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  • 01.05.2007 | ZollVG

    Bargeldkontrollen bei Auslandsreisen

    von RA Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Berlin

    1998 schuf der deutsche Gesetzgeber die §§ 12abis 12d FVG (BGBl I, 845 ff.), die Ende 2001 (BGBl I, 3714) durch § 1 Abs. 3a, §§ 12a bis 12c, § 31a in das ZollVG übergeführt wurden. Es sollte verhindert werden, dass Verbrechensgewinne in körperlicher Form über die deutsche Grenze verbracht werden und dadurch verschleiert wird, dass diese Mittel aus Straftaten stammen. Ein für die Finanzverwaltung positiver (Neben-)Effekt liegt darin, dass der Zoll bei Auffälligkeiten regelmäßig Kontrollmitteilungen an das zuständige Finanzamt fertigt. 

     

    Bei Reisen aus der EU und bei Reisen in die EU (sog. Außengrenzen der Gemeinschaft) sieht die Verordnung Nr. 1889/2005 vom 26.10.05 ab dem 15.6.07 wesentlich schärfere Kontrollmaßnahmen vor, die auch zu Änderungen im nationalen Recht führen werden (BT-Drucks. 16/4663, S. 9 ff.). Im Rahmen einer Checkliste zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs bietet sich folgendes Bild: 

     

    1. Rechtslage für Fälle bis zum 14.6.07 / allgemeine Fragen

    Frage

    Antwort 

    1.Welches Fehlverhalten wird bei der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs sanktioniert?

    Nach § 31a Abs. 1 ZollVG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12a Abs. 1 S. 1 ZollVG das mitgeführte Bargeld oder die gleichgestellten Zahlungsmittel auf Verlangen der zuständigen Beamten des Zolldienstes oder des Bundesgrenzschutzes nicht oder nicht vollständig anzeigt.  

    2.Wird nur die Verbringung „schmutzigen“ Geldes sanktioniert?

    Nein. Ob das Geld aus illegalen Quellen stammt, ist unerheblich (Kindshofer/Wegner wistra 02, 195). 

    3.Was genau wird durch den Zoll überwacht?

    Zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 StGB wird – unbeschadet des § 1 Abs. 1 bis 3 und 4 ZollVG, der §§ 10 bis 12 und der §§ 209bis 211 AO – die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr in das, aus dem und durch das Zollgebiet der Gemeinschaft sowie das sonstige Verbringen von Bargeld in den, aus dem und durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zollamtlich überwacht (§ 1 Abs. 3a S. 1 ZollVG).  

    4.Erstreckt sich die Kontrollenur auf Binnengrenzen Deutschlands oder auch auf die Außengrenze der EU?

    Die zollamtliche Überwachung erstreckt sich auf die Außengrenze der EU (aktuell noch zur Schweiz) sowie auf die Binnengrenzen Deutschlands (z.B. nach Polen, Frankreich oder Dänemark). 

    5.Wird nur nach Bargeld gefahndet?

    Nein. Dem Bargeld gleichgestellte Zahlungsmittel sind Wertpapiere i.S. des § 1 Abs. 1 DepotG und § 808 BGB, Schecks, Wechsel, Edelmetalle und Edelsteine sowie elektronisches Geld i.S. von § 1 Abs. 14 KWG (§ 1 Abs. 3a S. 2 ZollVG). 

    6.Welche Pflichten treffen den Reisenden beim Grenzübertritt?

    Auf Verlangen der Zollbediensteten haben Personen Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 15.000 EUR oder mehr, die sie in die, aus den oder durch die in § 1 Abs. 3a S. 1 ZollVG bezeichneten Gebiete verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen (§ 12a Abs. 1 S. 1 ZollVG). 

    7. Besteht eine Pflicht zur Selbstanmeldung?

    Nein. Eine Verpflichtung besteht nur, wenn der Zollbedienstete um eine Auskunft bittet („auf Verlangen“). Die Frage nach Zahlungsmitteln soll zweimal gestellt werden, bevor weitere Maßnahmen durch den Zoll ergriffen werden (Abschnitt III 14 Verwaltungsvorschrift zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs – BargeldVV). 

    8. Was passiert bei einer missverständlichen Aufforderung durch den Zollbeamten?

    Für das Merkmal “auf Verlangen” reicht eine allgemeine und unsubstantiierte Aufforderung nicht aus (OLG Karlsruhe PStR 04, 156, Abruf-Nr. 041489). Erforderlich – aber auch ausreichend – ist, dass die Aufforderung die Tatbestandsmerkmale “mitgeführtes Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel über 15.000 EUR” enthält und vom Zollbeamten wahrnehmbar zum Ausdruck gebracht wird.  

     

    An einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Anzeigepflicht kann es fehlen, wenn der Beschuldigte die Aufforderung aufgrund akustischer oder sprachlicher Defizite nicht aufnehmen kann und infolgedessen der Anzeigepflicht nicht nachkommt.  

