02.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113571
Finanzgericht Münster: Urteil vom 30.06.2011 – 9 K 2649/10 K
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
9 K 2649/10 K
Tenor:
Unter Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2006 vom 16.03.2009, des Körperschaftsteuerbescheides 2007 vom 07.05.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2010 wird der Beklagte verpflichtet, Freistellungsbescheide zur Körperschaftsteuer 2006 und 2007 zu erlassen und darin festzustellen, dass der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist, weil er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO dient.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
Streitig ist, ob die verspätete Abgabe von Steuererklärungen zum Verlust der Gemeinnützigkeit führt.
Der Kläger ist ein im Jahr 1999 gegründeter Verein, der nach seiner Satzung den gemeinnützigen Zweck verfolgt, die Bildende Kunst, insbesondere die Städtischen Museen A-Stadt zu fördern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dessen Satzung vom 27.01.1999 Bezug genommen.
Die Erklärungen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, und die Umsatzsteuererklärungen reichte der Kläger jeweils unter Mitwirkung seines steuerlichen Beraters ein. Für das Jahr 1999 wurde zwischen den Beteiligten streitig, ob eine Weihnachtskunstversteigerung als Zweckbetrieb i.S. des § 65 der Abgabenordnung (AO) zu beurteilen ist. Die vom Kläger diesbezüglich erhobene Klage (Aktenzeichen 9 K 746/03) wies der Senat durch Urteil vom 08.12.2006 ab. Daraufhin reichte der Kläger im Januar 2008 berichtigte Umsatzsteuererklärungen 2001 bis 2005 ein, die im Vergleich zu den vorhergehenden Umsatzsteuererklärungen teils zu niedrigeren, teils zu höheren Erstattungen führten.
Der Eingang der Steuererklärungen beim Beklagten (dem Finanzamt - FA -) und die Steuerfestsetzungen (jeweils der letzte Bescheid) stellen sich wie folgt dar:
Eingang Steuer- erklärung Körperschaftsteuer Umsatzsteuer
Bescheid-Datum Steuer Gemeinnützigkeit ja/nein Einnahmen aus wirtschaftl. Geschäftsbetrieb unter der Grenze des § 64 Abs. 3 AO--- ja/nein Bescheid-Datum Steuer (+ =Zahllast) (./. =Erstattung)
1999 27.09.2001 (nach Schätzung) 15.02.2002 6.775,15 EUR ja nein 19.02.2002 603,32 EUR (+ 1.303,84 EUR)
2000 27.09.2001 15.02.2002 Freistellung ja ja 20.02.2002 ./. 4.732,01 EUR (./. 4.732,01 EUR)
2001 31.03.2004 (nach Schätzung) 14.02.2006 Freistellung ja ja **2008 ./. 14.789,70 EUR (./. 14.789,70 EUR **)
2002 24.08.2005 03.02.2006 Freistellung ja ja **2008 ./. 1.601, 36 EUR (+ 1.958,10 EUR **)
2003 24.08.2005 03.03.2006 Freistellung ja ja **2008 ./. 7.480,56 EUR (+ 770,07 EUR**)
2004 20.11.2006 19.11.2006 Freistellung ja ja **2008 ./. 7.102,97 EUR (./. 323,28 EUR**)
2005 24.07.2007 bzw. 03.08.2007 13.05.2008 Freistellung ja lt. Kläger: ja lt. FA: offen gelassen **2008 ./. 6.409,17 EUR
2006 09.04.2009 (nach Schätzung) 16.03.2009 0 EUR nein (dagegen Klage) lt. Kläger: ja 16.03.2009 lt. Erklärung 8.000,00 EUR, dagegen Einspruch ./. 8.839,22 EUR
2007 10.06.2009 (nach Schätzung) 07.05.2009 0 EUR nein (dagegen Klage) lt. Kläger: ja 07.05.2009 lt. Erklärung 9.500,00 EUR dagegen Einspruch ./. 9.826,57 EUR
** In der vorgelegten Steuerakte befinden sich nur die Eingabewertbögen, die Zahllast/Erstattung wurde aus den Steuerfestsetzungen wurde zurückgerechnet. Die den Beteiligten bereits aufgrund eines vorhergehenden Aussetzungsverfahrens (Az. 9 V 3214/10) bekannten Daten/Beträge wurden von diesen nicht bestritten.
