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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Strafrechtliche Verjährung bei Nichtabgabe von Steuererklärungen

    von RAin Stefanie Schott, FAin StrR, FAin StR, kipper+durth, Darmstadt

    | Die Berechnung der Verjährung bei Steuerhinterziehungen durch Unterlassen bereitet in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten. Das gilt insbesondere für den Verjährungsbeginn, der je nach Art der Steuer ganz unterschiedlich zu bestimmen ist. |

     

    Frage des Steuerberaters: Mein Mandant hat seit Jahren keine Steuererklärungen abgegeben, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Wie berechne ich die strafrechtliche Verjährung?

     

    Antwort des Verteidigers: Nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 AO i.V. mit § 370 Abs. 1 AO beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist für einfache Fälle der Steuerhinterziehung 5 Jahre. Besonders schwere Fälle i.S. des § 370 Abs. 3 S. 2 AO verjähren seit Einführung des § 376 AO seit dem 25.12.08 erst nach 10 Jahren. Die längere Verjährungsfrist greift für alle Taten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren (Art. 97 § 23 EGAO). Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat bzw. mit Eintritt des Taterfolgs ( § 78a StGB ). Der Erfolg der Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe einer Steuererklärung ist die Nichtfestsetzung der Steuer. Wann der Erfolg eingetreten ist, ist je nach Art der Steuer unterschiedlich zu beurteilen:

     

    Bei den Anmeldungssteuern bzw. Fälligkeitssteuern - z.B. USt, LSt, KapESt - hat der Steuerpflichtige die Steuer bis zu einem bestimmten Datum anzumelden. Die Anmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO). Folge ist, dass allein die Anmeldung zum Taterfolg und damit zur Beendigung der Tat führt. Gleiches gilt für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe der Steueranmeldung. Die Frist zur Abgabe von Jahressteuererklärungen läuft in der Regel bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO). Bei Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung beginnt die Verjährung daher am 1. Juni des Folgejahres (BGH 31.5.11, 1 StR 189/11, PStR 11, 243; BGH 19.1.11, 1 StR 640/10, PStR 11, 82). Unterbleibt die Abgabe der LSt-Anmeldung oder USt-Voranmeldung, beginnt die Verjährung mit Ablauf des 10. Tages nach dem Voranmeldezeitraum (§ 41 a EStG, § 18 UStG). Gewährte Fristverlängerungen verschieben den Verjährungsbeginn entsprechend.

     

    Bei Veranlagungssteuern - z.B. ESt, KSt, GewSt, Einfuhrabgaben - bewirkt die Abgabe der Erklärung noch keine Steuerfestsetzung. Hinzutreten muss für den Eintritt des Hinterziehungserfolgs die Zustellung eines Steuerbescheids (§ 155 Abs. 1 S. 2 AO, § 122 AO) bzw. im Falle der unterlassenen Erklärung das Unterbleiben der Steuerfestsetzung. Wenn es nicht zu einer Steuerfestsetzung kommt, ist die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem vom Eintritt des Hinterziehungserfolgs auszugehen ist, schwierig. Nach der Rechtsprechung des BGH ist auf den wahrscheinlichen Verlauf des Besteuerungsverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten des Steuerpflichtigen abzustellen. Die Hinterziehung einer Veranlagungssteuer durch Unterlassen ist daher als beendet anzusehen, wenn das zuständige FA die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen hat (z.B. BGH 7.11.01, 5 StR 395/01, wistra 02, 64) - also wenn in dem Bezirk etwa 95 % der Veranlagungsarbeiten erledigt sind (BGH 20.5.81, 2 StR 666/80, DStR 81, 277). Wann genau das ist, muss im Zweifelsfall für jedes FA und jedes Jahr ermittelt werden. Das ist unbefriedigend, da nicht vorhersehbar ist, wann die Tat verjährt. Eine allgemeine Eingrenzung dieses Zeitpunkts lässt sich unter Berücksichtigung folgender Umstände vornehmen:

     

    • Die Frist zur Abgabe von Jahressteuererklärungen läuft nach § 149 Abs. 2 AO bis zum 31. Mai des auf das Veranlagungsjahr folgenden Jahres.

     

    • Erstellt ein Steuerberater die Erklärung, wird die Frist allgemein bis zum 31. Dezember verlängert (z.B. Erlasse vom 4.11.11, BStBl I 11, 1088). Früher lief diese generelle Fristverlängerung bis zum 30. September.

     

    • In begründeten Fällen wird darüber hinaus eine Fristverlängerung bis zum 28. Februar des übernächsten Folgejahres gewährt; früher wurde diese Frist in einem vereinfachten Verfahren verlängert, wenn der Steuerberater zum 30. September eine Abgabequote von 35 % erfüllt hat.

     

    Nimmt man den letztmöglichen Fristverlängerungstermin (28. Februar des übernächsten Folgejahres) und verlängert ihn um großzügig geschätzte drei Monate für die Bearbeitung, würde die Verjährungsfrist etwa Anfang Juni des übernächsten Jahres nach dem Veranlagungsjahr zu laufen beginnen. In Einzelfällen wurde aber auch schon ein späterer Veranlagungsschluss angenommen, soweit ersichtlich aber immer unter 24 Monate.

     

    Bei der Hinterziehung von SchenkSt durch Unterlassen gilt Folgendes: Die Anzeigepflicht für Schenkungen beträgt nach § 30 Abs. 1 ErbStG drei Monate ab Kenntnis. Kommt der Steuerpflichtige seiner Pflicht nach, kann das FA ihn auffordern, binnen einer weiteren Frist von einem Monat eine Steuererklärung abzugeben (§ 31 Abs. 1 und 7 EStG). Damit könnte die Veranlagung vier Monate nach der Schenkung (BGH 25.7.11, 1 StR 631/10, PStR 11, 278).

     

    Nach Ansicht des BGH ist zumindest bei einfach gelagerten Sachverhalten von einer Bearbeitungsdauer fristgerecht eingereichter Steuererklärungen von längstens einem Jahr auszugehen (BGH 19.1.11, 1 StR 640/10, PStR 11, 82). Die Verjährung würde dann bei der Abgabefrist nach § 149 Abs. 2 AO immer am 1. Juni des übernächsten auf den VZ folgenden Jahres beginnen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Verjährung ruht aus den in § 78b StGB genannten Fällen und kann durch die Vornahme zahlreicher Handlungen unterbrochen werden (§ 78c StGB). Nach Eintritt der absoluten Verjährung ist eine Verlängerung der Frist und damit die Strafverfolgung ausgeschlossen. Die absolute Verjährung beträgt nach § 78c Abs. 3 S. 2 StGB das doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wulf, Praxiswissen zur Strafverfolgungsverjährung, PStR 10, 13 ff.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 25 | ID 42449767

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