    9. Kann sich der Betroffene mit dem Hinweis verteidigen, er habe die Bedeutung der Aufforderung inhaltlich nicht verstanden?

    Wird die Aufforderung falsch gewertet, kommt ein Verbotsirrtum in Betracht, der den Vorsatz entfallen lässt, wenn er unvermeidbar ist (§ 11 Abs. 2 OWiG). In diesem Fall dürfte dem Angesprochenen jedoch abzuverlangen sein, dass er eine Erläuterung des Begriffs “Zahlungsmittel” und den Umfang der Anzeigepflicht abfragt. Unterlässt er dies, soll der Verbotsirrtum vermeidbar sein (OLG Karlsruhe PStR 04, 156). 

    10.Ist eine Aufteilung „nach Köpfen“ möglich, wenn mehrere Personen gemeinsam die Grenze überschreiten, das Geld jedoch nur bei einer Person mitgeführt wird?

    Das OLG Karlsruhe (PStR 02, 260, Abruf-Nr. 021583) stellt auf die tatsächliche Sachherrschaft über den anzeigepflichtigen Geldbetrag ab. Auf die eigentumsrechtliche Lage kommt es dabei nicht an. Eine Aufteilung nach Köpfen scheide aus. Die Entscheidung leidet jedoch an fehlerhaften Ausführungen zum Gewahrsam an Gegenständen, vorliegend konkret zwischen Ehegatten.  

     

    So ist die Auffassung lebensfremd, wonach Ehegatten, die sich gemeinsam mehrere hundert Kilometer von ihrem Wohnort entfernen und in einer eng abgrenzbaren Gewahrsamsphäre wie einem PKW aufhalten, nicht mit dem tatsächlichen Willen handeln, den Gewahrsam über Gegenstände, die sich zusätzlich in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum befinden, gemeinschaftlich auszuüben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich das Geld in einer Tasche befand, deren Gebrauch typischerweise nur einem Ehegatten zugeschrieben wird (Beckemper/Wegner wistra 03, 36). 

    11.Finden die Kontrollen nur direkt an der Grenze statt?

    Nein. Gemäß § 10 ZollVG i.V. mit § 12a Abs. 1 S. 4 ZollVG können die Zollbediensteten grenznahen Raum (30-km-Zone) ohne Verdacht kontrollieren (§ 14 Abs. 1 ZollVG). Nach § 10 Abs. 2 ZollVG können außerhalb dieser Zone Bargeldkontrollen aber auch örtlich und zeitlich begrenzt durchgeführt werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass zollamtlicher Überwachung unterliegendes Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel von Personen oder in Beförderungsmitteln mitgeführt werden (Anlasskontrollen).  

    12.Wie werden die zollverwaltungsrechtlichen Verstöße sanktioniert?

    Die maßgebliche Sanktionsvorschrift ist § 31a ZollVG. Abweichend von der „normalen“ Bußgeldsystematik richtet sich die obere Grenze zum einen nach dem Betrag oder dem Wert der mitgeführten und nicht angezeigten Zahlungsmittel, zum anderen danach, ob der Beteiligte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt oder einen besonders schweren Fall verwirklicht hat. Bei einem vorsätzlichen Verstoß kann ein Betrag bis zur Hälfte, bei fahrlässigem Verhalten bis zu einem Viertel des mitgeführten Betrages festgesetzt werden. Die konkrete Zumessung der Geldbuße richtet sich dann nach § 17 Abs. 3 OWiG

    13.Wie werden besonders schwere Fälle geahndet?

    In besonders schweren Fällen kann die Ordnungswidrigkeit bis zur vollen Höhe des Betrages oder Wertes der mitgeführten und nicht angemeldeten Zahlungsmittel geahndet werden. Die Regelung soll dem erhöhten Pflichtverstoß und der Gefährdung der Amtsträger Rechnung tragen.  

     

    Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor (§ 31a Abs. 3 S. 2 ZollVG), wenn der Täter 

    • das Zahlungsmittel am Körper, in der Kleidung, im Gepäck oder sonst auf schwer zu entdeckende Weise verbirgt (Nr. 1);
    • bei der Beförderung der Zahlungsmittel eine Schusswaffe bei sich führt (Nr. 2);
    • bei der Beförderung der Zahlungsmittel eine Waffe oder sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand des anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden (Nr. 3).
    14.Wie verjähren Verstöße gegen § 12a ZollVG?

