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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Spendenhaftung eines Fußballvereins wegen unrichtiger Spendenbescheinigungen

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin

    An die Sorgfaltspflichten eines Anwalts oder eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, nämlich eine äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt (FG Berlin-Brandenburg 4.3.14, 6 K 9244/11, Abruf-Nr. 141374).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist ein gemeinnütziger Fußballverein. Im Rahmen von Kontrollmitteilungen wurde dem FA bekannt, dass der Kläger seinen Vereinsmitgliedern und deren Familienangehörigen Spendenbescheinigungen ausgestellt hatte, die diese im Rahmen der persönlichen Einkommensteuer steuermindernd geltend machten. Mit Schreiben vom 12.12.05 wies das FA den steuerlichen Berater des Klägers darauf hin, dass der Verzicht auf Aufwendungsersatz nur dann als Aufwandsspende zu berücksichtigen sei, wenn der Anspruch auf Aufwendungsersatz wirksam vereinbart und ernsthaft gewollt sei und nicht unter der Bedingung des Verzichts gewährt werde. Dann könne auch ein Vorstandsbeschluss genügen, der den Mitgliedern bekannt gemacht worden sei. Daraufhin legte der damalige steuerliche Berater des Klägers einen Vorstandsbeschluss als Vorschlag vor, an dem sich der Vorstand orientierte.

     

    Mit Bescheid vom 23.7.10 nahm das FA den Kläger gemäß § 10b Abs. 4 S. 2 EStG persönlich und unbeschränkt für die entgangene Einkommensteuer für 2005 bis 2007 in Haftung. Zur Begründung führte das FA aus, die Spendenbescheinigungen seien unrichtig gewesen. Das Ausstellen der Spendenbescheinigungen sei in allen Fällen mindestens grob fahrlässig gewesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage gegen den Haftungsbescheid hat keinen Erfolg. Der Kläger habe seinen Mitgliedern zu Unrecht Zuwendungsbestätigungen erteilt, in denen er ihnen Aufwandsspenden aufgrund des Verzichts auf Fahrtkosten bestätigte. Eine Spendenbescheinigung ist unrichtig, wenn der Inhalt nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht. Die Unrichtigkeit bezieht sich auf die Angaben, die für den Abzug wesentlich sind, insbesondere also auf die Höhe des zugewendeten Betrags, den beabsichtigten Verwendungszweck und den steuerbegünstigten Status der spendenempfangenden Körperschaft.

     

    Praxishinweis

    Nach ständiger Rechtsprechung handelt grob fahrlässig, wer die nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten gebotene und zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und nicht entschuldbarer Weise verletzt (BFH 13.9.90, V R 110/85, BStBl II 91, 124). Das ist der Fall, wenn der Betroffene unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, oder wenn er die einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen nicht anstellt.

     

    Vorliegend geht das FG davon aus, dass der Vorstand als Organ des Vereins nicht individuell vorwerfbar handelte, weil für den Vorstand nicht ohne Weiteres erkennbar war, dass die Zuwendungsbestätigungen falsch waren. Denn offenbar hatte der Steuerberater zu diesem Vorgehen geraten. Bei der Ermittlung der Sorgfaltspflichten des Vorstands ist auch zu berücksichtigen, dass der Vorstand ehrenamtlich tätig ist. Es könne daher nicht der gleiche Sorgfaltsmaßstab wie z.B. bei einem GmbH-Geschäftsführer angelegt werden.

     

    Denkbar ist aber auch eine Zurechnung von Beraterverschulden, die das FG vorliegend bejaht. Der Verschuldensbegriff des § 10b Abs. 4 EStG entspreche dem des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Vorliegend hält der Senat diese Verschuldenszurechnung für gerechtfertigt, weil sie dem allgemeinen Rechtsgedanken entspricht, dass derjenige, der andere mit der Erfüllung seiner Angelegenheiten betreut, auch für deren Fehler einzustehen hat. Anderenfalls hätte die Einschaltung eines Steuerberaters eine unangemessene Einschränkung der Haftung nach § 10b Abs. 4 EStG zur Folge. Auf der anderen Seite steht dann gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch des Steuerpflichtigen gegen dem Berater.

     

    An die Sorgfaltspflichten eines Anwalts oder eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe sind besonders hohe Anforderungen zu stellen (BFH 17.3.10, X R 57/08, BFH/NV 10, 1780). Es wird vorausgesetzt, dass Angehörige der steuerberatenden Berufe das materielle Recht und Verfahrensrecht kennen, sodass sein Irrtum auf diesem Gebiet regelmäßig als schuldhaft einzuordnen ist. Ein Berater, der die Augen vor den negativen Konsequenzen einer anderen Rechtsansicht verschließt, handelt nach Ansicht des FG grob fahrlässig.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 141 | ID 42668173