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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Probleme bei Lohnpfändungen

    | Eine Leserin berichtete, dass im Rahmen der Lohnpfändung bezüglich der Herausgabe der Verdienstbescheinigung ein großes Unternehmen Teile der Verdienstbescheinigungen herausgeschnitten, bzw. nach Reklamation des Gläubigers geschwärzt und mitgeteilt hat, dass diese Daten nicht relevant für den Gläubiger sind. Es handelte sich um die gesamten Steuerdaten (verheiratet, Kinder, Arbeitseintritt, Krankenkasse, etc.). Zu Recht? |

     

    Bei der Herausgabeverpflichtung der Lohnabrechnung sind zwei Fälle zu unterscheiden: Meist wird im PfÜB bei der Lohnpfändung mit angeordnet, dass der Schuldner verpflichtet ist, die Lohn- oder Gehaltsabrechnungen oder die Verdienstbescheinigungen einschließlich der entsprechenden Bescheinigungen der letzten drei Monate vor Zustellung des PfÜB an den Gläubiger herauszugeben. Diese Verpflichtung fußt auf BGH-Rechtsprechung (VE 07, 41). Denn nach § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur Einziehung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Diese Pflicht betrifft u.a. Urkunden, die den Bestand der Forderung beweisen oder sonst der Ermittlung oder dem Nachweis ihrer Höhe, Fälligkeit oder Einredefreiheit dienen. Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen des Schuldners gehören hierzu auch Lohn- oder Gehaltsabrechnungen (BGH, a.a.O.). Die Herausgabepflicht dient den Interessen des Gläubigers, die zur Durchsetzung der Forderung notwendigen Informationen zu erhalten. Unnötige und risikobehaftete Drittschuldnerklagen sollen vermieden werden (Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 6. Aufl., § 836 Rn. 17). Der BGH hat bereits betont, dass überwiegende Interessen des Schuldners der Herausgabepflicht nicht entgegenstehen (VE 07, 41). Der Gläubiger wird durch die Lohnabrechnungen meist keine Erkenntnisse gewinnen, an deren Geheimhaltung der Schuldner ein schützenswertes Interesse hat. Hinweise auf dessen weiteres Vermögen ergeben sich aus ihnen meist nicht. Der Verdacht, das Herausgabeverlangen diene insoweit der Ausforschung, liegt daher eher fern. Insofern dürfen keine Schwärzungen etc. vorgenommen werden.

     

    Der BGH (VE 13, 59) hat entschieden, dass bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung der Anspruch auf Erteilung der Lohnabrechnung einen unselbstständigen Nebenanspruch darstellt, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Schuldner gegen den Drittschuldner derartige Ansprüche auf Lohnabrechnung zustehen, werden diese angeblichen Ansprüche bei einer Lohnpfändung mitgepfändet. Dann kann das Vollstreckungsgericht die Mitpfändung im PfÜB (klarstellend) aussprechen. Der BGH geht davon aus, dass insbesondere nicht feststeht, dass die Erfüllung der genannten Ansprüche auf Lohnabrechnung gegenüber dem Gläubiger unzulässig in ein Recht des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle Selbstbestimmung eingreift, weil in den Abrechnungen schuldnerbezogene Daten enthalten sind, die sich nicht nur auf das pfändbare Arbeitseinkommen beziehen. Das Interesse des Schuldners, die in Lohnabrechnungen enthaltenen, sein Arbeitsverhältnis betreffenden persönlichen Daten gegenüber Dritten nicht zu offenbaren, überwiegt grundsätzlich nicht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers (BGH VE 06, 147). Folge: Streichungen und Schwärzungen müssen unterbleiben.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 163 | ID 42860552