· Fachbeitrag · Ablaufhemmung
Erblasser hinterzieht Steuern, Erben unterlassen Berichtigung, Frage der Festsetzungsverjährung
von RA Jan Lampe, FA StR, Hollender Rechtsanwälte, Mönchengladbach
| Die unterlassene Anzeige des Erben von Steuerhinterziehungen des Erblassers nach § 153 Abs. 1 AO wird von FÄ als selbstständiger Hemmungstatbestand für die auf die ererbte Steuerschuld bezogene Festsetzungsverjährung gesehen. Durch eine unzulässige Verknüpfung von § 153 Abs. 1 S. 2 AO mit § 171 Abs. 7 AO, § 169 Abs. 3 AO werden so Steuerfestsetzungsfristen von bis zu 20 Jahren erreicht. |
1. Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO
Bemerkt der Erbe die Hinterziehung von Steuern durch den Erblasser und ist die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Steuer noch nicht abgelaufen, so hat er die Steuerhinterziehung des Erblassers unverzüglich anzuzeigen und eine Richtigstellung vorzunehmen - Berichtigung nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO. Das vorsätzliche Unterlassen dieser Pflicht ist eine selbstständige Steuerhinterziehung des Erben gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (BGH 17.3.09, 1 StR 479/08, NJW 09, 1984). Wie grundsätzlich bei Steuerhinterziehungen kann sich der Täter auch in diesen Fällen durch eine Selbstanzeige nach § 371 AO von der Strafbarkeit befreien; anzuzeigen sind Steueransprüche, deren Festsetzung noch nicht verjährt ist.
Eine vollständige, strafbefreiende Selbstanzeige des Erben liegt damit nur vor, wenn er alle noch festsetzbaren Steuern deklariert, die vom Erblasser herrühren. Die Finanzbehörden folgern aus § 171 Abs. 7 AO i.V. mit § 169 Abs. 2 S. 2 AO, dass die für das Unterlassungsdelikt des Erben laufende strafrechtliche Verfolgungsverjährungsfrist den Lauf der steuerrechtlichen Frist zur Festsetzung der vom Erblasser hinterzogenen Steuern hemmt. Die bei Steuerhinterziehungen des Erblassers bereits auf 10 Jahre verlängerte Festsetzungsfrist kann bei dieser Sicht um bis zu 10 weitere Jahre gehemmt werden (§ 376 Abs. 1 AO). Denn die Unterlassungsstraftat des Erben kann als besonders schwerer Fall zu qualifizieren sein, wenn durch eine Addierung aller nicht berichtigten Steuern ein „großes Ausmaß“ der verkürzten Steuern erreicht wird, während die einzelnen Steuerhinterziehungen des Erblassers dieses Ausmaß nicht erreichten.
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