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  • 19.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142410

    Amtsgericht Hamm: Urteil vom 26.03.2014 – 17 C 305/13

    Die mangelnde Kausalität kann auch bei einer Unfallflucht des Versicherungsnehmers einem Regress des Haftpflichtversicherers entgegenstehen.


    Amtsgericht Hamm

    17 C 305/13

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Streitwert: 5.000,00 Euro.

    Tatbestand

    Das Fahrzeug des Herrn N mit dem amtlichen Kennzeichen ###-# 0000 war bei der S haftpflichtversichert. Der Beklagte war am 12.08.2012 gegen 11.15 Uhr Fahrer dieses Fahrzeuges. Auf der K-Straße in Höhe der Hausnummer 00 fuhr der Beklagte gegen das geparkte Fahrzeug des Herrn Z mit dem amtlichen Kennzeichen ###-# 00. Der Beklagte entfernte sich zunächst vom Unfallort auf eine Entfernung von etwa 200 Metern. Bei Eintreffen der Polizei gab er sich als Fahrer zu erkennen. Bei der Unfallaufnahme befragte die Polizei den Beklagten, den Geschädigten Herrn Z, der den Unfall an dem vor dem Haus abgeparkten Fahrzeug gehört hatte, fertigte eine Unfallskizze mit Maßangaben und fotografierte die Schäden an den unfallbeteiligten Fahrzeugen. Der Beklagte ließ einen Strafbefehl wegen einer Straftat gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB rechtskräftig werden. Am 14.08.2012 meldete der Versicherungsnehmer N den Unfall bei der S. Der Geschädigte Z machte den Schaden mit Schreiben seiner Anwälte vom 27.08.2012 geltend. Die S regulierte am 06.09.2012 6.243,25 Euro und am 11.10.2012 weitere 818,93 Euro.

    Die Klägerin behauptet, sie sei von der S bevollmächtigt, Regressforderungen in eigenem Namen geltend zu machen. Dies ergebe sich auch aus der Übergabe der Unterlagen durch die S an sie. Ihr eigenes rechtliches Interesse ergebe sich daraus, dass es sich um eine um verbundene Unternehmen handele, die Klägerin im Übrigen eine Provision der S erhalte. Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei ihr zur Rückerstattung von 5.000,00 Euro wegen der Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheit verpflichtet.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000,00 Euro nebst

    Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen

    Basiszinssatz seit dem 08.05.2013 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte behauptet, der Versicherungsnehmer N habe den Unfall auch seinem vor Ort zuständigen Betreuer in der W, Zweigstelle I, gemeldet. Das Verhalten des Beklagten habe sich auf den von der S regulierten Betrag nicht ausgewirkt.

    Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht gemäß §§ 426 Abs. 1, 116 VVG, 28 Abs. 2 VVG die Zahlung von 5.000,00 Euro im Wege des Rückgriffs verlangen. Auch wenn der Beklagte sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat und gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hat, scheidet ein Regress der Klägerin jedenfalls gemäß § 28 Abs. 3 VVG aus, weil die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Aus der polizeilichen Unfallaufnahme war bekannt, dass der Beklagte das Fahrzeug geführt hatte. Etwas anderes hätte er auch mittelbar nach dem Unfall nicht erklären können. Die Polizei hatte die Verkehrstüchtigkeit des Beklagten festgestellt. Der Beklagte hatte den Unfallhergang aus seiner Wahrnehmung geschildert. Etwas anderes hätte er gegenüber der Haftpflichtversicherung ebenfalls nicht erklären können. Die Polizei hat die Unfallschäden durch zahlreiche Fotos festgehalten. Weitergehend hätte auch der Beklagte den Schaden an Ort und Stelle nicht sichern oder der S beschreiben können. Anhaltspunkte für Vorschäden hatte der Beklagte nicht. Durch den Unfallgeschädigten ist am 15.08.2012 eine Besichtigung des Fahrzeuges durch einen Sachverständigen veranlasst worden. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, welche andere Unfallregulierung hätte erfolgen können, wenn der Unfallhergang und die Schadensentstehung durch den Beklagten unmittelbar nach dem Unfall in gleicher Weise wie jetzt geschildert worden wäre. Auch die Klägerin hat auf den Hinweis des Gerichts vom 04.12.2013 nicht dargelegt, in welcher Höhe eine Regulierung des Schadens erfolgt wäre, wenn die Schadensmeldung und Aufklärung durch den Beklagten vor der Regulierung erfolgt wäre (zur sekundären Darlegungslast vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2001, IV ZR 63/00; Die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung nach dem neuen VVG, VersR 2009, 1304). Mangels Kausalität einer unterlassenen Schadensanzeige durch den Beklagten ist ein Regress der Klägerin daher ausgeschlossen.

    Durch das Unterlassen der Unfallanzeige und des Schadens hat der Beklagte auch nicht arglistig gehandelt. Die strafrechtliche Verurteilung wegen Unfallflucht bedeutet nicht ohne weiteres die Annahme einer arglistigen Obliegenheitsverletzung (vgl. LG Bonn, Urteil vom 15.11.2012, 6 S 63/12; LG Duisburg, Urteil vom 15.03.2013, 7 S 104/12) Die arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2012, IV ZR 97/11). Die Daten, welche der Beklagte hätte mitteilen können, waren aufgrund des polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfalles und der Darlegung der Schadenshöhe durch einen Rechtsanwalt des Geschädigten vollständig bekannt. Der Beklagte konnte nicht annehmen, dass der Klägerin durch eine weitere Schadensanzeige seinerseits ein größerer Schaden entstehen könnte. Der Vater des Beklagten hatte den Schaden nunmehr unstreitig am 14.08.2012 telefonisch bei der S gemeldet.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

    b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstr. 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    RechtsgebietVVGVorschriftenVVG § 28 Abs. 3