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  • · Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch

    Vollstreckungs-Tipps des Monats

    | Dass sich Schuldner gern verleugnen lassen und häufig mit allen Mitteln täuschen und sich tarnen, davon kann jeder in der Vollstreckungspraxis Tätige ein Lied singen. So auch im Fall unseres Lesers, Rechtsanwalt Daniel Heinrich, Schwetzingen. Doch hier kam der Schuldner nicht so leicht davon. Denn am Ende hatte die Vollstreckungstaktik unseres Lesers Erfolg! |

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: Verräterisches Golfbag

    Unser Leser war beauftragt, nach der Titulierung einer Forderung von ca. 8.500 EUR auch die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner S. durchführen. Der S. hatte die e.V. bereits abgegeben. Bekannt war nur, dass er Geschäftsführer, evtl. sogar Inhaber eines Hotels in W./Baden sein sollte.

     

    Anfragen beim Gewerbeamt und auch beim Handelsregister verliefen allerdings negativ. Die Pfändung des Gehalts ging ins Leere. Die „offizielle“ Hotelleitung teilte mit, der S. sei nicht bekannt und arbeite nicht im Hotel.

     

    Einige Zeit später rief die Mandantin, G., unseres Lesers diesen an und teilte mit, dass sie im Auto des S. ein Golfbag mit wohl wertvollem Ausrüstungsinhalt gesehen habe. Das könne doch ein wertvoller Hinweis sein.

     

    Tatsächlich: Ein Anruf unseres Lesers bei einem befreundeten Golflehrer eines nahe W. gelegenen, bekannten Golfclubs ergab, dass der S. dort in der Seniorenmannschaft aktiv ist und jede Woche zum Training kommt.

     

    Unser Leser kündigte also per Telefax an das Hotel - das den S. ja nicht kennen wollte - an, beim nächsten Training mit dem Gerichtsvollzieher auf dem Golfplatz zu warten. Er werde das Golfbag samt Inhalt pfänden. Zudem werde er mit weiterem Telefax an die Verwaltung des Golfclubs ankündigen, dass alle Siegprämien etc. gepfändet würden.

     

    Das Telefax an das Hotel war noch nicht ganz dort angekommen, da rief der S. empört an. Er beschwerte sich wortreich, dass eine solche Vorgehensweise doch unanständig sei. Unser Leser müsse ihm einmal erklären, was die ganze Geschichte solle.

     

    Unser Leser kündigte ruhig und sachlich an, alle erforderlichen Schritte der Pfändung in die Wege zu leiten. Daraufhin setzte sich der S. in sein Auto. Wenig später traf er in der Kanzlei unseres Lesers ein und bezahlte den kompletten Betrag einschließlich aller Kosten in bar!

     

    Weiterführender Hinweis

    • Schuldner, die Mitglied in einem Golfclub sind, reagieren auf die Pfändung ihrer Ausrüstung oder auf die Ankündigung einer Pfändung beim Golfclub meist sehr empfindlich. Dieser Druck führte auch im Fall eines anderen Lesers schon einmal zum Erfolg, nachzulesen im Vollstreckungs-Tipp „Ausgegolft“, VE 07, 53

     

    Der Fall unserer Leserin Y. Hallwaß, Rechtsfachwirtin, Magdeburg, zeigt, wie sehr Schuldner die Geduld der Gerichte und Gläubiger häufig auf eine Zerreißprobe stellen. Doch manchmal - so wie im Fall unserer Leserin - geht diese Rechnung nicht auf.

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Den Bogen überspannt

    Gläubiger G. hatte - bevor er die Kanzlei unserer Leserin beauftragt hatte - einige Monate keine Mietzahlungen von seinen Mietern, den Eheleuten und Schuldnern E. und F., erhalten. Gleichwohl ließ er sich durch sehr viele Tränen und auch - wie sich im Nachhinein herausstellte - gefälschte Zahlungsanweisungen erweichen und betrieb die Vollstreckung (noch) nicht.

     

    Schließlich hatte G. genug. Er beauftragte die Kanzlei unserer Leserin, Räumungsklage einzureichen. Es erging jeweils Teil-/Versäumnisurteil. Es folgten dann Einsprüche von E. und F. Immer zwei bis drei Tage vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung beantragten E. und F. die Terminsverlegung - jeweils mit umfangreicher Begründung.

     

    Eine Begründung lautete: Die F. sei schwerstkrank. Eine Kehlkopfentzündung hindere sie daran, zu reden. Und schließlich müsse sie ihren Mann doch auf jeden Fall vertreten, da dieser die ganze Woche arbeitsmäßig unterwegs sei. So verzögerte sich der Abschluss der Sache immer weiter.

     

    G. wollte nicht mehr warten, er war schlichtweg mit seiner Geduld am Ende! Da der Kanzlei unserer Leserin nur der Arbeitgeber der F. bekannt war, pfändete sie das Arbeitseinkommen der F. (2.800 EUR netto) ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht des E. Denn die F. hatte anlässlich der oben genannten blumigen Schilderung ihrer Kehlkopfentzündung erklärt, ihr Mann arbeite Vollzeit und beziehe somit auch eigenes Einkommen.

     

    Das Gericht, das die ständigen Verlegungsanträge auch „satt“ hatte, ordnete dann - aufgrund der vielen Einsprüche und Anträge der E. und F. - einen letzten Termin zur mündlichen Verhandlung auf 10.00 Uhr an. Der Gerichtsvollzieher terminierte am selben Tag um 14.00 Uhr. Dieses Mal konnten E. und F. nicht einfach davon laufen. Die Sache wurde erfolgreich abgeschlossen.

    Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle.

     

    Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2015 | Seite 73 | ID 43235454