Mit Schreiben vom 26.10.2006 (zur Körperschaftsteuer 2004) und vom 24.04.2007 (zur Körperschaftsteuer 2005) wies das FA den Kläger darauf hin, dass die Nichtabgabe oder unvollständige, unpünktliche Abgabe von Steuererklärungen als Mangel im Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung zu werten sei und die Aberkennung der Gemeinnützigkeit nach sich ziehe. Darüber hinaus werde die Einleitung eines Spendenhaftungsverfahrens geprüft. Nach Abgabe der Steuererklärungen durch den Kläger erkannte das FA diesen in den obengenannten Freistellungsbescheiden für 2004 und 2005 zur Körperschaftsteuer als gemeinnützig an. In der "Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 2005", welche dem letztgenannten Freistellungsbescheid für 2005 beigefügt war, führte das FA u.a. aus: "Die Erfüllung der Steuererklärungspflicht gehört zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Es ist erforderlich, dass sich die tatsächliche Geschäftsführung gem. § 63 AO im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung hält. In der verspäteten Abgabe und in der Nichtabgabe von Steuererklärungen ist ein Versto ß gegen die tatsächliche Geschäftsführung zu sehen, welche die Steuerbegünstigung gefährdet (FG Berlin v. 24.2.1997, EFG 1997 S. 1006). Die Steuererklärungen wurden in der Vergangenheit wiederholt verspätet abgegeben. Ich fordere Sie hiermit letztmalig auf, Ihren steuerlichen Verpflichtungen pünktlich nachzukommen. Bei erneutem Fehlverhalten wird künftig unverzüglich die Gemeinnützigkeit aberkannt. ...". Weitere Erläuterungen des FA betrafen die Abgrenzung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs: " ... Auf eine Steuerfestsetzung für den VZ 2005 wurde verzichtet, da die Ausgaben die Einnahmen vermutlich so mindern, dass das zu versteuernde Einkommen den Freibetrag nach § 24 KStG nicht überschreitet." Gleichzeitig bat das FA "mit der nächsten Steuererklärung um konkrete Angaben zum Grund der Bildung der Rücklagen nach § 58 Nr. 6/7 AO ...".
Nachdem der Kläger trotz zweimaliger Erinnerung (am 08.05.2008 und 01.07.2008) betreffend das Streitjahr 2006 bzw. einmaliger Erinnerung (am 31.03.2009) betreffend das Streitjahr 2007 zunächst keine Steuerklärungen für diese Jahre abgab, schätzte das FA unter Hinweis auf eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen bereits zum 31.05.2007 bzw. 31.05.2008 die Besteuerungsgrundlagen, setzte die Körperschaftsteuer 2006 und 2007 in den Körperschaftsteuerbescheiden 2006 und 2007 vom 16.03.2009 und bzw. 07.05.2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit 0 EUR fest und entzog dem Kläger mit sofortiger Wirkung die Gemeinnützigkeit. Der Kläger legte hiergegen jeweils Einspruch ein und fügte zur Begründung die fehlenden Steuererklärungen bei.
Das Einspruchsverfahren wegen Umsatzsteuer 2006 und 2007, in dem die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 8a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) streitig ist, wurde im Hinblick auf das Rechtsbehelfsverfahren wegen Körperschaftsteuer 2006 und 2007 zum Ruhen gebracht.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2010 wies das FA die Einsprüche wegen Körperschaftsteuer 2006 und 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei zwar grundsätzlich gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit, weil er kulturellen - und damit gemeinnützigen - Zwecken diene. Die Gewährung der Steuerbefreiung setze jedoch u.a. eine ordnungsgemäße Geschäftsführung voraus. Daran fehle es beim Kläger. Obwohl bereits die Steuererklärungen für 2003 bis 2005 verspätet eingereicht worden seien und das FA auf den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit in der Anlage zum Steuerbescheid 2005 hingewiesen habe, seien auch die Steuererklärungen der Jahre 2006 und 2007 verspätet eingereicht worden. Die Steuererklärungen für das Jahr 2008 lägen dem FA bis zum heutigen Tage nicht vor. Eine K örperschaft, die nachhaltig ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachkomme, erfülle nicht die Anforderungen, die § 63 Abs. 1 und 3 AO an die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft stelle.
