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  • · Fachbeitrag · Gerichtsvollzieherkosten

    Dauerbrenner: Gütliche Erledigung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Leser haben mehrere ähnliche Fälle berichtet: Der Gläubiger beantragt beim Gerichtsvollzieher (GV), dem Schuldner ohne Sachpfändung isoliert die Vermögensauskunft (VA) abzunehmen. In Modul F des amtlichen Formulars kreuzt der Gläubiger an, dass er keine Zahlungsvereinbarung wünscht. Der GV nimmt dem Schuldner die VA ab und berechnet dem Gläubiger u. a. für den Versuch der gütlichen Erledigung 8 EUR nach Nr. 208 KV GVKostG. Auf Nachfrage des Gläubigers argumentiert er, es bestehe ein Unterschied zwischen einer gütlichen Erledigung und einer Zahlungsvereinbarung. Die Prüfung einer gütlichen Erledigung sei nach § 802a ZPO Amtspflicht. Sie könne nach dem Wortlaut in Modul F nicht ausgeschlossen werden. Der Gläubiger könne nur eine Zahlungsvereinbarung ausschließen. Somit sei der Versuch der gütlichen Erledigung für den GV immer möglich. Folge: Die Gebühr falle an. Zu Recht? |

    1. „Gütliche Erledigung“ = „Zahlungsvereinbarung“?

    Der GV hätte Recht, wenn der Begriff der „gütlichen Erledigung“ tatsächlich nicht auch unter den Begriff einer „Zahlungsvereinbarung“ im Modul F fallen würde. Nach § 802b Abs. 1 ZPO soll der GV stets auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO gehört die gütliche Erledigung zu seinen Regelbefugnissen. Insofern gilt der GV stets als mit der gütlichen Erledigung beauftragt. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Gläubiger ihn isoliert damit beauftragt, eine gütliche Erledigung herbeizuführen. Dann ist dies im Vollstreckungsauftrag ausdrücklich zu erwähnen.

    2. Zahlungsvereinbarung als Teil der gütlichen Erledigung

    § 802b Abs. 2 ZPO definiert die Befugnisse des GV, wenn der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausdrücklich durch das Modul F ausgeschlossen hat. Dann darf der GV einen Zahlungsplan erstellen (§ 802b Abs. 2 S. 2 ZPO). Dieser beinhaltet eine Stundungsbewilligung (BT-Drucksache 16/10069, 24) derart, dass entweder die Einräumung einer Zahlungsfrist oder eine Ratenzahlung möglich ist (§ 802b Abs. 2 S. 1 ZPO).

     

    MERKE | Der Begriff der gütlichen Erledigung ist im Gesetz zwar nicht definiert. Dadurch, dass der Gesetzgeber aber die Zahlungsvereinbarung in § 802b Abs. 2 ZPO definiert, wird die Zahlungsvereinbarung quasi als Unterart der gütlichen Erledigung hervorgehoben. Folge: Eine gütliche Erledigung beinhaltet stets auch die Möglichkeit einer Zahlungsvereinbarung, aber nicht nur. So ist es durchaus möglich, dass der Schuldner gegenüber dem GV glaubhaft darlegt, in der Lage zu sein, dem Gläubiger zur Abgeltung der Vollstreckungsforderung einen Einmalbetrag zu zahlen. Wenn dann der GV die Vollstreckung daraufhin einstellt und es tatsächlich zum Vergleich zwischen Schuldner und Gläubiger kommt, liegt m. E. eine gütliche Erledigung im Sinne des § 802b Abs. 1 ZPO vor.

     

    Folge: Der Gläubiger kann somit nur eine Zahlungsvereinbarung nach § 802b Abs. 2 ZPO als Unterform der gütlichen Erledigung ausschließen, nicht hingegen andere Formen der gütlichen Erledigung. Insofern fällt stets eine Gebühr in Höhe von 8 EUR gemäß Nr. 208 KV GVKostG an.

    3. Problemlösung

    Da es zu der aufgeführten Problematik ‒ soweit ersichtlich ‒ noch keine Rechtsprechung gibt, muss der Gläubiger selbst zur Problemlösung greifen, um das Entstehen der Gebühr nach Nr. 208 KV GVKostG zu verhindern: Da in der Zwangsvollstreckung, die Gläubigerinteressen durchsetzen will, die sog. Dispositionsmaxime gilt, kann der Gläubiger den Beginn, die Art und das Ausmaß des Vollstreckungszugriffs bestimmen. Er kann daher jederzeit die Vollstreckung zum Stillstand bringen, den Vollstreckungsauftrag zurücknehmen oder ihn beschränken (BGH VE 17, 4).

     

    Wichtig | Der Ansicht, dass hier die Dispositionsfreiheit des Gläubigers gesetzlich teilweise eingeschränkt ist (Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 802a Rn. 3, § 802b Rn. 2), kann nicht gefolgt werden.

     

    Der BGH (VE 14, 74) hat im Hinblick auf die amtlichen Formulare zum Erlass eines PfÜB entschieden: Der Gläubiger ist vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In diesen, seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen, ist es nicht zu beanstanden, wenn er im Formular streicht, berichtigt oder ergänzt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist. Diese Rechtsprechung kann auch auf das amtliche GV-Formular angewendet werden. Insofern kann der Gläubiger die im Modul F verwendete Formulierung handschriftlich ändern.

     

    F

    keine Zahlungsvereinbarung

    ☒ Mit einer Zahlungsvereinbarung bin ich nicht einverstanden (§ 802b Abs. 2 S. 1 ZPO).

     

    Er sollte dann hinter dem Wort „Zahlungsvereinbarung“ einfügen: „bzw. sonstigen gütlichen Erledigung“.

     

    Möglich ist aber auch, durch die Verwendung einer Anlage folgende Formulierung zu wählen:

     

    Musterformulierung / Text für eine Anlage zum amtlichen Formular

    Keine Zahlungsvereinbarung/gütliche Erledigung:

    Mit einer Zahlungsvereinbarung bzw. sonstigen gütlichen Erledigung bin ich nicht einverstanden (§ 802b Abs. 2 S. 1 ZPO)

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Gerichtsvollziehergebühren für gütliche Erledigung: Das müssen Sie wissen, VE 17, 118
    • Gebühr für Versuch einer gütlichen Erledigung: Gerichtsvollzieherformular-VO kann Probleme lösen VE 16, 22
    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 157 | ID 44789218