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  • · Fachbeitrag · Steuerhinterziehung

    Hinterziehung von USt durch Strohleute, versuchte Hinterziehung bei Einschaltung eines StB

    von Rechtsassessor Dr. Matthias H. Gehm, Limburgerhof und Speyer

    Der BGH hat zu einem Umsatzsteuerbetrugssystem bezüglich Altgold vor der Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 9 i.V. mit Abs. 4 S. 1 UStG entschieden. Diese Rechtsprechung hat auch nach aktueller Rechtslage insbesondere für USt-Karusselle Bedeutung (BGH 6.2.14, 1 StR 577/13, Abruf-Nr. 142403; BGH 6.2.14, 1 StR 578/13, Abruf-Nr. 142404).

     

    Sachverhalt

    Die Angeklagten hatten als Strohleute für Hintermänner Gold verkauft und hierüber Rechnungen mit USt ausgestellt. Teilweise wurde diese USt nicht angemeldet, teils angemeldet, aber mit fingierter (überschießender) Vorsteuer aus Scheinrechnungen saldiert. Das FA erteilte bei diesem Vorsteuerüberhang teils jedoch keine Zustimmung nach § 168 S. 2 AO. Teilweise gab der beauftragte Steuerberater entsprechende Voranmeldungen schon nicht ab.

     

    Darüber hinaus unterstützten die Angeklagten andere Beteiligte durch logistische Maßnahmen wie Übergabe fingierter Rechnungen an Steuerberater. Teilweise waren sie auch dazu bestellt, andere Beteiligte im Auftrag der Hintermänner zu überwachen. Das gesamte System zielte nur darauf ab, sich unberechtigt USt einzuverleiben.

     

    Dabei handelte es sich um ein straff durchorganisiertes System mit genauer Aufgabenverteilung. Die Strohleute fungierten als sogenannte „Soldaten“, die wieder in „weiße Soldaten“ und „schwarze Soldaten“ unterteilt waren. Die „weißen Soldaten“ meldeten die USt an, die „schwarzen Soldaten“ meldeten die USt nicht an und waren nicht länger als 45 Tage im Inland tätig. Daneben gab es „Bürgen“, die die „Soldaten“ überwachten und „Läufer“ bzw. „Fahrer“, die für die Logistik insbesondere das Überbringen des Geldes an die Hintermänner zuständig waren. Die „Bürgen“, „Fahrer“ und „Läufer“ waren aufgrund verwandtschaft- bzw. freundschaftlicher Verbindung Vertrauensleute der Hintermänner.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH geht davon aus, dass nicht die Strohleute sondern die Hintermänner leistende Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 UStG sind, wenn dem Lieferungsempfänger bewusst ist, dass das Geschäft zwischen ihm und dem Hintermann zustande kommt.

     

    Für die ausgewiesene USt hat aber der Strohmann nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG einzustehen und diese gemäß § 18 Abs. 4a, 4b UStG anzumelden. Tut er dies nicht, macht er sich nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 UStG strafbar.

     

    Dass der Steuerberater die Voranmeldungen nicht abgab, steht einer versuchten bzw. vollendeten Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO respektive § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht entgegen, da dies nur ein unwesentliches Abweichen vom vorgestellten Kausalverlauf ist. Denn das Ziel, keine USt entrichten zu müssen, wurde auch hierdurch erreicht. Die Grenze zur straflosen Vorbereitungshandlung war insofern überschritten, da der Steuerberater als Tatmittler nicht nach eigener Prüfung und längerer Zeit eine Erklärung für die Angeklagten abgeben sollte, sondern nur nach Addierung von Eingangs- und Ausgangsrechnungen die Voranmeldungen zu erstellen hatte. Durch die bandenmäßige Tatbegehung war ein besonders schwerer Fall nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO verwirklicht.

     

    Die Unterstützungshandlung der Angeklagten stellt nicht nur eine Beihilfe zu den Taten der anderen Strohleute, sondern auch zur Steuerhinterziehung der Hintermänner dar. Grundsätzlich kann hinsichtlich des Gehilfenlohns gemäß § 73 StGB der Verfall angeordnet werden.

     

    Praxishinweis

    Es entspricht der bisherigen Rechtsprechung, dass der, der nur zum Schein im Einvernehmen mit den an der Lieferung Beteiligten als Leistungserbringer auftritt und in Gutschriften oder Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer entgegen § 14c Abs. 2 S. 2 UStG i.V. mit § 18 Abs. 4a und 4b UStG nicht anmeldet, sich nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar macht (FG Hamburg 6.9.12, 2 K 232/11, NZWiSt 14, 226; BGH 30.4.09, 1 StR 342/08, PStR 09, 175; BGH 15.1.14, 1 StR 648/13, BeckRS 14, 11498; BGH 5.2.14, 1 StR 422/13, PStR 14, 93 ff.; BGH 29.1.14, 1 StR 469/13, PStR 14, 93 ff.; FG München 15.3.12, 14 V 102/12, NWB 12, 2365). Auch hätten die Angeklagten mangels Unternehmereigenschaft keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug gehabt (BGH 22.5.03, 5 StR 520/02, NJW 03, 2924; BGH 8.2.11, 1 StR 24/10, wistra 11, 264).

     

    Derjenige, der für nicht erbrachte Lieferungen eine Gutschrift erhält, begeht Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Ausstellers der Gutschrift, wenn dieser aus der vorgeblichen Lieferung Vorsteuer nach § 15 UStG geltend macht und der Gutschriftempfänger in seiner Umsatzsteueranmeldung wiederum zum Vorsteuerabzug berechtigende Lieferungen anmeldet, anstatt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende andere Steuerbeträge (§ 14c Abs. 2 S. 2 UStG; BGH 29.1.14, 1 StR 469/13, PStR 14, 93 ff.). Insofern ist es nur konsequent, wenn der BGH davon ausgeht, dass auch Beihilfe zur der Steuerhinterziehung der Hintermänner geleistet wird. Mithin ist hier sogar von Tatmehrheit zwischen eigener Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Hinterziehung der Hintermänner bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Strohleute und der Steuerhinterziehung der Hintermänner auszugehen (Rolletschke, NZWiSt 14, 232).

     

    Der BGH legt das Versuchsstadium derart vor, dass nun im Bereich der USt regelmäßig bei Übergabe der Belege an den Steuerberater das straflose Vorbereitungsstadium verlassen wird. Da der BGH dies jedoch bei Prüfung und Erstellung umfangreicherer Erklärungen durch den Steuerberater anders sieht, wird man davon auszugehen haben, dass es sich bei Veranlagungssteuern wie der Einkommensteuer mit erheblichem Erklärungsaufwand insofern abweichend verhält.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 221 | ID 42831497