    Da eine spezialgesetzliche Verjährungsregelung fehlt, knüpft § 31 Abs. 1 OWiG an den oberen Bußgeldrahmen an. Eine solche feste Marke ist § 31a ZollVG allerdings nicht zu entnehmen, sodass ein Rückgriff auf § 17 Abs. 1 OWiG (1.000 EUR) und daran anknüpfend auf § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG (sechs Monate) naheliegt (Wegner in Wannemacher, Steuer-strafrecht, Rn. 2851 ff.). Nach Ansicht des OLG Karlsruhe (14.11.01, 1 Ss 184/01 - 3a OWi 55 Js 15385/01) soll § 31a Abs. 2 ZollVG jedoch eine hinreichend bestimmbare Bußgeldobergrenze im jeweiligen Einzelfall entnommen werden können, so dass ein Rückgriff auf § 17 Abs. 1 OWiG nicht erforderlich sei. Die – gleitende – Verjährungsfrist richte sich nach dem im konkreten Einzelfall mitgeführten und nicht angezeigten Zahlungsmittel. 

    15.Welche vorläufigen Sicherungsmöglichkeiten bestehen für den Zoll?

    Neben einer Geldbuße können gemäß § 31a Abs. 2 ZollVG das Bargeld oder die gleichgestellten Zahlungsmittel bis zum Ablauf des dritten Werktages nach dem Auffinden sichergestellt und in zollamtliche Verwahrung genommen werden, um die Herkunft oder den Verwendungszweck aufzudecken. Für die Sicherstellung muss aber ein Grund zu der Annahme bestehen, dass das Bargeld etc. zum Zwecke der Geldwäsche verbracht werden soll. 2005 wurden auf diese Weise ca. 5 Mio. EUR vorläufig sichergestellt. 

    16.Sind Sicherstellungen erst ab einem mitgeführten Betrag von 15.000 EUR möglich?

    Nein. Die Sicherstellung erfordert keinen Mindestbetrag von festgestellten, nicht angemeldeten Zahlungsmitteln. Unterhalb der Schwelle von 15.000 EUR wird allerdings regelmäßig kein Tatverdacht dafür vorliegen, dass die Zahlungsmittel zum Zwecke der Geldwäsche transportiert werden. 

    17.Welche Mitteilungsmöglichkeiten bestehen nach dem Aufgriff von Vermögenswerten an der Grenze?

    Gemäß § 12a Abs. 3 ZollVG dürfen die zuständigen Zollbehörden personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Sie können diese Daten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und die Verwaltungsbehörde nach § 12a Abs. 3 ZollVG übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder der des Empfängers erforderlich ist.  

     

    Besteht Grund zu der Annahme, dass das Bargeld zum Zwecke der Geldwäsche verbracht wird, ist eine Übermittlung personenbezogener Daten auch an andere Finanzbehörden zulässig, soweit dies für Zwecke der Erfüllung der Aufgaben nach den § 85 AO (Besteuerungsgrundsätze) und § 208 AO (Steuerfahndung) erforderlich ist. 

    18.Schließt die Bekanntgabe eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Geldwäsche oder eines Bußgeldverfahrens (§ 31a ZollVG) die Selbstanzeige (§ 371 AO) aus?

    Nein. (Spatscheck/Alvermann BB 99, 2107, 2110; Wegner in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rdn. 2861). 

    19.Wie verteilen sich die erfassten Bargeldtransporte auf die unterschiedlichen Grenzkonstellationen?

    Für das Jahr 2005 weist der Zoll 1.721 Einfuhren, 569 Ausfuhren und 335 Durchfuhren aus. 23 Fälle betrafen Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel bis 14.999 EUR, 1.830 zwischen 15.000 und 49.999 EUR, 764 zwischen 50.000 und 499.999 EUR und 8 über 500.000 EUR.  

    20.Wie verteilen sich die Kontrollbereiche?

    Für das Jahr 2005 weist der Zoll 2.005 Kontrollen auf Flughäfen, 347 an der deutsch-schweizerischen Grenze, 266 im Bereich der Binnengrenzen und 6 an der Seegrenze aus. 

    21.Wie endeten aufgrund der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche?

    1999 wurden in Deutschland 50 Verfahren eingeleitet. Diese führten zu 3 Verurteilungen. In 2000: 54/4; in 2001: 57/2; 2002: 62/2; 2003: 73/5 (BT-Drucks. 15/3156, 2). Diese Übersicht bietet allerdings nur ein unvollständiges Bild, da Verurteilungen auch noch in Folgejahren erfolgen können. 

    22.In welchem Verhältnis stehen Meldungen wegen des Verdachts der Geldwäsche und wegen eines steuerstrafrechtlichen Anfangsverdachts (§ 12a Abs. 3 S. 3 ZollVG a.F.) zueinander?

    In den Jahren 2000 – 2003 kamen auf eine Geldwäschemeldung 2½ – 5 steuerstrafrechtliche Mitteilungen(BT-Drucks 15/3156, 5). Dies verdeutlicht, dass steuer(straf)rechtliche Aspekte mehr als nur ein Nebenaspekt der Vorschriften zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs sind. 

     

     

     

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