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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Ersatzvornahme: Kosten sind gebührenrechtlich besondere Angelegenheit

    von Inkasso Wohlgemuth GmbH, Andernach

    | Die Vollstreckung vertretbarer Handlungen gemäß § 887 ZPO spielt in der Gerichtspraxis eine große Rolle. Aber nicht immer wird erkannt, wie solche Mandate abzurechnen sind. |

     

    • Ausgangsfall

    Rechtsanwalt R. hat für seinen Mandanten M. einen Titel gegen die beiden Schuldner X. und Y. mit folgendem Tenor erstritten:

     

    • 1. Der Gläubiger G. wird ermächtigt, die den Schuldnern X. und Y. nach dem Urteil des ...gerichts obliegende Verpflichtung auf Beseitigung des Bauwerks ... auf deren Kosten im Wege der Ersatzvornahme durch G. vorzunehmen (§ 887 Abs. 1 ZPO).

     

    • 2. X. und Y. sind hinsichtlich der zu 1. erteilten Ermächtigung zur Vorauszahlung der Kosten in Höhe von 6.000 EUR gesamtschuldnerisch verpflichtet (§ 887 Abs. 2 ZPO).

     

    Das Gericht hat den Streitwert der Hauptsache auf 30.000 EUR festgesetzt. Da die X. und Y. die Kosten der Ersatzvornahme nicht freiwillig leisten, beauftragt G. Gerichtsvollzieher Z. mit der Abnahme der Vermögensauskunft gegenüber X. und pfändet dann durch PfÜB das Arbeitseinkommen des X. Wie kann R. aus welchem Streitwert abrechnen?

     

    1. Ermächtigungs- und Vorauszahlungsverfahren eine Angelegenheit

    Die Tätigkeit des Rechtsanwalts zur Erwirkung eines Beschlusses gemäß § 887 Abs. 1, 2 ZPO lässt eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG entstehen. Zu beachten ist, dass die Gebühr nur einmal entsteht und zwar auch, wenn eine Entscheidung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zugleich oder später erfolgt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).

     

    MERKE | Da im Ausgangsfall gegen mehrere Schuldner vollstreckt wird, fällt die Gebühr mehrfach an (BGH AGS 07, 71).

     

    Der Gegenstandswert bemisst sich dabei nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat, also nach dem Interesse, das er an der Vornahme der Handlung hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Maßgeblich ist insoweit das Erfüllungsinteresse an der titulierten Verpflichtung (OLG Köln AGS 05, 262 m. Anm. Mock). Dieses entspricht regelmäßig dem Wert der Hauptsache (OLG Rostock AGS 09, 187; KG 9.2.11, 19 W 34/10; OLG Saarbrücken 19.8.09, 5 W 181/09).

     

    R. kann daher das Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO wie folgt abrechnen:

     

    • Vertretbare Handlung: So kann der Gläubiger-Anwalt abrechnen

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 30.000 EUR x 2

    517,80 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG x 2

    40,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    105,98 EUR

    663,78 EUR

     

    2. Vollstreckung nach § 887 Abs. 2 ZPO ist gesonderte Angelegenheit

    Vollstreckt der Gläubiger wegen der Zahlung des Kostenvorschusses, lässt dies eine neue 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 RVG VV entstehen, da insoweit eine besondere Angelegenheit vorliegt (§ 18 Abs. 1 Nr. 12 RVG).

     

    Der Gegenstandswert bemisst sich dabei nach dem Wert der zu vollstreckenden Forderung (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG; hier: 6.000 EUR).

     

    R. kann daher das Verfahren nach § 887 Abs. 2 ZPO wie folgt abrechnen:

     

    • Kostenvorschuss: So kann der Gläubiger-Anwalt abrechnen

    Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 2.000 EUR, § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG

    45,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    9,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    10,26 EUR

    64,26 EUR

    Verfahren Forderungspfändung

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 6.000 EUR, § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG

    106,20 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    23,97 EUR

    150,17 EUR

     

    PRAXISTIPP | Will der Gläubiger die Kosten gegen die Schuldner gemäß § 788 ZPO als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung festsetzen lassen, ist zu beachten, dass hierfür das Prozessgericht und nicht das Vollstreckungsgericht zuständig ist.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 162 | ID 45399926