Der Kläger hat dagegen Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, trotz des ungewissen Ausgangs des Klageverfahrens wegen Körperschaftsteuer 1999 seien zunächst für die Jahre 2000 bis 2004 Körperschaftsteuererklärungen abgegeben worden. Für die Jahre 2005 und 2006 habe er jedoch mit Blick auf das immer noch unentschiedene Klageverfahren 9 K 746/03 (Urteilszustellung erst Anfang März 2007) zunächst keine Körperschaftsteuererklärungen eingereicht, zumal sich hieraus auch keine Körperschaftsteuerzahlungsansprüche ergeben hätten. Im Jahr 2007 sei nachfolgend die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2005 abgegeben worden. Nach mehrmaliger Erinnerung des FA habe er im Jahr 2009 die Steuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 eingereicht, sowie zwischenzeitlich am 06.07.2010 auch die Steuererklärungen für das Jahr 2008. Unzutreffend sei jedoch die Auffassung des FA, im Streitfall müsse die Gemeinnützigkeit wegen der verspäteten Abgabe der Steuererklärungen versagt werden. Die vom FA herangezogene Entscheidung des FG Berlin vom 24.02.1997 sei mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Das FG Berlin habe die dortige Klage wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist abgewiesen und lediglich am Rande seine "Bedenken" erörtert, ob die tatsächliche Geschäftsführung des dortigen Vereins den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts genüge. Außerdem seien die Steuererklärungen im Fall des FG Berlin mit jahrelanger Verspätung abgegeben und die Gemeinnützigkeit für die dortigen Streitjahre 1985 bis 1988 erstmals im Jahr 1996 geltend gemacht worden. Die zeitlichen Überschreitungen bei der Abgabe der Steuererklärungen seien vorliegend für die Streitjahre 2006 und 2007 keinesfalls so erheblich wie in dem vom FG Berlin zu beurteilenden Sachverhalt. Au ßerdem habe sich kein Steuerschaden ergeben, weil die Steuererklärungen allenfalls zu Steuerrückerstattungen geführt hätten. Des Weiteren erscheine es zweifelhaft, ob die Gemeinnützigkeit aus Gründen aberkannt werden dürfe, die erst nach Ablauf des entsprechenden Veranlagungszeitraums entstanden seien. Die Nichteinreichung von Steuererklärungen stelle allenfalls ein Fehlverhalten in den Folgezeiträumen dar.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2006 vom 16.03.2009, des Körperschaftsteuerbescheides 2007 vom 07.05.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2010 zu verpflichten, Freistellungsbescheide zur Körperschaftsteuer 2006 und 2007 zu erlassen und darin festzustellen, dass der Kläge nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist, weil er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO dient.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt das FA aus, die Klage sei unbegründet, weil eine Körperschaft, die nachhaltig ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachkomme, nicht die Anforderungen des § 63 Abs. 1 und 3 AO an die tatsächliche Geschäftsführung erfülle. Entgegen der Ansicht des Kläger habe das FG Berlin in der zitierten Entscheidung auch zu den Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung Stellung genommen. Im Streitfall habe der Kläger die Körperschaftsteuererklärungen seit 1999 durchweg verspätet abgegeben (u.a. auch für das Jahr 2008 am 21.07.2010). Er sei mehrfach auf die möglichen Folgen der verspäteten Abgabe hingewiesen worden.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist es zur Darlegung einer Rechtsverletzung i.S. des § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausreichend, dass der Kläger gel-tend macht, er sei gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit und durch den Bescheid sei zu Unrecht seine Körperschaftsteuerpflicht bejaht worden. Denn andernfalls könnten Steuerpflichtige, denen das FA die Gemeinnützigkeit abspricht und deren Einkommen den Freibetrag gemäß § 24 KStG nicht überschreitet, nie gerichtlich klären lassen, ob sie gemeinnützigen Zwecken dienen oder nicht (BFH-Urteile vom 13.07.1994 I R 5/93, BFHE 175, 484, BStBl II 1995, 134 und vom 15.04.2010 V R 11/09, BFH/NV 2010, 1830).
II. Die Klage ist auch begründet. Das FA hat die Gemeinnützigkeit des Klägers in den Jahren 2006 und 2007 zu Unrecht verneint.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.
1. Der Kläger verfolgt nach seiner Satzung den gemeinnützigen Zweck, die Bildende Kunst, insbesondere die Städtischen Museen A-Stadt zu fördern. Die Förderung der Kunst zählt gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 5 AO zu den gemeinnützigen Zwecken. Die Satzung des Klägers regelt in ihrem § 10 eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO i.V.m. § 61 AO) und genügt auch im Übrigen - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - den steuerlichen Anforderungen an die Satzung (§ 60 AO).
