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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Straf- und Berufsrecht: Wenn der StB/WP seinen eigenen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    | Zur Strafverteidigung von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen gehört auch die Aufklärung und Beratung zu den denkbaren berufsrechtlichen Implikationen. Bei mehrfach qualifizierten Berufsträgern ist neben dem Verhältnis vom Strafverfahren zum berufsrechtlichen Verfahren auch noch das Verhältnis der einzelnen berufsrechtlichen Verfahren untereinander zu beachten. |

     

    Frage des Steuerberaters: In der Vergangenheit habe ich es wegen permanenter Arbeitsüberlastung wiederholt versäumt, meine eigenen steuerlichen Erklärungspflichten nachzukommen. Weil stets anderes dringlicher erschien, habe ich die Abgabe meiner eigenen Steuererklärungen immer weiter vor mir hergeschoben, bis mir schließlich die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde. Die Straf- und Bußgeldsachenstelle war nicht bereit, das Verfahren gegen Zahlungsauflage einzustellen. Meine Stellung als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erfordere die Durchführung des Verfahrens. Das Amtsgericht verurteilte mich zu einer Geldstrafe. Habe ich wegen der gleichen Verfehlung jetzt auch noch berufsrechtliche Folgen zu befürchten? Wäre dies nicht eine verbotene Doppelbestrafung?

     

    Antwort des Verteidigers: Durch die Doppelqualifikation als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer besteht - zunächst einmal ganz unabhängig vom Strafverfahren - auch eine doppelte Berufsaufsicht durch die Steuerberaterkammer ( § 76 StBerG ) einerseits und durch die Wirtschaftsprüferkammer (§ 57 WiPrO) andererseits. Beide Berufsordnungen enthalten Regelungen zum Verhältnis des berufsgerichtlichen Verfahrens zum Strafverfahren. Rein verfahrensrechtlich hat das Strafverfahren Vorrang mit der Folge, dass bis zu dessen Abschluss die berufsgerichtlichen Verfahren auszusetzen sind.

     

    Materiellrechtlich lassen sowohl das Steuerberatungsgesetz als auch die Wirtschaftsprüferordnung eine berufsgerichtliche Ahndung auch neben einer strafrechtlichen Verurteilung zu. Voraussetzung für eine berufsgerichtliche Maßnahme ist aber in beiden Verfahrenszweigen das Vorliegen eines sogenannten „disziplinären Überhangs“. Die beinah wortgleichen Vorschriften des § 69a WiPrO und des § 92 StBerG sehen eine Ahndung nur dann vor, wenn diese zusätzlich neben der strafrechtlichen Verurteilung „ … erforderlich ist, um den Berufsträger zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen des Berufs zu wahren.“

     

    Das Nebeneinander von strafrechtlicher Verurteilung und disziplinarischer Maßnahme stellt nach der Rechtsprechung des BVerfG keinen Verstoß gegen das in Art. 103 Abs. 3 GG verankerte Doppelbestrafungsverbot dar, weil die disziplinarische Maßnahme keine Bestrafung „aufgrund der allgemeinen Strafgesetze“ darstellt (BVerfG 2.5.67, 2 BvL 1/66, NJW 67, 1654; für berufsrechtliche Maßnahmen nach dem Heilberufsgesetz VG Frankfurt a.M. 26.4.05, 21 BG 6932/04, Abruf-Nr. 133183). Die zusätzliche berufsgerichtliche Ahndung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil sie sich auf Fälle beschränkt, in denen ein disziplinärer Überhang besteht.

     

    Von einem solchen disziplinären Überhang ist wohl immer schon dann auszugehen, wenn der spezial- und generalpräventive Zweck der strafrechtlichen Sanktion nicht vollständig die beabsichtigte erzieherische Wirkung einer berufsgerichtlichen Maßnahme abdeckt, die anders als die strafrechtliche Sanktion vor allem auch der Erhaltung des Ansehens des Berufs dient. Damit werden die Vorschriften des § 69a WiPrO und des § 92 StBerG eine berufsgerichtliche Verfolgung nur in geringfügigen Fällen ausschließen, bei denen die strafrechtliche Reaktion allein schon als ausreichende Maßnahme auch vor dem berufsrechtlichen Hintergrund betrachtet werden kann.

     

    Bei einer Verurteilung wegen des Vorwurfs einer Steuerhinterziehung, wird regelmäßig auch eine berufsgerichtliche Maßnahme ergriffen werden. So befand das OLG München, dass falsche Angaben in einer Steuererklärung, auch wenn es sich um die eigene handelt, in besonderem Maße geeignet seien, Achtung und Vertrauen in einer für das Ansehen des Berufes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (OLG München 19.6.08, 2 StO 2/08, DStRE 09, 831). Hieran änderte auch nichts, dass das Amtsgericht im vorangegangenen Strafverfahren nur bedingten Vorsatz angenommen hatte und der Steuerschaden noch überschaubar bei knapp unter 20.000 EUR lag.

     

    In der vorliegenden Konstellation drohen neben der strafrechtlichen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen nun also noch berufsgerichtliche Maßnahmen nach dem StBerG und der WiPrO. Hier sehen aber wiederum beide Berufsordnungen Regelungen zum Verhältnis zu den Verfahren anderer Berufsgerichtsbarkeiten vor. Die nahezu identischen Vorschriften stellen darauf ab, ob die Pflichtverletzung überwiegend mit dem Beruf des Steuerberaters (§ 110 StBerG) oder überwiegend mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers (§ 83a WiPrO) im Zusammenhang steht. Die Missachtung steuerlicher Verpflichtungen steht dabei zweifellos überwiegend im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Steuerberater, sodass eine berufsgerichtliche Maßnahme nach der WiPrO zurücksteht.

     

    PRAXISHINWEIS | Obwohl sich die Steuerklärungspflicht nicht nur an Steuerberater, sondern genauso an alle anderen richtet, wird die Missachtung dieser Pflichten (auch in eigener Sache) als Berufspflichtverletzung nach § 89 Abs. 1 StBerG und nicht etwa als außerhalb des Berufs liegendes Verhalten nach § 89 Abs. 2 StBerG betrachtet. Die berufsrechtliche Ahndung außerberuflichen Fehlverhaltens käme nur unter engeren Voraussetzungen in Betracht.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Schott, Disziplinarrechtliche Maßnahmen nach Abschluss eines Steuerstrafverfahrens gegen einen Beamten, PStR 13, 277 f.
    • Wegner, Risiken und Nebenwirkungen bei Steuerdelikten, PStR 13, 243 f.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 329 | ID 42346861

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