGH hat im Jahr 2013 die Regeln für die Korrespondenzpflicht des Versicherers mit einem vom VN vorgeschalteten Makler festgelegt (BGH, Urteil vom 29.05.2013, Az. IV ZR 165/12, Abruf-Nr. 131967, Einzelheiten in WVM 9/2013, Seite 6, im Archiv auf wvm.iww.de → Abruf-Nr. 42220078):

 

Zumutbarkeit der Korrespondenz - ja oder nein?

Der Grundsatz lautet: Der Versicherer muss mit dem Makler korrespondieren, solange dies dem Versicherer zumutbar ist. Er muss es nicht tun, wenn sich dies für den Versicherer im Einzelfall als unzumutbar darstellt.

 

Gründe für unzumutbare Korrespondenz

Der BGH nennt zwei Gründe, in denen die Korrespondenz dem Versicherer unzumutbar sein kann:

 

  • Wichtige Gründe in der Person des konkreten Maklers können die Korrespondenz mit ihm für den Versicherer unzumutbar machen. Das kann etwa in Betracht kommen, wenn es sich bei dem eingeschalteten Makler um einen ehemals bei diesem Versicherer beschäftigten Ausschließlichkeitsvertreter handelt. Dem Versicherer ist es nicht zuzumuten, durch Zusammenarbeit mit ehemals eigenen Vertretern deren Geschäftstätigkeit zu seinem Nachteil zu fördern.

 

  • Unzumutbar kann die Korrespondenzpflicht laut BGH auch dann sein, wenn dies mit einem unzumutbaren Mehraufwand verbunden ist. Ein solcher Mehraufwand liegt etwa vor, wenn der Makler nicht mit einer umfassenden Vollmacht ausgestattet ist, sondern ihm lediglich eine eingeschränkte Vollmacht erteilt wurde. Laut BGH kann man von einem Versicherer im Massengeschäft nicht verlangen, in jedem Einzelfall die Reichweite der Vollmacht zu überprüfen und ob das jeweilige Schreiben nun direkt an den Versicherungsnehmer oder dessen Vertreter versendet werden kann.

 

Wichtig | Diese Grundsätze hat der BGH jetzt bei einem Tarifoptimierer bestätigt und konkretisiert.

 

Eingeschränkte Maklervollmacht - unzumutbarer Aufwand

Im Urteilsfall hatte sich eine Maklerin auf die Tarifoptimierung für die VN von privaten Krankenversicherungen nach § 204 VVG spezialisiert. In den Vollmachtsurkunden, die sie dem Versicherer vorlegte, erklärten die VN, dass

  • der gesamte im Rahmen ihres Tarifumstellungswunsches zur Aufnahme oder Abwicklung des Vertrags erforderliche Schriftwechsel vom Versicherer ausnahmslos mit der Maklerin geführt werden sollte und
  • dieser eine umfassende Empfangsvollmacht für die gesamte zur Tarifumstellung erforderliche Antrags- und Vertragskorrespondenz zustand.

 

Der Versicherer wandte sich auf diese Mitteilungen mit eigenen Schreiben unmittelbar an seine VN. Darin verwies er darauf, dass Versicherungsmakler und -berater vom VN für ihre Beratungsleistungen in der Regel ein Honorar verlangten, während er als Versicherer die laufende Beratung kostenfrei vornehme. Weiter nannte er eine Telefonnummer, unter der die VN sich bei ihm direkt über das Thema Tarifwechsel unterrichten konnten. Daran anschließend hieß es in dem Schreiben, dass die angeforderten Auskünfte an den vom VN beauftragen Versicherungsmakler bzw. -berater übersandt würden, wenn der VN keine kostenfreie Beratung durch den Versicherer wünsche und sich bei diesem in den nächsten Tagen nicht melde.

 

Die Maklerin muss den Versand solcher Schreiben laut BGH hinnehmen. Denn die verwendete Vollmacht für Tarifumstellungen, die eine Korrespondenz über die Maklerin nur unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit zu diesem Zwecke vorsieht, belastete den Versicherer mit einem unzumutbaren Aufwand. Daher sei es wettbewerbsrechtlich nicht unlauter, dass er ein ihm unzumutbares Verhalten und eine Abwerbung seines VN mit dem Schreiben abwehre (BGH, Urteil vom 21.01.2016, Az. I ZR 274/14, Abruf-Nr. 186536).

Auswirkungen auf die Praxis

Damit der Versicherer nicht direkt gegenüber Ihren Kunden in Erscheinung treten darf, brauchen Sie eine umfassende Maklervollmacht.

 

PRAXISHINWEIS | Lassen Sie sich von Ihrem Kunden bevollmächtigen, dass Sie ihn in allen bestehenden Versicherungsangelegenheiten vertreten und Versicherer die Korrespondenz bezüglich bestehender Versicherungsverträge nur mit Ihnen führen dürfen.

 

Sind Sie ehemaliger Ausschließlichkeits-/Handelsvertreter des Versicherers, und verweigert der Versicherer gerade deshalb die Korrespondenz, dürfte es für Sie nicht allzu schwierig sein, die Verträge der VN, deren Wunsch der Versicherer nicht respektiert, bei anderen Versicherern zu platzieren.

 

PRAXISHINWEIS | Für den Versicherer wird es schwierig, von Ihnen bevorschusst ausgezahlte Provisionen aufgrund des Vertragsstornos zurückzufordern. Schließlich können Sie argumentieren, dass die Beendigung des Versicherungsvertrags auf Umständen beruhe, die vom Versicherer zu vertreten seien, weil er den vom VN eingeschalteten Bevollmächtigten nicht akzeptiere.

 
Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 3 | ID 44384024