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  • · Fachbeitrag · Befristung

    Unzulässige Befristung von Arbeitsverhältnissen

    von RA und Notar Armin Rudolf, FA Arbeitsrecht, Hannover

    | Nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Das gilt nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG aber nicht, wenn mit demselben ArbG bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine „Zuvor-Beschäftigung“ im Sinne dieser Vorschrift liegt nach der neueren Rechtsprechung des BAG (6.4.11, 7 AZR 716/09, Abruf-Nr. 111301 )nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. |

     

    Mit diesem Urteil hatte das BAG seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags generell ausscheidet, wenn der betroffene ArbN bereits irgendwann zuvor einmal bei demselben ArbG beschäftigt war (BAG 29.7.09, 7 AZN 368/09, Abruf-Nr. 140152). Seine neuere Rechtsprechung hat das BAG zwischenzeitlich bestätigt (BAG NZA 12, 255).

    1. Abweichende Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

    Das LAG Baden-Württemberg hält in seinem Urteil (26.9.13, 6 Sa 28/13, Abruf-Nr. 133283) an der früheren Rechtsprechung des BAG fest und weicht damit von der aktuellen Rechtsprechung des BAG ab. Es hält die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzestextes und den aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine Frist in das Gesetz aufzunehmen, durch das BAG für überschritten.

     

    Jedenfalls hätte das BAG - so das LAG Baden-Württemberg - die Regelung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG dem BVerfG zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen. Außerdem weiche die Rechtsprechung des 7. Senats des BAG von der des 2. Senats ab. Daher hätte der 7. Senat das Verfahren zur Wahrung der Rechtseinheit nach § 45 ArbGG durchführen und den Großen Senat des BAG anrufen müssen, bevor es seine bisherige Rechtsprechung aufgibt und wesentlich ändert. Das LAG Baden-Württemberg hat die Revision zum BAG zugelassen.

    2. Kritik an der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

    Die Begründung des BAG für seine Rechtsprechungsänderung im Jahr 2011 ist nachvollziehbar: Die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit soll ArbG ermöglichen, auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen durch befristete Einstellungen zu reagieren. Für ArbN soll die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit eine Brücke zur Dauerbeschäftigung schaffen. Das Verbot der „Zuvor-Beschäftigung“ dient somit dazu, Befristungsketten und den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge zu verhindern.

     

    Damit das Anschlussverbot nicht zu einem Einstellungshindernis wird, ist es nur insoweit gerechtfertigt, als dass es zur Verhinderung solcher Befristungsketten erforderlich ist. Das ist jedoch bei einer lange Zeit zurückliegenden früheren Beschäftigung typischerweise nicht mehr der Fall. Die Gefahr missbräuchlicher Befristungsketten besteht nach zutreffender Auffassung des BAG regelmäßig nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen.

     

    Es steht daher nicht zu vermuten, dass das BAG zu seiner früheren Rechtsprechung zurückkehren wird, nach der eine wirksame sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG eine Neueinstellung eines ArbN voraussetzte.

    3. Konsequenzen für die Praxis

    Die neuere Rechtsprechung des BAG vereinfachte die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit von Arbeitsverträgen. Sie war daher aus Sicht der ArbG zu begrüßen. Sie trugen aufgrund der neueren Rechtsprechung des BAG weniger Risiken bei befristeten Einstellungen. Das könnte sich wieder ändern, falls sich die Rechtsauffassung der 6. Kammer des LAG Baden-Württemberg durchsetzen sollte.

     

    ArbN, die nach einer längere Zeit zurückliegenden Vorbeschäftigung bei demselben ArbG sachgrundlos befristet eingestellt wurden, können unter Bezugnahme auf das oben erwähnte Urteil des LAG Baden-Württemberg eine Entfristungsklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht erheben, falls ihr aktueller sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert werden bzw. nicht in ein unbefristetes Anstellungsverhältnis übergehen soll. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich auch andere LAG der Auffassung des LAG Baden-Württemberg anschließen.

    4. Fazit

    Die Diskussion um die Vorbeschäftigung i.S.d § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG bleibt spannend. Der aktuellen Rechtsprechung des LAG Baden-Württemberg ist zuzugeben, dass die vom 7. Senat des BAG eingeführte „3-Jahres-Grenze“ der Vorbeschäftigung im Gesetzeswortlaut keine Stütze findet. Daher wird mit Rechtsinstituten wie den Verjährungsvorschriften und der Verwirkung argumentiert, die keinen direkten Bezug zum Befristungsrecht haben.

     

    Rein praktisch ist allerdings ein völliges Verbot der sachgrundlos befristeten „Neu-“Einstellung bei einer jahrelang zurückliegenden Vorbeschäftigung weder aus Sicht des ArbG noch aus der Sicht des ArbN interessengerecht, da dann gerade solche Einstellungen schlicht unterbleiben werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Änderung der BAG-Rechtsprechung bei der „Zuvor-Beschäftigung“ siehe auch Beseler, AA 11, 110
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 21 | ID 42481700