2. Entgegen der Ansicht des FA entspricht aber auch die tatsächliche Geschäftsführung des Klägers (noch) den Anforderungen, die steuerrechtlich an die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft zu stellen sind. Allein die verspätete Abgabe der Steuererklärungen genügt im Streitfall nicht, um dem Kläger die Gemeinnützigkeit abzusprechen. Anderweitige Verstöße gegen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und vom FA nicht vorgetragen worden.
a) Die Befreiung von der Körperschaftsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wegen Gemeinnützigkeit i.S. der §§ 51 bis 68 AO setzt u.a. voraus, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet ist und den Bestimmungen entspricht, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 AO). Die Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft muss sich wie jedes Rechtssubjekt an die Rechtsordnung halten (BFH-Urteil vom 27.09.2001 V R 17/99, BFHE 197, 314, BStBl II 2002, 169). Verstö ße gegen die Rechtsordnung führen jedoch nicht unterschiedslos zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 63 Rz. 3; Schauhoff, DStJG 26, 2003, S. 147). Werden Steuererklärungspflichten verletzt, kann dies zwar im Einzelfall zur Versagung der Gemeinnützigkeit führen (vgl. FG Berlin, Urteil vom 24. 2. 1997 8435/96, EFG 1997, 1006; Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., 2009, C 183), doch ist die Schwere des Verstoßes und die Frage zu prüfen, ob die Art der Pflichtverletzung die Schlussfolgerung zulässt, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht ausschließlich auf die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke bezogen ist (vgl. Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 63 Rz. 3). Ist die tatsächliche Geschäftsführung nicht während des gesamten Veranlagungs- oder Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, berechtigt dies grundsätzlich zu einer Versagung der Steuerbefreiung nur für diesen Veranlagungszeitraum (§ 63 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 AO). Zu einer rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit führt eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung lediglich dann, wenn die Vorschrift über die Vermögensbindung in schwerwiegender Weise verletzt wird (§ 63 Abs. 2 i.V.m. § 61 Abs. 3 AO; BFH-Beschluss vom 12.10.2010 I R 59/09, BFHE 231, 28, BFH/NV 2011, 329). Allein die verspätete Abgabe der Steuererklärung stellt - sofern dies nicht Unklarheiten betreffend die Verwendung des Vermögens zur Folge hat - keine Verletzung der Vorschrift über die Vermögensbindung dar. Dementsprechend wirken Erklärungspflichtverletzungen für einen bestimmten Veranlagungszeitraum nicht auf die Gemeinnützigkeit in diesem Veranlagungszeitraum zurück, wenn die in Rede stehenden Handlungen erst nach dem Veranlagungszeitraum zu erfüllen waren (so im Ergebnis wohl auch FG Berlin in EFG 1997, 1006, das auf die bis zum dortigen Streitjahr vorliegenden Pflichtverletzungen abstellte).
b) Im Streitfall hat der Kläger zwar in den Jahren 2006, 2007 und zuvor seine Steuerer-klärungspflichten verletzt. Den Pflichtverletzungen ist jedoch kein derartiges Gewicht beizumessen, welches es rechtfertigen würde, dem Kläger für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 die Gemeinnützigkeit zu entziehen.
Für die Jahre 2001 bis 2005 hat der Kläger jeweils Einnahmen aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von unter 60.000 DM/30.678 EUR erklärt und nachfolgend ist für diese Jahre letztlich jeweils ein Freistellungsbescheid ergangen. Von daher ist davon auszugehen, dass der Kläger in diesen Jahren keinen der Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer unterliegenden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten hat (§ 64 Abs. 3 AO). Dementsprechend ist zweifelhaft, ob er in diesen Jahren kraft Gesetzes (§ 31 KStG i.V.m. § 25 EStG, § 149 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AO) verpflichtet war, bis zum 31.05. des jeweiligen Folgejahres eine Körperschaftsteuererklärung abzugeben (vgl. dazu Reuber, Die Besteuerung der Vereine, "Steuererklärungspflichten" I.1). Nach Aktenlage ist aufgrund des Hinweises im Körperschaftsteuerbescheid 2001 vom 04.02.2004, des Anschreibens vom 26.10.2006 betreffend die Körperschaftsteuer 2004 und des Anschreibens vom 24.04.2007 betreffend die Körperschaftsteuer 2005 jedoch davon auszugehen, dass zumindest insoweit zuvor eine Aufforderung zur Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung i.S. des § 149 Abs. 1 Satz 2 AO erfolgt war. Außerdem war der Kläger gem. § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Soweit das FA von einer Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen bis zum 31.05. des jeweiligen Folgejahres ausgeht, ist nach Aktenlage allerdings nicht ersichtlich, weshalb für den Kläger nicht die allgemeine Fristverlängerung bei Einschaltung eines steuerlichen Beraters bis zum 30.09. des jeweiligen Folgejahres gegolten haben sollte (vgl. die jährlich gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuerer-klärungsfristen, z.B. bezüglich der Steuererklärungen für das Jahr 2004 vom 02.02.2005, BStBl I 2005, 389). Hiervon ausgehend war der Kläger im Streitjahr 2006 mit den Steuererklärungen für 2004 und 2005 rückständig und im Streitjahr 2007 mit der Steuererklärung für 2006. In den Vorjahren hatte er die Steuererklärungen für 2001 bis 2003 ebenfalls verspätet abgegeben. Soweit das FA in seiner Einspruchsentscheidung darüber hinaus auf die verspätete Abgabe der Steuererklärungen für 2007 und 2008 abstellt, handelt es sich um Pflichtverletzungen in den Jahren ab 2008, welche die Frage der Gemeinnützigkeit in den Jahren 2006 und 2007 nicht beeinflussen.
Für die Gewichtung der Verletzung der Steuererklärungspflichten ist zunächst zu berücksichtigen, dass im Fall der endgültigen Nichtabgabe der Steuererklärungen bzw. solange abzugebende Steuererklärungen nicht eingereicht werden, die Gemeinnützigkeit regelmäßig bereits wegen eines fehlenden Nachweises der ordnungsgemäßen Mittelverwendung (s.a. § 63 Abs. 3 AO) zu versagen sein wird. Darum geht es im Streitfall jedoch nicht, weil die Steuererklärungen lediglich verspätet eingereicht wurden und trotz der Verspätung keine Anhaltspunkte für eine sachliche Unrichtigkeit der Steuererklärungen bestehen. Von Letzterem geht im Ergebnis auch das FA aus, denn es ist den Steuererklärungen 2001 bis 2005 gefolgt. Führt eine Verletzung der Steuererklärungspflichten gleichzeitig zu einer Steuerhinterziehung, "kann" dies nach der BFH-Rechtsprechung eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit rechtfertigen (BFH in BStBl II 2002, 169; s.a. Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO - zu § 63 Nr. 3; Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, a.a.O., C 183), während dies im Schrifttum teilweise verneint (Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 63 AO Tz. 3) bzw. ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung verlangt wird (vgl. Jansen, FR 2002, 996; Schauhoff, DStJG 26, 2003, S. 147). Im Streitfall führte die verspätete Abgabe der Steuererklärungen bereits deshalb nicht zu einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO), weil keine Körperschaftsteuerschuld bestand und sich bei der Umsatzsteuer jeweils erhebliche Erstattungen ergaben. Ist aber ausgehend von der obengenannten Rechtsprechung selbst im Falle einer Steuerhinterziehung die Gemeinnützigkeit nicht stets zu versagen, so recht-fertigt allein die verspätete Abgabe von Steuererklärungen, die nicht zu Steuernachzahlungen führen, eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit nicht. Dabei verkennt der Senat nicht, dass im Streitfall die Verspätungen mit 10 Monaten (für das Jahr 2005) bis zu zwei Jahren (für das Jahr 2002) erheblich waren. Andererseits misst offensichtlich die Verwaltung selbst in der Regel dem zeitlichen Abstand zwischen der Erklärung und dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum keine besonders hohe Bedeutung bei. Denn turnusmäßig werden Körperschaften, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen und keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, welcher der Körperschaftsteuer unterliegt, nur alle drei Jahre überprüft (vgl. OFD Münster vom 05.12.2008 S 2729-49-St 13-33 Tz. 1.4, juris; Reuber, a.a.O., I.1.).
Der vorgenannten Beurteilung steht auch das Urteil des FG Berlin in EFG 1997, 1006 nicht entgegen. Die dortigen Ausführungen zur Versagung der Gemeinnützigkeit wegen einer nachhaltigen Verletzung steuerlicher Erklärungspflichten beinhalteten nur eine Hilfserwägung. Das FG Berlin äußerte lediglich "Bedenken", ob die tatsächliche Geschäftsführung des dortigen Klägers den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprach.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO liegen nicht vor. Ob die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft trotz der verspäteten Abgabe von Steuererklärungen noch den Anforderungen genügt, die an die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft zu stellen sind, ist eine unter Gewichtung der Pflichtverletzung(en) zu treffende Einzelfallentscheidung.